Berufliche Reha > Rahmenbedingungen

1. Das Wichtigste in Kürze

"Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" (LTA) ist der sozialrechtliche Begriff für die berufliche Reha. Dieser umfasst alle Reha-Maßnahmen, welche die Arbeits- und Berufstätigkeit von Menschen mit Krankheiten und/oder Behinderungen fördern. Die Leistungen werden von verschiedenen Trägern übernommen, z.B. von der Agentur für Arbeit, vom Renten- oder Unfallversicherungsträger oder vom Träger der Eingliederungshilfe.

Die unterschiedlichen Formen der beruflichen Reha sind unter Berufliche Reha > Leistungen aufgeführt.

2. Zuständigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gehören zu den Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen oder drohenden Behinderungen, die von verschiedenen Trägern finanziert werden können:

Weil es im Einzelfall oft ziemlich kompliziert ist, herauszufinden, welcher Träger zuständig ist, wurde durch das sog. Bundesteilhabegesetz eine Regelung geschaffen, durch die Betroffene sich um die Zuständigkeit nicht mehr kümmern müssen.

Betroffene können die Leistung bei irgendeinem der genannten Träger beantragen. Dieser muss dann den Antrag ggf. an den zuständigen Träger weiterleiten. Tut er das nicht oder nicht rechtzeitig, muss er selbst leisten.

Näheres unter Rehabilitation > Zuständigkeit.

3. Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

3.1. Voraussetzungen der Unfallversicherung

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Unfallversicherung setzen voraus:

  • Arbeitsunfall (inklusive Wegeunfall), Berufskrankheit oder drohende Berufskrankheit
    und
  • gesetzliche Unfallversicherung zur Zeit des Unfalls oder bei der Entstehung der (drohenden) Berufskrankheit
    und
  • deswegen Bedarf nach beruflicher Reha:
    • bisheriger Beruf bzw. die bisherige Tätigkeit kann nicht mehr wettbewerbsfähig ausgeübt werden
      oder
    • dauerhafte wesentliche Einschränkung der beruflichen Konkurrenzfähigkeit

3.2. Voraussetzungen der Träger der sozialen Entschädigung

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Träger der sozialen Entschädigung setzen voraus, dass der Bedarf an beruflicher Reha einen der folgenden Gründe hat:

  • Gewalttat
  • Impfschaden
  • 1. oder 2. Weltkrieg
  • Schädigung im Zusammenhang mit dem Zivildienst, z.B. Unfall
  • Verfolgung im Nationalsozialismus
  • DDR-Unrecht

3.3. Voraussetzungen der Rentenversicherung

3.3.1. Persönliche Voraussetzungen

Unter folgenden persönlichen Voraussetzungen trägt der Rentenversicherungsträger berufliche Reha-Leistungen (§ 10 SGB VI):

  • Die Erwerbsfähigkeit ist wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert
    und
  • voraussichtlich kann eine drohende Erwerbsminderung abgewendet werden
    oder
    eine geminderte Erwerbsfähigkeit kann wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden
    oder
  • eine Verschlechterung der geminderten Erwerbsfähigkeit kann abgewendet werden
    oder
    bei teilweise geminderter Erwerbsfähigkeit kann
    • ein bestehender Arbeitsplatz erhalten werden
      oder
    • wenn das nicht möglich ist ein neuer Arbeitsplatz erlangt werden.

3.3.2. Versicherungsrechtliche Voraussetzungen

Unter folgenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen trägt der Rentenversicherungsträger berufliche Reha-Leistungen (§ 11 SGB VI):

  • Erfüllung der Wartezeit von 15 Jahren (= die Zeit, in der Beiträge gezahlt wurden bzw. Zeiten, in denen Rentenanwartschaften erworben wurden, z.B. Kindererziehungszeiten)
    oder
  • Bezug einer Erwerbsminderungsrente
    oder
  • die Zahlung von Erwerbsminderungsrente wird dadurch verhindert
    oder
  • Anspruch auf große Witwen/Witwer-Rente (Rentenversicherung) wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
    oder
  • unmittelbarer Anschluss an die Medizinische Rehabilitation der Rentenversicherung bei voraussichtlich erfolgreicher Reha.

3.3.3. Ausschluss von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Rentenversicherung

Die Rentenversicherung finanziert ihren Versicherten keine beruflichen Reha-Leistungen bei:

  • einem Arbeitsunfall, Wegeunfall, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Sozialen Entschädigungsrechts, wenn also ein Unfallversicherungsträger oder ein Träger der sozialen Entschädigung zuständig ist.
  • Bezug oder Beantragung einer Altersrente von mindestens zwei Drittel der Vollrente (d.h.: kein Ausschluss bei Bezug/Antrag von einem Drittel bzw. der Hälfte der Vollrente).
  • Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften.
  • Versicherungsfreiheit bei Bezug einer Versorgung wegen Erreichens einer Altersgrenze, sog. Vorruhestandsleistungen.
  • Bezug einer Leistung, die regelmäßig bis zum Beginn einer Altersrente gezahlt wird.
  • Untersuchungshaft oder Vollzug einer Freiheitsstrafe bzw. freiheitsentziehender Maßregeln oder einstweiliger Unterbringung (§ 126a StPO), Ausnahme: erleichterter Strafvollzug bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

3.4. Voraussetzungen der Agentur für Arbeit

Die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Agentur für Arbeit setzen eine (drohende) Behinderung im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben voraus.

Weitere Voraussetzung ist, dass weder der Träger der Rentenversicherung noch der Träger der Unfallversicherung noch ein Träger der sozialen Entschädigung zuständig ist.

Arbeitslosigkeit ist keine notwendige Voraussetzung, denn nur ein Teil der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Agentur für Arbeit sind für Menschen mit Behinderungen gedacht, die (noch) keine Arbeit haben. Es darf aber nicht um eine der Leistungen zur Beschäftigung der Eingliederungshilfe gehen, denn diese gehören nicht zum Zuständigkeitsbereich der Agentur für Arbeit.

3.5. Voraussetzungen der Träger der Jugendhilfe

Für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe

Vorrangig leistungspflichtig können folgende Träger sein:

Bei jungen Volljährigen müssen zusätzlich die Voraussetzungen der Hilfe für junge Volljährige vorliegen.

3.6. Voraussetzungen der Träger der Eingliederungshilfe

Für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom Träger der Eingliederungshilfe

Vorrangig leistungspflichtig können folgende Träger sein:

3.7. Voraussetzungen des Integrationsamts bzw. Inklusionsamts

Es gibt keinen Rechtsanspruch auf Leistungen der Integrationsämter bzw. Inklusionsämter. Das heißt, auch wenn alle notwendigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, muss das zuständige Integrationsamt oder Inklusionsamt nicht unbedingt leisten, sondern es trifft eine sog. Ermessensentscheidung, bei der es alle Einzelfallumstände abwägen muss. Näheres unter Rechtsanspruch und Ermessen.

Bei der Entscheidung kommt es stark darauf an, wie viel Geld aus der sog. Ausgleichsabgabe da ist. Diese Abgabe müssen Betriebe zahlen, wenn sie keine oder zu wenige Menschen mit Schwerbehinderungen beschäftigen. Je mehr Geld aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung steht, umso wahrscheinlicher ist es, dass das Integrationsamt oder Inklusionsamt leistet.

Leistungen der Integrationsämter bzw. Inklusionsämter können nur folgende Menschen bekommen:

Die Integrationsämter bzw. Inklusionsämter leisten nur, wenn keiner der Reha-Träger leisten muss und sie erbringen nur sog. begleitende Hilfen im Arbeitsleben. Diese setzen unter anderem voraus, dass der Mensch mit Behinderung einen Arbeitsplatz hat.

3.8. Praxistipps

  • Die Anträge auf Kostenübernahme für die jeweiligen beruflichen Reha-Leistungen sollten Sie stellen, bevor die Maßnahmen in die Wege geleitet werden.
  • Informationen zu den begleitenden Hilfen im Arbeitsleben bietet Ihnen die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) unter www.bih.de > Suchbegriff: "Begleitende Hilfe im Arbeitsleben".

4. Dauer von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Grundsatz: Berufliche Reha-Leistungen sollen für die Zeit erbracht werden, die vorgeschrieben oder allgemein üblich ist, um das angestrebte Berufsziel zu erreichen.

4.1. Dauer bei beruflicher Eingliederung

In der Regel bis das angestrebte Berufsziel erreicht ist, in der hierfür vorgeschriebenen oder allgemein üblichen Zeit im Sinne der notwendigen Ausbildungsdauer.

Dauer bei Weiterbildung

In der Regel bis zu 2 Jahre bei ganztägigem Unterricht.

Hintergrund dieser Regel ist, dass Weiterbildungen verkürzt auf 2/3 der Dauer einer normalen Berufsausbildung angeboten werden. Weil es inzwischen normale Berufsausbildungen gibt, die länger als 3 Jahre dauern, gibt es eine Ausnahmeregelung für die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Bei solchen Berufen dauert die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in der Regel länger als 2 Jahre, nämlich 2/3 der Dauer der normalen Ausbildung.

Die Teilförderung (eines Ausbildungsabschnitts) einer in sich geschlossenen Weiterbildungsmaßnahme ist nicht möglich.

4.2. Verlängerung

Eine Verlängerung ist denkbar bei:

  • Bestimmter Art und Schwere der Behinderung
  • Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes
  • Voller Ausschöpfung des Leistungsvermögens des Menschen mit Behinderung
  • Erlernbarkeit des Ausbildungsberufs nicht unter 2 Jahren

5. Stationäre Leistungen, Unterkunft, Verpflegung

Wegen der Art oder Schwere der Behinderung oder zur Sicherung des Erfolgs der Reha können die Maßnahmen auch stationär erbracht werden. Das umfasst neben der Unterkunft auch die Verpflegung, wenn die Unterbringung außerhalb des eigenen oder elterlichen Haushalts erforderlich ist.

6. Sozialversicherung

Bei Teilnahme an beruflichen Reha-Leistungen werden Beiträge zur Kranken-, Unfall-, Pflege- und Rentenversicherung übernommen. Details unter Sozialversicherung bei beruflicher Reha und WfbM.

7. Praxistipp

8. Wer hilft weiter?

Der zuständige Reha-Träger, das Integrationsamt oder Inklusionsamt und der Integrationsfachdienst.

9. Verwandte Links

Rehabilitation

Ergänzende Leistungen zur Reha: Nebenleistungen, z.B. Lohnersatzleistungen oder Leistungen zum Lebensunterhalt

Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Behinderung

 

Rechtsgrundlagen: § 16 SGB VI - § 35 SGB VII - jeweils i.V.m. §§ 49 ff. SGB IX

Letzte Bearbeitung: 09.01.2024

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