Behinderung
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1. Das Wichtigste in Kürze
"Behinderung" ist im Sozialrecht genau definiert. Eine Behinderung liegt dann vor, wenn erhebliche Beeinträchtigungen bestehen, die länger als 6 Monate anhalten, und daher die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist. Nur wenn vom Versorgungsamt eine Behinderung festgestellt wurde, kann ein Mensch mit Behinderungen Vergünstigungen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen. Viele Nachteilsausgleiche erhält man nur als schwerbehinderter Mensch. Das erfordert einen Schwerbehindertenausweis, den man mit einem "Grad der Behinderung" von mindestens 50 erhält.
Die Leistungen für Menschen mit Behinderungen sind v.a. im Sozialgesetzbuch Nr. 9 (SGB IX) "Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen" geregelt.
2. Grundlage
Grundlage der Definitionen von Behinderung im Sozialgesetzbuch ist das Behinderungsverständnis der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Alle Gesetze, die die Rechte von und Leistungen für Menschen mit Behinderungen regeln, haben folgende Ziele:
- Selbstbestimmung fördern.
- Volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft fördern.
- Benachteiligungen vermeiden oder diesen entgegenwirken.
- Rücksicht auf die besonderen Bedürfnisse von Kindern und Frauen mit Behinderungen und Menschen mit seelischen Behinderungen, auch wenn diese "nur" von einer Behinderung bedroht sind.
3. Definitionen
3.1. Zentrale Definition "Menschen mit Behinderungen"
Die zentrale sozialrechtliche Definition steht in § 2 Abs. 1 SGB IX:
"Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist."
3.2. Schwerbehinderte Menschen im Sinne des SGB IX
Schwerbehindert nach § 2 Abs. 2 SGB IX sind Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 50. Gesetzlich basierte Leistungen und Vergünstigungen erhalten schwerbehinderte Menschen nur, wenn sie ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Arbeitsplatz in Deutschland haben.
Die Anerkennung als schwerbehindert weist man mit einem Schwerbehindertenausweis nach, den das Versorgungsamt auf Antrag ausstellt. Näheres unter Schwerbehindertenausweis.
3.3. Behinderung im Sinne der Arbeitsförderung
Von Behinderung betroffen sind nach § 19 SGB III "Menschen, deren Aussichten, am Arbeitsleben teilzuhaben oder weiter teilzuhaben, wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 des Neunten Buches (siehe oben) nicht nur vorübergehend wesentlich gemindert sind und die deshalb Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben benötigen, einschließlich lernbehinderter Menschen."
Dieselben Rechte wie Menschen mit Behinderungen haben Personen, denen eine Behinderung droht.
4. Grad der Behinderung (GdB) und Merkzeichen
Der GdB beschreibt die Schwere der Behinderung und wird durch das Versorgungsamt festgestellt. Näheres unter Grad der Behinderung.
Abhängig vom GdB gibt es bestimmte Nachteilsausgleiche, Details enthält die GdB-Tabelle.
Der Schwerbehindertenausweis kann neben dem GdB auch Merkzeichen enthalten, die die Art der Behinderung genauer bezeichnen.
Auch davon hängen bestimmte Nachteilsausgleiche ab, Details in der Merkzeichen-Tabelle.
5. Nachteilsausgleiche und Hilfen für Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Behinderungen erhalten - teilweise auf freiwilliger Grundlage - eine Reihe von Nachteilsausgleichen und Hilfen, z.B.:
- Ab einem GdB von 50 erhalten Arbeitnehmer Steuerfreibeträge, Näheres unter Behinderung > Steuervorteile.
- Hilfen für Arbeitnehmer unter Behinderung > Berufsleben.
- Eintrittspreisermäßigungen (z.B. Filme, Theater, Sportveranstaltungen, Museen).
- Benutzung der Abteile und Sitze, die schwerbehinderten Menschen in Verkehrsmitteln vorbehalten sind.
- Bevorzugte Abfertigung in Ämtern.
- Beitragsermäßigungen für Mitglieder von Vereinen, Interessenverbänden etc.
- Ermäßigungen beim Neuwagenkauf bei einigen Automobilherstellern.
Zudem bieten das SGB IX sowie verschiedene andere Gesetze, Verordnungen, Erlassungen, Satzungen und Tarife Menschen mit Behinderungen als Nachteilsausgleiche eine Reihe von Rechten und Hilfen. Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Rechte ist häufig ein Schwerbehindertenausweis und das Stellen eines Antrags bei der zuständigen Stelle. Nachteilsausgleiche finden Sie unter folgenden Stichworten:
Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Arbeitstherapie und Belastungserprobung
Behinderung > Bildung und Ausbildung
Behinderung > Leistungen zur Mobilität
Berufsfindung und Arbeitserprobung
Beschäftigungssicherungszuschuss Minderleistungsausgleich
Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
Elternassistenz für Eltern mit Behinderungen
Frühförderung von Kindern mit Behinderungen
Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung
Nachteilsausgleiche bei Behinderung
Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel
Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen
Rundfunkbeitrag Befreiung Ermäßigung
Sozialversicherung bei beruflicher Reha und WfbM
Werkstätten für behinderte Menschen WfbM und andere Leistungsanbieter
6. Praxistipps
- Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bietet
zahlreiche Informationen für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige auf
www.einfach-teilhaben.de.
- Dasselbe Ministerium bietet die kostenlose CD-ROM "Informationen für behinderte Menschen" an. Diese kann unter
www.bmas.de > Service > Publikationen bestellt werden.
- Die Broschüre "Mein Kind ist behindert - diese Hilfen gibt es" bietet einen Überblick über Leistungen, die Menschen mit Behinderungen und ihren Familien zustehen. Sie kann kostenlos und in verschiedenen Sprachen unter
www.bvkm.de > Recht & Ratgeber heruntergeladen werden.
- Kostenloser Download:
Ratgeber Behinderung mit Informationen zu allen oben stehenden Themen.
7. Wer hilft weiter?
- Informationen zum SGB IX und zu Behinderung gibt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über das Bürgertelefon, 030 221911-006, Mo-Do 8-20 Uhr oder über das Gebärdensprach-Telefon für Gehörlose. Näheres zum Gebärdentelefon unter
www.bmas.de/DE/Service/Buergertelefon/inhalt.html.
- Fragen zu Leistungen für schwerbehinderte Menschen oder Unklarheiten über die Zuständigkeiten der jeweiligen Leistungsträger beantworten die örtlichen Servicestellen sowie die Unabhängige Teilhabeberatung.
- Arbeitsrechtliche Auskünfte (Kündigungsschutz, Zusatzurlaub) erteilt das Integrationsamt. Über die Gleichstellung entscheiden die Agenturen für Arbeit.
- Beratung und Begleitung im Arbeitsleben bietet der Integrationsfachdienst.
- Die Versorgungsämter sind zuständig für die Feststellung des GdB und die Ausstellung des Schwerbehindertenausweises.
- Der Sozialverband VdK Deutschland e.V. unterstützt Betroffene bei der Beantragung und hilft bei Widerspruchsverfahren. Voraussetzung ist eine Mitgliedschaft für 6 € im Monat. Weitere Informationen unter
www.vdk.de.
Gesetzesquellen: §§ 2, 151, 152 SGB IX - §§ 19, 97-115, 160-162 SGB III
Redakteurin: Sabine Bayer, Janina Del Giudice
Letzte Aktualisierung am 23.03.2018 Redakteur/in: Sabine Bayer