Das Wichtigste in Kürze
Gesetzlich Krankenversicherte können statt Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. In der Regel werden nur Leistungen von Vertragsärzten oder Vertragskrankenhäusern der Krankenkassen erstattet. Ist die Arztrechnung höher als das, was die Krankenkasse normalerweise leistet, trägt der Patient die Differenz. Außerdem werden Verwaltungskosten für die Krankenkassen angesetzt und in der Regel direkt mit dem Erstattungsbetrag verrechnet. Eine Kostenerstattung ist auch möglich, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde (sog. Systemversagen). Sind dem Versicherten dann für eine notwendige selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, muss die Krankenkasse sie in der entstandenen Höhe erstatten.
Wahlrecht und Bindungswirkung
Versicherte können die Kostenerstattung umfassend oder auf einen oder mehrere der folgenden Bereiche eingeschränkt wählen:
- ambulante ärztliche Versorgung einschließlich Psychotherapie
- zahnärztliche Versorgung
- stationärer Bereich
- veranlasste Leistungen, z.B. Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln
Die versicherte Person muss ihre Krankenkasse über die Wahl informieren, bevor sie die medizinische Leistung in Anspruch nimmt. Sie ist dann 3 Monate daran gebunden.
Zugelassene Leistungserbringer
Erstattungsfähig sind in der Regel nur Leistungen von Vertragsärzten oder Vertragskrankenhäusern, nicht von Privatärzten oder Privatkliniken.
In Ausnahmefällen sind, je nach Satzung der Krankenkasse, auch nicht zugelassene Leistungserbringer möglich, z.B. nicht zugelassene Psychotherapeuten oder Heilpraktiker, wenn die Krankenkasse vor der Behandlung zugestimmt hat.
Unabhängig von der Satzung ist eine Behandlung durch nicht zugelassene Leistungserbringer auch dann möglich, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann oder die Leistung zu Unrecht abgelehnt wurde.
Umfang der Erstattung
Versicherte, die sich für Kostenerstattung entscheiden, erhalten vom Arzt eine private Rechnung, bezahlen diese und bekommen von der Krankenkasse den Betrag erstattet, den die Krankenkasse für die Behandlung bezahlt hätte. Die Krankenkasse reduziert diesen Erstattungsbetrag gegebenenfalls um die gesetzliche Zuzahlung, entgangene Rabatte bei Arzneimitteln sowie einen nach Krankenkasse unterschiedlichen Abschlag von maximal 5 % für den Verwaltungsaufwand.
Vor- und Nachteile
Das Kostenerstattungsprinzip hat insbesondere folgende Vor- und Nachteile:
- Versicherte sehen genau, welche Leistungen abgerechnet werden.
- Da die Krankenkasse erst hinterher eingeschaltet wird, kann es sein, dass Versicherte schneller einen Termin bekommen. Denn privat Versicherte werden teils schneller als gesetzlich Versicherte behandelt, weil bei ihnen höhere Rechnungen gestellt werden können.
- Nur wer genug Vermögen dafür hat, kann die Behandlungskosten auslegen.
- In der Regel erstatten die Krankenkassen nicht alles, was die Arztpraxen berechnen.
- Hinzu kommen zusätzliche Verwaltungskosten und ein nicht unerheblicher Aufwand für die Versicherten.
- Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenkasse nicht gezahlt werden (mit der Begründung, sie seien nicht wirtschaftlich, nicht notwendig oder nicht zweckmäßig im Sinne eines wissenschaftlichen Nachweises) werden eventuell eher angeboten. Aber auch gesetzlich Versicherte, die Sachleistungen in Anspruch nehmen, können solche Leistungen als sog. individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) bekommen. Näheres unter Selbstzahlerleistungen.
Kostenerstattung bei Auslandsbehandlungen
Versicherte können auch in anderen EU/EWR-Staaten und der Schweiz Leistungserbringer gegen Kostenerstattung in Anspruch nehmen. Krankenhausleistungen und geplante Behandlungen im Ausland müssen vorher von der Krankenkasse genehmigt werden, Näheres unter Auslandsbehandlung.
Kostenerstattung bei Systemversagen
Eine Kostenerstattung ist auch in folgenden Ausnahmefällen möglich:
- Eine notwendige Behandlung kann aus Mangel im Leistungssystem (Systemversagen) nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden, z. B. bei unzumutbar langen Wartezeiten oder mehrfachen, erfolglosen Versuchen einen geeigneten Therapieplatz zu finden.
- Die notwendige Behandlung wurde von der Krankenkasse rechtswidrig abgelehnt.
Wenn es um medizinische Rehabilitation geht, gelten die Regeln zur Selbstbeschaffung von Teilhabeleistungen.
Anders als bei der Wahl des Kostenerstattungsprinzips (siehe oben) gilt beim Systemversagen keine Bindungswirkung für 3 Monate. Das heißt die Versicherten können weiterhin Sachleistungen der Krankenkasse in Anspruch nehmen und nur für den Einzelfall des Systemversagens sich die Kosten erstatten lassen.
Beispiel: Da es oft nicht gelingt, rechtzeitig eine Psychotherapie in einer Praxis mit Kassenzulassung zu bekommen, machen viele Menschen eine Psychotherapie in einer Privatpraxis und lassen sich die Kosten durch die Krankenkasse erstatten. Brauchen sie daneben andere medizinische Leistungen, z.B. Physiotherapie oder eine ärztliche Behandlung, können sie diese dennoch wie gewohnt als Sachleistungen bekommen.
Näheres zur Kostenerstattung bei Psychotherapie unter Psychotherapie.
Praxistipps
- Als Nachweis für das Systemversagen sollten Sie Terminabsagen sammeln, insbesondere von Terminservicestellen. Vorab sollten Sie bei ihrer Krankenkasse nachfragen, wie das Verfahren funktioniert. Die Anträge auf Kostenerstattung sind Einzelfallentscheidungen und werden oft abgelehnt. In diesem Fall können Sie Widerspruch einlegen.
- Die Leistungsentgelte für eine privatärztliche Behandlung sind höher als für eine vertragsärztlichen Behandlung. Das liegt an den Honorarsätzen nach der Gebührenordnung für Ärzte und Zahnärzte (GÖA) und bedeutet, dass Ihnen oft nicht alle entstandenen Kosten von der Krankenkasse erstattet werden. Deshalb kann Sie können aber eine private Zusatzversicherung für diesen Differenzbetrag abschließen.
Wer hilft weiter?
Die Krankenkassen beraten zur Kostenerstattung.
Verwandte Links
Selbstbeschaffung von Teilhabeleistungen
Rechtsgrundlagen: § 13 SGB V