Sozialhilfe > Hilfe zur häuslichen Pflege

1. Das Wichtigste in Kürze

Für häusliche Pflege zahlt das Sozialamt Hilfe zur Pflege, wenn die Pflegeversicherung dafür nicht oder zu wenig zahlt. Anders als bei Leistungen der Pflegeversicherung gibt es keine Höchstgrenzen. Betroffene können z.B. auch eine kostenintensive 24-Stunden-Pflege zu Hause finanziert bekommen. Wenn das aber sehr viel teurer ist als ein geeignetes und zumutbares Pflegeheim oder eine entsprechende Pflegeeinrichtung, darf das Sozialamt die Kostenübernahme ablehnen. Gegen zu Unrecht abgelehnte Anträge können Widerspruch und Klage helfen.

2. Überblick über die Leistungen

Wenn die Pflegekasse nicht vorrangig leistet, tritt das Sozialamt nachrangig ein und übernimmt in der Regel dieselben Leistungen wie die Pflegekasse, z.B.:

 

In einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung erhalten Pflegebedürftige keine Hilfe zur häuslichen Pflege, d.h.: Das Sozialamt erbringt keine ambulanten Leistungen, wenn bereits stationäre Hilfe geleistet wird. Leistungen zur vollstationären Pflege können ebenfalls von der Hilfe zur Pflege umfasst sein.

Die Pflegesachleistungen sind nicht nach oben gedeckelt, anders als bei den Leistungen der Pflegeversicherung. Die Hilfe zur Pflege zahlt also nicht nur statt der Pflegekasse, wenn diese nicht leisten muss, sondern auch ergänzend, wenn die Leistungen der Pflegekasse nicht reichen.

Weitere Leistungen der Sozialhilfe für Pflegebedürftige unter Hilfe zur Pflege.

3. Voraussetzungen für Hilfe zur häuslichen Pflege

Pflegebedürftige dürfen die Einkommensgrenze nach §§ 85 ff. SGB XII nicht überschreiten. Näheres unter Hilfe zur Pflege, Sozialhilfe > Einkommen und Sozialhilfe > Vermögen.

Hilfe zur Pflege für häusliche Pflege wird nur geleistet, wenn die Pflege ohne sie nicht sichergestellt ist.
Das bedeutet, dass

  • weder Hilfe von Angehörigen noch Nachbarschaftshilfe den Pflegebedarf decken
  • und
  • dass die Pflegeversicherung nicht leistet oder deren Leistungen nicht ausreichen.

Das Sozialamt muss den ungedeckten Bedarf ermitteln. Anders als beim Gutachten für den Pflegegrad gibt es nirgends Regeln dafür, wie und von wem der nicht abgedeckte Bedarf festgestellt werden soll. Die Sozialämter machen das also unterschiedlich.

3.1. Angemessenheitsprüfung

Eigentlich muss das Sozialamt ohne Obergrenze alle ungedeckten notwendigen Kosten für die Pflege zu Hause übernehmen, wenn die Voraussetzungen für die Hilfe zur Pflege erfüllt sind. Das Sozialamt macht aber eine sog. Angemessenheitsprüfung. Das bedeutet vor allem, dass es manchmal nicht zahlt, wenn ein Heim weniger kosten würde als die ambulante Pflege zu Hause.

Für eine Ablehnung der Hilfe zur häuslichen Pflege

  • muss der pflegebedürftigen Person zumutbar sein, statt zu Hause zu bleiben entweder ganz in ein Pflegeheim zu ziehen, oder aber zumindest Tagespflege oder Nachtpflege in einer Pflegeeinrichtung in Anspruch zu nehmen.
  • muss ein Platz in einer geeigneten Pflegeeinrichtung verfügbar sein.
  • müssen die Mehrkosten unverhältnismäßig sein. Das bedeutet, die Pflege zu Hause muss deutlich teurer sein.

Wann ein Heim zumutbar und geeignet ist und wann die Mehrkosten unverhältnismäßig sind, steht nicht im Gesetz, sondern das sind sog. unbestimmte Rechtsbegriffe. Das bedeutet, dass im Zweifel Gerichte klären müssen, was damit gemeint ist.

Wenn diese 3 Voraussetzungen vorliegen, haben Betroffene zwar keinen Rechtsanspruch auf Hilfe zur häuslichen Pflege, aber Anspruch auf eine Ermessensentscheidung des Sozialamts. Das Sozialamt muss bei der Ermessenentscheidung alle wichtigen Einzelfallumstände sorgfältig abwägen, sonst ist die Ablehnung rechtswidrig.

Näheres unter Rechtsanspruch und Ermessen.

Bei Menschen im Rentenalter, geht das Sozialamt viel eher davon aus, dass ein Pflegeheim zumutbar ist. Hilfe zur Pflege für Leistungen, die teurer als ein Heim sind, bekommen diese dann meistens nur, solange es keine geeignete Pflegeeinrichtung gibt. Jüngere Menschen haben bessere Chancen, gegen die Zumutbarkeit eines Umzugs in ein Pflegeheim zu argumentieren.

3.2. Mögliche Gegenargumente

  • Deutlich jüngeres Alter im Vergleich zu den anderen Bewohnenden des Pflegeheims
  • Fehlende Privatsphäre im Pflegeheim
  • Trennung von Familie und Freundeskreis durch zu große Entfernung
  • Unvereinbarkeit der Umstände im Pflegeheim mit religiösen oder ethischen Vorstellungen
  • Unvereinbarkeit mit der Berufstätigkeit, Ausbildung oder dem Studium des pflegebedürftigen Menschen
  • Artikel 19a der UN-Behindertenrechtskonvention:
    • Gleiches Recht von Menschen mit Behinderung, zu entscheiden, wo und mit wem sie wohnen
    • Keine Pflicht, in einer besonderen Wohnform zu leben

4. Praxistipps

  • Eine rechtswidrige Ablehnung der Hilfe zur häuslichen Pflege erkennen Sie z.B. an folgenden Fehlern im Bescheid:
    • Sie sollen in eine für Sie ungeeignete oder unzumutbare Einrichtung ziehen.
    • Die Pflege in einer Einrichtung wäre teurer oder nur ein klein wenig günstiger als die Pflege zu Hause
    • Das Sozialamt vergleicht Ihre Pflegekosten zu Hause mit Durchschnittskosten für Pflegeheime, statt mit Einrichtungen, die für Sie auch tatsächlich in Frage kommen.
    • Im Bescheid steht nur, dass es eine geeignete und zumutbare Einrichtung gibt, die deutlich weniger kostet, aber jedes Eingehen auf Ihren Einzelfall, also die Ermessensentscheidung, fehlt ganz.
    • Im Bescheid fehlt jede Begründung.
    • Sie haben in Ihrem Antrag beschrieben, warum es für Sie wichtig ist, zu Hause gepflegt zu werden, aber der Bescheid geht auf Ihre Argumente überhaupt nicht oder nur unvollständig ein.
  • Wenn Ihnen das Sozialamt zu Unrecht die Hilfe zur häuslichen Pflege abgelehnt hat, können Sie sich mit einem Widerspruch und ggf. eine Klage dagegen wehren. Beide sind für Sie als Betroffene kostenlos.
  • Wenn Sie anwaltliche Hilfe dafür brauchen, können Sie bei finanzieller Bedürftigkeit Beratungshilfe für den Widerspruch und Prozesskostenhilfe fürs Gerichtsverfahren beantragen.

5. Wer hilft weiter?

Individuelle Auskünfte erteilt das Sozialamt.

6. Verwandte Links

Familienpflegezeit

Sozialhilfe

Hilfe zur Pflege

Pflegeleistungen

Häusliche Pflege Pflegeversicherung

Häusliche Krankenpflege

 

Rechtsgrundlagen: §§ 63 ff. SGB XII

Letzte Bearbeitung: 14.07.2023

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