Merkzeichen H

1. Das Wichtigste in Kürze

Das Merkzeichen H im Schwerbehindertenausweis steht für „hilflos“, d.h.: Die Person benötigt im Alltag dauernd und in erheblichem Maße fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung oder eine Person, die ständig für Hilfe bereit steht. Bei manchen Behinderungen wird das Merkzeichen H immer oder meistens ohne nähere Prüfung erteilt, z.B. bei Blindheit oder wenn auch in der Wohnung immer ein Rollstuhl nötig ist. Ansonsten prüft das Versorgungsamt genau den Einzelfall. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es Besonderheiten. Das Merkzeichen H führt zu verschiedenen Vergünstigungen, z.B. zu hohen Steuerfreibeträgen und einer kostenlosen Wertmarke für den öffentlichen Nahverkehr.

2. Voraussetzungen für Merkzeichen H

2.1. Wer bekommt immer das Merkzeichen H?

Das Merkzeichen H wird immer erteilt, wenn eine der folgenden Behinderungen vorliegt:

  • Blindheit
  • hochgradige Sehbehinderung
  • Querschnittslähmung oder andere Behinderung, wenn deswegen auf Dauer und ständig ein Rollstuhl nötig ist – auch in der Wohnung
  • Behinderung mit dauernder Bettlägerigkeit (auch, wenn der Mensch mit Behinderung das Bett noch gelegentlich verlassen kann)

2.2. Wer bekommt meistens das Merkzeichen H?

Meistens (nur in Ausnahmefällen nicht) wird das Merkzeichen H erteilt bei:

  • Grad der Behinderung (GdB) von 100 allein wegen Hirnschäden, Anfallsleiden, geistiger Behinderung und/oder Psychosen
  • Verlust von 2 oder mehr Gliedmaßen (mindestens jeweils die ganze Hand/der ganze Fuß), außer bei Unterschenkel- oder Fußamputation beiderseits.

2.3. Wer sonst kann das Merkzeichen H bekommen?

In allen anderen Fällen prüft das Amt im Einzelfall, ob eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

  • Fremde Hilfe, Überwachung oder Anleitung ist zu einer Reihe von alltäglichen Tätigkeiten nötig (sog. häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages).
  • Ein Mensch mit psychischer oder geistiger Behinderung würde wegen Antriebsschwäche ohne ständige Überwachung solche alltäglichen Tätigkeiten nicht tun.
  • Eine andere Person muss ständig für Hilfe bereit stehen, z.B. wenn Hilfe häufig und plötzlich wegen akuter Lebensgefahr nötig ist.

Als häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages zählen z.B.:

  • An- und Auskleiden
  • Nahrungsaufnahme
  • Körperpflege
  • Urinieren und Stuhlgang
  • notwendige körperliche Bewegung
  • geistige Anregung
  • Kommunikation

Unterstützung, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängt (z.B. Hilfe im Haushalt), darf das Amt nicht mitberücksichtigen.

Das Merkzeichen H wird nur dann in den Schwerbehindertenausweis eingetragen, wenn der Umfang der nötigen Unterstützung durch andere Menschen erheblich ist. Dafür prüft das Amt: Ist die Unterstützung dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, nötig? Wenn nur bei einzelnen Verrichtungen Unterstützung nötig ist, reicht das auch dann nicht aus, wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Alltag wiederholt vorgenommen werden (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Kleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung).

3. Merkzeichen H bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen

Bei Kindern mit Behinderungen zählt nur der Teil der Hilfsbedürftigkeit, der höher als bei gesunden Gleichaltrigen ist.

Kinder müssen das „Handwerkszeug“ zum Umgang mit ihrer Behinderung erst im Laufe ihrer Entwicklung erwerben. Deswegen kann bei ihnen auch schon bei einem niedrigeren Grad der Behinderung (GdB) als bei Erwachsenen Hilflosigkeit vorliegen. Im Einzelnen gilt dies bei folgenden Behinderungen:

Gesundheitliche Einschränkung Wie stark muss die Behinderung
allein wegen dieser Einschränkung
für das Merkzeichen H sein?
Wann Merkzeichen H
bei Kindern und Jugendlichen?

geistige Behinderung

auch bei einem GdB unter 100

z.B. wenn das Kind wegen Verhaltensstörungen ständig überwacht werden muss

in der Regel bis zum 18. Geburtstag

tiefgreifende Entwicklungsstörung (= Autismus),

oder

andere Verhaltensstörung / emotionale Störung
mit langdauernden erheblichen Einordnungsschwierigkeiten,
die im Kindesalter beginnt

mindestens GdB 50

in der Regel bis zum 18. Geburtstag
hirnorganische Anfallsleiden
(insbesondere Epilepsie)
auch bei einem GdB unter 100
abhängig von Anfallsart, Anfallshäufigkeit und ggf. auffälligem Verhalten
häufiger als bei Erwachsenen
Sehbehinderung GdB von mindestens 80 bis zum 18. Geburtstag
Taubheit / an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit -

ab Beginn der Frühförderung

in der Regel bis die Ausbildung beendet ist
(Schule, Fachschule, Hochschule, erste Berufsausbildung, Weiterbildung oder vergleichbare Maßnahme zur beruflichen Bildung)

Bronchialasthma

schwerer Grad
(Näheres unter Asthma > Behinderung)

in der Regel bis zum 16. Geburtstag
angeborener oder in der Kindheit erworbener Herzschaden schwere Leistungsbeeinträchtigung
(Näheres unter KHK > Schwerbehinderung)

bis sich die Leistungsfähigkeit bessert
(z.B. durch eine Operation)

längstens bis zum 16. Geburtstag

Niereninsuffizienz GdB von 100 bis zum 16. Geburtstag
künstliche Niere - bis zum 16. Geburtstag
Diabetes (Näheres unter Diabetes > Schwerbehinderung) - bis zum 16. Geburtstag
Phenylketonurie -

in der Regel bis zum 14. Geburtstag

danach nur noch, wenn die geistige Entwicklung relevant beeinträchtigt ist

Mukoviszidose

umfangreiche Betreuungsmaßnahmen notwendig

GdB von mindestens 50

in der Regel bis zum 16. Geburtstag

bis zum 18. Geburtstag bei schweren und schwersten Einschränkungen

Maligne Erkrankung (= Krebs), z.B. akute Leukämie

-

während der zytostatischen Intensiv-Therapie (= Chemotherapie)
Immundefekt
(angeboren, erworben oder durch eine Therapie entstanden, z.B. nach einer Transplantation oder während einer Krebsbehandlung)
schwer solange der Immunmangel dauert
und der junge Mensch wegen der Infektionsgefahr ständig überwacht werden muss
Hämophilie (= Bluterkrankheit) Substitutionsbehandlung ist nötig
(bis zu einer Restaktivität von antihämophilem Globulin von 5 %)

immer bis zum 6. Geburtstag

danach weitere Jahre:
je nach Blutungsneigung (2 oder mehr ausgeprägte Gelenkblutungen pro Jahr)
und Reifegrad

juvenile chronische Polyarthritis -

in der Regel bis zum 16. Geburtstag:
solange der junge Mensch wegen der Gelenksituation ständig überwacht werden muss
oder andauernd Hilfe dabei braucht, die betroffenen Gliedmaßen zu verwenden und zu Bewegungsübungen angeleitet werden muss

bei der systemischen Verlaufsform (Still-Syndrom) /
anderen systemischen Bindegewebskrankheiten (z.B. Lupus erythematodes, Sharp-Syndrom, Dermatomyositis):
während des aktiven Stadiums

Osteogenesis imperfecta 2 oder mehr Knochenbrüche pro Jahr

bis 2 Jahre lang keine Knochenbrüche mehr aufgetreten sind

längstens bis zum 16. Geburtstag

Typ-I-Allergie gegen schwer vermeidbare Allergene, z.B. bestimmte Nahrungsmittel bisheriger Verlauf lässt darauf schließen, dass lebensbedrohliche anaphylaktische Schocks drohen in der Regel bis zum 12. Geburtstag
Zöliakie   nur ausnahmsweise

 

Ein Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen H kann unter Umständen auch schon ab der Geburt ausgestellt werden, z.B. wenn ein schwerer Hirnschaden nachgewiesen ist. Informationen bieten Beratungsstellen (z.B. die unabhängige Teilhabeberatung) sowie Selbsthilfegruppen.

3.1. Praxistipp

Das Amt darf Ihrem Kind das Merkzeichen H nur entziehen, wenn es wirklich weniger hilfebedürftig ist, nicht automatisch, weil es ein bestimmtes Alter erreicht hat. Ihrem Kind steht zwar nach einem bestimmten Geburtstag das Merkzeichen H nicht mehr nach den Regeln für Kinder und Jugendliche zu. Aber wenn es noch genauso hilfebedürftig ist wie bisher, hat es Anspruch auf das Merkzeichen H nach den allgemeinen Regeln.

Das Amt darf Ihrem Kind nur dann das Merkzeichen H entziehen wenn mindestens eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:

  • Der Gesundheitszustand Ihres Kindes hat sich so gebessert, dass es jetzt nicht mehr so hilfsbedürftig wie vorher ist.
  • Ihr Kind kann die wegen der Behinderung erforderlichen Maßnahmen jetzt selbstständig und eigenverantwortlich durchführen, die vorher eine Hilfspersonen leisten oder überwachen musste.

Wenn das Amt Ihrem Kind das Merkzeichen H nur wegen des Alters entzieht, ist das rechtswidrig. Dagegen können Sie sich mit einem für Sie kostenlosen Widerspruch wehren und wenn dieser keinen Erfolg hat mit einer für Sie ebenso kostenlosen Klage. Wenn Sie dafür anwaltliche Hilfe benötigen, müssen Sie die Anwaltskosten erst einmal bezahlen. Aber wenn Sie das Verfahren gewinnen, bekommen Sie das Geld zurück. Falls Sie sich notwendige Anwaltskosten nicht leisten können, können Sie für den Widerspruch Beratungshilfe beantragen und für die Klage Prozesskostenhilfe.

4. Vergünstigungen bei Merkzeichen H

Das Merkzeichen H führt zu folgenden Nachteilsausgleichen:

Einen Überblick über alle Merkzeichen und allgemeine Informationen finden Sie unter Merkzeichen.

Die Merkzeichen-Tabelle gibt einen Überblick über die Nachteilsausgleiche, die mit den jeweiligen Merkzeichen verbunden sind.

5. Wer hilft weiter?

Versorgungsamt (in manchen Bundesländern heißt es anders, z.B. Amt für Soziales und Versorgung)

6. Verwandte Links

Merkzeichen

Merkzeichen aG

Merkzeichen Bl

Grad der Behinderung

Schwerbehindertenausweis

Nachteilsausgleiche bei Behinderung

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

 

Rechtsgrundlagen: § 33b Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG - Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (Teil A, Nr. 4 & 5)

Letzte Bearbeitung: 09.10.2025

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