EU > Aufenthalt - Arbeit - Sozialleistungen

1. Das Wichtigste in Kürze

Staatsangehörige der EU-Mitgliedsstaaten können sich mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass 3 Monate in Deutschland aufhalten und arbeiten. Für einen längeren Aufenthalt müssen weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Die zusätzlichen Voraussetzungen entfallen nach einem mindestens 5-jährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Deutschland.

Für in Deutschland lebende EU-Ausländer gelten in der Sozialversicherung dieselben gesetzlichen Regelungen wie für Deutsche. Beim Bezug von Sozialleistungen gibt es Besonderheiten.

Für ausländische Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein, Norwegen als Mitgliedsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz gelten im Wesentlichen dieselben aufenthalts-, arbeits- und sozialrechtlichen Regelungen wie für EU-Ausländer.

2. Aufenthaltsrecht

Für die Einreise und den Aufenthalt in Deutschland müssen EU-Ausländer und ihre Familienangehörigen in den ersten 3 Monaten bis auf einen gültigen Personalausweis oder Reisepass keine weiteren Voraussetzungen erfüllen (sog. Freizügigkeitsrecht, § 2 Abs. 5 FreizügG/EU). Das gleiche gilt für Ausländer aus den Staaten des EWR und der Schweiz.

Bei einem Aufenthalt von mehr als 3 Monaten besteht das Freizügigkeitsrecht nur dann, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist (§ 2 Abs. 2 FreizügG/EU):

  • Erwerbstätigkeit oder Berufsausbildung
  • Arbeitsuche (in der Regel nur für 6 Monate)
  • Besitz ausreichender Mittel für den Lebensunterhalt sowie Krankenversicherungsschutz (bei Nicht-Erwerbstätigen)
  • Zum Empfang von Dienstleistungen, jeweils für die Dauer der Dienstleistung (z.B. bei einer medizinischen Behandlung in Deutschland)

Nach einem rechtmäßigen Aufenthalt von 5 Jahren besteht ein Daueraufenthaltsrecht (§ 4a FreizügG/EU).

Familienangehörige, die selbst keine EU-Bürger sind, erhalten eine Aufenthaltskarte, mit welcher der rechtmäßige Aufenthalt in Deutschland nachgewiesen werden kann. Diese kann bei der Ausländerbehörde beantragt werden (§ 5 FreizügG/EU).

Für Schweizer gilt, dass diese ihren Aufenthalt bei der Ausländerbehörde am Wohnort anzeigen müssen, wenn er länger als 3 Monate dauert. Dafür Erhalten diese eine Karte, die das Aufenthaltsrecht bescheinigt. Für Ausländer aus den EWR Staaten gelten hingegen die Regelungen wie für EU-Bürger.

Nähere Informationen zum Aufenthaltsrecht gibt das Bundesinnenministerium unter www.bmi.bund.de > Themen > Migration > Aufenthaltsrecht > Freizügigkeit / EU-Bürger.

3. Zugang zum Arbeitsmarkt

EU-Ausländer sowie deren Familienangehörige benötigen für eine selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit keine Arbeitserlaubnis (sog. Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art. 45 AEUV). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt auch für Ausländer aus den Staaten des EWR und der Schweiz.

Weitere Informationen und Beratung zum Arbeitsmarktzugang für diese Ausländer geben

Unter Ausländer gibt es beim Abschnitt zum Zugang zum Arbeitsmarkt weitere informative Links.

4. Soziale Sicherung

4.1. Sozialversicherung

In der Regel gelten für in Deutschland lebende EU-Ausländer für Leistungen der Kranken-, Pflege-, Renten- oder Arbeitslosenversicherung die gleichen Regelungen wie für deutsche Arbeitnehmer.

Ausnahmen gelten für ausländische Arbeitnehmer,

  • die von einem ausländischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt wurden,
  • die gewöhnlich in mehreren Staaten erwerbstätig sind,
  • die aufgrund einer Ausnahmevereinbarung den Rechtsvorschriften eines anderen Staates unterliegen.

4.1.1. Praxistipp

Informationen zu Leistungen der Krankenversicherung für EU-Bürger bietet die Broschüre „Schutzlos oder gleichgestellt? - Der Zugang zum Gesundheitssystem für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Diese Broschüre kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.der-paritaetische.de > Publikation > Migration und Flucht.

4.2. Grundsicherung für Arbeitsuchende und Sozialhilfe

EU-Ausländer haben in der Regel Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGBII) und der Sozialhilfe (SGB XII), wenn sie die allgemeinen Voraussetzungen, z.B. Hilfebedürftigkeit oder Erwerbsfähigkeit, erfüllen. Zur Vermeidung von Einwanderung zum Bezug von Sozialleistungen werden manche Ausländer allerdings von den Leistungen ausgeschlossen (§ 7 Abs. 1 SGB II, § 23 Abs. 3 SGB XII).

Leistungsausschluss in der Grundsicherung für Arbeitsuchende:

  • Für die ersten 3 Monate ihres Aufenthalts in Deutschland für Ausländer, die weder in Deutschland angestellt oder selbständig arbeiten, noch aus einem der folgenden Gründe EU-freizügigkeitsberechtigt sind:
    • Vorübergehende Erwerbsminderung aufgrund Krankheit oder Unfall.
    • Unfreiwillig arbeitslos, bestätigt von der Agentur für Arbeit.
    • Eine seit mehr als einem Jahr ausgeübte selbständige Tätigkeit muss infolge von Umständen eingestellt werden, auf die kein Einfluss bestanden hat.
    • Aufnahme einer  Berufsausbildung, die mit der früheren Erwerbstätigkeit zusammenhängt (wenn der Arbeitsplatz unfreiwillig verloren wurde, auch ohne diesen Zusammenhang).
  • Für Ausländer ohne Aufenthaltsrecht
  • Für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich ausschließlich aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt.
  • Für deren Familienangehörige.
  • Für Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Ausnahmen:

  • Ausländer mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes (Aufenthaltsrecht aus völkerrechtlichen, politischen oder humanitären Gründen)
  • Ausländer und ihre Familienangehörigen, die seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt (nicht ausreisepflichtig) in Deutschland haben (außer wenn der Verlust ihres Freizügigkeitsrechts festgestellt wurde, z.B. wegen einer schweren Straftat).

Vorübergehend galten die Leistungsausschlüsse des SGB II nicht für Staatsbürger von Ländern, die das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) ratifiziert haben. Doch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland hat am 19.12.2011 zum EFA einen Vorbehalt erklärt. Dessen Wirksamkeit war zunächst umstritten, doch dann hat das Bundessozialgericht (BSG) ihn mit Urteil vom 03.12.2015 endgültig bestätigt. Seither können sich Betroffene nicht mehr mit Hinweis auf das EFA gegen die Leistungsausschlüsse aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende wehren.

Leistungsausschluss in der Sozialhilfe:

Auch in der Sozialhilfe gilt ein Leistungsausschluss für die oben genannten Gruppen, die von der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen sind. Zusätzlich gilt hier, dass auch Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, von den Leistungen ausgeschlossen sind.

Vorübergehend erhielten auf Grund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auch erwerbsfähige EU-Bürger mit einem Leistungsausschluss für die Grundsicherung für Arbeitsuchende Sozialhilfe zur Sicherung ihres menschenwürdigen Existenzminimums. Doch im Dezember 2016 wurden die Gesetze so geändert, dass seither für diese Betroffenen auch keine Sozialhilfe mehr geleistet wird.

Die Bundesregierung hat zwar für das SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende) einen Vorbehalt gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) erklärt, aber nicht für die Sozialhilfe des SGB XII. Für Staatsbürger der Staaten, die das EFA unterzeichnet und ratifiziert haben gelten die Leistungsausschlüsse der Sozialhilfe daher nicht. Die EFA-Staaten sind neben Deutschland: Belgien, Dänemark, Estland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Luxemburg, Malta, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Spanien, Türkei und Großbritannien.

Für österreichische Staatsangehörige gilt ein eigenes Deutsch-Österreichisches Fürsorgeabkommen. Für diese gibt es sowohl bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch bei der Sozialhilfe keine Beschränkungen, die Leistungen müssen Betroffene aber wahrscheinlich erst mittels Widerspruch und Klage erstreiten. Näheres zu Widerspruch und Klage unter Widerspruch im Sozialrecht und Widerspruch - Klage - Berufung.

4.2.1. Praxistipp

Eine fortlaufend aktualisierte "Rechtsprechungsübersicht zum Sozialleistungsausschluss für Unionsbürger*innen seit Dezember 2016" mit Entscheidungen der Sozialgerichte zum Leistungsausschluss von Unionsbürgern können Sie bei der GGUA Flüchtlingshilfe e.V. herunterladen: www.einwanderer.net > Übersichten und Arbeitshilfen.

4.3. Überbrückungsleistungen

Hilfebedürftige EU-Ausländer, die keinen Anspruch auf reguläre Sozialhilfe-Leistungen haben, weil sie unter die oben genannten Ausschlussgründe fallen, können bei Bedürftigkeit bis zur Ausreise Überbrückungsleistungen nach § 23 Abs. 3 S. 2ff. SGB XII beantragen.

Diese Leistungen werden innerhalb von 2 Jahren nur einmalig gewährt und sind in der Regel auf einen Monat beschränkt.

Überbrückungsleistungen sind deutlich geringer als die Hilfe zum Lebensunterhalt der Sozialhilfe. Neben den Geldleistungen werden die Kosten für Unterkunft und Heizung sowie für die Gesundheitsversorgung bei akuten oder schmerzhaften Erkrankungen oder bei Schwangerschaft und Mutterschaft übernommen. Zusätzlich besteht Anspruch auf darlehensweise Gewährung der angemessenen Rückreisekosten (§ 23 Abs.3a SGB XII).

In Ausnahmefällen können

  • Leistungen auch über einen Monat hinaus gewährt werden, z.B. bei amtsärztlich festgestellter Reiseunfähigkeit.
  • auch andere Sozialhilfeleistungen des SGB XII bewilligt werden.

4.4. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

EU-Ausländer, bei denen die Ausländerbehörde den Verlust oder das Nichtbestehen des Freizügigkeitsrechts formal festgestellt hat und entweder vollziehbar ausreisepflichtig sind (§ 7 Abs. 1 FreizügG/EU) oder eine Duldung erhalten haben, haben Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, 5 AsylbLG). Näheres zu den AsylbLG-Leistungen unter Asylbewerberleistungsgesetz.

4.5. Kindergeld

Freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger und EWR-Bürger sowie Schweizer haben einen Anspruch auf Kindergeld, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und in der Regel auch dann, wenn das Kind im EU-Ausland lebt.

Nähere Informationen gibt die Bundesagentur für Arbeit unter www.arbeitsagentur.de/familie-und-kinder/kindergeld-ausland.

4.6. Praxistipps

Weitere Informationen für EU-Ausländer, die in Deutschland leben und arbeiten möchten:

  • Die Broschüre "Ausgeschlossen oder privilegiert?“ des Paritätischen Wohlfahrtsverbands kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.der-paritaetische.de > Suchbegriff: "Ausgeschlossen oder privilegiert?".
  • Die „Hotline Arbeiten und Leben in Deutschland“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beantwortet unter der Telefonnummer 030 1815-1111 Fragen zu Einreise und Aufenthalt, Arbeitsmarktzugang sowie zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse.
  • Der Informationsdienst der Europäischen Union gibt Antworten zu EU-rechtlichen Fragestellungen: https://europa.eu/european-union/contact_de.
  • Der Dienst „Solvit" der Europäischen Kommision leistet darüber hinaus Unterstützung bei Auseinandersetzungen mit nationalen Behörden, um eine außergerichtliche Lösung zu erreichen: https://ec.europa.eu/solvit/index_de.htm.

5. Wer hilft weiter?

Beratungsstellen der Wohlfahrtsverbände für ausländische Staatsangehörige finden Sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unter https://bamf-navi.bamf.de.

6. Verwandte Links

Ausländer

Asylbewerberleistungsgesetz

Krankenversicherung

Rentenversicherung

Pflegeversicherung

Sozialhilfe

Unfallversicherung

Grundsicherung für Arbeitsuchende

 

Gesetzesquellen: FreizügG/EU - SGB II - SGB XII

Letzte Bearbeitung: 04.07.2023

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