Pflegezeit

1. Das Wichtigste in Kürze

Berufstätige haben Anspruch auf zeitlich begrenzte Freistellung von der Arbeit, um nahe Angehörige zu pflegen. Die Pflegezeit kann für maximal 6 Monate beantragt werden. In dieser Zeit ist die Pflegeperson, in der Regel ohne Gehalt, von der Arbeit freigestellt. Auch eine teilweise Freistellung in Form von Reduzierung bzw. Verteilung der Arbeitszeit ist möglich. Für die Pflegezeit kann ein zinsloses Darlehen beantragt werden. Berufstätige, deren nahe Angehörige plötzlich pflegebedürftig werden, haben seit 1.1.2024 einmal jährlich Anspruch auf bis zu 10 Tage kurzzeitige Freistellung von der Arbeit und auf Pflegeunterstützungsgeld.

2. Voraussetzungen

Um Pflegezeit beantragen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Häusliche Pflege eines nahen pflegebedürftigen Angehörigen. Nahe Angehörige sind:
    • Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern
    • Ehe- und Lebenspartner, Partner ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaften, Geschwister, Schwägerinnen/Schwäger
    • Kinder, Adoptiv- oder Pflegekinder (auch des Ehe- oder Lebenspartners), Schwiegersohn oder -tochter, Enkelkinder
  • Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen durch die Pflegekasse oder den Medizinischen Dienst (MD).
  • Schriftliche Anmeldung der Pflegezeit beim Betrieb.
    Die Freistellung muss 10 Tage vor Pflegebeginn beim Betrieb angekündigt werden. Es muss der Zeitraum der Pflegezeit oder der Umfang der teilweisen Freistellung (Teilzeitarbeit) festgelegt sein.

Die Pflegezeit können nur sozialversicherungspflichtige Beschäftigte in Anspruch nehmen. Ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit besteht erst ab einer Betriebsgröße von mehr als 15 Beschäftigten. Bei einer teilweisen Freistellung muss der Betrieb den Wünschen der beschäftigten Person entsprechen, es sei denn betriebliche Gründe stehen dem entgegen.

3. Dauer

Die Pflegezeit beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen maximal 6 Monate. Eine Aufteilung der Pflegezeit in mehrere getrennte Abschnitte ist nicht möglich. Die Pflegezeit kann nur einmal zusammenhängend in Anspruch genommen werden. Mit der erstmaligen Inanspruchnahme der Pflegezeit ist ein weiterer Anspruch hierauf erloschen (Gerichtsentscheidung des BAG vom 15.11.2011 – Az.: 9 AZR 348/10); eine Verlängerung ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (siehe unten).

Soll im Anschluss an die Pflegezeit Familienpflegezeit genommen werden, muss dies dem Betrieb innerhalb von 3 Monaten, spätestens 8 Wochen vor Ende der Pflegezeit, mitgeteilt werden. Die Familienpflegezeit muss unmittelbar an die Pflegezeit anschließen.

Familienpflegezeit und Pflegezeit dürfen zusammen längstens 24 Monate dauern.

3.1. Vorzeitige Beendigung der Pflegezeit

Ist die angehörige Person nicht mehr pflegebedürftig oder die häusliche Pflege unmöglich oder unzumutbar, endet die Pflegezeit 4 Wochen nach Eintritt der veränderten Umstände. Der Betrieb ist darüber unverzüglich zu informieren. Solche Umstände können z.B. Tod der pflegebedürftigen Person, stationäre Unterbringung oder finanzielle Engpässe der Pflegeperson sein.

Liegen keine entsprechenden schweren Umstände vor und die Pflegezeit soll trotzdem vorzeitig beendet werden, so ist dies von der Zustimmung des Betriebs abhängig.

3.2. Verlängerung der beantragten Pflegezeit

Für einen kürzeren Zeitraum in Anspruch genommene Pflegezeit kann bis zur Höchstdauer von 6 Monaten verlängert werden, wenn der Betrieb zustimmt und die Verlängerung sich unmittelbar an den ersten Zeitabschnitt anschließt. Eine Verlängerung kann z.B. dann notwendig sein, wenn die Pflege von der zukünftigen Pflegeperson zum vereinbarten Zeitpunkt nicht angetreten werden kann.

3.3. Freistellung zur Sterbebegleitung in der letzten Lebensphase

Für eine Begleitung in der letzten Lebensphase besteht ein Anspruch auf eine vollständige oder auch teilweise Freistellung für maximal 3 Monate (PflegeZG § 3, Abs.6). Es ist dabei nicht notwendig, dass die Begleitung in der letzten Lebensphase unmittelbar an eine bisher beanspruchte Pflegezeit anschließt, wie das bei einer Kombination der Pflegezeit und Familienpflegezeit der Fall ist. Auch ist eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des SGB XI und die damit verbundene Einstufung in einen Pflegegrad nicht Voraussetzung für diese Leistung. Die Begleitung kann in Einrichtungen wie Hospizen, Krankenhäusern oder Pflegeheimen stattfinden, nicht nur in der häuslichen Umgebung. Beschäftigte, die diese Freistellung beantragen, müssen beim Arbeitgeber eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, die die begrenzte Lebenserwartung der angehörigen Person bestätigt.

Hinweis: Die Freistellung zur Sterbebegleitung kann zwar unabhängig von Pflegezeit und Familienpflegezeit beansprucht werden, sie wird aber auf den, für beide Leistungen begrenzten Leistungszeitraum von höchstens 24 Monaten, angerechnet.

4. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Eine Sonderform der Pflegezeit ist die kurzzeitige Freistellung einer beschäftigten Person für bis zu 10 Arbeitstage, worauf alle Beschäftigen einmal jährlich unabhängig von der Betriebsgröße Anspruch haben. Wenn die Pflegeperson während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung kein Gehalt mehr bekommt, kann sie Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person beantragen. Sie benötigt dazu eine ärztliche Bescheinigung. Näheres unter Kurzzeitige Arbeitsverhinderung > Pflegeunterstützungsgeld.

5. Sozialversicherung: Wie ist die Pflegeperson versichert?

Während der Pflegezeit ist die Pflegeperson über die Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person sozial abgesichert. Die Pflegekasse führt an folgende gesetzliche Sozialversicherungen Beiträge ab:

  • Unfallversicherung
  • Rentenversicherung
    Die Höhe der Beiträge orientiert sich am Pflegegrad der pflegebedürftigen Person, weitere Details unter Pflegende Angehörige > Sozialversicherung.
  • Kranken- und Pflegeversicherung
    Besteht die Möglichkeit der Familienversicherung, so ist diese zu wählen. Ist dies nicht möglich, muss sich die Pflegeperson während der Pflegezeit freiwillig oder privat kranken- und pflegeversichern. Auf Antrag bezuschusst die Pflegeversicherung bis zur Höhe des Mindestbeitrags der Kranken- und Pflegeversicherung.
  • Arbeitslosenversicherung
    Pflegepersonen können sich unter bestimmten Voraussetzungen freiwillig versichern. Näheres unter Arbeitslosenversicherung. Auch hier kann die Pflegeperson beantragen, dass die Pflegekasse die Beiträge übernimmt.

6. Zinsloses Darlehen

Während der Pflegezeit kann ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Das Darlehen beträgt die Hälfte des ausgefallenen, durchschnittlichen Netto-Arbeitsentgelts. Zur Berechnung des Darlehens wird auch bei einer vollständigen Freistellung maximal eine fiktive Arbeitszeit von 15 Wochenstunden angesetzt.

Es muss ab Ende der Darlehenszahlungen oder auf Antrag ab dem Ende der Freistellungsphase zurückgezahlt werden. Eine Stundung ist in Härtefällen möglich, Näheres unter Familienpflegezeit.

7. Praxistipp

Ist die Pflegeperson privat krankenversichert, weil ihr Einkommen über der Versicherungspflichtgrenze liegt, kann es passieren, dass sie infolge des Gehaltsausfalls oder des reduzierten Einkommens aufgrund der Pflegezeit diese Grenze unterschreitet. In diesem Fall ist die Pflegeperson eigentlich verpflichtet, sich bei einer gesetzlichen Krankenkasse zu versichern. Auf Antrag kann sie jedoch für die Pflegezeit von dieser Versicherungspflicht befreit werden und Mitglied ihrer privaten Krankenversicherung bleiben. Für diese Zeit wird in der Regel eine individuelle, befristete Vertragsänderung ausgehandelt.

8. Wer hilft weiter?

9. Verwandte Links

Ratgeber Pflege

Familienpflegezeit

Pflegeleistungen

Häusliche Pflege Pflegeversicherung

Pflegebedürftigkeit

Pflegeantrag

Pflegebegutachtung

Pflegende Angehörige > Entlastung

Pflegende Angehörige > Sozialversicherung

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Palliativphase > Finanzielle Hilfen

 

Rechtsgrundlagen: §§ 44, 44 a SGB XI - PflegeZG

Letzte Bearbeitung: 16.01.2024

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