Soziale Entschädigung

1. Das Wichtigste in Kürze

Soziale Entschädigung erhalten z.B. Opfer bestimmter Gewalttaten, des 1. und 2. Weltkriegs oder Impfgeschädigte, die einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben, und deren Angehörige, Hinterbliebene, Geschwister und unverheiratete Partner.

Das Soziale Entschädigungsrecht ist seit 1.1.2024 in einem eigenen Sozialgesetzbuch (SGB XIV) geregelt. Vor der Reform hatten nur Opfer sogenannter tätlicher Angriffe ein Recht auf Opferentschädigung, jetzt auch Opfer sog. psychischer Gewalttaten. Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, Nachstellung (= Stalking) oder einer Geiselnahme gelten z.B. als psychische Gewalttaten, weil es dabei nicht immer zu körperlichen Angriffen kommt. Seit 1.1.24 können außerdem z.B. auch traumatisierte Augenzeugen, Ersthelfer und Angehörige Entschädigung als Gewaltopfer bekommen.

2. Wer hat Anspruch auf Soziale Entschädigung?

Anspruch auf Soziale Entschädigungsleistungen nach dem SGB XIV haben zum einen Menschen mit Gesundheitsschäden durch eines der folgenden Ereignisse:

  • im SGB XIV genannte Gewalttat
  • 1. oder 2. Weltkrieg
  • Ereignis im Zusammenhang mit dem Zivildienst (z.B. Unfall oder durch die Arbeit verursachte Krankheit)
  • Schutzimpfung oder Gabe von Antikörpern bzw. Medikamenten zum Infektionsschutz

Zum anderen können Angehörige, Hinterbliebene und sog. Nahestehende (= Geschwister und unverheiratete eheähnliche Partner) bestimmte Leistungen der Sozialen Entschädigung aus dem SGB XIV bekommen.

Nicht alle Regeln über die soziale Entschädigung wurden bei der Reform zum 1.1.2024 ins SGB XIV übernommen, sondern Teile sind immer noch in anderen Gesetzen geregelt. Folgende Gruppen haben Anspruch auf Soziale Entschädigung nach anderen Gesetzen, die aber teils auf das SGB XIV verweisen:

  • ehemalige Wehrdienstleistende
  • Opfer staatlichen Unrechts in der DDR
  • ehemalige politische Auslandshäftlinge
  • Betroffene von Quarantäne zum Infektionsschutz

2.1. Welche Gewaltopfer haben Anspruch auf Soziale Entschädigung?

Anspruch auf Soziale Entschädigung haben z.B:

  • Opfer tätlicher Angriffe (körperliche Gewalt)
  • Menschen, die bei ihrer Notwehr gegen einen tätlichen Angriff geschädigt wurden
  • Opfer sog. psychischer Gewalttaten, z.B.
    • sexueller Missbrauch
    • sexueller Übergriff
    • sexuelle Nötigung
    • Vergewaltigung
    • Menschenhandel
    • Nachstellung (= Stalking)
    • Geiselnahme
    • räuberischen Erpressung
  • Vergiftungsopfer
  • erheblich vernachlässigte Kinder
  • Opfer von Kinderpornographie
  • sog. Schockschadensopfer:
    • Augenzeugen und Menschen, die Opfer gefunden haben, wenn sie dadurch gesundheitlich geschädigt wurden
    • Menschen mit einer emotionalen Beziehung zum Opfer, wenn sie dadurch gesundheitlich geschädigt wurden, dass sie von der Gewalt erfahren haben

2.2. Soziale Entschädigung für Ausländer und bei einer Schädigung im Ausland

Die Leistungen der sozialen Entschädigung sind immer unabhängig von der Staatsangehörigkeit.

Für Gewaltopfer gilt:

  • Sie bekommen immer soziale Entschädigung, wenn die Gewalttat in Deutschland passiert ist oder auf einem deutschen Schiff bzw. Luftfahrzeug (z.B. Flugzeug, Hubschrauber), auch wenn sie nicht in Deutschland leben.
  • Ist die Gewalttat im Ausland passiert, haben sie nur dann Anspruch auf soziale Entschädigung, wenn sie sich gewöhnlich in Deutschland aufhalten und ihr Aufenthalt in Deutschland rechtmäßig ist. Außerdem dürfen Sie bei der Gewalttat nur vorübergehend im Ausland gewesen sein, also in der Regel bis 6 Monate.

Impfgeschädigte bekommen nur dann Entschädigung, wenn sie in Deutschland eine empfohlene Impfung bekommen haben, aber auch, wenn sie nicht in Deutschland leben.

3. Welche Leistungen der sozialen Entschädigung gibt es?

3.1. Leistungen für Geschädigte

Für Geschädigte sind folgende Leistungen möglich:

  • sog Schnelle Hilfen: Fallmanagement, Traumaambulanz
  • Krankenbehandlung der sozialen Entschädigung: nicht nur die eigentliche Behandlung, sondern z.B. auch einige andere Leistungen wie z.B. Krankengeld der Sozialen Entschädigung oder Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl)
  • Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderungen
  • Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
  • Leistungen bei Blindheit
  • Entschädigungszahlungen: monatliche Entschädigung (400-2000 €) oder Abfindung (Einmalzahlung der Summe der monatlichen Entschädigung für 5 Jahre)
  • Berufsschadensausgleich: Leistung zum Ausgleich von Einkommensverlusten wegen Gesundheitsschäden
  • Besondere Leistungen im Einzelfall: z.B. Leistungen zum Lebensunterhalt, wenn die sonstigen Leistungen nach dem SGB XIV dafür nicht ausreichen
  • Leistungen bei Überführung und Bestattung bei Todesfällen
  • Härtefallausgleich: Leistungen die nach den sonstigen Regeln des SGB XIV nicht möglich wären, wenn es dem Sinn und Zweck des SGB XIV widersprechen würde, sie nicht zu leisten
  • Leistungen bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland: nicht nur Menschen in Deutschland, sondern auch Menschen im Ausland können Anspruch auf Soziale Entschädigung nach dem SGB XIV haben, siehe oben unter "Soziale Entschädigung für Ausländer und bei einer Schädigung im Ausland"

3.2. Leistungen für Angehörige, Hinterbliebene und Nahestehende

Angehörige, Hinterbliebene und sog. Nahestehende (= Geschwister und unverheiratete eheähnliche Partner) können folgende Leistungen der Sozialen Entschädigung aus dem SGB XIV bekommen:

  • Schnelle Hilfen (Fallmanagement und Traumaambulanz)
  • besondere psychotherapeutische Leistungen

Hinterbliebene können zusätzlich Anspruch auf folgende Leistungen des SGB XIV haben:

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
  • Entschädigungszahlungen
  • Leistungen zum Lebensunterhalt
  • Ausbildungsförderung
  • Krankenbehandlung im Härtefall, wenn sie keine andere Absicherung im Krankheitsfall haben, also z.B. nicht krankenversichert sind

3.3. Was gilt für Menschen mit Anspruch auf soziale Entschädigung aus der Zeit vor der Reform?

Wer schon vor der Reform zum 1.1.2024 einen festgestellten Anspruch auf Soziale Entschädigung hatte oder wer den Antrag vor dem 1.1.2024 gestellt hat, bekommt die Leistungen nach dem alten Recht, kann aber auf Wunsch die Leistungen nach dem neuen Recht wählen. Von diesem Wahlrecht gibt es eine Ausnahme: Die Betroffenen können keine Abfindung statt einer monatlichen Entschädigung wählen.

4. Schnelle Hilfen

Seit 1.1.2024 gibt es als neue Leistungen der Sozialen Entschädigung die sog. Schnellen Hilfen. Sie bestehen aus dem sog. Fallmanagement und den Angeboten der Traumaambulanz. Dort können Erwachsene max. 15 und Kinder und Jugendliche max. 18 psychotherapeutische Sitzungen bekommen.

Fallmanagement bedeutet, dass Berechtigte von einer eigens dafür eingesetzten Person beim Antrag und später beim Bezug von Leistungen bei dem Verwaltungsverfahren unterstützt werden können. Die Träger der sozialen Entschädigung entscheiden im Einzelfall, ob ein Fallmanagement gestellt wird oder nicht, aber in folgenden Fällen dürfen sie nur im Ausnahmefall davon absehen, ein Fallmanagement anzubieten:

  • bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (z.B. Vergewaltigung)
  • bei Tötungsdelikten (z.B. Mord, Totschlag)
  • wenn die Geschädigten bei der Schädigung (z.B. bei der Gewalttat) minderjährig waren

Wenn die Betroffenen kein Fallmanagement möchten, können Sie ihre Einwilligung verweigern, dann läuft das Verfahren ohne Fallmanagement weiter.

Aufgaben des Fallmanagements sind z.B.

  • Klärung der folgenden Fragen: Welche Hilfen sind nötig? Welche Sozialleistungen sind möglich?
  • Unterstützung beim Stellen von Anträgen
  • Beratung darüber, wie das Verwaltungsverfahren abläuft
  • Begleitung im Verwaltungsverfahren
  • evtl. Kontaktaufnahme mit möglicherweise Berechtigten

Wer für das Fallmanagement vor Ort zuständig ist, ist unterschiedlich, weil das die Bundesländer entscheiden.

5. Praxistipps

6. Wer hilft weiter?

Versorgungsamt, Träger der sozialen Entschädigung und der Bundesopferbeauftragte, Kontakt unter www.bmj.de > Themen > Terrorismus, Extremismus, Prävention und Opferhilfe > Bundesopferbeauftragter, E-Mail opferbeauftragter@bmj.bund.de.

7. Verwandte Links

Träger der sozialen Entschädigung

Krankengeld der Sozialen Entschädigung

Grad der Behinderung

Krankenbehandlung

Unfallversicherung

 

Rechtsgrundlagen: SGB XIV

Letzte Bearbeitung: 02.04.2024

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