Persönliches Budget

1. Das Wichtigste in Kürze

Das Persönliche Budget ist meistens eine Geldleistung. Damit können Menschen mit Behinderungen ihre Reha- und Teilhabeleistungen und einige Leistungen der Kranken- und Pflegeversicherung selbst einkaufen – sie erhalten es also anstelle von Dienst- oder Sachleistungen. Manchmal werden auch Gutscheine ausgegeben. Auf das Persönliche Budget besteht ein Rechtsanspruch, es muss jedoch beantragt werden.

2. Umfang

Das Persönliche Budget können Menschen mit Behinderungen beantragen, um ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Sie können das Budget anstelle von Sach- oder Dienstleitungen zur Rehabilitation und Teilhabe wählen. Das Budget können auch Eltern für ihr Kind mit Behinderungen oder der Betreuer beantragen.

 

Beantragt werden können:

 

Das Budget wird als Geldleistung oder selten auch in Form von Gutscheinen erbracht, Letzteres z.B. bei Pflegeleistungen. Vom Persönlichen Budget kauft der Betroffene selbst die Leistungen ein, die seinen persönlichen Hilfebedarf decken. Möglich sind sowohl Einmalzahlungen als auch monatlich wiederkehrende Geldleistungen. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales werden überwiegend Budgetsummen zwischen 200 und 800 € monatlich gewährt. Das Persönliche Budget soll jedoch nicht höher sein als die Kosten der bisher bewilligten Leistungen. Nur in besonders begründeten Ausnahmefällen kann es höher ausfallen, z.B. wenn es übergangsweise für den Wechsel von stationären auf ambulante Betreuungsleistungen notwendig ist.

3. Ziel des Persönlichen Budgets

Eingeführt wurde das Persönliche Budget zur Stärkung der Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen. Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, ihre Ansprüche auf Hilfe ohne Bevormundung durch Sozialleistungsträger wahrnehmen zu können.

4. Nutzung des Persönlichen Budgets

4.1. Arbeitgebermodell

Im Arbeitgebermodell tritt die Person mit Behinderung selbst als Arbeitgeber für die Helfer auf, deren Dienstleistungen sie in Anspruch nimmt.

Vor- und Nachteile sind:

  • Hohes Maß an Selbstbestimmung.
  • Große Flexibilität und Möglichkeit der Anpassung an die individuellen Bedürfnisse.
  • Manchmal ist das Arbeitgebermodell die einzige Möglichkeit, an wirklich bedarfsgerechte Leistungen zu kommen.
  • Hoher Verwaltungsaufwand.
  • Vertretung (z.B. bei Krankheit oder Urlaub) muss selbst organisiert werden.
  • Hohe Verantwortung durch die Rolle als Arbeitgeber.
  • Das Risiko, z.B. von Fehlkalkulation oder Fehleinschätzungen in Bezug auf das Arbeitsrecht, liegt beim Menschen mit Behinderung selbst.
  • Arbeitsrechtliche Regeln müssen beachtet werden (z.B. Arbeitszeitgesetz, Mindestlohn, Kündigungsschutz).

Viele Menschen mit Behinderungen sind mit diesen Aufgaben, die mit der Arbeitgeberrolle verbunden sind, überfordert. Das gilt besonders dann, wenn ein ganzes Team von Angestellten beschäftigt werden muss.

Über das Persönliche Budget können auch Leistungen von Steuerberatern bzw. eines Lohnbüros finanziert werden. Wird aber beispielsweise umfangreiche Rechtsberatung bei einem arbeitsrechtlichen Streit nötig, wird es in der Praxis schwer, auch solche Kosten über das Persönliche Budget erstattet zu bekommen.

4.2. Einkaufsmodell, Dienstleistungsmodell

Beim Einkaufsmodell kauft die Person mit Behinderung die benötigten Hilfen, z.B. einen speziellen Computer, auf dem freien Markt ein.

Das Dienstleistungsmodell ist eine Unterform des Einkaufsmodells. Hier verwendet die Person mit Behinderung das Persönliche Budget dafür, bei Dienstleistungsunternehmen, sozialen Einrichtungen oder Selbstständigen die benötigten Dienstleistungen einzukaufen.

Vor- und Nachteile des Dienstleistungsmodells sind:

  • Geringerer Verwaltungsaufwand als beim Arbeitgebermodell.
  • Vertretung wird meist vom Dienstleister organisiert.
  • Helfer sind an Weisungen ihres Arbeitgebers gebunden. Diese können Wünschen und Bedürfnissen der Person mit Behinderung entgegenstehen.
  • Das Maß der Flexibilität und der Leistungsumfang hängen davon ab, was die am Markt vorhandenen Dienstleister ermöglichen.
  • Werden Solo-Selbstständige beauftragt, besteht das Risiko einer sog. Scheinselbständigkeit.
    (Scheinselbständigkeit bedeutet, dass eine Person zwar auf dem Papier selbstständig, in Wirklichkeit jedoch wie ein Arbeitnehmer von Weisungen des Auftraggebers abhängig ist. Scheinselbstständige sind sozialversicherungspflichtig, aber ihre Auftraggeber bezahlen keine Beiträge. Es handelt sich um eine Situation, die nicht legal ist und dazu führen kann, dass auf die Auftraggeber hohe Nachzahlungen, Bußgelder oder sogar Strafen zukommen.) Menschen mit Behinderungen, die Solo-Selbstständige im Rahmen des Persönlichen Budgets beauftragen wollen, können diesem Risiko durch ein rechtzeitiges Statusfeststellungsverfahren bei der Clearingstelle der Rentenversicherung vorbeugen. Informationen dazu unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Suchbegriff: Clearingstelle.

4.3. Abtretungsmodell

Beim Abtretungsmodell tritt die Person mit Behinderung ihren Anspruch auf das Persönliche Budget ab: an eine andere Person, eine Einrichtung oder ein Unternehmen (insbesondere z.B. an den eigenen Arbeitgeber bei der Arbeitsassistenz). Diese Person, die Einrichtung oder das Unternehmen organisiert dann aus dem Persönlichen Budget die benötigten Leistungen und rechnet selbst mit dem Kostenträger für das Persönliche Budget ab.

Besonders gut geeignet ist das Abtretungsmodell für Arbeitsassistenz: Das Persönliche Budget wird an den eigenen Arbeitgeber abgetreten, der davon dann die von ihm organisierte Arbeitsassistenz bezahlt.

Vor- und Nachteile des Abtretungsmodells sind:

  • Geringer Verwaltungsaufwand für die Person mit Behinderung.
  • Bei der Arbeitsassistenz beugt die Wahl dieses Modells Konflikten vor.
  • Es ist möglich, sich Hilfen mit anderen zu teilen, was z.B. bei der Assistenz günstig sein kann, weil Vertretung so leichter möglich ist.
  • Die Leistungen passen eventuell nicht so gut zu den Bedürfnissen des Assistenznehmers.
  • Geringere Selbstbestimmung als bei den anderen Modellen.

5. Kostenträger

Folgende Kostenträger kommen für das Persönliche Budget infrage:

6. Antrag

Das Persönliche Budget muss beantragt werden.

Stellen können den Antrag z.B.:

  • Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Menschen
  • gesetzliche Betreuer von Menschen mit Behinderungen
  • Eltern für ihre Kinder mit Behinderungen

Zur Vereinfachung wird in diesem Text immer vom "Menschen mit Behinderungen" gesprochen. Damit sind alle hier genannten Personenkreise gemeint.

 

Zur Antragstellung reicht es, sich an einen möglichen Kostenträger zu wenden. Dieser klärt dann seine Zuständigkeit, ggf. leitet er den Antrag weiter, wenn er sich als nicht zuständig betrachtet. Leitet er den Antrag nicht weiter, so ist er der sog. leistende Träger.

  • Gibt es nur einen Kostenträger, d.h. Leistungen werden nur von einem Kostenträger benötigt, spricht man vom Persönlichen Budget.
  • Werden Leistungen von unterschiedlichen Kostenträgern benötigt, nennt man dies ein trägerübergreifendes Persönliches Budget. Der leistende Träger zahlt dabei die Geldleistungen aller Kostenträger gesammelt an den Menschen mit Behinderung aus. Er ist für das Teilhabeplanverfahren zuständig und koordiniert die Leistungen. Dies soll eine zeitnahe Entscheidung über den Antrag und eine Leistungserbringung "wie aus einer Hand" ermöglichen.

6.1. Ablauf des Antragsverfahrens

Welcher Kostenträger für das Persönliche Budget zuständig ist, wird in der sog. Zuständigkeitsklärung festgelegt. Der Mensch mit Behinderungen schließt mit dem leistenden Kostenträger eine Zielvereinbarung ab. In der Regel läuft das Antragsverfahren folgendermaßen ab:

  • Beratungsgespräch über Hilfebedarf und Leistungen bei einem Kostenträger oder der unabhängigen Teilhabeberatung.
  • Antrag
  • Zuständigkeitsklärung, siehe Rehabilitation > Zuständigkeit.
  • Bedarfsfeststellung und -ermittlung
    Der leistende Kostenträger prüft die eingereichten Unterlagen (z.B. Schwerbehindertenausweis, ärztliche Befunde etc.) und beauftragt ggf. einen Gutachter, z.B. wenn es um langjährige Pflegeleistungen oder Rentenzahlungen geht.
  • Schriftliche Zielvereinbarung zwischen dem leistenden Kostenträger und dem Menschen mit Behinderungen. Sie muss Folgendes enthalten:
    • Genehmigte Leistungen
    • Höhe der Teilbudgets und des Gesamtbudgets
    • Individuelle Förder- und Leistungsziele
    • Nachweise über erhaltene Leistungen (z.B. Belege einreichen)
    • Qualitätssicherung (Erwartung darüber, ob die Leistungen die erforderliche Qualität erfüllen können)
  • Bescheid
    Der leistende Kostenträger erlässt im Namen aller beteiligten Träger einen Bescheid. Bei Bedarf kann der Mensch mit Behinderungen Widerspruch einlegen. Näheres unter Widerspruch im Sozialrecht.

Wird das Persönliche Budget ausschließlich durch die Pflegeversicherung erbracht, ist keine Zielvereinbarung notwendig.

6.2. Praxistipps

  • Es ist sinnvoll, zu Terminen im Rahmen der Antragstellung eine Vertrauensperson mitzunehmen, z.B. einen Freund, Familienangehörigen oder Sozialarbeiter, zu dem ein gutes Verhältnis besteht). Im Sozialverfahren haben Antragsteller das Recht, zu solchen Terminen einen sog. Beistand mitzunehmen (§ 13 Abs. 4 Satz 1 SGB X). Das bedeutet, dass die Vertrauensperson nicht einfach weggeschickt werden darf. Die Vertrauensperson kann den Antragsteller stärken und ihm Sicherheit geben.
  • Anträge auf das Persönliche Budget sollten Sie wie folgt formulieren: "Ich beantrage xy (z.B. Assistenzleistungen) in Form eines Persönlichen Budgets". Sie müssen immer auch die Leistung selbst beantragen und nicht nur ein Persönliches Budget. Das Persönliche Budget ist nämlich nicht selbst eine Leistung, sondern nur eine Leistungsform, die als Alternative zu Sachleistungen gewählt werden kann.
  • Sie sollten bei der Antragstellung unabhängige Teilhabeberatung in Anspruch nehmen, um einer Ablehnung so gut es geht vorzubeugen. Denn nicht immer beraten die Leistungsträger ausreichend dazu, wie die Anträge zu formulieren sind, und viele Leistungsträger wissen selbst wenig über das Persönliche Budget.

7. Leistungserbringung

Der leistende Kostenträger erbringt die Leistung jeweils am Anfang des Monats. Manche Leistungen können auch einmalig sein, z.B. für einen Rollstuhl.

An das Persönliche Budget sind Menschen mit Behinderungen in der Regel 6 Monate lang gebunden. Die Bedarfsermittlung wird im Regelfall alle 2 Jahre wiederholt.

8. Praxistipps

  • Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet umfangreiche Informationen und Broschüren zum Persönlichen Budget unter www.bmas.de > Soziales > Teilhabe und Inklusion > Rehabilitation und Teilhabe.
  • Wer bei der Beantragung und Verwaltung des Persönlichen Budgets Unterstützung benötigt, kann Budgetassistenz in Anspruch nehmen und diese als Teil des Persönlichen Budgets finanziert bekommen.
  • Über die Assistenzbörse des Verbunds behinderter Arbeitgeber/innen "VbA – Selbstbestimmt Leben e.V." können unter www.assistenzboerse.de persönliche Assistenten gesucht werden.
  • Assistenzdienste gibt es zunehmend auch auf lokaler Ebene. Sie finden sie im Internet mit dem Suchbegriff "Assistenzdienst".

9. Wer hilft weiter?

  • Die unabhängige Teilhabeberatung.
  • Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zum Thema Behinderung: 030 221911-006, Mo–Do 8–17 und Fr 8–12 Uhr.
  • Beratungstelefon der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben – ISL e.V.: 030 235935190 (Kosten zum normalen Festnetz- oder Mobilfunktarif), weitere Informationen unter http://isl-ev.de.

10. Verwandte Links

Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Eingliederungshilfe > Einkommen und Vermögen

Assistenzleistungen

Arbeitsassistenz

Elternassistenz für Eltern mit Behinderungen

Schulbegleitung

Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen

Behinderung

Budget für Arbeit

Budget für Ausbildung

 

Rechtsgrundlagen: §§ 8, 14, 29 SGB IX

Letzte Bearbeitung: 03.11.2023

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