Betreuung heißt, dass ein Betreuer die Angelegenheiten eines Erwachsenen ganz oder teilweise für ihn regelt, weil dieser sich aufgrund Krankheit oder Behinderung nicht (mehr) angemessen darum kümmern kann. Dabei bleibt die Geschäftsfähigkeit des Betreuten erhalten, Entscheidungen über Ehe und Testament trifft der Betreute weiterhin selbst. Bei schwerwiegenden gesundheitlichen Eingriffen muss das Betreuungsgericht zustimmen, zudem muss der Betreuer dem Gericht Rechenschaft über seine Tätigkeit ablegen. Betreuung gibt es nur bei Erwachsenen, bei Minderjährigen kommt es zu einer Pflegschaft.
Betreuung kann für einzelne, mehrere oder auch alle Aufgabenkreise angeordnet werden, wenn diese erforderlich sind. In seinem Aufgabenbereich vertritt der Betreuer den Betreuten gerichtlich und außergerichtlich (§ 1902 BGB).
Der Betreuer hat die Angelegenheiten des Betreuten im jeweiligen Aufgabenkreis so zu besorgen, wie es dessen Wohl entspricht. Wichtige Entscheidungen, z.B. Umzug ins Pflegeheim oder medizinische Behandlung, soll der Betreuer mit dem Betreuten vorher besprechen. Den Wünschen des Betreuten muss entsprochen werden, wenn es nicht dessen Wohl zuwiderläuft und dem Betreuer zuzumuten ist (§ 1901 BGB).
Wenn ein Volljähriger aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht wahrnehmen kann, bestellt das Betreuungsgericht auf Anregung Dritter, oder durch die betreuungsbedürftige Person selbst, einen Betreuer.
Die Betreuung ersetzt frühere rechtliche Möglichkeiten: die Entmündigung, die Vormundschaft für Volljährige und die Gebrechlichkeitspflegschaft.
Die Anregung kann von Dritten (z.B. Nachbarn oder Freunden) oder von der betreuungsbedürftigen Person selbst ausgehen, wenn der Verdacht besteht, dass ein Mensch nicht mehr für sich selbst sorgen kann und z.B. verwahrlost. Es genügt ein formloses Schreiben an das zuständige Betreuungsgericht (beim Amtsgericht), in dem die Situation des Betroffenen geschildert und vermerkt wird, dass eine Betreuung eingerichtet werden sollte. Hilfreich sind Angaben, für welche Aufgabenbereiche der Betroffene Unterstützung und gesetzliche Vertretung benötigt, z.B. Wohnungsangelegenheiten, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsangelegenheiten, Heimangelegenheiten.
Das Betreuungsgericht kann auch einen Antrag zur Anregung einer Betreuung zusenden.
Das Betreuungsgericht wird dann im Rahmen seiner Amtserhebungspflicht tätig.
Es prüft zuerst, ob und in welchen Bereichen der Betroffene seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Dazu schickt das Gericht in der Regel zunächst einen Betreuer einer Betreuungsstelle zum Betroffenen nach Hause. Der Betreuer nimmt die Situation vor Ort in Augenschein und erstellt ein sog. Sozialgutachten.
Als Nächstes besucht ein Richter den Betroffenen vor Ort oder lädt ihn zu einem Gespräch ins Gericht ein. Das Betreuungsgericht ist immer verpflichtet, den Betroffenen persönlich anzuhören.
Eventuell ordnet das Betreuungsgericht in einem dritten Schritt ein Sachverständigengutachten über die Hilfebedürftigkeit des Betroffenen an.
Ein Richter am Betreuungsgericht entscheidet, ob dem Betroffenen für bestimmte Bereiche ein gesetzlicher Betreuer zur Seite gestellt wird.
Falls eine Betreuungsverfügung erstellt wurde, muss der Richter diese bei der Bestimmung des Betreuers möglichst berücksichtigen. Jeder Mensch kann also in einer Betreuungsverfügung vorsorglich regeln, wer Betreuer werden soll und wie dieser die Betreuung wahrnehmen soll.
Wenn keine Betreuungsverfügung vorliegt, wählt das Betreuungsgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen von Amts wegen eine geeignete Person aus. Wenn das Gericht im Verwandten- und Bekanntenkreis niemanden findet, der diese Aufgabe ehrenamtlich übernehmen kann und will, sucht es einen berufsmäßigen Betreuer (Berufsbetreuer, Vereinsbetreuer, Behördenbetreuer). Wenn es keine geeignete natürliche Person findet, kann es eine juristische Person (Betreuungsverein, Betreuungsbehörde) als Betreuer bestellen.
Die Betreuung kann auch mehreren Betreuern übertragen werden, wenn
Die Bestellung mehrerer Berufsbetreuer ist nicht möglich.
Der Bundesgerichtshof entschied am 8.11.17 (XII ZB 90/17), dass jemand nur zum Betreuer geeignet ist, wenn er das Amt zum Wohl des Betroffen führen wird. Kriterien dafür sind u.a.:
Allgemeine (pauschale) Annahmen, ob eine Person eine Betreuung ordnungsgemäß durchführt, sind nicht mehr zulässig. Auch ein Spezialwissen oder andere besondere Fachkenntnisse des Betreuers sind grundsätzlich nicht erforderlich. Eine individuelle Einschätzung erfolgt aus den Aufgaben des konkreten Betreuungsfalls.
Eine Betreuung ist nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut durch einen Bevollmächtigten (siehe Vorsorgevollmacht) oder durch andere Hilfen, bei denen kein gesetzlicher Vertreter bestellt werden muss, besorgt werden können, z.B. Hilfe durch Familienangehörige, Bekannte, Nachbarn, soziale Dienste.
Ein Beistand handelt neben dem Beteiligten ohne gesonderte Vollmacht. Ein Beteiligter kann z.B. zu Verhandlungen und Besprechungen vor Behörden mit einem Beistand erscheinen. Das vom Beistand Vorgetragene gilt allerdings als vom Beteiligten vorgebracht, wenn dieser nicht unverzüglich widerspricht.
Kann der Betroffene noch einen "freien Willen", d.h. einen von Krankheit unbeeinflussten Willen bilden, darf eine Betreuung nicht gegen seinen Willen angeordnet werden. Dies gilt auch dann, wenn die Betreuung objektiv für den Betroffenen von Vorteil wäre (BGH FamRZ 2012, 869). Eine Zwangsbetreuung ist nur bei Geschäftsunfähigkeit möglich. Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem Zustand krankhafter und dauerhaft gestörter Geistestätigkeit befindet, der die freie Willensbildung ausschließt (§ 104 BGB). Ob der Wille noch "frei" ist, wird in der Regel von einem Sachverständigen festgestellt.
Bei einer Betreuung bleibt die Geschäftsfähigkeit des Betreuten (im Gegensatz zur früheren Entmündigung) in der Regel erhalten. Wenn es aber zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist, kann das Betreuungsgericht anordnen, dass Erklärungen des Betreuten der Einwilligung des Betreuers bedürfen, um rechtswirksam zu werden. Es gibt jedoch 4 Ausnahmen, die nicht mit einem Einwilligungsvorbehalt versehen werden können (§1903 BGB):
Die Bestellung eines Betreuers führt zu einer Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Betreuten. Der Betreuer kann, wenn es zum Wohl der Betreuten erforderlich ist, Maßnahmen gegen den Willen des Betreuten einleiten, wenn diese zum Aufgabenkreis des Betreuers gehören.
Bei weitreichenden Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte des Betreuten muss der Betreuer allerdings die Zustimmung des Betreuungsgerichts einholen, dies gilt z.B. bei:
Zustimmungspflichtig sind außerdem Rechtsgeschäfte wie Handlungen in Verbindung mit Erbausschlagungen, Arbeits- und Lebensversicherungsverträge sowie die Kreditaufnahme oder Überziehung eines Girokontos.
Bei einer Betreuung entstehen folgende Kosten:
Gerichtsgebühren
(§ 23 Nr. 1, § 8 GNotKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 11101 KV GNotKG)
Kosten entstehen im Rahmen der Betreuung z.B. in Form von gerichtlichen Gebühren und als Auslagen; Letztere insbesondere für das Sachverständigengutachten über die Ermittlung der Notwendigkeit, den Umfang und die voraussichtliche Dauer der Betreuung. Diese Kosten muss der Betreute nur tragen, wenn sein Vermögen nach Abzug der Verbindlichkeiten mehr als 25.000 € beträgt.
Eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus, das der Betreute allein oder mit Angehörigen bewohnt, bleibt unberücksichtigt und wird nicht zum Vermögen gerechnet.
Bei einem Reinvermögen über 25.000 € wird für eine dauerhafte Betreuung eine Jahresgebühr fällig: Sie beträgt pro Jahr der Betreuung 10 € für jede angefangenen 5.000 €, die über dem Vermögen von 25.000 € liegen, mindestens jedoch 200 €.
Gebühren für Berufsbetreuer
(§ 4 ff. VBVG)
Berufsbetreuer erhalten verschiedene Pauschalen. Die Höhe der Pauschale ist zum einen abhängig von den Kenntnissen des Betreuers (ohne besondere Kenntnisse, abgeschlossene Ausbildung oder Studium), zum anderen von den Umständen der Betreuung:
Ist der zu Betreuende mittellos, kommt unter gewissen Voraussetzungen der Staat für die Kosten des Berufsbetreuers auf. Hierfür muss die Mittellosigkeit vom Betreuungsgericht festgestellt werden. Der zu Betreuende ist verpflichtet Auskünfte über sein Einkommen und Vermögen zu erteilen (§§ 1836c, 1836d BGB). Der Antrag zur Kostenübernahme wird vom Betreuungsgericht weiter geleitet. Ändert sich die Vermögenssituation, kann der Staat unter gewissen Voraussetzungen Regressansprüche geltend machen.
Beispielhafte Pauschalen für einen Berufsbetreuer mit abgeschlossener Ausbildung:
Dauer der Betreuung | Aufenthalt | Vermögensstatus | Höhe der monatlichen Pauschale |
0-3 Monate | Stationäre Einrichtung/gleichgestellte ambulant betreute Wohnform |
mittellos nicht mittellos |
241 € 249 € |
0-3 Monate | Andere Wohnform |
mittellos nicht mittellos |
258 € 370 € |
... | |||
Ab dem 25. Monat | Stationäre Einrichtung/gleichgestellte ambulant betreute Wohnform |
mittellos nicht mittellos |
78 € 96 € |
Ab dem 25. Monat | Andere Wohnform |
mittellos nicht mittellos |
130 € 161 € |
Eine Übersicht mit allen Pauschalen sortiert nach den oben genannten Kriterien kann in der Anlage des Betreuervergütungsgesetzes unter www.gesetze-im-internet.de/vbvg eingesehen werden.
Ehrenamtlicher Betreuer
(§ 1908 i BGB i.V.m. § 1835 ff. BGB)
Zuständig für Betreuungsangelegenheiten ist das Betreuungsgericht beim örtlich zuständigen Amtsgericht. Information, Beratung und Aufklärung gibt es bei
Gesetzesquellen: §§ 1896 ff., §§ 1835 ff. BGB