Das Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis steht für „hilflos“, d.h.: Die Person benötigt im Alltag dauernd und in erheblichem Maße fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung oder eine Person, die ständig für Hilfe bereit steht. Bei manchen Behinderungen wird das Merkzeichen H immer oder meistens ohne nähere Prüfung erteilt, z.B. bei Blindheit oder wenn auch in der Wohnung immer ein Rollstuhl nötig ist. Ansonsten prüft das Versorgungsamt genau den Einzelfall. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es Besonderheiten. Das Merkzeichen H führt zu verschiedenen Vergünstigungen, z.B. zu hohen Steuerfreibeträgen und einer kostenlosen Wertmarke für den öffentlichen Nahverkehr.
Das Merkzeichen H wird immer erteilt, wenn eine der folgenden Behinderungen vorliegt:
Meistens (nur in Ausnahmefällen nicht) wird das Merkzeichen H erteilt bei:
In allen anderen Fällen prüft das Amt im Einzelfall, ob eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
Als häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages zählen z.B.:
Unterstützung, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängt (z.B. Hilfe im Haushalt), darf das Amt nicht mitberücksichtigen.
Das Merkzeichen H wird nur dann in den Schwerbehindertenausweis eingetragen, wenn der Umfang der nötigen Unterstützung durch andere Menschen erheblich ist. Dafür prüft das Amt: Ist die Unterstützung dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, nötig? Wenn nur bei einzelnen Verrichtungen Unterstützung nötig ist, reicht das auch dann nicht aus, wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Alltag wiederholt vorgenommen werden (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Kleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung).
Bei Kindern mit Behinderungen zählt nur der Teil der Hilfsbedürftigkeit, der höher als bei gesunden Gleichaltrigen ist.
Kinder müssen das „Handwerkszeug“ zum Umgang mit ihrer Behinderung erst im Laufe ihrer Entwicklung erwerben. Deswegen kann bei ihnen auch schon bei einem niedrigeren Grad der Behinderung (GdB) als bei Erwachsenen Hilflosigkeit vorliegen. Im Einzelnen gilt dies bei folgenden Behinderungen:
| Gesundheitliche Einschränkung | Wie stark muss die Behinderung allein wegen dieser Einschränkung für das Merkzeichen H sein? |
Wann Merkzeichen H bei Kindern und Jugendlichen? |
|
geistige Behinderung |
auch bei einem GdB unter 100 z.B. wenn das Kind wegen Verhaltensstörungen ständig überwacht werden muss |
in der Regel bis zum 18. Geburtstag |
|
tiefgreifende Entwicklungsstörung (= Autismus), oder andere Verhaltensstörung / emotionale Störung |
mindestens GdB 50 |
in der Regel bis zum 18. Geburtstag |
| hirnorganische Anfallsleiden (insbesondere Epilepsie) |
auch bei einem GdB unter 100 abhängig von Anfallsart, Anfallshäufigkeit und ggf. auffälligem Verhalten |
häufiger als bei Erwachsenen |
| Sehbehinderung | GdB von mindestens 80 | bis zum 18. Geburtstag |
| Taubheit / an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit | - |
ab Beginn der Frühförderung in der Regel bis die Ausbildung beendet ist |
|
Bronchialasthma |
schwerer Grad |
in der Regel bis zum 16. Geburtstag |
| angeborener oder in der Kindheit erworbener Herzschaden | schwere Leistungsbeeinträchtigung (Näheres unter KHK > Schwerbehinderung) |
bis sich die Leistungsfähigkeit bessert längstens bis zum 16. Geburtstag |
| Niereninsuffizienz | GdB von 100 | bis zum 16. Geburtstag |
| künstliche Niere | - | bis zum 16. Geburtstag |
| Diabetes (Näheres unter Diabetes > Schwerbehinderung) | - | bis zum 16. Geburtstag |
| Phenylketonurie | - |
in der Regel bis zum 14. Geburtstag danach nur noch, wenn die geistige Entwicklung relevant beeinträchtigt ist |
| Mukoviszidose |
umfangreiche Betreuungsmaßnahmen notwendig GdB von mindestens 50 |
in der Regel bis zum 16. Geburtstag bis zum 18. Geburtstag bei schweren und schwersten Einschränkungen |
| Maligne Erkrankung (= Krebs), z.B. akute Leukämie |
- |
während der zytostatischen Intensiv-Therapie (= Chemotherapie) |
| Immundefekt (angeboren, erworben oder durch eine Therapie entstanden, z.B. nach einer Transplantation oder während einer Krebsbehandlung) |
schwer | solange der Immunmangel dauert und der junge Mensch wegen der Infektionsgefahr ständig überwacht werden muss |
| Hämophilie (= Bluterkrankheit) | Substitutionsbehandlung ist nötig (bis zu einer Restaktivität von antihämophilem Globulin von 5 %) |
immer bis zum 6. Geburtstag danach weitere Jahre: |
| juvenile chronische Polyarthritis | - |
in der Regel bis zum 16. Geburtstag: bei der systemischen Verlaufsform (Still-Syndrom) / |
| Osteogenesis imperfecta | 2 oder mehr Knochenbrüche pro Jahr |
bis 2 Jahre lang keine Knochenbrüche mehr aufgetreten sind längstens bis zum 16. Geburtstag |
| Typ-I-Allergie gegen schwer vermeidbare Allergene, z.B. bestimmte Nahrungsmittel | bisheriger Verlauf lässt darauf schließen, dass lebensbedrohliche anaphylaktische Schocks drohen | in der Regel bis zum 12. Geburtstag |
| Zöliakie | nur ausnahmsweise |
Ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen H kann unter Umständen auch schon ab der Geburt ausgestellt werden, z.B. wenn ein schwerer Hirnschaden nachgewiesen ist. Informationen bieten Beratungsstellen (z.B. die unabhängige Teilhabeberatung) sowie Selbsthilfegruppen.
Das Amt darf Ihrem Kind das Merkzeichen H nur entziehen, wenn es wirklich weniger hilfebedürftig ist, nicht automatisch, weil es ein bestimmtes Alter erreicht hat. Ihrem Kind steht zwar nach einem bestimmten Geburtstag das Merkzeichen H nicht mehr nach den Regeln für Kinder und Jugendliche zu. Aber wenn es noch genauso hilfebedürftig ist wie bisher, hat es Anspruch auf das Merkzeichen H nach den allgemeinen Regeln.
Das Amt darf Ihrem Kind nur dann das Merkzeichen H entziehen wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
Wenn das Amt Ihrem Kind das Merkzeichen H nur wegen des Alters entzieht, ist das rechtswidrig. Dagegen können Sie sich mit einem für Sie kostenlosen Widerspruch wehren und wenn dieser keinen Erfolg hat mit einer für Sie ebenso kostenlosen Klage. Wenn Sie dafür anwaltliche Hilfe benötigen, müssen Sie die Anwaltskosten erst einmal bezahlen. Aber wenn Sie das Verfahren gewinnen, bekommen Sie das Geld zurück. Falls Sie sich notwendige Anwaltskosten nicht leisten können, können Sie für den Widerspruch Beratungshilfe beantragen und für die Klage Prozesskostenhilfe.
Das Merkzeichen H führt zu folgenden Nachteilsausgleichen:
Einen Überblick über alle Merkzeichen und allgemeine Informationen finden Sie unter Merkzeichen.
Die Merkzeichen-Tabelle gibt einen Überblick über die Nachteilsausgleiche, die mit den jeweiligen Merkzeichen verbunden sind.
Versorgungsamt (in manchen Bundesländern heißt es anders, z.B. Amt für Soziales und Versorgung)
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Rechtsgrundlagen: § 33b Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG - Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (Teil A, Nr. 4 & 5)