Schwangerschaftsabbruch

1. Das Wichtigste in Kürze

Es gibt "rechtswidrige", "rechtswidrige, aber straffreie" (§ 218 a StGB) und "nicht rechtswidrige" Schwangerschaftsabbrüche. Nur "nicht rechtswidrige" Abbrüche werden von den Krankenkassen oder den Ländern bezahlt. In jedem Fall müssen einem Schwangerschaftsabbruch intensive Beratungen durch Ärzte und Schwangerschaftsberatungsstellen vorangehen.

2. Nicht rechtswidriger Schwangerschaftsabbruch

Die Krankenkassen bezahlen Schwangerschaftsabbrüche, wenn sie nicht rechtswidrig sind (§ 24 b SGB V).

Nicht rechtswidrig sind Schwangerschaftsabbrüche bei

  • medizinischer Indikation: Die Schwangerschaft gefährdet das Leben der Schwangeren oder ihre körperliche oder seelische Gesundheit schwerwiegend und die Gefahr kann nicht anders als durch den Schwangerschaftsabbruch abgewendet werden. Abbruch ohne Fristbegrenzung möglich.
  • kriminologischer Indikation: Schwangerschaft infolge Vergewaltigung oder die Schwangere ist jünger als 14 Jahre. Eine Anzeige muss nicht erfolgt sein. Der Arzt muss feststellen, dass die Schwangerschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit eine kriminologische Indikation hat. Abbruch nur bis Ende der 12. Woche nach Empfängnis möglich.

Nach einer Vergewaltigung oder bei Schwangeren unter 14 Jahren wird in einigen Fällen auch eine medizinische Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch festgestellt. Der Schwangerschaftsabbruch ist dann noch nach der 12. Woche möglich.

Keine Indikation für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch sind

  • eine festgestellte Krankheit und/oder Behinderung des Kindes,
  • die ärztlich festgestellte geringe Wahrscheinlichkeit, dass das ungeborene Kind lebend geboren werden kann,
  • und/oder die ärztlich festgestellte geringe Lebenserwartung des Kindes.

In der Praxis wird allerdings in diesen Fällen oft festgestellt, dass eine medizinische Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch vorliegt, dass also die Gesundheit der Schwangeren schwerwiegend gefährdet ist oder ihr Leben gefährdet ist.

2.1. Beratung und Wartezeit vor einem Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer Indikation

Die ärztliche Bescheinigung über die medizinische Indikation für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch darf nur unter folgenden Voraussetzungen ausgestellt werden:

  • Vorherige ärztliche Beratung
  • Abgelaufene Bedenkzeit von 3 Tagen: Die Bedenkzeit beginnt am Tag nach der Beratung oder der ärztlichen Mitteilung, dass vorgeburtliche Untersuchungen (= Pränataldiagnostik) beim Kind annehmen lassen, dass das ungeborene Kind wahrscheinlich eine körperliche oder geistige Gesundheitsschädigung hat. Der Schwangerschaftsabbruch darf frühestens am 4. Tag nach dem Tag der Beratung stattfinden.
    Beispiel: Am Montag findet die Beratung statt. Die Bedenkzeit läuft von Dienstag bis Donnerstag. Der Schwangerschaftsabbruch darf also erst am Freitag durchgeführt werden.
    Ausnahme: Keine Bedenkzeit ist nötig, wenn die Schwangerschaft abgebrochen werden muss, um eine Lebensgefahr der Schwangeren zu vermeiden.

Die ärztliche Beratung muss folgende Inhalte haben:

  • Medizinische und psychische Aspekte eines Schwangerschaftsabbruchs
  • Anspruch auf weitere und vertiefende psychosoziale Beratung
  • Wenn die Schwangere damit einverstanden ist, die Vermittlung an eine Beratungsstelle zur Schwangerschaftskonfliktberatung

Wenn nach einer Pränataldiagnostik der Verdacht besteht, dass die körperliche oder geistige Gesundheit des Kindes geschädigt ist, muss die Beratung zusätzlich folgende Inhalte haben:

  • Medizinische und psychosoziale Aspekte, die sich aus diesem Befund ergeben können, z.B. Auswirkungen auf die Lebenserwartung des ungeborenen Kindes, Wahrscheinlichkeit einer Totgeburt, mögliche Behinderungen des Kindes in Folge der Diagnose, mögliche familiäre Belastungen und Auswirkungen auf die Paarbeziehung der Eltern, finanzielle Belastungen
  • Unterstützungsmöglichkeiten wie z.B. Eingliederungshilfe, Leistungen der Pflegeversicherung
  • Wenn die Schwangere damit einverstanden ist, Kontakte zu Selbsthilfegruppen und/oder Behindertenverbänden

Nach der Bedenkzeit, aber bevor die medizinische Indikation bescheinigt wird, muss die Schwangere eine schriftliche Bestätigung über die ärztliche Beratung, Information und Vermittlung oder den Verzicht darauf unterschreiben.

2.2. Leistungen

Gewährt werden in allen Fällen

Im Falle einer Arbeitsunfähigkeit durch den nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch besteht in der Regel Anspruch auf Entgeltfortzahlung bzw. Krankengeld.

3. Rechtswidriger, aber straffreier Schwangerschaftsabbruch

Rechtswidrig, aber straffrei ist ein Schwangerschaftsabbruch, wenn zwar keine medizinische oder kriminologische Indikation vorliegt, aber

  • eine Beratungsbescheinigung gemäß § 7 Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) einer anerkannten Konfliktberatungsstelle vorliegt (Datum der Bescheinigung mindestens 3 Tage vor dem Eingriff)
    und
  • der Abbruch innerhalb von 12 Wochen nach Empfängnis von einem Arzt vorgenommen wird.

3.1. Kosten

Die Kosten eines rechtswidrigen, aber straffreien Schwangerschaftsabbruchs muss die Patientin tragen: Sie betragen etwa 350 bis 600 € für einen ambulanten Abbruch (bei stationärer Behandlung kommen weitere Kosten hinzu). Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für eine ärztliche Beratung sowie ärztliche Leistungen und Medikamente vor dem Eingriff und für eventuell eintretende Komplikationen danach.

Es besteht kein Anspruch auf Krankengeld. Der Arzt kann jedoch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausstellen, sodass die Betroffene Entgeltfortzahlung erhält.

3.2. Beratung

Die vorhergehende Beratung durch die Beratungsstelle ist kostenlos und wird auf Wunsch anonym durchgeführt. Die Beraterinnen stehen unter Schweigepflicht.

Die Beratung ist "ergebnisoffen", d.h.: Die Beratung soll zwar dem Schutz ungeborenen Lebens dienen und die Frau durch die Information über Hilfsmöglichkeiten zur Fortsetzung der Schwangerschaft ermutigen, aber die Entscheidung trifft allein die Frau. Sie wird nicht zu einer bestimmten Entscheidung gedrängt und muss sich auch nicht rechtfertigen.

Im Beratungsgespräch wird laut Gesetz von der Frau "erwartet", dass sie die Gründe nennt, warum sie über einen Abbruch nachdenkt, und dass sie diese Gründe mit der Beraterin erörtert. Aber die Frau muss nicht darüber sprechen. Zum Beratungsinhalt gehört auch, Rechtsansprüche von Mutter und Kind zu vermitteln, schwerpunktmäßig geht es um die Vermittlung von Hilfen, wenn dies gewünscht wird.

Nach der Beratung wird eine schriftliche Bestätigung der Beratung ausgestellt. Dieser Beratungsschein muss Namen und Datum, darf aber keine Gesprächsinhalte enthalten.

Die wesentlichen Inhalte des Beratungsgesprächs werden von der Beraterin zwar aufgezeichnet, aber ohne Nennung von Namen (dient der Qualitätskontrolle der Beratungseinrichtung).

3.3. Ausnahmen für Menschen mit geringem Einkommen

Wenn nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz die Kosten nicht zumutbar sind, übernehmen in besonderen Fällen die Länder die Kosten.

3.3.1. Voraussetzungen

Die Kostenübernahme kommt in Frage bei nicht rechtswidrigen Abbrüchen, wenn die Frau nicht gesetzlich krankenversichert ist.

Bei rechtswidrig/straffreien Abbrüchen in allen Fällen, in denen die Frau die folgenden Voraussetzungen erfüllt (§ 19 SchKG):

  • Die verfügbaren persönlichen Einkünfte der Frau betragen seit 1.7.2023 monatlich maximal 1.383 € zuzüglich 328 € für jedes im Haushalt lebende und von der Frau unterhaltene Kind,
    und
    der Frau steht kein kurzfristig verwertbares Vermögen zur Verfügung.
    Einkünfte der Eltern, des Ehegatten, des Lebenspartners oder anderer Personen bleiben unberücksichtigt.
  • Die Frau erhält eine der folgenden Leistungen:
    • Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII (= Sozialhilfe)
    • Bürgergeld (früher: Arbeitslosengeld II, Hartz IV nach dem SGB II)
    • Ausbildungsförderung im Rahmen der Anordnung der Bundesagentur für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung oder über die Arbeits- und Berufsförderung von Menschen mit Behinderungen
    • Ausbildungsförderung nach BAföG
    • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz
    • Unterbringung in einem Heim oder in einer gleichartigen Einrichtung und die Kosten hierfür werden von der Sozialhilfe oder der Jugendhilfe getragen
  • Weitere Sonderregelung
    Wenn die Kosten der Unterkunft für Frau und Kinder 405 € übersteigen, erhöht sich die genannte Einkommensgrenze um den Mehrbetrag, höchstens jedoch um 405 € im gesamten Bundesgebiet.

3.3.2. Antrag

Die Kostenübernahme muss immer bei der Krankenkasse beantragt werden. Die Krankenkassen rechnen intern mit den Ländern ab. Auch nicht krankenversicherte Frauen stellen den Antrag bei einer Krankenkasse, die sie frei wählen können.

Die Kasse stellt auf Antrag einen Berechtigungsschein aus, mit dem die Frau zum Arzt ihrer Wahl geht. Die Kasse hat nur das Recht, Auskünfte über das persönliche Einkommen und Vermögen einzuholen, nicht über die Gründe des Abbruchs. Die Kostenübernahme muss vorher genehmigt werden, Anträge im Nachhinein werden nicht angenommen.

4. Richtlinie

Die "Richtlinie zur Empfängnisregelung und zum Schwangerschaftsabbruch" des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) kann heruntergeladen werden unter www.g-ba.de > Richtlinien.

5. Anspruch auf Entgeltfortzahlung

Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bis zu 6 Wochen durch den Arbeitgeber bei jedem ärztlich vorgenommenen Schwangerschaftsabbruch, unabhängig ob rechtswidrig/straffrei oder nicht rechtswidrig (§ 3 Abs. 2 EntgeltfortzahlungsG).

6. Wer hilft weiter?

Auskünfte erteilen Ärzte, Gesundheitsämter, Krankenkassen und Schwangerschaftsberatungsstellen.

Erste Anlaufstelle können Hilfetelefone sein:

  • Das Hilfetelefon "Schwangere in Not" (Träger Bundesfamilienministerium) berät rund um die Uhr, anonym und kostenlos, unter 0800 40 40 020, www.hilfetelefon-schwangere.de, Näheres unter Schwangere in Not.
  • Bei Fragen zur Abtreibung nach einer Vergewaltigung kann auch das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben unter Telefon 116 016 erster Ansprechpartner sein. Näheres unter www.hilfetelefon.de.

Die Gespräche der Hilfetelefone sind kostenlos und anonym, es werden keine Daten gespeichert. Auf Wunsch empfehlen die Beraterinnen am Telefon Ansprechpartner vor Ort.

Beratungsstellen gibt es von folgenden Anbietern:

  • pro familia: Die Adresse der nächstgelegenen pro-familia-Beratungsstelle erhalten Sie über den Bundesverband pro familia unter www.profamilia.de > Angebote vor Ort.
  • donum vitae: Die Adresse der nächsten donum-vitae-Beratungsstelle finden Sie unter www.donumvitae.org. Im Internet gibt es auch eine anonyme Online-Beratung.
  • Arbeiterwohlfahrt, Diakonie, Caritas und SKF (Sozialdienst katholischer Frauen). Allerdings stellen die Beratungsstellen des SKF und der Caritas keinen Beratungsschein mehr aus.
  • Staatliche Träger wie Landkreise und Kommunen. Die Adressen der staatlichen Beratungsstellen der einzelnen Bundesländer finden Sie über www.familienplanung.de > Beratung.

7. Verwandte Links

Schwangerschaftsverhütung

Schwangerschaft Entbindung

Hilfe vom Sozialamt zu Schwangerschaft, Entbindung und Mutterschaft

Mittel der Bundesstiftung "Mutter und Kind"

Schwangere in Not

 

Rechtsgrundlagen: § 24b SGB V - SchKG

Letzte Bearbeitung: 06.11.2023

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