Essstörungen > Angehörige

1. Das Wichtigste in Kürze

Eine Essstörung stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für das Umfeld eine große Belastung dar. Allgemeingültige Tipps zum Umgang mit Essgestörten sind schwierig. Dennoch gibt es einige Hinweise, die Angehörige und Freunde beachten sollten. Informationen und Wissen über die Erkrankung sind wichtige Voraussetzungen, um mehr Verständnis für den Betroffenen zu entwickeln. Sehr wichtig ist auch das Bemühen um einen "wertfreien" Umgang miteinander: Schuldzuweisungen, Druck und Erwartungen sind kontraproduktiv. Ebenso wichtig ist es, die eigenen Grenzen zu beachten und gut für sich selbst zu sorgen.

2. Hinweise für Angehörige

Zu sehen, dass ein Mensch, der einem nahe steht, unter einer Essstörung leidet, ist für Angehörige nicht leicht. Unverständnis, Unsicherheit, Hilflosigkeit oder Wut sind mögliche Reaktionen. Folgende Hinweise können Angehörigen im Umgang mit Betroffenen unterstützen:

  • Information: Gut über die Krankheit informiert zu sein ist die Voraussetzung, um das Verhalten des Betroffenen besser verstehen zu können. Daher sollten sich Angehörige zunächst mit der Erkrankung auseinandersetzen. Infomaterial gibt es z.B. im Internet und bei Beratungsstellen (Essstörungen > Formen und Ursachen).
  • Offenes Gespräch: Wer einen Betroffenen auf das veränderte Verhalten ansprechen möchte, sollte das behutsam und in einem ruhigen Augenblick machen. Dabei ist es wichtig, über die eigene Wahrnehmung zu sprechen, ohne Vorwürfe zu machen. Die Themen Essen und Gewicht sollten nicht im Vordergrund stehen, sondern vielmehr die Sorge darüber, dass es dem Betroffenen scheinbar nicht gut geht. Dabei ist weder eine Dramatisierung noch eine Bagatellisierung des beobachteten Verhaltens hilfreich. Der Betroffene reagiert eventuell mit Verleugnung oder Wut.
    Je nach Krankheitseinsicht ist das Abstreiten der Erkrankung typisch. Dann sollten Angehörige anbieten, für den Betroffenen da zu sein, wenn er sie braucht, ihn aber nicht bedrängen.
  • Zur Beratung motivieren: Es kann hilfreich sein, dem Betroffenen nahezulegen, sich unverbindlich an eine Beratungsstelle zu wenden. Dabei ist es auch sinnvoll, ihn auf Möglichkeiten zur anonymen Beratung, z.B. im Internet oder am Telefon, aufmerksam zu machen. Aber auch dabei sollten die Angehörigen keinen Druck ausüben und geduldig sein. Der Betroffene muss selbst entscheiden, wann er Hilfe in Anspruch nimmt. Es ist nicht möglich, Menschen zu helfen, die ihre Krankheit selbst noch nicht erkannt haben oder noch nicht bereit sind, etwas daran zu ändern.
  • Arztbesuch: Wenn von einer körperlichen Gefährung auszugehen ist, sollten Angehörige auf einen Arztbesuch bestehen. Essstörungen können zu lebensbedrohlichen Zuständen führen, daher ist es in diesem Fall wichtig zu handeln - auch wenn der Betroffene die Notwendigkeit nicht einsieht.
  • Behandlung Experten überlassen: Angehörige müssen akzeptieren, dass sie die Erkrankung nicht therapieren können. Dafür sind ausschließlich Experten zuständig. Sie sollten der gewählten Therapie vertrauen und sich nicht einmischen, denn das verunsichert den Betroffenen. Auch Nachfragen zum Inhalt der Therapiestunden sollten vermieden werden, da die Themen oft sehr konfliktbehaftet sind und nur im geschützen Rahmen der Therapie besprochen werden sollten.
    Angehörige sollten jedoch bereit sein, sich Problemen zu stellen, wenn sie in die Therapie involviert werden, denn oft handelt es sich im familiären Umfeld um gemeinsame Probleme. Der Betroffene ist häufig nur der Symptomträger und auf die Mitarbeit der ganzen Familie angewiesen.
  • Sich selbst Hilfe holen: Um die schwierige Situation besser bewältigen zu können, sollten sich Angehörige auch selbst Hilfe suchen. Es gibt Selbsthilfegruppen für Angehörige, bei denen sie sich mit anderen austauschen und sich gegenseitig  unterstützen können. Unter Umständen ist auch eine Psychotherapie sinnvoll.
  • Selbstfürsorge: Angehörige sollten auch für das eigene Wohlbefinden sorgen, sich weiter mit Freunden treffen und Dinge unternehmen, die ihnen gut tun. Es gilt zu bedenken: Es darf ihnen auch gut gehen, wenn es dem Betroffenen schlecht geht. Indem Angehörige gut für sich selbst sorgen, helfen sie auch dem Betroffenen.
  • Schuldzuweisungen unterlassen: Auf keinen Fall sollten sich Eltern gegenseitig Schuldzuweisungen machen. Vorwürfe sind für niemanden hilfreich. Es ist wichtig, dass Eltern im Umgang mit der Krankheit an einem Strang ziehen. Ist das schwierig, kann eine gemeinsame Beratung sinnvoll sein.
  • Bemerkungen zu Essen und Figur vermeiden: Es ist wichtig, dass Angehörige sich nicht auf Diskussionen zum Thema Essen und Gewicht einlassen, denn diese führen zu nichts. Auch Bemerkungen zur Figur und dem Essverhalten anderer Menschen (z.B. Bekannte oder Schauspieler) sollten vermieden werden, da Essgestörte auf solche Aussagen sehr sensibel reagieren.
  • Geduldig sein: Die Heilung einer Essstörung ist langwierig und mit Rückschlägen verbunden. Angehörige sollten sich dessen bewusst sein und den Betroffenen nicht mit übertriebenen Erwartungen belasten.

3. Hinweise für Freunde

Grundsätzlich gelten für Freunde die gleichen Hinweise wie für Angehörige. Zusätzlich sollten Freunde aber noch Folgendes beachten:

  • Kontakt halten: Häufig isolieren sich Essgestörte und sagen Verabredungen ab. Freunde sollten trotzdem versuchen, den Kontakt zu halten, auch wenn es nicht einfach ist. Sie sollten dabei aber auch auf ihre eigenen Grenzen achten. Auch bei einem längeren Klinikaufenthalt ist es wichtig, die Freundschaft aufrechtzuerhalten, damit der Betroffene nach der Entlassung nicht vollkommen alleine ist.
  • Andere Themen: Bei Essgestörten dreht sich gedanklich alles ums Essen und Gewicht. Um das nicht noch zu verstärken und den Fokus zu verschieben, sollten möglichst andere Gesprächsthemen im Vordergrund stehen.

4. Verwandte Links

Essstörungen

Essstörungen > Formen und Ursachen

Essstörungen > Behandlung

Essstörungen > Finanzielle Hilfen

Letzte Bearbeitung: 10.10.2023

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