Verletztenrente - Unfallrente

1. Das Wichtigste in Kürze

Verletztenrente zahlen Unfallversicherungsträger (z.B. Berufsgenossenschaften) für Versicherte: bei einer mindestens 20-%igen Erwerbsminderung für mindestens ein halbes Jahr wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit. Die Höhe richtet sich nach dem Gehalt vor dem Versicherungsfall und beträgt maximal 2/3 davon.

2. Voraussetzungen für Verletztenrente

Die Unfallversicherungsträger zahlen nach einem Arbeitsunfall (inklusive Wegeunfall) oder bei einer Berufskrankheit Verletztenrente. Voraussetzung dafür ist, dass hierdurch die Erwerbsfähigkeit länger als 26 Wochen um mindestens 20 % gemindert ist.

Bei folgenden Personen muss die Erwerbstätigkeit um mindestens 30 % gemindert sein:

  • Unternehmer landwirtschaftlicher Betriebe
  • in der Landwirtschaft mitbeschäftigte Ehepartner/eingetragene Lebenspartner
  • in der Landwirtschaft nicht nur vorübergehend mitbeschäftigte Familienangehörige

2.1. Minderung der Erwerbsfähigkeit weniger als 20 %

Beträgt die Minderung der Erwerbsfähigkeit weniger als 20 % (bzw. 30 %), zahlt die Unfallversicherung nur dann Verletztenrente, wenn die Erwerbsfähigkeit durch weitere Versicherungsfälle zusätzlich gemindert ist:

  • Dabei muss die Minderung der Erwerbsfähigkeit durch die Folgen eines Versicherungsfalls mindestens 10 % betragen
    und
  • sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit aus allen Versicherungsfällen zusammen von insgesamt 20 % (bzw. 30 %) ergeben.

3. Höhe der Verletztenrente

3.1. Verletztenrente als Vollrente

Bei vollständigem Verlust der Erwerbsfähigkeit (Minderung der Erwerbsfähigkeit 100 %) beträgt die Verletztenrente 2/3 des vor dem Versicherungsfall erzielten Jahresarbeitsverdiensts (siehe unten).

Die Rente ist steuerfrei. Bei einer freiwilligen Versicherung in der Kranken- und Pflegeversicherung gehört die Rente zum beitragspflichtigen Einkommen. Ansonsten werden davon keine Sozialversicherungsbeiträge abgezogen.

3.2. Verletztenrente in den ersten 2 Jahren

Die Unfallversicherung bezahlt unter folgenden 2 Voraussetzungen für bis zu 2 Jahre eine erhöhte Verletztenrente:

  • Wegen des Arbeitsunfalls/der Berufskrankheit besteht gar kein Anspruch auf Gehalt/Lohn aus einer aktuellen Arbeitnehmertätigkeit oder Einkommen aus Gewinnen von Selbstständigen oder Landwirten
  • Die Verletztenrente wäre zusammen mit dem Bürgergeld für Erwerbsfähige (Bürgergeld als Darlehen oder für Erstausstattung, Leistungen für orthopädische Schuhe und/oder therapeutische Geräte zählen nicht mit) und/oder dem Arbeitslosengeld und/oder bestimmten anderen Sozialleistungen zum Ersatz des Arbeitseinkommens (z.B. Erwerbsminderungsrente) niedriger als das Übergangsgeld.

Die Verletztenrente ist dann so hoch, dass der Gesamtbetrag aus diesen Sozialleistungen und der Verletztenrente mindestens so hoch ist wie das Übergangsgeld.

3.3. Verletztenrente als Teilrente

Bei teilweisem Verlust der Erwerbsfähigkeit bekommen die Versicherten nur den Prozentsatz der Vollrente, um den ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist.

3.3.1. Berechnungsbeispiel

Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von z.B. 20 % und einem Jahresarbeitsverdienst (siehe unten) von z.B. 66.360 € errechnet sich die Teilrente wie folgt:

66.360 € x 2/3 (= Vollrente) x 20 % = 8.848 € (jährlich) : 12 = 737,33 € (monatlich)

3.4. Höhere Verletztenrente für Schwerverletzte

Sog. Schwerverletzte (= Erwerbsfähigkeit um mindestens 50 % vermindert) bekommen eine um 10 % höhere Verletztenrente, wenn sie

  • als Folge des Unfalls oder der Berufskrankheit nicht mehr erwerbstätig sein können
    und
  • keinen Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben.

3.5. Jahresarbeitsverdienst

Der Jahresarbeitsverdienst ist der Arbeitsverdienst aus den 12 Monaten vor dem Monat des Versicherungsfalls.

3.5.1. Auffüllen bei Zeiten ohne Arbeitsverdienst

Zeiten ohne Arbeitsverdienst innerhalb dieser 12 Monate (z.B. wegen Arbeitslosigkeit oder unbezahltem Urlaub) werden mit dem durchschnittlichen Verdienst aus den Zeiten mit Verdienst innerhalb der 12 Monate aufgefüllt. Voraussetzung dafür ist mindestens 1 Tag mit Verdienst in diesen 12 Monaten. Die Berechnung erfolgt nach Kalendertagen. Gerechnet wird mit 30 Tagen pro Monat, also in 12 Monaten mit 360 Tagen.

Wochenenden und Feiertage während einer Beschäftigung werden nicht als Zeiten ohne Verdienst gerechnet, weil der Arbeitsverdienst der Arbeitstage für diese mitgedacht ist. Dafür werden auch Wochenenden und Feiertage während der Zeit ohne Arbeitsverdienst, z.B. bei Arbeitslosigkeit mit fiktivem Einkommen aufgefüllt.

Berechnungsbeispiele:

  • Herr Meyer verdient an 1 Tag innerhalb der 12 Monate vor dem Monat seines Arbeitsunfalls 80 €. An allen anderen Tagen hat er keinen Verdienst.
    • Für diese Tage wird jeweils ein fiktiver Verdienst von 80 € angesetzt.
    • Sein Jahresarbeitsverdienst ergibt sich dadurch, dass der tatsächlich erzielte Verdienst von 80 € mit den fiktiven Tagesverdiensten für 359 Tage addiert wird: 359 x 80 € + 80 € = 28.800 € Jahresarbeitsverdienst.
  • Frau Khaled ist innerhalb der 12 Monate vor ihrem Wegeunfall im Januar arbeitslos ohne Arbeitsverdienst und von Februar bis Dezember durchgehend angestellt. Sie verdient dabei pro Monat 2.010 €.
    • Die Tage mit Arbeitsverdienst berechnen sich so: 30 Tage pro Monat x 11 Monate = 330 Tage. Wochenenden und Feiertage sind einbezogen.
    • Die Tage ohne Arbeitsverdienst liegen im Januar. Dafür werden 30 Tage berechnet, inklusive der Wochenenden und Feiertage.
    • Ihr tatsächliches Einkommen betrug 2.010 € x 11 = 22.110 €.
    • Ihr Durchschnittseinkommen berechnet sich so: 22.110 €: 330 Tage = 67 € pro Tag
    • Ihr fiktives Einkommen für die Zeit der Arbeitslosigkeit beträgt 30 x 67 € = 2.010 €.
    • Ihr Jahresarbeitsverdienst wird aus der Summe des tatsächlichen und des fiktiven Einkommens wie folgt berechnet: 22.110 € + 2.010 € = 24.120 €.

3.5.2. Mindest-Jahresarbeitsverdienst

In folgenden Fällen wird ein gesetzlich geregelter Mindest-Jahresarbeitsverdienst angesetzt:

  • kein Arbeitsverdienst in den letzten 12 Monaten vor dem Monat des Versicherungsfalls (nicht einmal an einem Tag)
  • unter dem Mindest-Jahresarbeitsverdienst liegendes tatsächliches Arbeitseinkommen
  • unter dem Mindest-Jahresarbeitsverdienst liegender Jahresarbeitsverdienst auch nach dem Auffüllen von Zeiten ohne Arbeitseinkommen

Die Höhe des Mindest-Jahresarbeitsverdiensts ist abhängig von der sog. Bezugsgröße (44.940 €) und vom Alter der versicherten Person (§ 85 SGB VII):

Alter der versicherten Person

Prozentsatz der Bezugsgröße

Höhe

vor dem 6. Geburtstag

25 % 11.235 €

6. bis 15. Geburtstag

33 1/3 % 14.980 €

15. bis 18. Geburtstag

40 % 17.976 €

18. bis 25. Geburtstag

60 % 26.964 €

25. bis 30. Geburtstag

75 % 33.705 €

ab dem 30. Geburtstag

60 % 26.964 €

 

3.5.3. Höchst-Jahresarbeitsverdienst

Der Jahresarbeitsverdienst beträgt maximal 89.880 € (= 200 % der Bezugsgröße). Die Satzung des Unfallversicherungsträgers kann auch eine höhere Obergrenze festlegen.

3.5.4. Jahresarbeitsverdienst in besonderen Fällen

In manchen Fällen muss die Unfallversicherung einen höheren Mindest-Jahresarbeitsverdienst bei der Berechnung des Verletztengelds ansetzen als nach den oben genannten Regeln, z.B.

  • bei der Neuberechnung der Verletztenrente nach dem 30. Geburtstag nach Arbeitsunfällen/Berufskrankheiten vor dem 30. Geburtstag.
  • bei der Neuberechnung der Verletztenrente nach dem Abschluss der Berufsausbildung nach Arbeitsunfällen/Berufskrankheiten während einer Ausbildung (Schule, Berufsausbildung, Studium).

Daneben gibt es weitere Sonderregeln, z.B. für Seeleute oder Selbstständige in der Landwirtschaft.

Manchmal ergeben sich bei der Berechnung des Jahresarbeitsverdiensts Ergebnisse, die sehr unangemessen bzw. nicht gerechtfertigt sind (erheblich unbillige Ergebnisse). In solchen Fällen muss der Unfallversicherungsträger das ausgleichen:

Im Rahmen von Mindest- und Höchstjahresarbeitsverdienst muss er den Jahresarbeitsverdienst so festsetzen, dass das Ergebnis angemessen und gerecht ist. Das erfolgt nach sog. billigem Ermessen. Eine Ermessensentscheidung funktioniert nicht willkürlich, sondern nach sachlichen Kriterien, und es müssen alle Umstände berücksichtigt werden, auf die es ankommt. Kriterien sind insbesondere

  • die Fähigkeiten,
  • die Ausbildung,
  • die Lebensstellung und
  • die Tätigkeit

der versicherten Person im Zeitpunkt des Versicherungsfalls.

4. Anrechnung auf eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung

Wenn neben der Verletztenrente gleichzeitig eine Erwerbsminderungsrente, Altersrente oder Erziehungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird, dann wird die Rente der gesetzlichen Rentenversicherung in der Regel gekürzt, wenn

  • die Renten zusammengerechnet über dem Grenzbetrag (siehe unten) liegen.
  • Bevor die Renten zusammengerechnet werden, werden aber Freibeträge (siehe unten) von der Verletztenrente abgezogen
  • Gekürzt wird dann um den Betrag, der über dem Grenzbetrag liegt.

4.1. Grenzbetrag

Der Grenzbetrag wird individuell nach folgender Formel berechnet:

Grenzbetrag = 1/12 Jahresarbeitsverdienst × Rentenartfaktor der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung × 70 %.

Der Rentenartfaktor ist ein Wert, den die gesetzliche Rentenversicherung verwendet, um die Rentenhöhe zu berechnen. Eine Liste, wie hoch der Rentenartfaktor bei welcher Rente ist, steht bei der Deutschen Rentenversicherung unter www.deutsche-rentenversicherung.de > Rente > Rentenlexikon > Rentenartfaktor.

4.2. Freibeträge

Bei der Anrechnung gelten seit 1.7. 2025 für die Verletztenrente folgende Freibeträge für die verletzungsbedingten Mehraufwendungen und den Betrag, der den sog. immateriellen Schaden (Gesundheitsschaden, im Gegensatz zum materiellen Schaden wie z.B. Verdienstausfall) ausgleichen soll:

Minderung der Erwerbsfähigkeit Freibetrag
10 % 61,59 €
über 10 % bis 20 % 122,78 €
über 20 % bis 30 % 184,37 €
über 30 % bis 40 % 252,90 €
über 40 % bis 50 % 339,37 €
über 50 % bis 60 % 428,70 €
über 60 % bis 70 % 594,72 €
über 70 % bis 80 % 719,13 €
über 80 % bis 90 % 864,34 €
über 90 % bis 100 % 967,54 €

 

Als zusätzlichen Freibetrag bei der Verletztenrente gibt es für Versicherte ab dem 65. Geburtstag mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mind. 50 % einen Alterserhöhungsbetrag:

  • Minderung der Erwerbsfähigkeit ab 50–60 %: 37,53 € pro Monat
  • Minderung der Erwerbsfähigkeit über 60–80 %: 47,32 € pro Monat
  • Minderung der Erwerbsfähigkeit über 80 %: 57,11 € pro Monat

Bei bestimmten Berufskrankheiten (z.B. bei einer Quarzstaublunge) gibt es einen weiteren Freibetrag.

5. Wer hilft weiter?

Auskünfte erteilen die Unfallversicherungsträger.

6. Verwandte Links

Erwerbsminderungsrente

Rente > Rentenarten

Unfallversicherung

Unfallversicherungsträger

Verletztengeld

 

Rechtsgrundlagen: §§ 56 ff., 80a Abs.1, 81 ff. SGB VII

Letzte Bearbeitung: 17.07.2025

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