Das Wichtigste in Kürze
Erwerbsminderung ist eine allgemeine Einschränkung der Leistungsfähigkeit, bei der nur eine zeitlich eingeschränkte Erwerbstätigkeit möglich ist. Bei Menschen, die weniger als 3 Stunden pro Tag arbeiten können, liegt eine volle Erwerbsminderung vor. Können sie mindestens 3 aber unter 6 Stunden arbeiten, spricht man von teilweiser Erwerbsminderung.
Davon zu unterscheiden sind
- die Arbeitsunfähigkeit, bei der eine bestimmte Tätigkeit nicht ausgeführt werden kann, und
- die Berufsunfähigkeit, bei der aus gesundheitlichen Gründen ein bestimmter Beruf oder eine zumutbare Verweisungstätigkeit nicht mehr möglich sind.
Verschiedene Leistungen, z.B. eine Rente wegen Erwerbsminderung, Grundsicherung bei Erwerbsminderung oder Bürgergeld, können den Lebensunterhalt bei Erwerbsminderung sichern.
Was ist Erwerbsminderung?
Erwerbsminderung ist eine allgemeine Einschränkung der Leistungsfähigkeit, die dazu führt, dass ein Mensch unter den üblichen Bedingungen des sog. allgemeinen Arbeitsmarkts nur noch zeitlich eingeschränkt erwerbstätig sein kann. Sie liegt nur vor, wenn diese Einschränkung voraussichtlich mindestens 6 Monate andauern wird.
Zeitliche Einschränkung
Eine volle Erwerbsminderung liegt bei einer Erwerbsfähigkeit von unter 3 Stunden vor. Bei mindestens 3 aber nicht mehr als 6 Stunden ist es eine teilweise Erwerbsminderung.
Allgemeine Einschränkung
Erwerbsminderung bezieht sich immer auf alle möglichen Erwerbstätigkeiten, die es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt. Nur wenn auch eine körperlich und geistig leichte Arbeit nicht oder nur noch zeitlich deutlich eingeschränkt möglich ist, ist es eine Erwerbsminderung.
Übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts
Erwerbsgemindert ist auch, wer zwar noch über 6 Stunden arbeiten kann, aber nur unter Bedingungen, die es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht gibt, z.B. wenn alle 30 Minuten 10 Minuten Pause nötig wären. Der allgemeine Arbeitsmarkt umfasst alle Arbeitsplätze ohne staatliche Förderung. Der besondere Arbeitsmarkt besteht aus Stellen, die nur durch öffentliche Fördermittel möglich sind, zum Beispiel in Werkstätten für behinderte Menschen oder in Inklusionsbetrieben.
Erwerbsunfähigkeit oder Erwerbsminderung?
Der Begriff Erwerbsunfähigkeit ist veraltet. Er kommt im heutigen Sozialrecht in Deutschland nicht mehr vor, sondern wurde komplett durch den Begriff Erwerbsminderung ersetzt und wird nur noch umgangssprachlich verwendet. Das deutsche Sozialrecht geht heute davon aus, dass die allermeisten Menschen nicht komplett unfähig sind, zu arbeiten, sondern lediglich kürzer oder nur auf dem besonderen Arbeitsmarkt arbeiten können.
Was sind Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit?
Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähigkeit bezieht sich auf eine bestimmte Tätigkeit, die nicht ausgeführt werden kann.
Sie liegt im Normalfall vor, wenn entweder eine Krankheit dazu führt, dass die derzeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausgeführt werden kann, oder wenn die Arbeitsunfähigkeit wegen eines Krankheitszustands bei einem Weiterarbeiten absehbar ist.
Eine andere Arbeit kann durchaus noch möglich sein, z.B. wenn ein Erzieher wegen Mobbing am Arbeitsplatz depressiv geworden ist und dorthin nicht zurück kann, aber z.B. Kletterkurse für Kinder geben kann. Die damit verbundene Bewegung kann sogar dazu beitragen, die Depression zu verringern.
Näheres unter Arbeitsunfähigkeit.
Arbeitslose Menschen haben keine „derzeit ausgeübte Tätigkeit“, bzw. ihre Tätigkeit ist die Arbeitssuche. Für sie gelten deshalb besondere Regeln. Näheres unter Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit.
Wer arbeitsunfähig ist, kann 6 Wochen Lohnfortzahlung bekommen, Näheres unter Entgeltfortzahlung. Danach kann Krankengeld für höchstens weitere 72 Wochen den Lebensunterhalt sichern.
Berufsunfähigkeit
Berufsunfähigkeit ist unterschiedlich definiert:
- Bei der gesetzlichen Rentenversicherung bedeutet Berufsunfähigkeit, dass ein Mensch nicht mehr nur am bisherigen Arbeitsplatz, sondern insgesamt weder in seinem bisherigen Beruf noch in einer zumutbaren Verweisungstätigkeit (Näheres unter Erwerbsminderungsrente) arbeiten kann. Im Unterschied zu einer Erwerbsminderung ist aber die Arbeit in einer nicht zumutbaren Verweisungstätigkeit noch möglich.
Beispiel: Ein Ingenieur ist nach einem Schädel-Hirntrauma den hohen geistigen Anforderungen seiner bisherigen Tätigkeit nicht mehr gewachsen ist und kann nur noch als Hilfskraft arbeiten. Er ist berufsunfähig, weil Tätigkeiten als Hilfskraft für ihn keine zumutbare Verweisungstätigkeit sind. - Bei privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen gelten ganz verschiedene Definitionen, die bei der jeweiligen privaten Versicherung vor Vertragsabschluss erfragt werden sollten, um hinterher keine Enttäuschung zu erleben.
Bei Berufsunfähigkeit gab es früher eine gesetzliche Rente. Heute ist es in der Regel nur noch möglich, sich über eine private Versicherung gegen Berufsunfähigkeit abzusichern. Nur wer vor dem 2.1.1961 geboren wurde kann noch eine teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit bekommen, Näheres unter Erwerbsminderungsrente.
Finanzielle Leistungen bei Erwerbsminderung
Rente wegen Erwerbsminderung
Wer eine Erwerbsminderung hat und lange genug in die Rentenversicherung eingezahlt hat, kann eine Erwerbsminderungsrente beziehen. Es gibt eine Rente bei voller Erwerbsminderung und eine Rente bei teilweiser Erwerbsminderung. Näheres unter Erwerbsminderungsrente.
Einige Menschen arbeiten in Teilzeit oder in Minijobs neben der Rente wegen Erwerbsminderung oder sogar in Vollzeit, aber nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, sondern z.B. in einer Werkstatt für behinderte Menschen.
Grundsicherung bei Erwerbsminderung
Wurde eine dauerhafte volle Erwerbsminderung festgestellt, aber keine oder eine zu niedrige Rente bewilligt, kann die Grundsicherung bei Erwerbsminderung die Rente aufstocken oder ganz ersetzen. Näheres unter Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Dauerhaft ist eine volle Erwerbsminderung dann, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann oder wieder vorübergeht.
Wer Grundsicherung bei Erwerbsminderung bezieht, kann daneben arbeiten wie neben einer Rente wegen Erwerbsminderung. Viele Beschäftigte außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarkts, z.B. in Werkstätten für behinderte Menschen, beziehen Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Das Einkommen wird aber bis auf bestimmte Freibeträge auf die Grundsicherung angerechnet, Näheres unter Sozialhilfe > Einkommen.
Grundsicherung bei Erwerbsminderung ist steuerfinanziert, das heißt: Wer sie bezieht, muss dafür in keine Versicherung eingezahlt haben.
Bürgergeld – Grundsicherung für Arbeitsuchende
Wurde eine teilweise Erwerbsminderung festgestellt, aber keine oder eine zu niedrige Rente bewilligt, kann die Grundsicherung für Arbeitsuchende die Rente aufstocken oder ersetzen. Die Betroffenen bekommen sog. Leistungen nach dem SGB II, das heißt Hilfen zur Eingliederung in Arbeit und Bürgergeld. Das gilt auch für Berufstätige, die trotz Arbeit und Rente ihren Lebensunterhalt nicht sichern können. Der Bezug von Bürgergeld setzt keine Arbeitslosigkeit voraus; ca. 60 % derer, die Bürgergeld bekommen, sind nicht arbeitslos.
Bürgergeld können auch Menschen mit nur befristet anerkannter voller Erwerbsminderung beziehen, aber nur, wenn sie zu einer sog. Bedarfsgemeinschaft mit einer erwerbsfähigen Person gehören.
Auch Grundsicherung für Arbeitsuchende ist steuerfinanziert.
Hilfe zum Lebensunterhalt
Wer eine nur befristet anerkannte volle Erwerbsminderung hat und nicht zu einer Bedarfsgemeinschaft gehört, kann mit Hilfe zum Lebensunterhalt eine zu niedrige Rente aufstocken oder die fehlende Rente ersetzen. Hilfe zum Lebensunterhalt wird aus Steuergeldern bezahlt. Näheres unter Hilfe zum Lebensunterhalt.
Arbeitslosengeld
Wer ausreichend lange in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat und noch einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, kann unter folgenden Umständen trotz Erwerbsminderung Arbeitslosengeld beziehen:
- Arbeitslosigkeit bei teilweiser Erwerbsminderung
- volle Erwerbsminderung, die aber von der Rentenversicherung (noch) nicht festgestellt wurde. Näheres unter Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit.
Wer hilft weiter?
- Der Rentenversicherungsträger
- Das Jobcenter
- Das Sozialamt
- Die unabhängige Teilhabeberatung für Menschen mit Behinderungen und deren Angehörige
Verwandte Links
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit
Arbeitslosengeld > Nahtlosigkeit