"Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen" ist der Titel des Sozialgesetzbuches IX (SGB IX). Darin werden 3 große Themenkomplexe behandelt: die Rehabilitation, die Eingliederungshilfe und das Schwerbehindertenrecht. Ziel all dieser Leistungen ist, dass Menschen mit Behinderungen und Menschen, denen eine Behinderung droht, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen können. Für die Rehabilitations- und Teilhabeleistungen können unterschiedliche Kostenträger zuständig sein, weshalb sich Bestimmungen zu Reha, Teilhabe und Behinderung auch in anderen Sozialgesetzbüchern finden. Die Kostenträger müssen das SGB IX kennen und dessen Regelungen beachten, denn es dient als Schnittstelle und zur Koordination der Leistungen der verschiedenen Träger.
Das Bundesteilhabegesetz (BTHG) hat das SGB IX in den letzten Jahren deutlich reformiert. Eingeführt wurden z.B. Verfahrenserleichterungen, unabhängige Teilhabeberatungsstellen und mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten und es kommt deutlich seltener zu Einkommens- und Vermögensanrechnungen. Ziele des BTHG sind mehr Selbstbestimmung und Teilhabe. Das BTHG ist fast vollständig umgesetzt. Zum Januar 2023 folgt der letzte von 4 Reformschritten.
Wenn im SGB IX von Rehabilitation gesprochen wird, ist mehr damit gemeint, als sich viele Menschen darunter vorstellen, denn der Begriff wird als Synonym für alle Teilhabeleistungen des SGB IX verwendet:
Während in der Alltagssprache der Begriff Rehabilitation (oder kurz: Reha) meist nur für eine Kur nach einer Erkrankung oder einem Unfall oder ambulante Leistungen wie Krankengymnastik (Heilmittel), Reha-Sport oder Funktionstraining verwendet wird, umfasst der Begriff im SGB IX also sehr viel mehr. Die Leistungen reichen von einzelnen Maßnahmen, z.B. zur Berufsvorbereitung, über die Schulbegleitung bis hin zu umfassenden Assistenzleistungen in allen Lebensbereichen und haben oft nichts mit dem zu tun, was sich viele unter einer Reha-Leistung vorstellen.
Gemeint sind hier verschiedenste Leistungen für Menschen mit Behinderungen und Menschen, die von Behinderung bedroht sind. Die Leistungen sind also sowohl dafür da, dass Menschen mit Behinderungen selbstbestimmt am Leben in der Gesellschaft teilhaben können, als auch dafür, dass es gar nicht erst zu einer Behinderung kommt.
Von einer Behinderung spricht das SGB IX noch nicht, wenn eine Person nur bestimmte Merkmale aufweist, z.B. eine chronische Erkrankung, eine psychische Störung oder Schwierigkeiten beim Lernen. Hinzukommen muss immer, dass durch diese Merkmale in Verbindung mit Barrieren in der Umwelt oder in den Einstellungen der Mitmenschen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft behindert sein kann. Eine Schwerbehinderung liegt ab einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 vor. Näheres zu den Begriffen Behinderung und Schwerbehinderung unter Behinderung.
Leistungen zur Teilhabe nach dem SGB IX sind die Sozialleistungen, die gebraucht werden, um
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen heißen bestimmte Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen. Ihr Ziel ist es, Leistungsberechtigten zu ermöglichen, ihr Leben so zu führen, dass es der Würde des Menschen entspricht und sie voll, wirksam und gleichberechtigt am Leben in der Gesellschaft teilhaben können.
Früher war die Eingliederungshilfe als Teil der Sozialhilfe im SGB XII geregelt. Seit 1.1.2020 ist das Eingliederungshilferecht aus dem Sozialhilfesystem herausgelöst und als 2. Teil in das SGB IX integriert. Grund für diese Veränderung ist eine veränderte Sicht auf die Rechte von Menschen mit Behinderungen, welche die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen beachtet. Weitere Informationen dazu unter Bundesteilhabegesetz.
Benötigen Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen mehrere unterschiedliche Reha- und/oder Teilhabeleistungen von einem oder mehreren Trägern, ist seit 1.1.2018 im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) ein einziger Reha-Antrag ausreichend. Der sog. leistende Träger, z.B. die Agentur für Arbeit, koordiniert alle Maßnahmen im sog. Teilhabeplanverfahren. Dadurch werden bei Bedarf mehrere Leistungen wie aus einer Hand gewährt und die individuelle Situation jedes Antragstellers wird berücksichtigt.
Wer der richtige Reha-Träger ist und wie lange die Entscheidung über einen bereits eingereichten Reha-Antrag maximal dauern darf (Fristen), wird im Rahmen der Zuständigkeitsklärung beantwortet.
In der Praxis ist es nicht unüblich, dass Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe abgelehnt werden, obwohl ein Anspruch darauf besteht. Betroffene müssen eine Ablehnung nicht hinnehmen sondern haben das Recht, dagegen vorzugehen.
Gegen eine Ablehnung können Betroffene kostenfrei Widerspruch einlegen. Einen Musterwiderspruch und weitere Informationen gibt es unter Widerspruch im Sozialrecht. Für einen Widerspruch können Bedürftige über die Beratungshilfe anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, können Betroffene gerichtskostenfrei dagegen klagen. Die Anwaltskosten können bei Bedürftigen von der Prozesskostenhilfe übernommen werden. Näheres unter Widerspruch Klage Berufung und unter Prozesskostenhilfe und Verfahrenskostenhilfe.
Nachfolgend eine alphabetische Linkliste von Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe:
Alternativen zu Werkstätten für behinderte Menschen
Anschlussrehabilitation nach Krankenhausaufenthalt
Arbeitstherapie und Belastungserprobung
Behinderung > Bildung und Ausbildung
Behinderung > Leistungen zur Mobilität
Beschäftigungssicherungszuschuss Minderleistungsausgleich
Eignungsabklärung und Arbeitserprobung
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen (Sozialhilfe)
Elternassistenz für Eltern mit Behinderungen
Entwöhnungsbehandlung für Suchtkranke
Ergänzende Leistungen zur Reha
Frühförderung von Kindern mit Behinderungen und von Behinderung bedrohten Kindern
Geriatrische Rehabilitation für ältere Menschen
Kosten für Weiterbildung und berufliche Reha
Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung
Medizinische Rehabilitation für Mütter und Väter
Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel
Onkologische Nachsorgeleistungen
Rehabilitation > Zuständigkeit
Reha-Sport und Funktionstraining
Rundfunkbeitrag Befreiung Ermäßigung
Leistungen zur sozialen Teilhabe
Sozialversicherung bei beruflicher Reha und WfbM
Sozialmedizinische Nachsorge für Kinder bis 14
Sozialpädiatrische nichtärztliche Leistungen
Stufenweise Wiedereingliederung
Werkstätten für behinderte Menschen
Der zuständige Reha-Träger und die Unabhängige Teilhabeberatung.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR) bietet unter www.ansprechstellen.de eine Adressdatenbank mit Ansprechstellen für Fragen und Informationen zur Rehabilitation und Teilhabe.
Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR)
Gesetzesquellen: SGB IX, BTHG