Sozialhilfe > Taschengeld

1. Das Wichtigste in Kürze

Taschengeld wird umgangssprachlich der Barbetrag genannt, den Sozialhilfeempfänger erhalten, die in sog. stationären Einrichtungen wie z.B. Alten- oder Pflegeheimen leben, damit sie nicht ganz ohne frei verfügbares Geld dastehen, weil alles die Einrichtung erhält. Das Taschengeld beträgt für Erwachsene mindestens 152,01 €.

Einrichtungen der Eingliederungshilfe gelten seit den Änderungen durch das Bundesteilhabegesetz in der Sozialhilfe nicht mehr als stationäre Einrichtungen. Volljährige Menschen mit Behinderungen in solchen Einrichtungen bekommen deshalb zwar auch Taschengeld, aber in der Regel auf anderer Rechtsgrundlage.

2. Barbetrag statt Regelsatz

Normalerweise bekommen Sozialhilfeempfänger den sog. Regelsatz zur freien Verfügung. Das ist eine Pauschale, mit der fast der ganze Lebensunterhalt gedeckt werden muss. Wenn Sozialhilfeempfänger in Einrichtungen leben, gelten aber oft andere Regeln und die Einrichtung bekommt fast die ganze Sozialhilfe, weil sie fast den ganzen Lebensunterhalt sichert. Der Sozialhilfeempfänger erhält dann nur ein Taschengeld, den sog. Barbetrag.

Der Barbetrag ist in einem speziellen Gesetz bei der Hilfe zum Lebensunterhalt (§ 27b Absätze 2 und 3 SGB XII) geregelt. Er wird aber nicht nur Sozialhilfeempfängern gewährt, die Hilfe zum Lebensunterhalt erhalten, sondern auch manchen Menschen, die Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung erhalten. Dieses Taschengeld ist nicht zu verwechseln mit dem Taschengeld des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, Details dazu unter Unterhaltsleistungen Jugendamt.

Der Bewohner hat das Recht, sich den Barbetrag persönlich auszahlen zu lassen. Er kann eigenständig entscheiden, wie er ihn verwendet.

Im Falle einer gesetzlichen Betreuung, welche die Vermögenssorge einschließt, verwaltet der Betreuer das Taschengeld nach den (mutmaßlichen) Wünschen des Betreuten. Wenn der Bewohner das Taschengeld nicht mehr selbst verwalten kann, aber weder einen gesetzlichen Betreuer noch eine dafür bevollmächtigte Person hat, übernimmt das die Einrichtung im Rahmen der Fürsorgepflicht. Die Verwaltung des Taschengelds darf dem Bewohner von der Einrichtung nicht in Rechnung gestellt werden.

3. Voraussetzungen

Es gelten dieselben Voraussetzungen wie bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

In der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und in der Grundsicherung für Arbeitsuchende selbst ist kein Taschengeld im Sinne eines Barbetrags enthalten.

Wer aber im Pflegeheim lebt und Grundsicherung sowie ggf. Zuschüsse zu den Pflegeheimkosten der Pflegekasse erhält, kann damit im Normalfall die Kosten für das Pflegeheim nicht vollständig abdecken und erhält aufstockend Hilfe zur Pflege. In diesem Fall erhält der Pflegeheimbewohner auch den Barbetrag nach der speziellen Regelung für Sozialhilfeempfänger in stationäre Einrichtungen als Taschengeld. Hilfe zur Pflege wird ggf. auch allein für den Barbetrag gewährt, wenn der Pflegeheimbewohner zwar die Heimkosten vollständig finanzieren kann, ihm aber dann kein Barbetrag mehr als Taschengeld verbliebe.

Auch wer Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten oder der Hilfe in anderen Lebenslagen in einer stationären Einrichtung erhält, bekommt diesen Barbetrag als Taschengeld. Das gilt insbesondere für Menschen, die Grundsicherung erhalten und davon die Kosten einer stationären Obdachloseneinrichtung nicht vollständig finanzieren können und daher aufstockend vom Sozialamt Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten oder Hilfe in anderen Lebenslagen bekommen.

Auch wer mit der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Unterbringung im Obdachlosenheim vollständig finanzieren kann, muss nicht den ganzen Regelsatz an die Einrichtung abgeben, sondern darf davon den Barbetrag als Taschengeld behalten.

4. Taschengeld in Einrichtungen der Eingliederungshilfe

In Einrichtungen der Eingliederungshilfe ist es unterschiedlich, ob das Taschengeld als Teil des Regelsatzes der Sozialhilfe gezahlt wird oder als Barbetrag nach der speziellen Regelung für stationäre Einrichtungen.

4.1. Taschengeld als Teilbetrag des Regelsatzes

Sozialhilfeempfänger in Einrichtungen der Eingliederungshilfe erhalten normalerweise bei entsprechendem Hilfebedarf den in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung oder in der Hilfe zum Lebensunterhalt zu zahlenden Regelsatz, wie ihn auch Sozialhilfeempfänger in einer eigenen Wohnung erhalten.

Soweit die Einrichtung der Eingliederungshilfe neben der Eingliederungshilfe auch den Lebensunterhalt dieser Menschen deckt, müssen diese Menschen vom Regelsatz den Anteil für ihren Lebensunterhalt an die Einrichtung bezahlen und können nur über einen Teilbetrag dieses Regelsatzes als Bargeldleistung frei verfügen, der in der Gesamtplanung der Hilfe festgelegt wird.

Hier gelten also nicht die oben geschilderten Regeln zum Barbetrag.

4.2. Taschengeld als Barbetrag

Teilweise gelten aber auch in solchen Einrichtungen der Eingliederungshilfe die oben unter "Grundsätzliches" geschilderten Regeln zum Barbetrag, und zwar in folgenden Fällen:

  • Der Sozialhilfeempfänger wohnt nicht in einer Wohnung nach folgender Definition: Mehrere Räume gehören zusammen, sind von anderen Wohnungen oder Wohnräumen baulich getrennt und enthalten zusammen alles, was für die Führung eines Haushalts notwendig ist (Schlafmöglichkeit, Küche, Bad, Wohnbereich)
    und
  • Minderjährigkeit
    oder
  • es liegen alle folgenden Voraussetzungen vor:
    • Volljährigkeit,
    • Eingliederungshilfe als eine Leistung zur Schulbildung, schulischen Ausbildung oder für einen Beruf in einer Besonderen Ausbildungsstätte über Tag und Nacht (Internat) für Menschen mit Behinderungen,
    • eine Einrichtung mit einem auf Minderjährige zugeschnittenen Konzept,
    • der Sozialhilfeempfänger war schon zuvor über die Jugendhilfe dort,
    • der Sozialhilfeempfänger bleibt nur für kurze Zeit nach der Volljährigkeit dort (nicht länger als bis zum 21. Geburtstag), um Ziele für die Teilhabe zu erreichen, die er eigentlich bis zu seinem 18. Geburtstag erreichen sollte.

5. Höhe

  • Hilfeempfänger, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben: Festsetzung durch die zuständigen Landesbehörden.
  • Hilfeempfänger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben: Mindestens 152,01 €.
    (= 27 % der Regelbedarfsstufe 1, Näheres unter Regelsätze).
  • Das Taschengeld nach dem speziellen Gesetz über den Barbetrag (§ 27b Abs. 2 und 3 SGB XII) wird im Einzelfall gemindert. Das passiert, wenn und soweit die Betroffenen das Taschengeld nicht bestimmungsgemäß für etwas verwenden können, was ihnen die Einrichtung nicht stellt. Kein Taschengeld bekommt z.B., wer im Koma liegt und deshalb kein Geld ausgeben kann. Weniger vom Barbetrag bekommt, wer zu krank ist, um das ganze Taschengeld selbstbestimmt zu nutzen, einen Teil davon aber verwenden kann.
  • Das Taschengeld wird auf Antrag erhöht, wenn und soweit ein zusätzlicher notwendiger Bedarf besteht, den die Einrichtung nicht deckt und für den der Mindestbetrag nicht ausreicht (z.B. für Internet im Heim, oder wenn ein Heim nicht genügend Nahrung zur Verfügung stellt).
  • Die Höhe des Taschengelds in Einrichtungen der Eingliederungshilfe als Teil des Regelsatzes muss im sog. Gesamtplan festgelegt werden. Dafür hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe eine Orientierungshilfe zum Barmittelanteil erstellt, die als PDF-Datei unter www.bagues.de > Übersicht und Download der Orientierungshilfen und Empfehlungen heruntergeladen werden kann.

6. Praxistipp für Sozialhilfeempfänger im Heim

Heimbewohner, die Sozialhilfe beziehen, müssen nicht mehr Zuzahlungen zu Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung leisten, bis sie die 1-%- bzw. 2-%-Grenze erreicht haben und damit eine Zuzahlungsbefreiung erhalten, sondern haben auch die Möglichkeit, dass der örtlich zuständige Sozialhilfeträger den Gesamtbetrag der individuellen Belastungsgrenze (135,12 € bzw. bei chronisch Kranken 67,56 €) an die Krankenkasse des Heimbewohners vorab überweist. Dieser als Darlehen gewährte Gesamtbetrag wird dann in monatlichen kleinen Ratenbeträgen mit dem Taschengeld des Heimbewohners verrechnet (§ 37 Abs. 2 SGB XII). Der Heimbewohner erhält dann bereits zu Jahresbeginn die Zuzahlungsbefreiung von der Krankenkasse.

Näheres unter Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung.

7. Wer hilft weiter?

Individuelle Auskünfte erteilt der überörtliche Sozialhilfeträger. Näheres unter Sozialamt.

Auch Stellen, die Pflegeberatung oder unabhängige Teilhabeberatung anbieten, können oft helfen.

8. Verwandte Links

Unterhaltsleistungen Jugendamt

Sozialhilfe

Vollstationäre Pflege

 

Rechtsgrundlagen: § 119 Abs. 2 Satz 2 SGB IX - § 27b Abs. 2 f. SGB XII

Letzte Bearbeitung: 19.03.2024

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