Stoma

1. Definition

Der Begriff Stoma wird hauptsächlich für einen künstlichen Darm- oder Blasenausgang oder einen bleibenden Luftröhrenschnitt verwendet. Urostoma ist der künstliche Blasenausgang, Enterostoma der künstliche Darmausgang und als Tracheostoma bezeichnet man den künstlichen Zugang zur Luftröhre.

Näheres zur Stomaversorgung unter Stoma > Hilfsmittel.

2. Enterostoma

Ein Enterostoma ist ein künstlicher Darmausgang, es mündet in der Regel an der Bauchdecke. Ein Stoma aus dem Dickdarm ist ein Colostoma, aus dem Dünndarm ein Ileostoma. Zum Teil wird ein Stoma nur vorübergehend (temporär) angelegt, um Teile des Darms nach einer Operation und bei schweren Entzündungen zu entlasten.

Die häufigsten Gründe für die Anlage eines Enterostomas sind Krebs und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED). Nachfolgend wird auf die beiden häufigsten CEDs eingegangen.

Wenn bis zur Operation genügend Zeit ist, sollten sich Patienten vorher mit anderen Betroffenen über die verschiedenen Operationsmöglichkeiten, deren Vor- und Nachteile und die praktischen Aspekte der Stomaversorgung unterhalten. Auch Stomatherapeuten sind gut für die Beratung vor der Operation geeignet. Detaillierte und rechtzeitige Informationen erleichtern den Patienten die Entscheidung für ein Leben mit Stoma.

2.1. Dickdarm: Colostoma

Bei einem künstlichen Ausgang aus dem Dickdarms wird ein Teil des Dickdarms entfernt oder stillgelegt. Die Lage des Stomas entscheidet darüber, wie fest oder weich der Stuhl ist, der über das Stoma ausgeschieden wird: Je näher der Ausgang am After liegt und je mehr also vom Dickdarm weiterhin arbeitet, desto fester ist die Konsistenz und desto weniger aggressiv sind die Ausscheidungen für die Haut.

Bei CED kommt ein Colostoma in Frage, wenn Teile des Dickdarms zeitweilig entlastet werden sollen (temporär) oder wenn sich die chronische Entzündung auf einen bestimmten Abschnitt des Dickdarms beschränkt.

2.2. Dünndarm: Ileostoma

Bei einem künstlichen Ausgang aus dem Dünndarm wird der Dickdarm ausgeschaltet. Das hat zur Folge, dass der Stuhl nicht eingedickt wird. Deshalb sind die Ausscheidungen aus dem Ileostoma flüssiger und aggressiv für die Haut. Der Hautschutz ist bei der Stomaversorgung deshalb besonders wichtig, Näheres unter Stoma > Hilfsmittel.

Bei Patienten mit Colitis ulcerosa kann durch die vollständige Entfernung des Dickdarms eine Art "Heilung" erreicht werden, da sich diese Darmentzündung auf den Dickdarm beschränkt.

Wenn der Dickdarm vollständig entfernt wird, gibt es als "Ersatz" für den Dickdarm 3 Möglichkeiten:

  • Ileostoma
    Künstlicher Darmausgang durch die Bauchdecke im Anschluss an den Dünndarm.
  • Ileoanaler Pouch
    Der Pouch (engl. für Beutel) ist kein Stoma im engeren Sinn. Beim Pouch wird eine aus Dünndarmteilen angelegte "Tasche" mit dem Schließmuskel verbunden und so die Stuhlausscheidung auf natürlichem Wege ermöglicht. Nach der Operation wird zur Entlastung der Pouchnähte meist vorübergehend ein Stoma angelegt.
  • Kocksche Tasche (Kock-Pouch)
    Ebenfalls eine aus Dünndarmteilen angelegte Tasche, die aber durch die Bauchdecke katheterisiert (entleert) werden kann. Wird heute nur noch selten angelegt.

2.3. Stoma bei Colitis ulcerosa

Für Colitis-ulcerosa-Patienten, die nicht (mehr) auf Medikamente ansprechen, bietet die planmäßige Entfernung des Dickdarms die Chance auf ein "normales" Leben ohne Schmerzen und ständige Durchfälle. Nach jahrelangen Beschwerden mit dem chronisch entzündeten Dickdarm schätzen viele Patienten nach der Entfernung ihre Lebensqualität mit Stoma als fast genauso gut ein wie vor Ausbruch der Erkrankung. Sie sind in der Regel wieder fit und belastbar.

2.4. Stoma bei Morbus Crohn

Bei Morbus Crohn kann der gesamte Verdauungstrakt von Entzündungen betroffen sein. Wenn die Entzündungsprozesse im Dick-, Dünn- oder Enddarm durch medikamentöse Therapie nicht zu beherrschen sind oder Komplikationen wie Stenosen, Fisteln oder Abszesse auftreten, ist die operative Entfernung der betroffenen Darmabschnitte und eventuell eine Stomaanlage unumgänglich. Die Anlage des Stomas kann auch vorübergehend erfolgen, um dem entzündeten Darmabschnitt Zeit zum Abheilen zu geben oder um Darmnähte nach einer Operation zu entlasten.

Anders als Colitis ulcerosa kann Morbus Crohn mit Anlage eines Stomas nicht geheilt werden, weil die Entzündungen auch in anderen Abschnitten des Verdauungstraktes auftreten können. Da im Krankheitsverlauf nicht unbegrenzt weitere Darmabschnitte herausgenommen werden können (Gefahr eines Kurzdarmsyndroms), entfernt man bei Morbus-Crohn-Patienten nur die unheilbar erkrankten Stellen des Darms. Je nach entfernten Darmabschnitten kommen bei Morbus Crohn Colostomie oder Ileostomie in Frage.

Bei Morbus Crohn sind ein Pouch oder eine Kocksche Tasche nicht angezeigt, da sich im Pouch neue Entzündungen bilden können.

3. Urostoma

Ein Urostoma ist ein künstlicher Blasenausgang, d.h.: Die Urinausscheidung wird auf künstlichen Wegen ermöglicht. Die Notwendigkeit entsteht z.B., wenn die Blase aufgrund von Erkrankungen oder als Folge von Bestrahlung nicht mehr funktioniert oder entfernt werden musste.

Es gibt unterschiedliche Varianten:

  • Harnleiter-Haut-Ableitung
    Wenn die Blase noch funktioniert, werden beide Harnleiter (einzeln oder miteinander verbunden) zur Bauchdecke verlegt. Der Urin fließt dann in einen außenliegenden Beutel. Um das Stoma dauerhaft offen zu halten, wird bei Bedarf eine Hohlschiene eingesetzt.
  • Ileum-Conduit, Colon-Conduit
    Die Harnleiter werden mit Hilfe eines Stücks Dünndarm (Ileum) oder Dickdarm (Colon) mit der Bauchdecke verbunden. Das Darmstück wird vorher aus dem Darm entnommen und dient lediglich der Ableitung des Urins, es hat keine Speicherfunktion. Der Urin fließt in einen außenliegenden Beutel.
  • Pouch
    Im Körper wird aus Darmabschnitten ein Beutel (Pouch) gebildet, der eine Verbindung nach außen hat, die verschließbar ist. Er muss alle 3-4 Stunden entleert (katheterisiert) werden.
  • Nierenfistel (Nephrostomie)
    Der Harn kann über eine Nierenfistel direkt aus dem Nierenbecken abgelassen werden, indem das gestaute Nierenbecken punktiert und dabei ein Ballonkatheter eingeführt wird. Der Katheter muss regelmäßig gewechselt werden.

4. Tracheostoma

Ein Tracheostoma ist eine künstlich geschaffene Öffnung der Luftröhre nach außen, über die der Patient mithilfe einer Trachealkanüle entweder selbst atmet oder maschinell beatmet wird. Gründe für eine Tracheotomie sind z.B. Langzeitbeatmung (Intubationen), Störungen des Schluckreflexes, Strahlenbehandlungen oder Tumorfolgen.

Zu unterscheiden sind verschiedene Operationsmethoden, die nachfolgend nur vereinfacht dargestellt werden:

  • Perkutane Punktions- und Dilatationstracheotomie: Beatmungsschlauch (Atemkanüle) führt durch ein Loch im Hals in die Luftröhre. Übergangslösung bei Beatmung auf Zeit.
  • Chirurgische Tracheotomie: Größere Öffnung in der Luftröhre und stabilere Lösung, die einen regelmäßigen Wechsel der Atemkanüle erlaubt.
  • Chirurgische Tracheotomie mit plastischem Tracheostoma: Dauerhafte Lösung, wenn das Stoma länger benötigt wird. Ein Teil der Luftröhre wird geöffnet und mit dem künstlichen Atemausgang stabil vernäht. Der Patient kann seine Atemkanüle selbst wechseln.
  • Tracheostoma bei Laryngektomie (Kehlkopfentfernung): Der Kehlkopf als Teil der Luftröhre wird entfernt, die Luftröhre wird nach außen verlegt. Zum Sprechen wird mittlerweile häufig eine Stimmprothese eingesetzt, möglichst in der gleichen Operation. Die Sprechübungen (Logopädie) beginnen nach der Wundheilung.

Zudem gibt es verschiedene Materialien für Kanülen. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Methoden und Materialien sollten vor der Operation mit dem verantwortlichen Arzt besprochen und entschieden werden.

Tracheotomierte benötigen frühzeitig eine Anleitung zur Nahrungsaufnahme, da sonst Aspirationsgefahr besteht.

5. Leben mit Stoma

Nach einer Gewöhnungszeit können sich die meisten Patienten gut mit einem Stoma arrangieren, besonders wenn es ihnen nach Anlage des Stomas gesundheitlich besser geht und der Körper wieder zu Kräften kommt.

  • Entscheidend sind eine sorgfältige Pflege des Stomas und der richtige Umgang mit der Stomaversorgung. Patienten sollten sich diesbezüglich schon vor der Operation informieren und beraten lassen. Näheres unter Stoma > Hilfsmittel .
  • Die Erstversorgung und Beratung erfolgen in der Akutklinik und/oder Reha-Klinik. Viele Stoma-Hersteller kooperieren mit den Kliniken und stellen Experten für die Beratung und Anpassung der Stomaversorgung zur Verfügung. Die maßgeschneiderte Stomaversorgung kann enorm wichtig für die Lebensqualität sein. Selbsthilfegruppen können hier wichtige Tipps geben.

 

Folgende Tipps können dem Patienten den Alltag erleichtern:

  • Auf die Ernährung achten.
    Details siehe Stoma > Ernährung.
  • Bei Verordnung von Medikamenten abklären, ob das Medikament über den Dünndarm oder Dickdarm aufgenommen wird, damit bei fehlendem Dickdarm die Wirkstoffaufnahme gewährleistet ist.
  • Von Mitpatienten (z.B. in einer Selbsthilfegruppe) Tipps geben lassen, wie man sich trotz Stomaversorgung modern und attraktiv kleiden kann.
  • Wieder aktiv werden.
    Details siehe Stoma > Sport und Stoma > Reisen.

5.1. Sexualität

Patienten und ihre Partner können - vor allem anfangs - Probleme haben, den durch das Stoma veränderten Körper zu akzeptieren. Es ist hilfreich, sich mit den eigenen Bedenken und Ängsten auseinanderzusetzen und auch mit dem Partner darüber zu reden. Stomatherapeuten und/oder Sexualberatungsstellen (Pro Familia) können dabei unterstützen.

Viele Patienten mit Entero- oder Urostoma haben weniger Hemmung, wenn sie für die Zeit des intimen Zusammenseins

  • einen Mini-Beutel oder eine Stomakappe tragen.
  • über dem Beutel einen bunten Baumwoll-Überzug tragen (gibt es bei Herstellern von Stomaversorgungsmitteln).
  • die Stomaversorgung bedecken, z.B. durch ein Hemd, Shirt oder erotische Dessous.
  • den Beutel kurz vorher leeren.

 

In seltenen Fällen haben Männer nach der Stomaoperation Potenzprobleme, entweder durch seelische Belastung oder durch Nervenschädigungen im Zuge des chirurgischen Eingriffs. Näheres unter Erektile Dysfunktion. Dort finden Sie auch Adressen von Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen.

 

Patienten mit Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) können nach der Operation oft ein zufriedenstellenderes Sexualleben führen als vorher, da die körperlichen Kräfte zurückkehren und die akuten Schübe bei Colitis ulcerosa gänzlich aufhören, bei Morbus Crohn zumindest zeitweise wegfallen.

5.2. Schwangerschaft

Sofern der sonstige Gesundheitszustand einer Frau mit Entero- oder Urostoma es zulässt, spricht nichts gegen eine Schwangerschaft. Zwischen der Operation zur Stomaanlage und der Schwangerschaft sollte mindestens ein Jahr liegen, um eine Überbelastung des Narbengewebes am Bauch auszuschließen. Bei Stomapatientinnen ist in der Regel ein Kaiserschnitt notwendig, da Presswehen einen Darmvorfall am Stoma auslösen können oder ein Dammriss auch den Schließmuskel betreffen kann.

6. Wer hilft weiter? Selbsthilfegruppen

Beiden beiden folgenden Vereinen finden Sie viele Informationen und zudem Kontaktdaten zu Selbsthilfegruppen vor Ort:

  • Deutsche ILCO e.V.
    Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs sowie deren Angehörige
    Telefon: 0228 338894-50 (Mo–Do 9–15 Uhr)
    E-Mail: info@ilco.de
    www.ilco.de

7. Verwandte Links

Stoma > Hilfsmittel

Erektile Dysfunktion

Stoma > Ernährung

Stoma > Reisen

Stoma > Sport

Chronisch-entzündliche Darmerkrankung CED

Letzte Bearbeitung: 18.01.2024

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