Die Erwerbsminderungsrente (umgangssprachlich oft noch wie früher Erwerbsunfähigkeitsrente oder EU-Rente genannt) soll dabei helfen, den Lebensunterhalt zu sichern. Wer weniger als 3 Stunden täglich arbeiten kann, erhält die Rente wegen voller Erwerbsminderung. Wer mindestens 3 Stunden, aber nicht mehr als 6 Stunden, arbeiten kann, bekommt eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Eine Berufsunfähigkeit genügt in den meisten Fällen nicht für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente, vielmehr muss die Fähigkeit, irgendeine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, eingeschränkt sein. Die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet, kann jedoch verlängert werden. Erwerbsminderungsrente muss beantragt werden.
Wenn die Regelaltersgrenze für die reguläre Rente noch nicht erreicht und die Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt ist, prüft der Rentenversicherungsträger, ob die Erwerbsfähigkeit durch medizinische Reha oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha) wiederhergestellt werden kann. Sind bereits alle Reha-Maßnahmen ausgeschöpft oder geben keine Aussicht auf Besserung prüft die Rentenversicherung, ob die medizinischen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Erhalt einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderungsrente erfüllt sind.
Für eine Erwerbsminderungsrente muss die Erwerbsfähigkeit eingeschränkt sein. Es wird unterschieden zwischen teilweise und voll erwerbsgemindert:
Näheres unter Erwerbsminderung.
Eine "nicht absehbare Zeit" liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass die Leistungseinschränkungen noch mindestens 6 Monate lang vorliegen werden. Es kommt dabei auf einen Blick in die Zukunft an, nicht darauf, wie lange die Leistungseinschränkungen bisher schon bestanden haben.
Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit wird anhand ärztlicher Unterlagen geprüft, ggf. wird ein weiteres Gutachten angefordert.
Wichtig ist dabei, dass es um irgendeine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt geht. Berufsunfähigkeit allein führt nur im Ausnahmefall, siehe unten im Abschnitt zum Berufsschutz, zu einer Rente wegen Erwerbsminderung. Als Maßstab, wie lange noch eine Erwerbstätigkeit möglich ist, wird geschaut, für wie viele Stunden am Tag noch körperlich leichte und geistig einfache Tätigkeiten möglich sind.
Es kann auch eine sog. Arbeitsmarktrente gewährt werden: Die Arbeitsmarktrente ist eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, die wegen verschlossenem Arbeitsmarkt gewährt wird, obwohl ein Mensch über 3 und unter 6 Stunden in Teilzeit arbeiten könnte. Die Arbeitsmarktrente ist nicht direkt im Gesetz geregelt, sondern die Rechtsprechung der Sozialgerichte hat sie entwickelt.
Nach einer Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 1967 gilt der Arbeitsmarkt als praktisch verschlossen, wenn weder der Rentenversicherungsträger noch das zuständige Arbeitsamt (heute die Agentur für Arbeit bzw. das Jobcenter) innerhalb eines Jahres seit Stellung des Rentenantrages einen für die betroffene Person in Betracht kommenden Arbeitsplatz anbieten kann.
Grundsätzlich ist die Arbeitsmarktlage zwar nicht zu berücksichtigen, wenn ein Mensch mehr als 6 Stunden erwerbstätig sein, aber wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen keine Arbeit finden kann. Eine Erwerbsminderungsrente gibt es dann nicht.
Ausnahmsweise kann aber in bestimmten Fällen dennoch eine Rente gewährt werden:
Diese Leistungseinschränkungen heißen qualitative Einschränkungen (= Einschränkungen im Bezug auf die Art der noch möglichen Tätigkeit).
Der Rentenversicherungsträger muss in diesen Fällen eine konkrete sog. Vergleichstätigkeit nennen, die noch ausgeführt werden kann, will er die Rente wegen Erwerbsminderung ablehnen. Vergleichstätigkeit kann irgendeine denkbare Beispieltätigkeit sein, die trotz der gesundheitlichen Einschränkungen noch möglich ist. Mit der Ausbildung oder den beruflichen Erfahrungen der versicherten Person braucht sie nichts zu tun haben.
Der Rentenversicherungsträger muss im Zweifel nachweisen, dass es diese Vergleichstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tatsächlich noch gibt und dass die versicherte Person die dafür nötige Qualifikation hat oder sie innerhalb von 3 Monaten erlangen kann.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt, wer
Die Deutsche Rentenversicherung informiert über Ausnahmeregelungen im Zusammenhang mit allgemeiner Wartezeit und Zahlung von Pflichtbeiträgen unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Rente > Allgemeine Informationen zur Rente > Rentenarten & Leistungen > Erwerbsminderungsrenten. Hier finden Sie auch Informationen, was genau als Wartezeit angerechnet werden kann, z.B. Zeiten der Kindererziehung, aus einem Minijob, während der Pflege eines Angehörigen oder aus einem Versorgungsausgleich bei Scheidung.
Voll erwerbsgemindert ist auch, wer
Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren sind und in ihrem oder einem vergleichbaren Beruf nur noch weniger als 6 Stunden arbeiten können, bekommen eine teilweise Erwerbsminderungsrente, auch wenn sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 und mehr Stunden arbeiten könnten (§ 240 SGB VI).
Die Erwerbsminderungsrente muss beantragt werden.
Das Formularpaket für den Antrag kann telefonisch angefordert oder unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Rente > Allgemeine Informationen zur Rente > Rentenarten & Leistungen > Erwerbsminderungsrente heruntergeladen werden. Die Rentenversicherung bietet Beratungstermine an, um ggf. offene Fragen zu beantworten und Hilfe bei der Antragstellung zu geben.
Besteht die Erwerbsminderung aufgrund eines Arbeitsunfalls, Wegeunfalls oder einer Berufskrankheit ist die Unfallversicherung zuständig, Näheres unter Verletztenrente Unfallrente.
Die Erwerbsminderungsrente ist in der Regel befristet und wird für längstens 3 Jahre gewährt. Bei Notwendigkeit der Weiterführung der Rente ist ein neuer bzw. ein Verlängerungsantrag nötig. Um eine lückenlose Zahlung der Erwerbsminderungsrente zu gewährleisten, sollte dieser mindestens 4 Monate vor Ablauf der Befristung gestellt werden.
Eine zeitlich befristete Erwerbsminderungsrente wird frühestens ab dem 7. Monat nach Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt.
Unbefristet wird die Rente nur gewährt, wenn keine Verbesserung der Erwerbsminderung mehr absehbar ist; davon ist nach 9 Jahren auszugehen (§ 102 Abs. 2 SGB VI). Ist bereits bei Antragstellung eindeutig, dass es sich um eine unbefristete Erwerbsminderungsrente handelt, wird sie ab dem Monat nach dem Eintritt der Erwerbsminderung gezahlt. Der Rentenantrag muss innerhalb von 3 Monaten nach Beginn der Erwerbsminderung eingereicht werden.
Mit Erreichen der Altersgrenze der Regelaltersrente wird die Erwerbsminderungsrente in die Regelaltersrente umgewandelt.
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente wird individuell errechnet. Sie ist von mehreren Faktoren abhängig, z.B. Beitragszeiten, Beitragshöhe, Rentenartfaktor. Die monatliche Rentenhöhe (brutto) kann beim Rentenversicherungsträger erfragt werden. Die Höhe der vollen Erwerbsminderungsrente (brutto) kann auch der jährlichen Renteninformation entnommen werden, in der Regel sind dabei die Rentenabschläge berücksichtigt.
Auch wer in jungen Jahren eine Erwerbsminderungsrente braucht, soll eine ausreichend hohe Rente haben. Darum bekommen diese Menschen eine sog. Zurechnungszeit, das heißt sie werden so gestellt, als hätten sie länger gearbeitet.
Für jeden Bezugsmonat der Erwerbsminderungsrente, der nach dem 60./62. und vor dem 63./65.* Geburtstag liegt, gibt es einen Rentenabschlag von je 0,3 %; der Abschlag beträgt höchstens 10,8 % (§ 77 SGB VI). Diese Rentenkürzung ist dauerhaft, d.h. sie fällt mit dem Eintritt in eine Altersrente (Rente) nicht weg und führt nach dem Tod des Versicherten auch zu einer Kürzung der Hinterbliebenenrente.
*Seit 2012 steigt die Grenze für eine abschlagsfreie Rente von 63 auf 65. Es bleibt aber immer bei einem maximalen Abschlag von 10,8 %.
Vorgezogene Monate vor dem 63./65.* Geburtstag |
Dauerhafte Kürzung der Rente um |
1 Monat |
0,3 % |
2 Monate |
0,6 % |
3 Monate |
0,9 % |
4 Monate |
1,2 % |
... |
... |
33 Monate |
9,9 % |
34 Monate |
10,2 % |
35 Monate |
10,5 % |
36 Monate und mehr |
10,8 % |
Wer langjährig gearbeitet, Kinder erzogen und/oder Angehörige gepflegt hat, kann unter Umständen Anspruch auf einen Zuschlag zur eigenen Rente haben. Näheres dazu unter Grundrente.
Menschen mit einer Rente wegen Erwerbsminderung erreichen allerdings selten die lange Mindestversicherungszeit von 33–35 Jahren, die für den Bezug einer Grundrente Voraussetzung ist.
Auch selbstständig Erwerbstätige können eine Erwerbsminderungsrente beanspruchen, wenn sie die versicherungsrechtlichen und medizinischen Voraussetzungen erfüllen. Die weitere Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit auf Kosten der Gesundheit ist rentenunschädlich. Wenn das Einkommen aber die sog. Hinzuverdienstgrenzen überschreitet, wird es teilweise auf die Rente angerechnet, Näheres unter Rente > Hinzuverdienst.
Der Rentenversicherungsträger überprüft dann allerdings ggf. erneut, ob die Feststellungen zur Erwerbsminderung wirklich zutreffen.
Die volle Erwerbsminderungsrente wird ungekürzt ausgezahlt, wenn die jährliche Hinzuverdienstgrenze von 17.823,75 € (2023) nicht überschritten wird. Von einem höheren Hinzuverdienst werden 40 % auf die Rente angerechnet. Jede Erwerbstätigkeit muss dem Rentenversicherungsträger gemeldet werden. Näheres unter Rente > Hinzuverdienst.
Zu beachten ist, dass eine Arbeit von 3 oder mehr Stunden täglich den Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente gefährdet.
Bei der teilweisen Erwerbsminderungsrente gibt es eine Hinzuverdienstgrenze von mindestens 35.647,50 €. Individuell kann die Hinzuverdienstgrenze aber auch höher liegen. Die individuelle Hinzuverdienstgrenze wird beim Rentenversicherungsträger oder z.B. bei einem Rentenberater (Rentenversicherung) berechnet.
Die Energiepreispauschale beträgt 300 € und soll bis 15.12.2022 automatisch an alle ausgezahlt werden, die Erwerbsminderungsrente erhalten und ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Das gilt auch bei befristeter oder teilweiser Erwerbsminderungsrente.
Wer bis Anfang Januar 2023 die 300 € nicht auf sein Konto bekommen hat, kann die nachträgliche Auszahlung bis 30.6.2023 beantragen bei:
Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See
44781 Bochum.
Die Energiepreispauschale wird nicht als Einkommen bei anderen Sozialleistungen angerechnet und darf nicht gepfändet werden. Wer steuerpflichtig ist, muss die 300 € bei der Steuer angeben. Wer mehrere Renten parallel erhält, hat nur einmal Anspruch auf die Energiepreispauschale
Auskünfte und Beratungsstellen vor Ort vermitteln die Rentenversicherungsträger, die auch individuelle Rentenberechnungen vornehmen.
Altersrente für schwerbehinderte Menschen
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit
Rente > Kindererziehungszeiten
Rechtsgrundlagen: §§ 43, 240 SGB VI