Notvertretungsrecht

1. Das Wichtigste in Kürze

In einer Ehe gilt das sog. Ehegattennotvertretungsrecht. Wenn Verheiratete bewusstlos oder krank sind und deshalb nicht selbst über ihre Gesundheitssorge entscheiden können, kann deren Ehepartner sie für bis zu 6 Monate bei diesen Entscheidungen vertreten. Der Ehepartner kann in dieser Notsituation z.B. in Untersuchungen und Heilbehandlungen einwilligen, Behandlungs- und Krankenhausverträge abschließen oder Reha-Maßnahmen organisieren und ihm gegenüber entfällt so lange die ärztliche Schweigepflicht.

Das Notvertretungsrecht gilt nicht, wenn sich das (noch) verheiratete Paar getrennt hat oder wenn bekannt ist, dass die bewusstlose oder kranke Person die Vertretung nicht will. Es ist auch bei einer Vorsorgevollmacht oder rechtlichen Betreuung für die Gesundheitssorge ausgeschlossen.

2. Was ist das Ehegattennotvertretungsrecht?

Wenn Menschen krank sind, können sie manchmal nicht mehr selbst über ihre Gesundheitssorge entscheiden, und wenn sie bewusstlos sind, können sie es nie. Einige Menschen haben für diesen Fall vorgesorgt und eine sog. Vorsorgevollmacht erstellt. Dann kann die bevollmächtigte Person die nötigen Entscheidungen treffen. Für Menschen ohne Vorsorgevollmacht musste bis Ende 2022 immer eine sog. rechtliche Betreuung eingerichtet werden. Dabei bestimmt das Betreuungsgericht, wer die anstehenden Entscheidungen treffen darf. Bis das Betreuungsgericht das erledigt hat, vergeht einige Zeit.

Damit es im Notfall bei Verheirateten sofort eine Person gibt, die über die Gesundheitssorge entscheiden darf, gilt seit 1.1.2023 das sog. Ehegattennotvertretungsrecht:

Der andere Ehepartner kann in diesem Rahmen für bis zu 6 Monate seinen kranken oder bewusstlosen Ehepartner in folgenden Angelegenheiten vertreten:

  • Einwilligen in oder Untersagen von Untersuchungen des Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztlichen Eingriffen und Entgegennehmen ärztlicher Aufklärung.
  • Behandlungsverträge, Krankenhausverträge oder Verträge über eilige Maßnahmen der Rehabilitation und Pflege abschließen, kündigen oder ändern.
  • Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen während eines Krankenhaus- oder Heimaufenthalts oder in einer anderen Einrichtung, für eine maximale Dauer von 6 Wochen, z.B. ruhigstellende (sedierende) Medikamente oder Bettgitter.
  • Ansprüche geltend machen, die in Zusammenhang mit der Krankheit entstehen, z.B. gegenüber der Krankenkasse, der Pflegekasse, dem Unfallversicherungsträger, dem Rentenversicherungsträger oder einem schadenersatzpflichtigen Unfallgegner.
  • Verlangen, dass der Kostenträger direkt an die Einrichtung (z.B. Krankenhaus, Therapieeinrichtung, Rehaeinrichtung, Pflegeeinrichtung) oder den ambulanten Dienst zahlen soll, mit dem ein Vertrag über die Behandlung, Pflege oder Reha geschlossen wurde.
  • Abtretung an die genannten Einrichtungen und/oder den Dienst, damit diese direkt mit dem Kostenträger abrechnen können.

Zum Ehegattennotvertretungsrecht gehört auch, dass in der Notsituation die ärztliche Schweigepflicht gegenüber dem Ehepartner wegfällt. Das heißt, dieser bekommt ärztliche Auskünfte, darf die Krankenunterlagen sehen und darf anderen Menschen oder Stellen die Einsicht erlauben, z.B. der Krankenkasse, der Pflegekasse, dem Unfallversicherungsträger, dem Rentenversicherungsträger, einer privaten Versicherung oder anderen Angehörigen.

3. Voraussetzungen des Notvertretungsrechts

  • Der erkrankte Ehegatte kann seine Gesundheitssorge aufgrund von Krankheit oder Bewusstlosigkeit selbst nicht regeln.
  • Die beiden Ehegatten leben nicht getrennt. Dabei geht es darum, dass sie noch zusammen sind, im Sinne einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Das ist auch in zwei Wohnungen möglich und z.B. auch dann, wenn ein Ehegatte in einem Pflegeheim lebt. Umgekehrt gelten Ehegatten auch als getrennt, wenn sie noch in einer Wohnung leben, aber nicht mehr als Partner, weil mindestens einer keine eheliche Lebensgemeinschaft mehr möchte.
  • Die Vertretung im Bereich Gesundheitssorge ist nicht bereits über rechtliche Betreuung oder eine Vorsorgevollmacht geregelt, z.B.: In einer Vorsorgevollmacht ist ausdrücklich die Tochter und nicht der Ehegatte hierfür bestimmt oder es wurde bereits im Vorfeld ein Betreuer zur Gesundheitssorge bestellt.

Ein Arzt muss dem Ehegatten schriftlich bestätigen, dass die Voraussetzungen vorliegen und ab welchem Zeitpunkt die 6 Monate Notvertretungsrecht beginnen.

4. Ablehnung des Notvertretungsrechts

Wenn bekannt ist, dass die kranke oder bewusstlose Person nicht von ihrem Ehepartner vertreten werden möchte, gilt das Notvertretungsrecht nicht. Theoretisch reicht es aus, das vorab gegenüber anderen zu äußern, dass die Vertretung durch den Ehepartner unerwünscht ist, z.B. gegenüber einem behandelnden Arzt, aber in der Praxis bleiben diese Äußerungen oft unbekannt und sind auch oft nicht nachweisbar.

Möchte ein Ehegatte nicht, dass in einer gesundheitlichen Notsituation das Ehegattennotvertretungsrecht gilt, kann er deshalb seine Ablehnung schriftlich festhalten und im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren. Näheres unter www.vorsorgeregister.de > Hilfe > Vorsorgeangelegenheiten > Ehegattenwiderspruch.

5. Verwandte Links

Patientenverfügung

Patientenverfügung - Vorsorgevollmacht - Betreuungsverfügung

 

Rechtsgrundlagen: § 1358 BGB

Letzte Bearbeitung: 19.12.2023

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