Mehrbedarfszuschläge

1. Das Wichtigste in Kürze

Mehrbedarfszuschläge bekommen Hilfebedürftige, die aufgrund einer besonderen Situation mehr Geld benötigen. Das ist z.B. bei Schwangerschaft, Alleinerziehung eines Kindes oder Behinderung möglich. Oft erhalten die Hilfebedürftigen schon Sozialhilfe oder Bürgergeld (früher: Arbeitslosengeld II, Hartz IV) und den Mehrbedarfszuschlag gibt es zusätzlich. Aber es kann auch sein, dass die Hilfebedürftigkeit erst infolge des besonderen Bedarfs entsteht. Dann bekommen sie nur den Mehrbedarfszuschlag. Die Höhe der Mehrbedarfszuschläge errechnet sich prozentual vom Regelsatz.

2. Normaler und besonderer Bedarf

Bei der Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) und beim Bürgergeld deckt der sog. Regelsatz den normalen Bedarf für den Lebensunterhalt ab. In besonderen Situationen wird jedoch ein höherer Bedarf anerkannt. Für einen Teil dieser besonderen Bedarfe zahlen Jobcenter oder Sozialamt dann pauschale oder individuelle Mehrbedarfszuschläge.

Es gibt aber auch besondere Bedarfe, die nicht unter die Mehrbedarfe fallen:

  • Sozialhilfe: Einen individuellen Bedarf, der laufend (nicht nur einmalig) höher ist als der durchschnittliche Bedarf, muss das Sozialamt anerkennen und einen höheren Regelsatz festsetzen (§ 27a Abs. 4 SGB XII), Näheres unter Regelsätze.
  • Sozialhilfe und Bürgergeld > Einmalige Leistungen, z.B. Pauschalen für die Erstausstattung einer Wohnung oder bei Schwangerschaft und Geburt.
  • Teilhabe- und Bildungspaket, z.B. Bedarfe für dass Essen in einer Kindertagesstätte oder Schule, das mehr kostet als der Regelbedarf, Kosten für Schulmaterialien, Klassenfahrten/Ausflüge oder Sport- und Musikangebote.

Ein Teil des Regelsatzes ist zum Ansparen für größere Anschaffungen gedacht. Manchmal fehlt aber trotzdem das Geld für etwas, das zum normalen Bedarf gehört und vom Regelsatz gezahlt werden muss, z.B. wenn der Herd kaputt geht. Für diese vom Regelbedarf umfassten unabweisbaren Bedarfe kann das Jobcenter oder das Sozialamt Darlehen geben (§ 24 Abs.1 SGB II bzw. § 37 SGB XII). Wer bedürftig bleibt, muss ein solches Darlehen später vom Regelsatz zurückzahlen.

3. Wer bekommt Mehrbedarfszuschläge in welcher Höhe?

Die Höhe errechnet sich prozentual aus dem jeweiligen Regelsatz, Näheres unter Regelsätze. Mehrere Mehrbedarfszuschläge zusammen dürfen maximal so hoch sein wie der maßgebende Regelsatz.

Darüber hinausgehen dürfen nur Mehrbedarfszuschläge für

  • Warmwassererzeugung
    und/oder
  • Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder Arbeitsheften
    und/oder
  • einen unabweisbaren, besonderer Bedarf.

3.1. Mehrbedarf für Schwangere

Schwangere mit Beginn der 13. Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Entbindungsmonats bekommen einen Mehrbedarfszuschlag von 17 % des maßgebenden Regelsatzes.

3.2. Mehrbedarf für Alleinerziehende

Alleinerziehende, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und diese(s) versorgen, bekommen

  • für ein Kind unter 7 Jahren oder für 2 bzw. 3 Kinder unter 16 Jahren einen Mehrbedarfszuschlag von 202,68 € monatlich (= 36 % der Regelbedarfsstufe 1).
  • für jedes Kind, das die oberen Voraussetzungen nicht erfüllt, einen Mehrbedarfszuschlag 67,56 €, insgesamt maximal 337,80 € monatlich (= 12 % bis max. 60 % der Regelbedarfsstufe 1).

3.3. Mehrbedarf für Menschen mit Behinderungen

3.3.1. Mehrbedarf wegen Gehbehinderung

Das Jobcenter und das Sozialamt berücksichtigen bei der Sozialhife und beim Bürgergeld einen Mehrbedarf von 17 % des jeweiligen Regelsatzes für Gehbehinderte mit dem Merkzeichen G oder Merkzeichen aG, die

3.3.2. Mehrbedarf bei der Sozialhilfe wegen Leistungen zur Teilhabe an Bildung

Bei der Sozialhilfe

  • muss das Sozialamt einen Mehrbedarf von 35 % des jeweiligen Regelsatzes während Leistungen zur Teilhabe an Bildung für Menschen mit Behinderungen berücksichtigen.
  • kann das Sozialamt diesen Mehrbedarf danach eine angemessene Zeit weiterberücksichtigen.

Der Mehrbedarf wegen Gehbehinderung fällt während des Bezugs von Leistungen zur Teilhabe an Bildung weg.

3.3.3. Mehrbedarf beim Bürgergeld wegen Teilhabeleistungen

Beim Bürgergeld berücksichtigt das Jobcenter Erwerbsfähigen einen Mehrbedarf von 35 % des jeweiligen Regelsatzes während

  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderungen, Näheres unter Berufliche Reha > Leistungen (Ausnahmen: Berufsvorbereitung und überwiegend nichtschulische Ausbildung),
    oder
  • sonstigen Hilfen, um einen Arbeitsplatz zu bekommen,
    oder
  • Leistungen zur Teilhabe an Bildung (für Schule oder Hochschule).

Nach der Teilhabeleistung kann das Jobcenter den Mehrbedarf für eine angemessene Zeit weiterberücksichtigen.

3.3.4. Mehrbedarf bei der Sozialhilfe wegen gemeinschaftlichem Mittagessen

Das Sozialamt berücksichtigt bei der Sozialhilfe einen Mehrbedarf von 4,13 € pro Arbeitstag für gemeinschaftliche Mittagsverpflegung

3.4. Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung

Wer aus medizinischen Gründen eine kostenaufwändigere Ernährung benötigt, erhält Krankenkostzulage in angemessener Höhe nach den Richtlinien der Sozialämter und in der Regel unter Vorlage eines ärztlichen Attestes. Näheres unter Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung - Krankenkostzulage.

3.5. Mehrbedarfszuschlag für Schulbücher und Arbeitshefte

Wer für die Schule Schulbücher und Arbeitshefte, die Schulbüchern gleichstehen, braucht, die nicht durch die Lernmittelfreiheit abgedeckt sind, hat seit 1.1.2021 Anspruch auf einen Härtefall-Mehrbedarf für deren Kauf oder Ausleihe.

3.6. Mehrbedarfszuschlag für Warmwassererzeugung in der Wohnung

Die Kosten für Warmwasser gehören normalerweise zu Unterkunft und Heizung, Näheres unter Sozialhilfe > Kosten der Unterkunft KdU. Aber bei einer dezentralen Warmwasserversorgung (Durchlauferhitzer, Boiler) werden diese Kosten als Mehrbedarf berücksichtigt.

Die Höhe des Mehrbedarfs für Warmwassererzeugung richtet sich nach dem Regelbedarf der jeweiligen Regelbedarfsstufe (Regelsätze).

Regelbedarfsstufe (RBS)

für

Mehrbedarf für Warmwasser 2024

1

z.B. volljährige Alleinstehende oder Alleinerziehende und im Haushalt ihrer Eltern lebende sozialhilfebeziehende Volljährige

12,95 € (2,3 % der RBS 1)

2

z.B. volljährige Partner in einer Bedarfsgemeinschaft oder sozialhilfebeziehende Partner in einer gemeinsamen Wohnung

11,64 € (2,3 % der RBS 2)

3

Erwachsene unter 25 Jahren in einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern

10,37 € (2,3% der RBS 3)

4

Jugendliche vom 14. bis zum 18. Geburtstag jeweils

6,59 € (1,4 % der RBS 4)

5

Kinder vom 6. bis zum 14. Geburtstag jeweils

4,68 € (1,2 % der RBS 5)

6

Kinder bis zum 6. Geburtstag jeweils

2,86 € (0,8 % der RBS 6)

3.7. Mehrbedarfszuschlag bei unabweisbarem besonderen Bedarf

3.7.1. Unabweisbarer besonderer Bedarf beim Bürgergeld

Beim Bürgergeld gibt es eine Härtefallregelung für Bedarfe, die weder mit dem Regelsatz noch mit einem anderen Mehrbedarf noch auf Grundlage einer anderen Regelung abgedeckt sind. Die Höhe wird individuell so festgesetzt, dass der Bedarf gedeckt werden kann.

Die Härtefallregelung wurde eingeführt, um das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. Seit 1.1.2021 umfasst die Härtefallregelung nicht nur mehrmals anfallende sog. laufende Bedarfe sondern auch einmalige Bedarfe, die nicht von den sog. einmaligen Leistungen abgedeckt sind.

Beispiele für erhöhte Bedarfe:

  • Erhöhter Hygienebedarf bei HIV oder Neurodermitis
  • Fahrtkosten für den Umgang zwischen einem minderjährigen Kind und einem Elternteil
  • Fahrtkosten für Besuche bei einem stationär untergebrachten Ehepartner oder eingetragenen Lebenspartner

Voraussetzungen für die Anerkennung als unabweisbarer besonderer Bedarf:

  • Der Bedarf wurde bei der Festlegung der Regelsätze nicht berücksichtigt und fällt wegen einer außergewöhnlichen Situation an.
  • Der Bedarf kann nicht auf andere Weise gedeckt werden, z.B. durch einen anderen Mehrbedarf oder eine andere Sozialleistung.
    Es kann auch verlangt werden, dass an anderen Ausgaben gespart wird, aber das Sparen muss zumutbar sein. Nicht zumutbar ist z.B., am Essen zu sparen oder die Erwerbstätigenfreibeträge (Näheres unter Bürgergeld > Einkommen und Vermögen) für den besonderen Bedarf auszugeben.
  • Zusätzliche Voraussetzung bei einem einmaligen Bedarf: Es gibt kein (zumutbares) Darlehen des Jobcenters dafür.

3.7.2. Unabweisbarer besonderer Bedarf bei der Sozialhilfe

Bei der Sozialhilfe gibt es ebenfalls eine Härtefallregelung mit den selben Voraussetzungen, aber nur bei einem einmaligen unabweisbaren besonderen Bedarf.

Für mehrmals anfallende sog. laufende Bedarfe gilt bei der Sozialhilfe die Regelung, dass der Regelsatz dann erhöht wird, Näheres unter Regelsätze.

4. Praxistipp

Wenn Sie wegen einer dauerhaften körperlichen Beeinträchtigung Kosten für eine Putz- bzw. Haushaltshilfe haben, können Sie beantragen, dass das Jobcenter diese als Mehrbedarf beim Bürgergeld berücksichtigt. Voraussetzung ist, dass Sie die Kosten nicht über andere Sozialleistungen, z.B. den Entlastungsbetrag der Pflegeversicherung oder die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen, abdecken können. Das kommt z.B. in Betracht, wenn Sie keinen Pflegegrad und keine sog. wesentliche Behinderung haben, aber trotzdem auf die Hilfe im Haushalt angewiesen sind.

5. Wer hilft weiter?

Individuelle Auskünfte erteilen das Jobcenter oder das Sozialamt.

6. Verwandte Links

Bürgergeld

Sozialhilfe

Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung

Regelsätze

Hilfe zum Lebensunterhalt

Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung - Krankenkostzulage

 

Rechtsgrundlagen: § 30 SGB XII - §§ 21, 23 SGB II

Letzte Bearbeitung: 12.01.2024

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