Migräne > Behandlung

1. Das Wichtigste in Kürze

Da die Ursachen von Migräne bis heute nicht geklärt sind, kann sie auch nicht von Grund auf geheilt werden. Die Behandlung zielt deshalb auf die Durchbrechung von Schmerzattacken (Akutbehandlung) sowie auf die Verhinderung von Attacken (Vorbeugung, Prophylaxe) ab. Dafür gibt es mehrere Ansätze. Bei den meisten Patienten ist eine Kombination verschiedener Behandlungs- und Vorbeugemaßnahmen am erfolgreichsten.

2. Akutbehandlung

Bei einer Migräneattacke ist es zu empfehlen, sich in einen dunklen, ruhigen Raum zurückzuziehen, um äußere Einflüsse zu verringern.

Für die Akutbehandlung von Migräneanfällen stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung:

  • Analgetika (Schmerzmittel), z.B. Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen, Metamizol, Diclofenac-Kalium, Naproxen, Phenazon, Paracetamol, Kombinationsanalgetika (ASS + Paracetamol + Koffein), bei leichten bis mittelschweren Symptomen
  • Triptane (gefäßverengende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkstoffe) bei schwereren Symptomen
  • Kombinationsbehandlung aus einem Triptan und einem nicht steroidalem Antirheumatikum (NSAR) wie z.B. ASS oder Ibuprofen
  • Lasmiditan und Rimegepant, wenn Analgetika und Triptane nicht ausreichend wirken oder nicht eingenommen werden dürfen (zugelassen in Deutschland seit Ende 2022)
  • Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit und Brechreiz): Metoclopramid, Domperidon

Nicht verwendet werden sollten Opioide (z.B. Tramadol) und Tranquilizer (z.B. Diazepam). Zum einen ist das Abhängigkeitsrisiko hoch, zum anderen verursachen diese Medikamente oft chronische Kopfschmerzen. Opioide können darüber hinaus auch zu Erbrechen und Symptomen des zentralen Nervensystems wie z.B. Schwindel führen.

Für die Selbstbehandlung von Kopfschmerzen werden Ibuprofen, Paracetamol oder ASS empfohlen sowie eine Kombination von ASS, Paracetamol und Koffein.

Sowohl die Antiemetika Metoclopramid und Domperidon als auch die meisten Triptane sind in Deutschland verschreibungspflichtig.

2.1. Anwendung

Die Medikamente wirken am besten, wenn sie so früh wie möglich bei Beginn einer Attacke genommen werden.

Bei häufigen Kopfschmerzen oder wenn nicht ganz sicher ist, ob es sich wirklich um eine Migräneattacke handelt, ist es trotzdem nicht zu empfehlen, schon bei den ersten Symptomen Medikamente zu nehmen. Denn Betroffene sollten eine regelmäßige Einnahme von Schmerzmedikamenten vermeiden, da bei zu häufiger Einnahme oder zu hoher Dosierung ein medikamentenbedingter Kopfschmerz entstehen kann. Grundsätzlich sollten Schmerzmittel nicht länger als 3 Tage hintereinander und nicht häufiger als 10 Tage pro Monat eingenommen werden.

2.2. Nichtmedikamentöse Akutbehandlung

Folgende nicht-medikamentöse Behandlungen zur Akutbehandlung werden in den medizinischen Leitlinien empfohlen:

  • Neurostimulation des Trigeminusnervs durch Klebeelektroden an der Stirn (Cefaly)
  • Blut-Volumen-Puls-Biofeedback (Vasokonstriktionstraining): Dabei lernen die Patienten, die Schläfenarterie durch eigene Willenskraft zu verengen bzw. zu erweitern.

Es gibt geringe Hinweise auf eine mögliche Wirksamkeit von Akupunktur zur Akutbehandlung von Migräne. Ein ausreichender wissenschaftlicher Nachweis dafür wurde bisher jedoch noch nicht erbracht.

2.3. Wann zum Arzt?

Ein Arztbesuch ist notwendig, wenn

  • Kopfschmerzen bei Kindern, Jugendlichen und Schwangeren auftreten (viele Medikamente dürfen dann nicht eingenommen werden),
  • bisherige Medikamente nicht mehr wirken,
  • pro Monat an mehr als 10 Tagen Kopfschmerzen auftreten,
  • Migräneattacken erstmals ab dem 40. Lebensjahr erscheinen,
  • Schmerzen trotz Behandlung an Dauer, Intensität und Häufigkeit zunehmen oder der Schmerzort sich verändert,
  • Kopfschmerzen mit Lähmungen, Schwindel, Wahrnehmungsstörungen, psychischen Problemen oder körperlicher Anstrengung einhergehen,
  • neben der Migräne Symptome anderer Krankheiten wie Epilepsie oder Fieber auftreten oder
  • Zweifel an der Einnahme und Dosierung der Medikamente oder Krankheitssymptome bestehen.

3. Vorbeugung

3.1. Nicht-Medikamentöse Methoden

Zur Vorbeugung werden verschiedene nicht-medikamentöse Methoden eingesetzt. Dazu zählen insbesondere:

  • Ausdauertraining: Regelmäßiges Ausdauertraining wie Joggen, Radfahren oder Schwimmen kann die Häufigkeit und Intensität von Schmerzattacken positiv beeinflussen. Weitere Informationen unter Migräne > Urlaub und Sport.
  • Biofeedbacktherapie: Beim Biofeedback wird die bewusste Kontrolle über die körpereigenen Funktionen trainiert, um gezielter gegen Schmerzattacken vorgehen zu können. Durch Sensoren am Körper werden dem Patienten z.B. bildlich oder akustisch ausgewählte Körpersignale rückgemeldet. Durch dieses Feedback ist es möglich, Kontrolle über auftretende Symptome zu erlangen und der Betroffene wird befähigt, Entspannungsprozesse einzuleiten. Diese Therapien haben sich in wissenschaftlichen Studien als sehr effektiv erwiesen und werden in den medizinischen Leitlinien empfohlen (ggf. auch als Ersatz für vorbeugende Medikamente).
  • Entspannungstherapie: Ein bewährtes Mittel, um Schmerzen zu mindern, aber auch um die Häufigkeit und Intensität der Anfälle zu reduzieren, sind Entspannungsübungen. Besonders effektiv ist die Progressive Muskelrelaxation (PMR). Die Vorteile dieses Verfahrens sind das schnelle Erlernen der Techniken sowie das unkomplizierte Anwenden im Alltag. Um Schmerzen nachhaltig zu lindern, ist es notwendig, dass die Übungen jeden Tag 15–20 Minuten durchgeführt werden.
    Um Entspannungsverfahren zu erlernen, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
    • Im Rahmen einer Reha-Maßnahme von Physio- und Ergotherapeuten.
    • Im Rahmen der sog. Psychosomatische Grundversorgung bei speziell qualifizierten Hausärzten.
    • Im Rahmen von Präventionskursen, die von den Krankenkassen bezuschusst werden, Näheres unter Prävention. Anbieter sind z.B. Volkshochschulen, Vereine und Fitnessstudios.
  • Hypnose wirkt ebenfalls entspannend und kann als Entspannungsverfahren Migräneattacken reduzieren oder deren Stärke vermindern.
  • Beratung des Patienten (Edukation)
    Es konnte nachgewiesen werden, dass bereits eine Migräneberatung das Auftreten von Kopfschmerzen reduziert. Dieser Effekt konnte auch für Kinder wissenschaftlich bestätigt werden. Zudem kann durch eine Beratung die Besserung von kopfschmerzbegleitenden Symptomen und eine Erhöhung der Lebensqualität erreicht werden. Die Informationsvermittlung einer solchen (Online-)Beratung besteht aus dem Erkennen potenzieller Anfallsauslöser (sog. Trigger), Regeln des gesunden Schlafs (Schlafhygiene), körperlichen Übungen sowie der Benutzung eines Migränekalenders.
  • Internet-Anwendungen und Smartphone-Apps zum Triggermanagement: Eine Protokollierung von Symptomen und Faktoren, die Migräneattacken tatsächlich oder vermeintlich auslösen (sog. Trigger) und das Erlernen eines guten Umgangs damit ist über diese Anwendungen möglich. Ihre Wirksamkeit wird derzeit erforscht. Zum Teil ist bei diesen Angeboten die Qualitätssicherung (noch) nicht ausreichend, so dass diese noch nicht in medizinischen Leitlinien empfohlen werden.
  • Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Da auch psychische Faktoren und der Lebensstil Intensität, Dauer und Häufigkeit der Schmerzattacken beeinflussen, kann auch KVT die Zahl und Stärke der Migräneattacken vermindern. Bei der KVT geht es z.B. um Triggermanagement und darum, überhöhte Erwartungen an sich selbst, Versagensängste oder ungünstige Stressbewältigungsstrategien abzubauen, sowie zu lernen, mit einem Anfall umzugehen. In der Therapie können auch für die Vorbeugung günstige Veränderungen des Lebensstils eingeleitet und gefestigt werden.
  • Achtsamkeitsmeditation: Achtsamkeitsbasierte Ansätze können die Lebensqualität verbessern.

3.2. Medikamente

Medikamente werden nur bei häufigen und/oder besonders stark ausgeprägten Migräneattacken eingesetzt, oder bei anhaltender Aura. Die Medikamente sollen dann die nichtmedikamentöse Behandlung nur ergänzen, nicht ersetzen (Kombinationsbehandlung). Am besten wissenschaftlich belegt ist die vorbeugende Wirkung der folgenden Medikamente:

  • Betablocker: Propranolol, Metoprolol, Bisoprolol
  • Flunarizin
  • Antikonvulsiva: Valproinsäure und Topiramat
  • Antidepressivum: Amitriptylin
  • OnabotulinumtoxinA (bei chronischer Migräne)

Ggf. kann der Arzt auch andere Medikamente empfehlen, deren Wirkung weniger gut erforscht ist. Es erfordert in der Regel einige Monate Geduld bis Arzt und Patient erkennen, ob das Mittel hilft oder ob ein anderes Medikament ausprobiert werden muss. Die Mittel zur Akutbehandlung eignen sich nicht zur Vorbeugung.

3.3. Antikörpertherapie

Seit 2019 wird zur Vorbeugung von Migräneattacken eine neuartige Antikörpertherapie empfohlen. Die Behandlung erfolgt mit sog. monoklonalen Antikörpern gegen den sog. CGRP-Rezeptor oder gegen CGRP. CGRP ist ein Botenstoff im Nervensystem. Der CGRP-Rezeptor ist ein Eiweiß, an das CGRP andockt und das dadurch aktiviert wird.

Es ist bekannt, dass CGRP irgendetwas mit der Entstehung von Migräne zu tun hat, aber die Wissenschaft ist noch nicht so weit, dass geklärt wäre, worin der Zusammenhang genau besteht. Dennoch konnte in Zulassungsstudien mit den Antikörpern festgestellt werden, dass diese einem Teil der Menschen mit Migräne helfen: Bei diesen Menschen treten weniger und/oder weniger starke Migräneattacken auf. Die Antikörper sind auch gut verträglich. Nicht ausgeschlossen werden können aber bisher noch unbekannte Langzeitwirkungen.

Drei der entwickelten Antikörper sind in Deutschland bereits zur vorbeugenden Behandlung bei Migräne zugelassen, wenn andere Medikamente versagt haben oder nicht vertragen wurden. Die Behandlung muss nur einmal monatlich oder sogar nur einmal in 3 Monaten erfolgen. Dabei werden die Antikörper entweder unter die Haut oder in die Vene gespritzt.

Für viele Patientengruppen kommt die Behandlung bisher nicht in Frage, weil für diese zur Sicherheit noch keine Studien gemacht wurden:

  • Patienten mit akuten oder schweren Begleiterkrankungen
  • Kinder und Jugendliche
  • Menschen im Alter über 65 Jahre
  • Schwangere und Stillende
  • Frauen im gebärfähigen Alter, die nicht konsequent verhüten

Auch diese Therapiemethode kann und soll die nicht-medikamentösen Behandlungsmethoden nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.

3.4. Alternative Behandlungsmethoden

Akupunktur zeigt minimale positive Effekte im Vergleich zur Scheinakupunktur bei der Vorbeugung von Migräneattacken.

Keine Wirkung zeigten in wissenschaftlichen Studien Mittel wie Homöopathie oder Piercings. Viele andere Methoden, die zur Vorbeugung von Migräneattacken angeboten werden, sind wissenschaftlich nicht erforscht (z.B. Physiotherapie, Psychoanalyse, Neuraltherapie, Chiropraktische Therapie).

Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass alternative Ansätze im Einzelfall schmerzlindernd wirken können oder dass sich künftig die Wirksamkeit bestimmter Methoden noch herausstellen wird.

4. Medizinische Rehabilitation

Bei Migräne können medizinische Reha-Leistungen Teil des Behandlungskonzepts sein. Die nachfolgenden Links führen zu den sozialrechtlichen Bestimmungen rund um medizinische Reha, die bei Migräne infrage kommen können.

5. Praxistipps

  • Möglicherweise gibt es eine Selbsthilfegruppe für Migränepatienten in Ihrer Nähe. Der Austausch von Erfahrungen, Informationen und Behandlungsmöglichkeiten mit anderen Betroffenen kann bei der Krankheitsbewältigung helfen. Adressen unter www.dmkg.de > Patienten > Selbsthilfegruppen.
  • Es ist hilfreich die Dauer, Stärke, vermutete Auslöser und Symptome einer Migräneattacke regelmäßig in einem Kopfschmerzkalender zu dokumentieren. So beugen Sie zusätzlich einem Anfall vor. Kalendervorlagen in verschiedenen Sprachen zum kostenlosen Download unter www.dmkg.de > Patienten > DMKG Kopfschmerzkalender.
  • Es gibt auch Smartphone-Apps, die Sie bei der Dokumentation und Behandlung unterstützen, Näheres unter Digitale Gesundheitsanwendungen. Bestimmte Apps können vom Arzt verordnet und von der Krankenkasse bezahlt werden. Fragen Sie darüber hinaus auch Ihre Krankenkasse, ob es weitere Migräne-Apps gibt, für die die Kosten übernommen werden.

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Letzte Bearbeitung: 18.01.2024

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