ADHS > Schule

1. Das Wichtigste in Kürze

ADHS (früher ADHS und ADS) kann zu schulischen Problemen führen. Intensive und regelmäßige Kommunikation zwischen Lehrkräften, Kitapersonal, Kind und Eltern ist wichtig. Manchmal kann ein Anspruch auf sonderpädagogische Förderung bestehen. Da ADHS in einigen Fällen mit Teilleistungsstörungen wie z.B. Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche einhergeht, kann vom Jugendamt unter Umständen eine Lerntherapie genehmigt werden. Außerdem kann Schulbegleitung gleichberechtigte Teilhabe in der Schule ermöglichen.

2. Information der Lehrkräfte

Heute sind die Lehrkräfte meist deutlich besser über ADHS informiert, deuten die ADHS-Symptome seltener als mangelnde Disziplin und nehmen ADHS häufiger ernst. Individuelle Förderprogramme sind aber trotzdem selten, vor allem an weiterführenden Schulen, und der Informationsstand der Lehrkräfte ist unterschiedlich.

Die Schule über ADHS zu informieren, sollte die Grundlage für eine intensive und regelmäßige Schule-Eltern-Kommunikation sein. So kann das Verständnis für bestimmte Verhaltensweisen gefördert und die fälschliche Annahme einer Minderbegabung oder Faulheit verhindert werden. Ob und wann das Bekanntmachen der Diagnose ADHS in der Schule erfolgt, sollte immer mit dem Kind besprochen werden. In einigen Fällen kann es sinnvoll sein, die Schule erst einige Wochen nach Schulbeginn über die Diagnose zu informieren, um eine mögliche Voreingenommenheit zu vermeiden.

Entscheiden sich Eltern und Kind für einen offenen Umgang mit ADHS, kann von einer verstärkten Rückmeldung der Lehrkräfte profitiert werden. Die Rückmeldung der Lehrkräfte ist für Kinder mit ADHS sehr wichtig, um die Folgen ihres Handelns besser einschätzen zu können.

3. Hilfestellungen für den schulischen Alltag

Bei ADHS ist es unterschiedlich, in welchem Bereich sich die Symptome besonders zeigen. Während sich manchmal vor allem der übersteigerte Bewegungsdrang störend auswirkt, beeinträchtigt andere eher die mangelnde Konzentrationsfähigkeit. ADHS kann es erschweren, die Aufmerksamkeit auf den Unterricht zu richten. Manche Kinder schauen dann minutenlang aus dem Fenster, während der Unterricht an ihnen vorbeizieht.

Die ständige Ermahnung zu mehr Konzentration kann sehr frustrierend für alle Seiten sein.

Folgende Tipps können den schulischen Alltag für Kinder mit ADHS und deren Lehrkräfte erleichtern:

  • Umfassende Information der Lehrkräfte und der anderen Kinder
  • Fester Sitzplatz, möglichst nah an der Lehrkraft
  • Planen von festen Tages- und Wochenabläufen
  • Visualisierung anstehender Aufgaben: Symbolkarten können die Organisation erleichtern. Wird in z.B. morgens eine Symbolkarte mit einer Sprechblase an die Tafel geheftet, können sich die Kinder besser darauf einstellen, dass später eine Diskussionsrunde stattfinden wird. So kann das Zeitmanagement und die Selbstorganisation bei Kindern mit ADHS gefördert werden.
  • Frühzeitige Ankündigung von Veränderungen
  • Ausreichende Bewegungspausen, beziehungsweise Aufgaben, die Bewegung erfordern, gezielt vergeben
  • Einfach formulierte und strukturierte Arbeitsanweisungen
  • Fortschritte hervorheben und auch vor der Klasse kommunizieren (Rückmeldung und Lob)

4. Geeignete Kindergärten und Schulen

Es können keine allgemeinen Empfehlungen bezüglich Kindergarten- oder Schulformen gegeben werden. Grundsätzlich sollten die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden des Kindes im Vordergrund stehen. Durch die gute Informationslage zur Förderung von Kindern mit ADHS ist aber grundsätzlich jede Kindergarten- und Schulform geeignet. Im Mittelpunkt steht auch hier die regelmäßige und intensive Kommunikation zwischen Kind, Schul- und Kitapersonal und Eltern. Manchmal macht ADHS sonderpädagogische Förderung nötig. Diese kann nicht nur an Förderschulen, sondern auch an Regelschulen gewährleistet werden, Näheres unter Behinderung > Schule.

5. Lerntherapie

Häufig treten in Kombination mit ADHS auch Teilleistungsstörungen wie Legasthenie (Lese-Rechtschreib-Schwäche) oder Dyskalkulie (Rechenschwäche) auf. Laut § 35a SGB VIII (Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen) ist ein Anspruch auf Eingliederungshilfe gegeben, wenn

  • die seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als 6 Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und
  • die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist.

Teilleistungsstörungen sind aus rechtlicher Sicht für sich allein noch keine Abweichung von der seelischen Gesundheit, sondern nur, wenn sie zu seelischen Problemen wie z.B. Angststörungen oder Anpassungsstörungen führen, sog. sekundäre Neurotisierung. Ohne (drohende) sekundäre Neurotisierung wird auch in der Regel keine Lerntherapie gewährt. Näheres unter Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen.

Die Eingliederungshilfe im Sinne einer Lerntherapie kann beim Jugendamt beantragt werden. Dazu sind folgende Unterlagen erforderlich:

  • Kinder- und jugendpsychiatrisches oder -psychotherapeutisches Gutachten bezüglich der bestehenden Teilleistungsstörung (z.B. Dyskalkulie, Legasthenie) und weiterer medizinischer Diagnosen. Dabei sind die Diagnosen entsprechend der "Internationalen Klassifikation der Krankheiten" (ICD-10) aufzuführen. Außerdem muss daraus hervorgehen, dass weder eine Intelligenzminderung (= geistige Behinderung) noch eine körperliche Behinderung die Lerntherapie nötig macht, weil das Jugendamt nur für sog. seelische Behinderungen zuständig ist.
  • Bericht der Schule bezüglich erfolgter Förderung und der Notwendigkeit außerschulischen Förderbedarfs sowie einer Einschätzung des sozialen Verhaltens in der Schule.

In dem Gutachten sollte auch stehen, dass entweder schon eine seelische Behinderung eingetreten ist oder ein soziales Integrationsrisiko besteht. Eigentlich muss das Jugendamt die (drohende) Teilhabebeeinträchtigung zwar selbst ermitteln und im Gutachten muss nur stehen, welche Diagnosen das Kind hat bzw. nicht hat. Aber in der Praxis wird die Leistung viel eher bewilligt, wenn schon im Gutachten etwas dazu steht.

Für Familien mit geringem Einkommen kann auch eine finanzielle Förderung durch Leistungen für Teilhabe und Bildung in Frage kommen. Weitere Informationen zu Voraussetzungen, Leistungen und Antrag unter Teilhabe- und Bildungspaket.

6. Schulbegleitung

Wird die Schule dem erhöhten Betreuungsbedarf des Schülers nicht gerecht, kann unter Umständen Schulbegleitung über die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen genehmigt werden. Bei ADHS kann diese vor allem motivieren, das Sozialverhalten stärken und die Teilnahmefähigkeit am Unterricht fördern. Näheres unter Schulbegleitung.

Viele Jugendämter vertreten den Standpunkt, neben ADHS sei mindestens eine weitere Diagnose nötig, um Schulbegleitung bewilligen zu können. Es sei neben der Diagnose ADHS auch eine sog. sekundäre Neurotisierung erforderlich, das heißt seelische Probleme durch ADHS, Näheres unter Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen.

Am einfachsten ist es deshalb, Schulbegleitung bei ADHS zu bekommen, wenn weitere seelische Störungen diagnostiziert wurden wie z.B. Angststörungen, Anpassungsstörungen oder Depressionen.

Gibt es keine weitere Diagnose, sollten es betroffene Familien mit folgender Argumentation versuchen:

  • ADHS ist eine Abweichung der seelischen Gesundheit vom altersentsprechenden Zustand und erfüllt daher die erste Voraussetzung für die Bewilligung der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen. Denn aus medizinischer Sicht ist ADHS eindeutig eine seelische Störung. Ein Leidensdruck und seelische Probleme sind Voraussetzungen für eine ADHS-Diagnose, Näheres unter ADHS > Ursachen und Diagnose.
  • Wenn auch die zweite Voraussetzung vorliegt, nämlich die Teilhabe beeinträchtigt ist, oder eine Teilhabebeeinträchtigung droht, besteht automatisch ein Anspruch auf alle notwendigen und geeigneten Leistungen der Eingliederungshilfe.

7. Praxistipps

8. Wer hilft weiter?

Ansprechstellen in den Schulen können für Lehrer und Eltern der schulpsychologische Dienst oder der Schulsozialdienst sein.

Zuständig für die Lerntherapie und die Schulbegleitung im Rahmen der Eingliederungshilfe für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit ADHS sind die Jugendämter.

Informationen zur Lerntherapie geben:

FiL Fachverband für integrative Lerntherapie e.V.

Grunewaldstr. 57, 10825 Berlin
Telefon 030 55246309
E-Mail info@lernfil.de
Therapiesuche und Information unter www.lerntherapie-fil.de

Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e.V.

c/o EZB
Allemannenstr. 5, 53175 Bonn
Postfach 201338, 53143 Bonn
www.bvl-legasthenie.de
info@bvl-legasthenie.de
Beratungstelefon: 0228 38755054, Di 10–12 und 18–20 Uhr und Mi 10–12 Uhr
Beratungs-E-Mail: beratung@bvl-legasthenie.de

9. Verwandte Links

Frühförderung von Kindern mit Behinderungen

Behinderung > Schule

Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen

Teilhabe an Bildung

Schulbegleitung

Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

ADHS > Behandlung bei Kindern

ADHS > Beeinträchtigungen

ADHS > Sport und Freizeit

ADHS > Ausbildung - Studium - Beruf

ADHS > Ursachen und Diagnose

 

Rechtsgrundlagen: § 112 SGB IX - § 35a SGB VIII

Letzte Bearbeitung: 16.01.2024

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