Erziehungshilfe

1. Das Wichtigste in Kürze

Erziehungsberechtigte und junge Volljährige bis zum 27. Geburtstag haben Anspruch auf verschiedenste Formen staatlicher Hilfen bei der Erziehung. Das Spektrum reicht von Erziehungsberatung bis Heimerziehung. Sie soll einer Kindeswohlgefährdung oder Gefährdung des Wohls von Jugendlichen entgegenwirken und Erziehungsdefizite ausgleichen und wird den Sorgeberechtigten gewährt, wenn sie das Wohl nicht ohne Hilfe gewährleisten. Zuständig ist das Jugendamt. Erziehungshilfe ist für alle Sorgeberechtigten und jungen Erwachsenen gedacht, anders als die behinderungsspezifische Eingliederungshilfe vom Jugendamt.

2. Was ist Erziehungshilfe?

Erziehungshilfe heißen verschiedene Hilfen des Jugendamts für Eltern oder andere Sorgeberechtigte. Hauptsächlich handelt es sich um pädagogische und damit verbundene therapeutische Leistungen. Die Sorgeberechtigten haben Anspruch auf Erziehungshilfe, wenn

  • eine dem Kindeswohl oder dem Wohl des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist
    und
  • die Hilfe für die Entwicklung des jungen Menschen geeignet und notwendig ist.

Junge Volljährige bis zum 27. Geburtstag können selbst Anspruch auf die Leistungen der Erziehungshilfe im Rahmen der sog. Hilfe für junge Volljährige haben.

3. Abgrenzung zur Eingliederungshilfe vom Jugendamt

Die Jugendämter sind nicht nur für die Erziehungshilfe zuständig, sondern auch für die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen. Die vom Jugendamt über die Erziehungshilfe konkret gewährten Hilfen unterscheiden sich zum Teil nicht von den über die Eingliederungshilfe gewährten Hilfen, aber es gibt wichtige Unterschiede. Diese zeigt die folgende Tabelle:

  Erziehungshilfe Eingliederungshilfe vom Jugendamt
Wer hat Anspruch auf die Leistung?
  • Sorgeberechtigte von Kindern und Jugendlichen bis zum 18. Geburtstag
    und
  • junge Volljährige bis zum 27. Geburtstag
Kinder, Jugendliche und junge Volljährige bis zum 27. Geburtstag mit seelischen Behinderungen
Was sind die Voraussetzungen?
  • Eine Kindeswohlgefährdung oder Gefährdung des Wohls eines Jugendlichen, wenn die Sorgeberechtigten sie nicht ohne Hilfe selbst abwenden
    und
  • mindestens eine für die Entwicklung des jungen Menschen notwendige und geeignete Leistung
  • Eine seelische Behinderung
    und
  • mindestens eine notwendige und geeignete Leistung, um die Ziele der Eingliederungshilfe zu erreichen
Wozu dient die Leistung?
  • Abwehr einer Kindeswohlgefährdung oder der Gefährdung des Wohls eines Jugendlichen
    und
  • Ausgleich von Erziehungsdefiziten

Gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen, z.B. in der Schule und in der Freizeit

4. Welche Leistungen umfasst die Erziehungshilfe?

Die Erziehungshilfe umfasst z.B. folgende Leistungen:

Aufsuchende Familientherapie

Betreuungshelfer

Erziehungsbeistand

Erziehungsberatung

Heimerziehung

Intensive sozialpädagogische Einzelbetreuung

Soziale Gruppenarbeit

Sozialpädagogische Familienhilfe

Tagesgruppe

Vollzeitpflege

Ausgewählt werden die Maßnahmen der Erziehungshilfe nach den Bedürfnissen des Kindes oder Jugendlichen, dessen Entwicklungsstand und der Notwendigkeit.

5. Sind die Leistungen der Erziehungshilfe freiwillig?

Die Leistungen der Erziehungshilfe können von den Sorgeberechtigten selbst beantragt werden, oder sie können freiwillig angenommen oder abgelehnt werden, wenn das Jugendamt sie bei einer bekannt gewordenen Kindeswohlgefährdung oder Gefährdung des Wohls eines Jugendlichen vorschlägt.

Nehmen die Sorgeberechtigten die Hilfen jedoch nicht an und können und/oder wollen sie nicht oder nicht ausreichend für das Wohl des Kindes sorgen, muss das Jugendamt einen Antrag beim Familiengericht stellen, damit es die notwendigen Maßnahmen ergreift. Das Familiengericht kann dann auch anordnen, dass die Sorgeberechtigten notwendige Leistungen der Erziehungshilfe annehmen müssen. Die Herausnahme eines Kindes oder Jugendlichen aus der Familie ist aber immer nur das letzte Mittel, wenn mildere Mittel das Wohl nicht gewährleisten können.

Kinder und Jugendliche haben kein Recht auf eine möglichst gute Erziehung, so dass Sorgeberechtigte nur im Notfall dazu gezwungen werden können, Leistungen der Erziehungshilfe anzunehmen, auch wenn die Bedingungen für die Kinder dadurch deutlich verbessert werden könnten.

6. Kosten der Erziehungshilfe

Die Kosten für ambulante Erziehungshilfe trägt das Jugendamt vollständig. Bei teilstationärer und stationärer Erziehungshilfe kann ein einkommensabhängiger Kostenbeitrag anfallen und das Kindergeld muss ans Jugendamt abgegeben werden. Teilstationäre Erziehungshilfe ist z.B. die Unterbringung in einer Tagesgruppe, vollstationär ist z.B. die Unterbringung in einem Heim oder in einer Pflegefamilie.

7. Verwandte Links

Jugendamt

Kinder- und Jugendhilfe

Erziehungsbeistand

Erziehungsberatung

Heimerziehung

Sorgerecht

Umgangsrecht

Leistungen für Eltern, Kinder und Jugendliche

 

Rechtsgrundlagen: §§ 27–35 SGB VIII

Letzte Bearbeitung: 05.03.2024

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