"Hilfe zum Lebensunterhalt" ist eine Leistung der Sozialhilfe. Sie ist eine Art "Auffangleistung" für alle Fälle, für die es sonst keine Hilfen gibt. Ihre Aufgabe ist es, Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, wenn ihr Einkommen und Vermögen dafür nicht ausreicht und sie sich weder selbst helfen können, noch von anderen (z.B. von Angehörigen oder über andere Sozialleistungen) die nötige Hilfe bekommen. Das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist ein einklagbarer Rechtsanspruch.
Die "Hilfe zum Lebensunterhalt", kurz: HLU, gehört zur Sozialhilfe und stellt sicher, dass Hilfebedürftige die Mittel erhalten, die sie mindestens brauchen, um menschenwürdig leben zu können. Die Hilfe erhält, wer den Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln bestreiten kann. Die Unterstützung durch andere Menschen oder andere Sozialleistungen ist in der Regel vorrangig.
Voraussetzungen:
Die Hilfe zum Lebensunterhalt wird in der Regel beim Sozialamt beantragt. Sie muss aber auch ohne Antrag gewährt werden, wenn der Träger der Sozialhilfe (z.B. Landkreis oder kreisfreie Stadt) oder die von ihm beauftragten Stellen erfahren, dass ein Mensch hilfebedürftig ist. Das ist so geregelt, weil viele Menschen, die Hilfe zum Lebensunterhalt brauchen, nicht in der Lage sind, einen Antrag zu stellen.
In der Praxis bedeutet das, dass die Leistungen oft auch dann eingeklagt werden können, wenn sie nicht beantragt wurden. Stellt z.B. ein Sozialarbeiter fest, dass das Sozialamt nicht geleistet hat, obwohl dem Amt bekannt war, dass die Voraussetzungen für die Hilfe bestehen, so kann er dabei helfen, den Anspruch durchzusetzen, z.B. durch Kontaktaufnahme mit dem Sozialamt und nötigenfalls Vermittlung anwaltlicher Hilfe.
Auch wenn z.B. Angehörige oder Menschen aus der Nachbarschaft, aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis erfahren, dass ein Mensch auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen ist, können diese sich ans Sozialamt wenden und beim Sozialamt durchsetzen, dass die hilfebedürftige Person die nötigen Leistungen erhält.
In seltenen Fällen muss die Hilfe zum Lebensunterhalt zurückgezahlt werden (Rückzahlung der Sozialhilfe).
Die Hilfe zum Lebensunterhalt ist eine sog. nachrangige Sozialleistung, das heißt sie wird nur gewährt, wenn kein Anspruch auf andere Sozialleistungen den Bedarf decken kann. Insbesondere eine Abgrenzung zu der vorrangigen Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bürgergeld) und der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist daher wichtig.
Die Tabellen geben einen Überblick darüber, welche Leistungen in welcher Lebenssituation zustehen können:
Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende) |
Erwerbsfähig vom 15. Geburtstag bis zur Altersgrenze der Regelsaltersrente |
Teilweise Erwerbsminderung vom 15. Geburtstag bis zur Altersgrenze der Regelalterssrente |
Befristete volle Erwerbsminderung in Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einer erwerbsfähigen Person |
Unter 15 Jahren in Bedarfsgemeinschaft mit mindestens einer erwerbsfähigen Person |
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung |
Unbefristete volle Erwerbsminderung
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Über der Altersgrenze der Regelsaltersrente
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Hilfe zum Lebensunterhalt |
Unter 15 Jahren außerhalb einer Bedarfsgemeinschaft |
Befristete volle Erwerbsminderung außerhalb einer Bedarfsgemeinschaft |
Stationärer Aufenthalt länger als 6 Monate ohne Erwerbsminderung |
Der notwendige Lebensunterhalt wird über die sog. Regelsätze abgegolten und umfasst z.B. Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie und persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens. Näheres unter Regelsätze.
Darüber hinaus sieht die Hilfe zum Lebensunterhalt spezielle Leistungen vor, die nicht im Regelsatz enthalten sind, wie:
(§§ 28 ff. SGB XII)
Die tatsächlich zu leistende Hilfe zum Lebensunterhalt errechnet sich aus:
Was zum Einkommen (§§ 82 ff. SGB XII) zählt und wie hoch die Einkommensgrenzen sind, steht unter Sozialhilfe > Einkommen, entsprechende Infos zum Vermögen (§ 90, 91 SGB XII) unter Sozialhilfe > Vermögen.
Die Differenz wird als Hilfe zum Lebensunterhalt ausgezahlt. Sind Einkommen und Vermögen höher als der Bedarf, besteht kein Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt.
Im 1. Jahr des Leistungsbezugs gilt eine Karenzzeit, in der die Kosten der Unterkunft auch übernommen werden, wenn sie nicht angemessen sind. Heizkosten werden in der Karenzzeit übernommen, wenn sie für die tatsächliche Größe des Wohnraums angemessen sind. Danach werden nur angemessene Kosten der Unterkunft übernommen. Näheres unter Kosten der Unterkunft > Angemessenheit.
Bei Unterbrechungen des Bezugs von Hilfe zum Lebensunterhalt wird auch die Karenzzeit unterbrochen. Die übrigen Monate der Karenzzeit laufen nach der Unterbrechung des Leistungsbezugs weiter. Eine Karenzzeit bei anderen Leistungen der Sozialhilfe und beim Bürgergeld wird aber angerechnet. Wer aber mindestens 3 Jahre lang weder Sozialhilfe noch Bürgergeld erhalten hat, bekommt danach wieder eine neue 1-jährige Karenzzeit.
Fallbeispiel: Herr Meier hat schon 3 Monate lang von Hilfe zum Lebensunterhalt gelebt. Danach brauchte er zunächst keine Sozialleistungen mehr. Nach 2 Jahren muss er erneut Hilfe zum Lebensunterhalt beantragen. Er hat nun noch eine Karenzzeit von 9 Monaten. Wären es 3 Jahre gewesen, hätte Herr Maier wieder eine neue Karenzzeit von einem ganzen Jahr bekommen.
Die Leistungen können um bis zu 30 % des Regelsatzes der Regelbedarfsstufe 1 (Näheres unter Regelsätze) gekürzt werden, also 2023 höchstens um 150,60 €:
Das Sozialamt kann die Hilfe zum Lebensunterhalt ganz oder teilweise versagen, wenn die hilfebedürftige Person Belege wie z.B. Kontoauszüge, Mietvertrag oder ärztliche Bescheinigungen nicht oder nicht rechtzeitig einreicht. Das gleiche gilt, wenn sie eine ärztliche oder psychologische Untersuchung zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit verweigert. Das Sozialamt kann dabei kann nicht nur den Regelsatz versagen, sondern alle Leistungen z.B. auch das Geld für die Wohnung (Näheres unter Kosten der Unterkunft) und die Krankenversicherung.
Die Leistungen werden dann erst gezahlt, wenn die notwendigen Belege eingereicht oder Untersuchungen nachgeholt wurden.
Die Mitwirkungspflichten haben aber Grenzen:
Ob das Sozialamt bei fehlender Mitwirkung die Leistungen nicht, teilweise oder komplett versagt, ist eine Ermessensentscheidung. Näheres unter Rechtsanspruch und Ermessen. Bei der Entscheidung muss das Sozialamt alle wichtigen Umstände berücksichtigen, auch das Recht eines jeden Menschen auf das menschenwürdige Existenzminimum: Jeder Mensch muss die Möglichkeit haben, in Würde leben zu können.
Das Sozialamt kann von Hilfebedürftigen verlangen, dass sie ihnen zustehende Unterhaltsansprüche (Näheres unter Unterhalt > Überblick) geltend machen. Tun die Hilfebedürftigen das nicht, kann es einen sog. Unterhaltsrückgriff vornehmen. Das bedeutet, dass es sich den Unterhalt in Höhe der Sozialhilfe direkt von den Unterhaltspflichtigen holt. Dabei gibt es folgende Ausnahmen:
Unterhaltsansprüche von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern untereinander und Scheidungsunterhalt werden bei der Sozialhilfe immer berücksichtigt. Auch andere Unterhaltsansprüche werden immer berücksichtigt, z.B. der Unterhaltsanspruch eines Elternteils mit einem unehelichen Kind gegen den andern Elternteil. Die Grenze von 100.000 € gilt dabei nicht.
Bei der Sozialhilfe kann allerdings auch das Einkommen und Vermögen von Menschen angerechnet werden, die nicht unterhaltspflichtig sind, oder bei denen das Sozialamt keinen Unterhaltsrückgriff machen darf, nämlich bei einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft oder in einer sog. Haushaltsgemeinschaft. Dabei geht das Sozialamt nämlich davon aus, dass diese Menschen die hilfebedürftige Person tatsächlich unterstützen, auch wenn sie rechtlich nicht dazu verpflichtet sind.
Näheres unter Unterhaltspflicht > Sozialhilfe und Bürgergeld.
Individuelle Auskünfte erteilt das Sozialamt.
Sozialhilfe > Kosten der Unterkunft KdU
Sozialhilfe und Bürgergeld > Einmalige Leistungen
Rechtsgrundlagen: §§ 27 ff. SGB XII