Die Eingliederungshilfe umfasst verschiedene Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung von Menschen mit Behinderungen. Eingliederungshilfe-Leistungen müssen beantragt werden, außer der Bedarf wird im sog. Gesamtplanverfahren festgestellt.
Näheres zu Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen.
Wichtig: Durch das Bundesteilhabegesetz wird die Eingliederungshilfe deutlich umstrukturiert und verändert. Zum 1.1.2020 wurde die Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe herausgelöst und ins SGB IX als Teil 2 übernommen. Zum 1.1.2023 werden dann die Voraussetzungen für die Eingliederungshilfe neu geregelt, d.h. der leistungsberechtigte Personenkreis wird neu definiert.
Anspruch auf Eingliederungshilfe besteht nur nachrangig, d.h. die Hilfe wird nur gewährt, wenn kein vorrangig verpflichteter Träger (z.B. Rentenversicherung, Krankenversicherung) Hilfe leistet.
Anspruch haben Personen mit nicht nur vorübergehender (d.h. länger als 6 Monate andauernder)
Einen Rechtsanspruch haben auch Personen, die von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind (nach allgemeiner ärztlicher und sonstiger fachlicher Erkenntnis). In allen anderen Fällen steht die Eingliederungshilfe im Ermessen des zuständigen Eingliederungshilfe-Trägers (siehe unten).
Die Eingliederungsmaßnahme muss so lange gewährt werden, bis die Ziele der Eingliederungshilfe erfüllt sind bzw. die Aussicht besteht, dass die Ziele erfüllt werden können. Hier sind die Stellungnahmen der Ärzte, Einrichtungen und sonstigen sachverständigen Personen, die auch am Gesamtplan (siehe unten) beteiligt sind, wichtig.
Der individuelle Bedarf eines Menschen mit Behinderung meint im Eingliederungshilferecht alles, was der Betroffene braucht, um gleichberechtigt am Leben in der Gemeinschaft teilhaben zu können. Die Ermittlung dieses Bedarfs soll sich an der "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren. Die ICF soll eine einheitliche Erfassung der körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen einer Krankheit oder Behinderung gewährleisten. Das Projekt REHADAT des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V. bietet unter www.rehadat-icf.de einen ICF-Lotsen, der über die einzelnen Komponenten (z.B. Sinnesfunktionen, bewegungsbezogene Funktionen) informiert.
Um den Teilhabeprozess zu steuern, zu dokumentieren und dessen Wirkung kontrollieren zu können, erstellt der Eingliederungshilfe-Träger einen Gesamtplan. Beteiligt werden der Mensch mit Behinderung, ggf. eine Person seines Vertrauens und sonstige Beteiligte, z.B. der behandelnde Arzt oder die Agentur für Arbeit.
Der Gesamtplan ist die Grundlage für die Bewilligung von Eingliederungshilfe-Leistungen. In ihm werden insbesondere folgende Informationen schriftlich festgehalten:
Näheres auch unter Teilhabeplanverfahren.
Maßnahmen der Eingliederungshilfe können als Sach-, Geld- oder Dienstleistung erbracht werden. Einen Kostenbeitrag zu den Leistungen der Eingliederungshilfe müssen Menschen mit Behinderungen erst ab einer bestimmten Einkommens- bzw. Vermögensgrenze zahlen. Näheres unter Eingliederungshilfe > Einkommen und Vermögen.
Zu den Leistungsgruppen der Eingliederungshilfe gehören:
(§ 109 i.V.m. §§ 42 ff. und § 64 SGB IX)
Näheres unter Medizinische Rehabilitation.
(§ 111 i.V.m. §§ 58, 60–62 SGB IX)
Näheres unter Leistungen zur Beschäftigung.
(§ 113 i.V.m. §§ 77–84 SGB IX)
Näheres unter Soziale Rehabilitation.
(§ 112 SGB IX)
Näheres unter Teilhabe an Bildung.
Bei der Abgrenzung der Eingliederungshilfe zu ambulanten Leistungen der Pflegeversicherung kommt es auf die Zielsetzung und den Bedarf an. Kann der Bedarf bereits durch ambulante Leistungen der Pflegeversicherung gedeckt werden, wird Eingliederungshilfe nicht mehr zusätzlich erbracht. Bei Überschneidungen gilt Folgendes: Ist das Ziel der Maßnahme eine eigenständige Lebensführung ist der Träger der Eingliederungshilfe zuständig, ansonsten die Pflegeversicherung. Sollte der Bedarf des Menschen mit Behinderung durch Leistungen der Pflegeversicherung nicht vollständig gedeckt werden können, sind zusätzliche Leistungen der Eingliederungshilfe bzw. der „Hilfe zur Pflege“ möglich.
Leben Menschen mit Behinderungen in Wohnheimen für Menschen mit Behinderungen (Räumlichkeiten nach § 71 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI), zahlt die Pflegeversicherung zur Abgeltung der pflegebedingten Aufwendungen einen Pauschalbetrag von max. 266 € monatlich (§ 43a SGB XI).
Bei der Hilfe zur Pflege findet das sog. Lebenslagenmodell Anwendung. Hat ein Mensch von Geburt an oder bis zur Regelaltersgrenze eine Behinderung oder ist pflegebedürftig, bekommt er Eingliederungshilfe, so lange die Ziele der Eingliederungshilfe erreicht werden können. Dies umfasst auch die Hilfe zur Pflege. Für die Betroffenen ist vor allem von Bedeutung, dass für sie dann die Einkommens- und Vermögensgrenzen der Eingliederungshilfe gelten. Treten Pflegebedürftigkeit oder Behinderungen erst nach Erreichen der Regelaltersgrenze ein, wird Hilfe zur Pflege nach den Einkommens- und Vermögensgrenzen der Sozialhilfe geleistet.
Durch das Bundesteilhabegesetz wurden zum 1.1.2020 die Fachleistungen (Leistungen zur Teilhabe der Eingliederungshilfe) von den existenzsichernden Leistungen (Leistungen zum Lebensunterhalt und Wohnen der Sozialhilfe) getrennt. Fachleistungen sind alle Maßnahmen der Eingliederungshilfe, siehe oben. Existenzsichernde Leistungen umfassen den notwendigen Lebensunterhalt.
Die Trennung der Leistungen und dadurch die Übernahme der Kosten durch unterschiedliche Kostenträger spielt insbesondere bei den Kosten der Unterkunft in besonderen Wohnformen eine Rolle. Besondere Wohnformen sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe, die ausschließlich Menschen mit Behinderungen betreuen. In diesen Wohnformen gibt es persönlich genutzte Wohnflächen wie z.B. Wohn-, Schlaf- oder Badezimmer, aber auch Fachleistungsflächen für die Erbringung der Eingliederungshilfe-Leistungen wie z.B. Therapieräume oder Bewegungsbäder. Zudem gibt es sog. Mischflächen, die sowohl den Wohnflächen als auch den Fachleistungsflächen zugeordnet werden können, z.B. Eingangsbereiche, Hauswirtschaftsräume. Die Kosten für die Wohnflächen und den anteilig ermittelten Mischflächen übernehmen die Sozialhilfe-Träger, die Kosten für die Fachleistungsflächen und den hier anteilig ermittelten Mischflächen die Eingliederungshilfe-Träger.
Die Trennung der Fach- und existenzsichernden Leistungen gilt nicht für minderjährige Leistungsberechtigte sowie für Volljährige, die zu einer schulischen oder beruflichen Bildung in einer Einrichtung über Tag und Nacht (z.B. Internat) betreut werden. Zudem gibt es eine Übergangsregelung für reine Wohn- und Betreuungsangebote. Auch hier gibt es keine Trennung der Fach- und existenzsichernden Leistungen für Leistungsberechtigte, die nach ihrem 18. Lebensjahr noch für einen kurzen Zeitraum (in der Regel längstens bis zum 21. Geburtstag) in ihrer bisherigen Einrichtung über Tag und Nacht bleiben.
Des Weiteren kann es vorkommen, dass für Menschen mit erheblichen Behinderungen die Übernahme der normalen Unterkunftskosten nicht ausreichen. Übersteigen die Kosten der Unterkunft 25 % der sog. Angemessenheitsgrenze, werden die darüber hinausgehenden Kosten unter bestimmten Voraussetzungen vom Träger der Eingliederungshilfe als Leistung zur Sozialen Teilhabe getragen.
Die Träger der Eingliederungshilfe sind je nach Bundesland unterschiedlich, meist sind es Städte und Landkreise. Jedes Bundesland bestimmt die zuständigen Träger selbst und konkretisiert die Regelungen des Bundesteilhabegesetzes in eigenen Landesgesetzen. Über die einzelnen Gesetze und die zuständigen Träger informiert das Projekt Umsetzungsbegleitung Bundesteilhabegesetz unter https://umsetzungsbegleitung-bthg.de > Gesetz > Umsetzungsstand in den Ländern.
Die Träger der Eingliederungshilfe beraten zu den Eingliederungshilfe-Leistungen und unterstützen Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen.
Die Beratung umfasst z.B. die persönliche Situation, den Bedarf und die eigenen Kräfte und Mittel. Es wird aufgezeigt, welche Eingliederungshilfe-Leistungen es gibt und ob den Leistungsberechtigten evtl. auch Leistungen von anderen Leistungsträgern zustehen.
Die Unterstützung umfasst z.B. Hilfe bei der Antragstellung, bei der Erfüllung der Mitwirkungspflichten und der Entscheidung über Leistungserbringer.
Unabhängig von Leistungsträgern und nur den Menschen mit Behinderungen verpflichtet ist die sog. unabhängige Teilhabeberatung.
Menschen, die einen Anspruch auf Eingliederungshilfe haben, können Leistungen auch als Persönliches Budget beantragen. Dies bedeutet, dass sie einen Geldbetrag oder Gutschein bekommen, mit dem sie die notwendigen Leistungen selbst organisieren und bezahlen (§ 105 Abs. 4 i.V.m. § 29 SGB IX).
Individuelle Auskünfte erteilt der Eingliederungshilfe-Träger. Das Bürgertelefon des Bundesministerium für Arbeit und Soziales berät unter 030 221911-006 rund um das Thema Behinderung, Mo–Do, 8–20 Uhr. Beratung zu allen Leistungen der Eingliederungshilfe übernimmt auch die unabhängige Teilhabeberatung.
Ergänzende Leistungen zur Reha
Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche
Werkstätten für behinderte Menschen WfbM und andere Leistungsanbieter
Gesetzesquellen: §§ 90 ff. SGB IX