Das Sozialamt leistet nachrangig gegenüber dem Einsatz von eigenem Einkommen und Vermögen. Bevor Sozialhilfe geleistet wird, wird daher erst geprüft, ob Hilfsbedürftige gegenüber Angehörigen Ansprüche auf Unterhaltszahlungen haben.
In besonderem Maße unterhaltspflichtig sind Eltern, Ehe- und Lebenspartner. Normal unterhaltspflichtig sind Eltern für ihre volljährigen Kinder und volljährige Kinder gegenüber ihren Eltern, seit 1.1.2020 allerdings erst ab einem Jahreseinkommen von über 100.000 €. Nicht unterhaltspflichtig sind Geschwister untereinander, Enkel, Großeltern und verschwägerte Personen.
Gesteigert Unterhaltspflichtige müssen einen höheren Unterhalt leisten und können einen geringeren Selbstbehalt beanspruchen. Selbstbehalt bedeutet, das dem Unterhaltspflichtigen mindestens zu belassende notwendige Einkommen. Gesteigert unterhaltspflichtig sind:
Nicht gegenseitig unterhaltspflichtig sind Menschen, die zwar eine Wohngemeinschaft haben, aber keine Haushaltsgemeinschaft bilden, d.h.: die nicht gemeinsam wirtschaften.
Beweise für die Wohngemeinschaft sind: Getrennte Schlafstellen und Wohnecken, klar getrennte Lebensmittel, kein gemeinsames Kochen, Untermietvertrag oder getrennter Mietvertrag, Strom, Radio, Zeitung getrennt. Das Sozialamt überprüft die Angaben bei einem Hausbesuch.
Normal oder nicht gesteigert Unterhaltspflichtige müssen einen niedrigeren Unterhalt leisten und können einen höheren Selbstbehalt beanspruchen. Normal unterhaltspflichtig sind:
Wenn volljährige Kinder mit Behinderungen Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten, wird das Vermögen ihrer Eltern seit 1.1.2020 nicht mehr berücksichtigt.
Bei Leistungen der Sozialhilfe müssen Eltern nur Unterhalt zahlen, wenn sie ein Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 € haben. Bei Hilfe zur Pflege zahlen die Eltern dann einen pauschalen Unterhaltsbeitrag von 36,97 €, bei Hilfe zum Lebensunterhalt und bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 28,44 € monatlich. Lebt ein volljähriges Kind mit Behinderung in besonderen Ausbildungsstätten über Tag und Nacht (z.B. Internat), werden die Eltern unabhängig vom Einkommen nicht zu den Lebensunterhaltskosten herangezogen.
Wenn die Kosten eines Alten- oder Pflegeheims weder durch das eigene Vermögen noch durch die Pflegekasse abgedeckt werden können, leistet das Sozialamt im Rahmen der Hilfe zur Pflege. Ein erwachsenes Kind ist nur unterhaltspflichtig, wenn es mehr als 100.000 € Bruttoeinkommen im Jahr hat. Das Einkommen wird vom Sozialamt nur überprüft, wenn ein entsprechender Verdacht oder Hinweis vorliegt. Dann müssen die Einkünfte offengelegt werden. Vorhandenes Vermögen wird nicht berücksichtigt.
Gibt es mehrere Kinder, aber nur eines hat ein Bruttoeinkommen über 100.000 € im Jahr, muss dieser Gutverdiener nicht den gesamten Unterhalt übernehmen. Vielmehr wird die Unterhaltspflicht prozentual anteilig nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen (nicht nach Kopfteilen) aufgeteilt.
Diese Regelung gilt nicht, wenn sich Ehegatten untereinander Unterhalt zahlen müssen. Das passiert dann, wenn der pflegebedürftige Ehegatte ins Pflegeheim kommt, während der andere zu Hause wohnen bleibt. In diesem Fall muss sich der zu Hause verbleibende Ehe-/Lebenspartner an den Heimkosten beteiligen.
Die Unterhaltspflicht für den Kindsvater besteht in der Regel 6 Wochen vor und 8 Wochen nach der Geburt des Kindes. Ist die Mutter wegen der Schwangerschaft oder einer Krankheit infolge der Schwangerschaft oder Entbindung arbeitsunfähig, so besteht die Unterhaltspflicht für den Kindsvater bereits 4 Monate vor und bis zu 3 Jahre nach der Geburt. Wenn die Mutter (bzw. der Vater) wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes nicht arbeitet, besteht ebenfalls eine Unterhaltspflicht für den Kindsvater (bzw. die Mutter) bis zu 3 Jahren nach der Geburt (§ 1615 l BGB).
Nicht unterhaltspflichtig im Sinne der Sozialhilfe sind die folgenden Verwandten:
Unbillige Härte: Keine Unterhaltspflicht besteht zudem, wenn eine unbillige Härte entstehen würde, z.B. für Eltern eines volljährigen Kindes mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohten Kindes, das Hilfe zur Pflege in einer vollstationären Einrichtung erhält. In diesem Fall sind die Eltern lediglich verpflichtet, einen pauschalen Unterhaltsbeitrag zu zahlen (siehe unten).
Wer als nicht unterhaltspflichtiger Verwandter dennoch vom Sozialamt wegen Unterhalt angeschrieben wird, sollte schriftlich darstellen, dass er nicht unterhaltspflichtig ist.
Sehr komplex ist die Situation bei Verwandten, die in einem Haushalt wohnen. Das Sozialamt geht dann davon aus, dass der Hilfesuchende von den Verwandten Leistungen zum Lebensunterhalt erhält und legt für die Berechnung der Sozialhilfe das Einkommen aller verwandten Haushaltsmitglieder zugrunde, also auch derer, die keine Sozialhilfe beantragt haben.
Unabhängige Sozialhilfe für Hilfesuchende ist nur möglich, wenn ein offizielles Untermietverhältnis vorliegt (mit Vertrag, getrennter Heizkostenabrechnung etc.) und wenn der Hilfesuchende glaubhaft machen kann, dass er keine Hilfe von den Verwandten erhält.
Als verwandt und verschwägert gelten
Eltern, Kinder, Großeltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Stiefkinder, Geschwister, Schwager/Schwägerin, Tanten, Onkel, Nichten, Neffen, Cousinen etc. unabhängig vom Grad der Verwandtschaft und der Unterhaltspflicht nach bürgerlichem Recht.
Wenn das Einkommen und Vermögen der Verwandten/Verschwägerten nicht ausreicht, setzt die Sozialhilfe ergänzend ein.
Unterhaltsvorschuss für Kinder
Unterhaltsleistungen Jugendamt
Fallbeispiel: Finanzielle Leistungen für Alleinerziehende
Rechtsgrundlagen: §§ 93, 94 SGB XII