Digitaler Nachlass und digitale Vorsorge

1. Das Wichtigste in Kürze

Die Rechte und Pflichten aus dem digitalen Bereich werden nach dem Tod zum sog. digitalen Nachlass bzw. digitalen Erbe. Nach dem Tod müssen sich schnell andere Menschen um digitale Daten und Accounts kümmern, aber auch oft nach einem Unfall oder bei schwerer Krankheit bzw. Behinderung. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten der Vorsorge: Eine Liste der Zugangsdaten z.B. für Computer, Smartphone, Tablet, Soziale Netzwerke, E-Mail-Accounts, Cloud-Dienste oder Streaming Plattformen sowie Angaben im Testament, in einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Betreuungsverfügung. Unten gibt es eine Formular-Vorlage als PDF zum kostenlosen Download.

2. Digitaler Nachlass

Der digitale Nachlass umfasst Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit digitalen Diensten und Daten, z.B.:

  • Soziale Netzwerke und Chat-Dienste
  • Portale zur Online-Kommunikation, z.B. E-Mail und andere Postfächer
  • Online erworbene Güter, z.B. Softwarelizenzen, Musik, Filme
  • Online-Banking und andere Bezahlsysteme
  • Daten, die online oder offline gespeichert sind, z.B. Fotos, Texte, Filme usw. in einer Cloud, auf einem Computer oder auf einem Smartphone, auch wenn diese passwortgeschützt abgelegt wurden
  • Webseiten, Online-Shops, Blogs

Das Recht auf digitale Daten zuzugreifen, wird genauso vererbt, wie andere Rechte.

Ausnahme: In einem Nutzungsvertrag steht, dass die Rechte nicht vererblich sind.

Beispiele:

  • Herr Maier hat einen Account bei einem sozialen Netzwerk. Als er stirbt geht der Nutzungsvertrag für das soziale Netzwerk auf seinen Sohn Peter über, weil dieser sein Alleinerbe ist. Das soziale Netzwerk muss Peter Zugang zu dem Benutzerkonto gewähren, trotz Fernmeldegeheimnis, Datenschutz und Herrn Maiers Persönlichkeitsrecht. Peter darf also alles lesen, auch was Herr Maier für sich behalten wollte.
  • Herr Maier hat sein Tagebuch auf einer Cloud online abgelegt. Im Vertrag über diese Cloud steht, dass die Nutzungsrechte an der Cloud nicht vererblich sind. Peter darf also nicht auf die Cloud zugreifen.

3. Digitaler Nachlass im Testament

In einem Testament kann stehen, wer den digitalen Nachlass als Erbe oder sog. Vermächtnis bekommen soll:

  • Beim Vermächtnis bekommt eine Person einen bestimmten Teil des Nachlasses für sich allein, z.B. die Nutzungsrechte für die sozialen Netzwerke.
  • Beim Erbe bekommt eine Person einen festgelegten Anteil an allen Rechten und Pflichten des verstorbenen Menschen und wird Mitglied der sog. Erbengemeinschaft. Das Erbe gehört der Erbengemeinschaft gemeinsam. Sie können bis zur Aufteilung des Erbes untereinander nur zusammen darüber entscheiden. Der juristische Fachbegriff für das Aufteilen des Erbes ist "Auseinandersetzung".
    Beispiel: Frau Melniks Kinder Anna und Natascha erben den digitalen Nachlass zusammen mit dem sonstigen Erbe. Anna und Natascha müssen zunächst als Erbengemeinschaft gemeinsam darüber entscheiden. Bei der Auseinandersetzung des Erbes bekommt Anna Frau Melniks Blog und kann nun allein darüber entscheiden. Natascha bekommt den Online-Shop und den sonstigen digitalen Nachlass für sich allein.

Erben und Vermächtnisnehmende dürfen frei entscheiden, wie sie mit dem digitalen Nachlass umgehen wollen. Sie dürfen die Wünsche des verstorbenen Menschen dazu ignorieren. Auch ein Testament kann das nicht vollständig verhindern, sondern nur durch Auflagen und Bedingungen einschränken. Z.B. die Miterben oder ein Testamentsvollstrecker können Auflagen kontrollieren und zur Not gerichtlich durchsetzen.

Regeln zum digitalen Nachlass in einem Testament müssen die gleichen formalen Anforderungen erfüllen wie das Testament insgesamt, Näheres unter Testament und Erbschein. In anderer Form hinterlegte Wünsche zum Umgang mit dem digitalen Nachlass können den Erben bei Entscheidungen helfen, sind aber unverbindlich.

Zum Testament beraten im Erbrecht tätige Anwaltskanzleien. Notare geben nur formale Hinweise.

Eine zu Lebzeiten hinterlegte regelmäßig aktualisierte Liste mit den Zugangsdaten ermöglicht den Erben unkomplizierten Zugriff auf Daten, Konten und Accounts.

4. Vorsorgevollmacht für den digitalen Nachlass

Es dauert einige Zeit, bis ein Erbschein erteilt wird. Erben bekommen also ggf. erst nach längerer Zeit Zugang zu Daten, Accounts und Konten. Eine Vorsorgevollmacht kann deshalb eine Person bestimmen, die sich sofort nach dem Tod um den digitalen Nachlass kümmern darf. Näheres unter Vorsorgevollmacht > Sonderformen.

Eine Liste mit den Zugangsdaten und Aufträgen zum Umgang mit dem digitalen Nachlass ermöglicht der bevollmächtigten Person schnellen Zugriff. Die Aufträge bestimmen, wie die bevollmächtigte Person mit dem digitalen Nachlass umgehen soll und die Erben oder ein Testamentsvollstrecker können das kontrollieren. Die Erben dürfen nach dem Tod jederzeit die Aufträge an die bevollmächtigte Person ändern oder sogar die Vollmacht zurücknehmen. Das kann nur über Auflagen oder Bedingungen im Testament eingeschränkt werden.

5. Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung für die Zeit vor dem Tod

Auch zu Lebzeiten können sich Menschen ggf. nicht mehr um Ihre digitalen Daten, Konten und Accounts kümmern, z.B. nach einem Unfall, bei schwerer Krankheit oder wegen einer Behinderung. Dafür ist Vorsorge möglich mit einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Betreuungsverfügung. Eine zusätzlich hinterlegte regelmäßig aktualisierte Liste mit den Zugangsdaten und konkreten Aufträgen an Bevollmächtigte/Betreuer ermöglicht schnellen Zugang zu allem, was gebraucht wird.

6. Sicherer Umgang mit Zugangsdaten

Die bevollmächtigte Person muss die Vollmacht bei Bedarf z.B. Ämtern oder Geschäftspartnern vorlegen. Die Betreuungsverfügung bekommt bei Bedarf das Betreuungsgericht. Deshalb gehören die Zugangsdaten an einen sicheren Ort und haben weder in der Vollmacht, noch in der Betreuungsverfügung etwas zu suchen.

Die Liste kann z.B. bei einer Person des absoluten Vertrauens, in einem Bankschließfach, in einem Tresor oder auf einem passwortgeschützten USB-Stick liegen. Wichtig ist, dass die bevollmächtigte Person bzw. der Betreuer bei Bedarf weiß, wo die Liste und der Schlüssel, das Passwort oder der Zugangscode dafür liegen. Hinweise dazu können direkt im Testament, in einem Hinweisblatt zur Vorsorgevollmacht und/oder in der Betreuungsverfügung stehen.

7. Praxistipps

  • Ausführliche allgemeine Informationen zu den verschiedenen Möglichkeiten der Patientenvorsorge finden Sie im Ratgeber Patientenvorsorge.
  • Die bevollmächtigte Person/der Betreuer braucht meistens nur Zugang zu einem Teil der Online-Kommunikation und Daten. Mit den Zugangsdaten kann sie aber auf alles zugreifen. Das können Sie vermeiden:
    • Speichern Sie Privates, wie z.B. Tagebücher und persönliche Nachrichten, getrennt von wichtigen Daten z.B. zu Verträgen und Ämterangelegenheiten.
    • Richten Sie eine E-Mail-Adresse ausschließlich für privaten Austausch ein.
    • Schützen Sie private Ordner auf Ihrem Computer mit einem zusätzlichen Passwort.
    • Richten Sie für die bevollmächtigte Person/den Betreuer einen speziellen Benutzer-Account für Ihren Computer mit eingeschränkten Zugriffsrechten ein.

8. PDF-Formular zum kostenlosen Download

Das Formular "Digitale Daten und Konten" können Sie hier kostenlos downloaden: PDF - Digitale Daten und Konten.

9. Wer hilft weiter?

Anwalt, Rechtsberatungsstellen

10. Verwandte Links

Patientenvorsorge

Vordruck Vorsorgevollmacht

Vordruck Betreuungsverfügung

Vordruck Patientenverfügung

Testament und Erbschein

Letzte Bearbeitung: 24.11.2023

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