Grundsicherung für Arbeitsuchende

1. Das Wichtigste in Kürze

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende (sog. Leistungen nach dem SGB II) enthält die Regelungen zum Bürgergeld, früher Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (umgangssprachlich Hartz IV), sowie Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Bürgergeld erhalten nicht nur Arbeitslose, sondern z.B. auch Berufstätige, die zu wenig Einkommen und Vermögen haben (sog. Aufstockung).

Hinweise:

  • Die Jobcenter dürfen übergangsweise das Bürgergeld noch Arbeitslosengeld II und Sozialgeld nennen, da die Umstellung aller Formulare und Textbausteine einige Zeit in Anspruch nimmt.
  • Für Bewilligungszeiträume mit Beginn ab 1.7.2023 muss das Jobcenter Sie auf das vorrangige Wohngeld verweisen, wenn Sie damit Ihre Hilfebedürftigkeit vermeiden können. Für Bewilligungszeiträume, die den 31.12.2022 einschließen oder in der Zeit vom 1.1.2023 bis 30.6.2023 begonnen haben, darf es das aber nicht, wegen der Übergangsregelung des § 85 SGB II.

2. Voraussetzungen für den Bezug von Bürgergeld

Für den Bezug von Bürgergeld müssen entweder die folgenden 4 Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Alter: Vom 15. Geburtstag bis zur Altersgrenze der Regelaltersrente (abhängig vom Geburtsjahr zwischen 65 und 67 Jahren)
  2. Erwerbsfähigkeit: Arbeitsfähigkeit für mindestens 3 Stunden pro Tag unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts, Näheres unter Erwerbsminderung
  3. Erreichbarkeit, Näheres unter Bürgergeld > Erreichbarkeit
  4. Hilfebedürftigkeit:

oder die folgenden 3 Voraussetzungen:

  1. Hilfebedürftigkeit
  2. befristete volle Erwerbsminderung
    oder
    Alter unter 15 Jahren
  3. in Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einer erwerbsfähigen Person

2.1. Voraussetzungen der Leistungen nach dem SGB II für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit

Für Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit gibt es Besonderheiten. Der Anspruch hängt hier zusätzlich zu den sonstigen Voraussetzungen vom Aufenthaltsstatus und der Dauer des Aufenthalts in Deutschland ab.

Näheres unter Ausländer und EU > Aufenthalt - Arbeit - Sozialleistungen.

3. Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II

Leistungen nach dem SGB II sind in manchen Situationen ausgeschlossen. Beispiele für einen solchen Leistungsausschluss:

  • Unterbringung in einer stationären Einrichtung
  • Erhalt von vorzeitiger Altersrente z.B. einer vorgezogenen Altersrente für besonders langjährig Versicherte
  • Freiheitsentzug in einer Justizvollzugsanstalt
  • Ausbildung, die dem Grunde nach mit BAföG gefördert werden kann, auch dann, wenn tatsächlich kein Anspruch auf BAföG besteht. (Ausnahmsweise gibt es doch Bürgergeld, z.B. für Auszubildende, die während des Besuchs einer allgemeinbildenden Schule bei den Eltern wohnen, oder für über 45-Jährige, die an einer Abendschule einen Schulabschluss erst so spät nachholen können, weil sie vorher wegen Kindererziehung keine Möglichkeit dazu hatten.)

4. Zumutbarkeit von Arbeit beim Bezug von Leistungen nach dem SGB II

Erwerbsfähige, die Leistungen nach dem SGB II beziehen, müssen alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen, um ihre Hilfebedürftigkeit zu verringern oder zu beenden. Dazu gehört insbesondere die Aufnahme von Arbeit.

Grundsätzlich ist jede Arbeit zumutbar, auch wenn

  • sie nicht dem früheren Beruf oder der Ausbildung entspricht.
  • sie im Hinblick auf die Ausbildung geringerwertig ist.
  • der Beschäftigungsort weiter entfernt ist als der frühere.
  • die Arbeitsbedingungen ungünstiger sind als bei der letzten Tätigkeit.
  • eine andere Arbeit, z.B. auch eine Selbständigkeit dafür aufgegeben werden muss. Ausnahme: Durch die bisherige Tätigkeit kann voraussichtlich künftig die Hilfebedürftigkeit beendet werden.

Arbeit ist unzumutbar, wenn

  • die hilfebedürftige Person dazu geistig, seelisch oder körperlich nicht in der Lage ist.
  • die Arbeit dem Hilfebedürftigen die künftige Ausübung seiner bisherigen überwiegenden Tätigkeit wesentlich erschweren würde, weil die bisherige Tätigkeit besondere körperliche Anforderungen stellt. Beispiel: Ein Pianist muss keine Lagerarbeiten machen, wenn dadurch seine Fingerfertigkeit beeinträchtigt würde.
  • die Arbeit die Erziehung eines Kindes oder des Kindes eines Lebenspartners gefährden würde. Die Erziehung eines Kindes bis zum 3. Geburtstag ist in der Regel nicht gefährdet, wenn seine Betreuung in einer Kindertagesstätte, bei einer Tagesmutter/Tagesvater oder auf sonstige Weise sichergestellt ist.
  • die Arbeit mit der Pflege eines Angehörigen nicht vereinbar wäre und die Pflege nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann.
  • der Ausübung der Arbeit ein sonstiger wichtiger Grund entgegen steht.

5. Pflichten und Leistungsminderungen

Das Jobcenter kann das Bürgergeld bei Pflichtverletzungen kürzen – so wie früher das Arbeitslosengeld II (Hartz IV).

Leistungsminderungen sind vor allem möglich, wenn

  • Termine beim Jobcenter nicht wahrgenommen werden.
  • per bis spätestens zum 30.6.2023 abgeschlossener Eingliederungsvereinbarung auferlegte Pflichten verletzt werden. Kürzungen wegen Verstößen gegen eine Eingliederungsvereinbarung sind ab 2024 nicht mehr möglich, weil es dann keine Eingliederungsvereinbarungen mehr gibt.
  • Pflichten verletzt werden, zu denen das Jobcenter aufgefordert hat, z.B. zur Teilnahme an einer Maßnahme wie einem 1-€-Job oder einer Weiterbildung oder zum Nachweis von Bewerbungen. Hier kommen die gleichen Pflichten in Frage wie bei einer Eingliederungsvereinbarung. Seit 1.7.2023 ersetzen nämlich die Aufforderungen zusammen mit den sog. Kooperationsplänen die Eingliederungsvereinbarungen. Zum 1.1.2024 wird es dann nur noch Kooperationspläne und Aufforderungen geben.

Die Leistungen dürfen insgesamt höchstens um 30 % des Regelsatzes zur selben Zeit gekürzt werden. Näheres unter Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen.

Geplant, aber verfassungsrechtlich umstritten, ist die Möglichkeit für die Jobcenter, den Regelsatz für bis zu 2 Monate komplett zu streichen, solange eine konkret verfügbare Arbeit verweigert wird. Die Kosten der Unterkunft sind von der geplanten Kürzung nicht betroffen. Das Gesetzgebungsverfahren läuft. Näheres unter Fehlende Mitwirkung.

6. Versagung der Leistungen wegen fehlender Mitwirkung

Wer für die Feststellung der Leistungsvoraussetzungen notwendige Belege wie z.B. Kontoauszüge, Mietvertrag oder Gehaltsbescheinigungen nicht oder nicht rechtzeitig einreicht, bekommt eventuell kein Bürgergeld. Das gleiche gilt, wenn Leistungsberechtigte ärztliche oder psychologische Untersuchungen zur Feststellung ihrer Erwerbsfähigkeit verweigern.

Hierfür sind keine Leistungsminderungen vorgesehen, sondern die teilweise oder komplette Versagung der Leistung. Das Jobcenter kann nicht nur den Regelsatz versagen, sondern z.B. auch das Geld für die Wohnung (Näheres unter Bürgergeld > Kosten der Unterkunft) und die Krankenversicherung.

Näheres unter Fehlende Mitwirkung.

7. Praxistipps

  • Wenn Sie sich von der Einreichung der Belege oder Wahrnehmung eines Termins zur Untersuchung überfordert fühlen, teilen Sie das unbedingt Ihrer Ansprechperson beim Jobcenter mit oder bitten Sie andere Menschen darum, das für Sie zu tun, da sonst eine existenzielle Notlage mit Hunger und Obdachlosigkeit droht. Hindert Sie eine psychische Störung, wie z.B. Depressionen, Psychosen, ADHS oder Angststörungen oder eine körperliche Erkrankung wie z.B. Krebs an der Erfüllung der Mitwirkungspflichten, können Sie über eine rechtliche Betreuung und/oder die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung Unterstützung bekommen, die erforderlichen Unterlagen zusammenzusuchen und einzureichen. Am Besten ist, wenn Sie sich schon vor einem akuten Krankheitsschub vorbeugend darum kümmern.
  • Als Freunde, Angehörige und Nachbarn sollten Sie hier nicht wegsehen, sondern helfen. Sie können z.B. helfen, die Unterlagen zu sortieren, zu Terminen im Jobcenter als Begleitung mitkommen, rechtliche Betreuung formlos beim Betreuungsgericht anregen, oder beim Antrag auf Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen unterstützen und so Ihren Mitmenschen Zugang zu dringend nötigen Sozialleistungen ermöglichen.
  • Eine Versagung von Leistungen des Bürgergelds wegen fehlender Unterlagen kommt nicht nur vor, wenn Sie die Unterlagen nicht in der Ihnen gesetzten Frist eingereicht haben, sondern auch, wenn diese beim Jobcenter verloren gegangen sind. Versuchen Sie deshalb immer, eine schriftliche Eingangsbestätigung vom Jobcenter zu bekommen, wenn Sie Unterlagen einreichen.
    Ein Einschreiben reicht nicht, auch kein Einschreiben mit Rückschein, weil dieser nur beweist, dass Sie dem Jobcenter irgendeinen Brief geschickt haben, aber nicht, welche Unterlagen das waren.
    Viele Jobcenter bieten inzwischen an, dass Sie wichtige Unterlagen digital einreichen können und oft erhalten Sie dann auch automatisch eine Eingangsbestätigung, die Sie abspeichern können. Dafür bieten diese Jobcenter besondere Portale an. Wenn Sie diese Möglichkeit nutzen, sinkt die Wahrscheinlichkeit erheblich, dass Unterlagen verloren gehen und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Jobcenter Ihre Leistungen versagt, obwohl Sie nichts falsch gemacht haben.
    Bei normalen E-Mails, die Sie nicht über ein spezielles Portal schicken, bekommen Sie hingegen oft keine Eingangsbestätigung und haben am Ende keinen Beweis, dass Ihre E-Mail auch angekommen ist. Ohne Beweis können Sie sich im Zweifel aber nicht gegen eine Versagung Ihrer Leistungen wehren. Auch wenn Sie Ihre E-Mail an eine andere Person weiterleiten, ist das kein Beweis für den Eingang beim Jobcenter.

8. Umfang der Leistungen nach dem SGB II

Das Kernanliegen der Hartz-IV-Reform in Zeiten von Arbeitsplatzmangel war, dass hilfebedürftige Menschen so schnell wie möglich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Dies sollte mit einer optimierten Betreuung durch eigens dafür eingerichtete Jobcenter erreicht werden.

Beim Bürgergeld ist ein wichtiges Anliegen, dass die Bürgergeldbeziehenden nicht nur irgendeine kurzfristige Arbeit finden, sondern eine Arbeit, durch die sie dauerhaft keine Sozialleistungen mehr brauchen. Deshalb sollen die Jobcenter mehr Weiterbildung ermöglichen, gerade auch, weil in Deutschland Fachkräftemangel herrscht.

Folgende Leistungen bietet das SGB II:

  • Dienstleistungen, z.B. Information, Beratung und umfassende Unterstützung mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit. Jede Person, die Bürgergeld bezieht, bekommt eine persönliche Ansprechperson beim Jobcenter, mit der ein Kooperationsplan abgeschlossen werden soll. Näheres unter Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen
  • Geldleistungen,
    • zur Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit (z.B. Zuschüsse zu Fahrtkosten zu Bewerbungsgesprächen, Zuschuss für einen Führerschein)
      und
    • zur Sicherung des Lebensunterhalts: Bürgergeld
  • Sachleistungen, z.B. Bewerbungstraining, Praktikum, Weiterbildung

9. Bürgergeld

Das Bürgergeld ist eine Geldleistung und ersetzt das frühere "Hartz IV", bzw. Arbeitslosengeld II und Sozialgeld.

Näheres unter Bürgergeld.

10. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit

Die Eingliederung in Arbeit, sprich: die (Wieder-) Aufnahme einer Berufstätigkeit ist das wichtigste Ziel der Grundsicherung für Arbeitslose. Hierfür gibt es verschiedene Leistungen.

10.1. Kommunale Eingliederungsleistungen

Zur ganzheitlichen Unterstützung werden bei Bedarf auch folgende Leistungen angeboten:

  • Betreuung von minderjährigen Kindern oder Kindern mit Behinderungen oder häusliche Pflege von Angehörigen (in der Praxis vor allem während Maßnahmen des Jobcenters, z.B. Weiterbildung oder 1-€-Job)
  • Schuldenberatung
  • psychosoziale Betreuung
  • Suchtberatung

10.2. Arbeitsgelegenheiten

Als Leistungen zur Eingliederung gelten die "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen", die sog. "1-€ -Jobs".

Für Bürgergeld-Beziehende, die keine Arbeit finden können, können Kommunen, Verbände der freien Wohlfahrtspflege und Stiftungen Arbeitsmöglichkeiten schaffen. Diese Arbeitsgelegenheiten dürfen auf keinen Fall reguläre Arbeitsplätze verdrängen. Diese Jobs sollen täglich bis zu 8 Stunden ausgeübt werden. Dafür gibt es eine Aufwandsentschädigung von pro Stunde mindestens 1 € zusätzlich zum Bürgergeld. Es entsteht kein arbeitsrechtliches Verhältnis. Wird diese Arbeitsmöglichkeit abgelehnt, kann es zu Leistungsminderungen kommen, bei mehrfacher Ablehnung um bis zu 30 % des sog. Regelsatzes. Näheres unter Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen.

10.3. Einstiegsgeld

Bei Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder selbstständigen Tätigkeit kann die Agentur für Arbeit das sog. Einstiegsgeld als Zuschuss zum Bürgergeld zahlen: Höchstens 24 Monate lang und nur, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist oder die Hilfebedürftigkeit durch oder nach Aufnahme der Erwerbstätigkeit entfällt. Die persönliche Ansprechperson entscheidet, ob und in welcher Höhe Einstiegsgeld gezahlt wird.

10.4. Leistungen zur Eingliederung von Selbstständigen

Leistungsberechtigte, die sich hauptberuflich selbstständig machen oder bereits selbstständig sind, können auf Antrag ein Darlehen und Zuschüsse von bis zu 5.000 € zur Beschaffung von Sachgütern erhalten. Zudem können Dienstleistungen Dritter zur Beratung und Fortbildung übernommen werden. Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen ist ausgeschlossen. Sachverständige schätzen dabei im Vorfeld ein, ob die geplante, selbstständige Tätigkeit voraussichtlich wirtschaftlich tragfähig ist.

10.5. Lohnkostenzuschuss für Langzeitarbeitslose

Die Leistungsträger können auf Antrag bis zu 75 % des Arbeitsentgelts bezuschussen, wenn ein Betrieb eine langzeitarbeitslose Person einstellt. Als langzeitarbeitslos gilt, wer trotz Vermittlungsbemühungen mindestens 2 Jahre arbeitslos ist. Nachdem diese Regelung zunächst nur zeitlich befristet galt, steht sie seit Einführung des Bürgergeldgesetzes nun dauerhaft zur Verfügung. Weitere Informationen siehe Teilhabechancengesetz.

10.6. Bürgergeldbonus

Den sog. Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro monatlich erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte unter folgenden Voraussetzungen:

Teilnahme an einer der folgenden Bildungsmaßnahmen:

  • Berufliche Weiterbildung mit Dauer von mind. 8 Wochen ohne Anspruch auf Weiterbildungsgeld
    oder
  • Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme

oder

  • Maßnahme zur Förderung schwer zu erreichender Jugendlicher

Für eine Einstiegsqualifizierung (sozialversicherungspflichtiges Praktikum) wird kein Bonus gezahlt, weil die Vergütung dafür bis 520 € beim Bürgergeld anrechnungsfrei ist. Näheres unter Bürgergeld > Einkommen und Vermögen.

Aus kostengründen soll der Bürgergeldbonus wieder gestrichen werden. Das Gesetzgebungsverfahren läuft.

10.7. Ganzheitliche Betreuung – Coaching

Die Jobcenter können ein Coaching (sog. ganzheitliche Betreuung) bewilligen, um Bürgergeldbeziehende für eine Beschäftigung zu befähigen. Es kann z.B. aufsuchend zu Hause oder bei der Arbeit stattfinden. Das Coaching kann die Agentur für Arbeit anbieten, oder die Jobcenter können externe Coaching-Angebote dafür einkaufen.

Beteiligen sich Bürgergeldbeziehende nicht daran oder lehnen sie das Coaching ab, drohen ihnen dafür keine Leistungsminderungen.

10.8. Freie Förderung

Die gesetzlich geregelten Eingliederungsleistungen können durch freie Leistungen erweitert werden, wenn diese zum Ziel der Eingliederung in Arbeit sinnvoll sind, insbesondere für Langzeitarbeitslose und unter 25-Jährige.

10.9. Förderung schwer zu erreichender junger Menschen

Für junge Menschen unter 25 Jahren, die von Regelangeboten nicht oder nur schwer erreicht werden, können umfassende Beratungs- und Unterstützungsangebote erbracht werden, die nicht ausschließlich auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz ausgerichtet sind, sondern auch Hindernisse auf dem Weg zur Eingliederung schrittweise beseitigen. Die jungen Menschen werden von einem Fallmanager aufgesucht oder angesprochen. Der Fallmanager ist meist bei einem Träger der Jugendhilfe angestellt.

11. Zuständigkeit

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden von den Jobcentern erbracht. Die Jobcenter sind gemeinsame Einrichtungen der Agenturen für Arbeit sowie der kreisfreien Städte und Landkreise (kommunale Träger).

12. Abgrenzung zum Arbeitslosengeld

  • Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist eine steuerfinanzierte Fürsorgeleistung. Fürsorgeleistungen sind Leistungen des Staats für Bedürftige. Das Arbeitslosengeld (ALG) ist hingegen abhängig von Beitragszahlungen in die Arbeitslosenversicherung. Wer nicht lange genug in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, bekommt kein ALG, sehr wohl aber ggf. Bürgergeld.
  • Anders als beim Arbeitslosengeld ist Arbeitslosigkeit keine Voraussetzung für den Bezug von Bürgergeld. Selbst wer in Vollzeit arbeitet, kann Anspruch auf Bürgergeld haben.
  • Die Höhe der Leistungen nach dem SGB II ist unabhängig von der Höhe des früheren Einkommens. Näheres unter Bürgergeld. Beim ALG hingegen hängt sie von der Höhe des früheren Einkommens ab.
  • Einkommen und Vermögen werden beim Bürgergeld auf den Bedarf angerechnet und auch das Einkommen und Vermögen von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft wird berücksichtigt. Näheres unter Bürgergeld > Einkommen und Vermögen. ALG hingegen bekommt auch, wer genug Geld zum Leben hat, angerechnet wird nur Erwerbseinkommen der ALG-beziehenden Person über dem Freibetrag von 165 € pro Monat. Andere Einkommen und Vermögen werden nicht berücksichtigt.
  • Bürgergeld ist zeitlich unbefristet, ALG gibt es nur zeitlich befristet, meist für 1 Jahr. Näheres unter Arbeitslosengeld.

13. Geschichte der Grundsicherung für Arbeitsuchende

13.1. Bürgergeld statt ALG II und Sozialgeld

Seit 1.1.2023 ersetzt das Bürgergeld die Leistungen ALG II und Sozialgeld (umgangssprachlich „Hartz VI“). Unter anderem wurden bei der Reform zur Einführung des Bürgergelds, die Regeln zur Kürzung der Leistungen nach dem SGB II den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Es hat 2019 entschieden, dass Kürzungen zwar grundsätzlich zulässig sind, die damaligen Sanktionsregeln des SGB II jedoch verfassungswidrig waren.

Betroffene können nun auch "weicher fallen" durch eine einjährige sog. Karenzzeit, in der weniger Vermögen angerechnet wird und ein Verbleib in der bisherigen Wohnung möglich ist. Näheres unter Bürgergeld > Karenzzeit. Angesichts der guten Arbeitsmarktlage mit Fachkräftemangel wird mehr Bildung ermöglicht.

13.2. Sanktionsmoratorium und erleichterter Zugang zur Grundsicherung wegen Corona bis Ende 2022

Wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gab es übergangsweise bis zur Einführung des Bürgergelds ein sog. Sanktionsmoratorium, bei dem nur geringe Kürzungen von 10 % des sog. Regelsatzes möglich waren und auch nur bei verpassten Terminen. Diese Regelung ist zum 31.12.22 ausgelaufen und es sind Leistungsminderungen bis 30 % des Regelsatzes möglich. Näheres unter Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen.

Zugleich gab es einen sog. erleichterten Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Grund der Corona-Pandemie, um unbürokratische Hilfe zu gewährleisten. Unter anderem war kein Umzug in eine günstigere Wohnung mehr nötig und hohes Vermögen blieb anrechnungsfrei bis zur Grenze von 60.000 € für eine Einzelperson und bei Bedarfsgemeinschaften 60.000 € zuzüglich 30.000 € je weiterer Person. Niedrigeres Vermögen musste gar nicht erst angegeben werden.

Diese Regelung ist zum 31.12.22 ausgelaufen, aber gilt übergangsweise noch für Bewilligungszeiträume, die schon im Jahr 2022 begonnen haben bis zum Ende des jeweiligen Bewilligungszeitraums.

Da sich diese Regeln bewährt hatten, plante die Ampel-Regierung zunächst,

  • die Regeln des Sanktionsmoratoriums immer in den ersten 6 Monaten des Leistungsbezugs gelten zu lassen (sog. Vertrauenszeit).
  • in einer 2-jährigen Karenzzeit zu Beginn des Bürgergeldbezugs die Regeln des erleichterten Zugangs aus der Corona-Zeit gelten zu lassen.

Weil Teile der Opposition das ungerecht fanden und der Ansicht waren, dass Arbeit sich dann nicht mehr lohnen würde, wurde das nicht umgesetzt. Übrig blieb jedoch die heutige einjährige Krenzzeit beim Bürgergeld. Näheres unter Bürgergeld > Karenzzeit.

13.3. Hartz-IV-Reform 2004

Mit der Hartz-IV-Reform wurde zum Jahr 2004 die frühere sog. Arbeitslosenhilfe zusammengefasst mit einem Teil der früheren Leistungen der Sozialhilfe zu Arbeitslosengeld II und Sozialgeld - die heute zusammengefasst Bürgergeld heißen - als Leistungen nach dem SGB II, geregelt im Sozialgesetzbuch II (SGB II).

Arbeitslosengeld II (ALG II) war ein eher irreführender Begriff, weil deutlich mehr "nicht arbeitslose Menschen" (z.B. Berufstätige mit geringem Einkommen und Vermögen oder Menschen in Weiterbildung) es erhielten, als arbeitslose Menschen. Der heutige Name Bürgergeld ist daher passender.

Näheres zur Hartz IV-Reform und zur Situation vor dieser Reform unter Hartz IV und Sozialhilfe.

13.4. Praxistipps

  • Die Broschüre "Bürgergeld – Grundsicherung für Arbeitsuchende: Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Fragen und Antworten" können Sie sich beim Bundesminsterium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "A430" herunterladen.
  • Spezielle Informationen zum Bürgergeld erhalten Sie beim Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Telefon: 030 221 911 003, Mo–Do 8–17 Uhr, Fr 8–12 Uhr.
  • Der Erwerbslosen-und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. bietet Ihnen praxisrelevante Informationen zum Bürgergeld und eine Adressdatenbank, z.B. zum Auffinden von Beratungsstellen und Erwerbslosen- und Sozialhilfevereinen unter www.tacheles-sozialhilfe.de.

14. Wer hilft weiter?

Die Jobcenter.

Unabhängige Beratung bieten z.B. Erwerbslosenvereine und Sozialberatungen. Dort gibt es teilweise auch Angebote zur Begleitung zum Jobcenter.

15. Verwandte Links

Bürgergeld

Bürgergeld > Karenzzeit

Bürgergeld > Einkommen und Vermögen

Bürgergeld > Erreichbarkeit

Bürgergeld > Kooperationsplan und Leistungsminderungen

Jobcenter

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Sozialhilfe

 

Rechtsgrundlagen: SGB II

Letzte Bearbeitung: 11.01.2024

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