Patientenvorsorge

1. Das Wichtigste in Kürze

Die Patientenvorsorge gibt Menschen jeden Alters die Möglichkeit, sich mit ihren Wünschen und Bedürfnissen im Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen und weiteren wichtigen Lebensbereichen auseinanderzusetzen. Vor allem für den Fall, dass in Notsituationen oder langwierigen Krankheitsprozessen keine entsprechenden Äußerungen mehr möglich sind, ist es wichtig, im Vorfeld seine Wünsche aufzuschreiben.
Dafür gibt es 3 verschiedene schriftliche Erklärungen:

  • Patientenverfügung
  • Betreuungsverfügung
  • Vorsorgevollmacht

2. Wofür gibt es Patientenvorsorge?

Für Zeiten, in denen durch Unfall oder Erkrankung die körperlichen, geistigen und/oder psychischen Fähigkeiten verloren gehen und die eigenen Angelegenheiten nicht mehr oder nicht mehr in vollem Umfang geregelt werden können, können im Vorfeld persönliche Wünsche und Vorstellungen schriftlich niedergelegt werden, um einer Fremdbestimmung durch andere Personen vorzubeugen.

Die Nutzung der Vorsorgemöglichkeiten bedeutet ein (vorbereitetes) selbstbestimmtes Leben auch in Zeiten, in denen ein eigenverantwortliches Überlegen, Entscheiden und Handeln nicht mehr möglich ist. Wer vorsorgt, stellt sicher, dass u.a. in den Bereichen Gesundheitsfürsorge und -vorsorge, Finanzen und Vermögen, Bestimmung des eigenen Aufenthaltsorts und Vertretung bei Ämtern und Behörden seinen Wünschen entsprechend gehandelt wird, wenn diese für Ärzte, Bevollmächtigte und Betreuer zumutbar und erfüllbar sind.

Vor dem 18. Geburtstag haben die Eltern das Sorgerecht und können in Notfällen und schweren Krankheitssituationen für ihr Kind Entscheidungen treffen. Deshalb ist eine Patientenvorsorge erst ab Volljährigkeit möglich.

2.1. Praxistipps

  • Es ist wichtig, dass Sie rechtzeitig vorsorgen. Sonst kann es passieren, dass z.B. bei beginnender Demenz die entsprechenden Verfügungen nicht als gültig anerkannt werden.
  • Patientenvorsorge betrifft Menschen jeden Alters: Unfälle können schnell zu der Situation führen, dass ein Mensch nicht mehr für sich entscheiden kann. Denken Sie auch an Ihre digitale Vorsorge (Näheres unter Digitaler Nachlass und digitale Vorsorge).
  • Selbst nahe Angehörige dürfen Sie nicht "automatisch" bei rechtsverbindlichen Erklärungen oder Entscheidungen wie Bankgeschäften, Versicherungen oder Immobiliengeschäften vertreten, sondern sie brauchen dafür entweder eine Vollmacht von Ihnen oder müssen vorher vom Gericht für Ihre rechtliche Betreuung eingesetzt worden sein.
  • Notvertretungsrecht für Ehegatten: Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts hat es ermöglicht durch das sog. Notvertretungsrecht plötzlich entstehende Versorgungslücken zu schließen: Befindet sich eine Person in einer gesundheitlichen Notsituation und ist nicht in der Lage Entscheidungen über die Gesundheitssorge zu treffen, so kann diese vom nicht getrenntlebenden Ehepartner für eine Dauer von 6 Monaten vertreten werden. Dies ist also vor allem dann relevant, wenn keine Patientenvorsorge getroffen wurde.

3. Welche Vorsorgemöglichkeiten gibt es?

  • Patientenverfügung
    Festlegung von Vorstellungen und Wünschen zur medizinischen Behandlung und die letzte Lebensphase betreffend, für den Fall, dass selbst nicht mehr darüber entschieden werden kann. Dort kann auch geregelt werden, ob Organe gespendet oder erhalten werden sollen. Näheres unter Organspende.
  • Vorsorgevollmacht
    Für den Fall, dass die eigenen Angelegenheiten, z.B. durch eine Krankheit oder einen Unfall, nicht mehr selbst geregelt werden können, kann in einer Vorsorgevollmacht festgelegt werden, welche Vertrauensperson im Bedarfsfall die Regelung dieser Angelegenheiten übernehmen soll. Die bevollmächtigte Person kann stellvertretend entscheiden und wird in der Regel nicht vom Betreuungsgericht überwacht. Bevollmächtigte können für einzelne oder alle Bereiche des Lebens festgelegt werden, Näheres unter Aufgabenkreise und Vorsorgevollmacht.
  • Betreuungsverfügung
    Gibt es keine Vertrauensperson, der ein guter Umgang mit einer Vorsorgevollmacht zugetraut wird, kann in der Betreuungsverfügung eine Person vorgeschlagen werden, die als rechtliche Betreuung eingesetzt werden soll. Es können auch Bestimmungen getroffen werden, wer auf keinen Fall die rechtliche Betreuung übernehmen soll. Näheres unter Rechtliche Betreuung, Rechtliche Betreuung > Verfahren und Ablauf und Rechtliche Betreuung > Kosten.

Es gibt nur wenige gesetzlichen Formvorschriften für die jeweiligen Vorsorgeformen:

  • Eine Patientenverfügung muss die Schriftform einhalten, Näheres unter Patientenverfügung.
  • Eine Vorsorgevollmacht muss zwar eigentlich keine besondere Form einhalten, aber sie muss beweisbar sein, weshalb auch sie die Schriftform einhalten sollte. Außerdem gilt sie für manche Entscheidungen nur, wenn die Schriftform eingehalten ist. Für manche Rechtsgeschäfte ist auch eine Beglaubigung oder Beurkundung nötig. Näheres unter Vorsorgevollmacht.
  • Eine Betreuungsverfügung braucht keine bestimmte Form einzuhalten, aber es ist ratsam, auch hier die Schriftform einzuhalten. Näheres unter Betreuungsverfügung.

Kostenfreie Vordrucke, die individuell abgewandelt werden können, gibt es hier als PDF-Datei zum kostenlosen Download:
Vordruck Patientenverfügung, Vordruck Vorsorgevollmacht, Vordruck Betreuungsverfügung.

3.1. Testament

Ein Testament wird immer erst nach dem Tod wirksam und deshalb ist es nicht Bestandteil der Patientenvorsorge.

4. Wie lange gilt die Patientenvorsorge?

Die Gültigkeitsdauer der verschiedenen Formen der Patientenvorsorge ist unterschiedlich:

  • Eine Vorsorgevollmacht gilt vom Zeitpunkt der Erstellung bis zu ihrem Widerruf und endet auch dann nicht automatisch, wenn die vollmachtgebende Person stirbt. Ob die Vollmacht nach dem Tod der vollmachtgebenden Person noch gilt oder nicht, hängt davon ab, ob der Auftrag, sich um die Angelegenheiten zu kümmern, nur für Lebzeiten gelten sollte, oder auch danach. Wenn das ungeklärt ist, gilt automatisch, dass der Auftrag und damit auch die Vollmacht nach dem Tod weiter gilt.
    Damit eindeutig klar ist, ob die Vollmacht auch nach dem Tod noch gelten soll (= transmortale Vollmacht), oder nicht, sollte das direkt in der Vollmacht vermerkt werden. Näheres unter Vorsorgevollmacht > Sonderformen. Solange die vollmachtgebende Person noch geschäftsfähig ist, kann sie die Vollmacht jederzeit widerrufen. Nach dem Tod können die Erben die Vollmacht widerrufen.
  • Eine Patientenverfügung gilt von der Erstellung bis zum Tod, weil sie nur die Wünsche zur Behandlung regelt und die Behandlung findet zu Lebzeiten statt. Verfügungen zum Thema Organspende in der Patientenverfügung gelten allerdings auch nach dem Tod. So lange die Person einwilligungsfähig ist, kann sie auch ihre Patientenverfügung ändern oder widerrufen. Wenn die Person noch selbst in medizinische Maßnahmen einwilligen kann, gilt das, was sie aktuell äußert und nicht, was sie in einer Patientenverfügung festgelegt hat. Denn diese greift nur bei Einwilligungsunfähigkeit.
  • Auch eine Betreuungsverfügung gilt von der Erstellung bis zum Tod, weil es rechtliche Betreuung nur zu Lebzeiten der betreuten Person gibt. Solange die Person einsichtsfähig ist, kann sie die Betreuungsverfügung jederzeit ändern oder widerrufen, auch wenn schon ein Betreuungsverfahren eingeleitet wurde.

Geschäftsfähigkeit, Einwilligungsfähigkeit und Einsichtsfähigkeit sind unterschiedliche Dinge:

  • Geschäftsfähigkeit: Sie ist das Recht, Rechtsgeschäfte zu tätigen und sie liegt bei Volljährigen immer vor, außer in einem Zustand krankhafter und dauerhaft gestörter Geistestätigkeit, der die freie Willensbildung ausschließt.
  • Einwilligungsfähigkeit: Das ist die Fähigkeit, in medizinische Eingriffe einwilligen zu können. Sie liegt vor, wenn
    • die Bedeutung, Tragweite und die Risiken der ärztlichen Maßnahme erkannt und verstanden werden können
      und
    • die betroffene Person sich darüber ein eigenes Urteil bilden kann
      und
    • sie nach dieser Einsicht handeln kann.
  • Einsichtsfähigkeit: Das ist die Fähigkeit, Folgen abschätzen zu können und Zusammenhänge zu verstehen, im Fall einer rechtlichen Betreuung, zu verstehen, was ohne die Betreuung passieren würde und was es bedeutet, wenn eine bestimmte Person die Betreuung übernehmen oder nicht übernehmen soll.

5. Krankheitssituationen

Wer sich Gedanken über eine Patientenvorsorge macht und welche Dinge er darin regeln will, braucht ein Vorstellungsvermögen davon, wie Krankheitssituationen aussehen können, in denen eine Vollmacht oder Verfügung in Kraft tritt. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Schwerer Unfall
    Ein Unfallopfer erleidet z.B. ein Schädel-Hirn-Trauma und liegt wochenlang im Koma. Wie lange sollen lebensverlängernde Maßnahmen (z.B. künstliche Beatmung) durchgeführt werden?
  • Schlaganfall
    Bei einem Schlaganfall werden Teile des Gehirns zeitweise nicht durchblutet. Je länger dies dauert und je mehr Gehirnregionen betroffen sind, desto einschneidender können die Folgen sein, z.B. Halbseitenlähmung, Sprachverlust oder schwerste Pflegebedürftigkeit. Wer einen Schlaganfall hatte, erkennt z.B. nicht mehr alle Menschen und es ist unklar, wie weit das Urteilsvermögen und die Wahrnehmung noch funktionieren. Wer soll und kann die pflegerische Versorgung übernehmen?
    Näheres unter Schlaganfall > Allgemeines.
  • Demenz aufgrund Alzheimer-Krankheit
    Demenz bedeutet den allmählichen Verlust geistiger Fähigkeiten, vor allem des Gedächtnisses, des Denkens und der Orientierung. Dies kann z.B. zu Persönlichkeitsveränderungen oder der Notwendigkeit von pflegerischer Betreuung führen. Wer übernimmt die Pflege dann? Wie soll im Sinn des Menschen mit Demenz entschieden werden – gemessen an dem, was ihm zu gesunden Zeiten wichtig war?
    Näheres unter Demenz > Symptome Verlauf Diagnose.
  • Psychische Erkrankung
    Eine psychotische Störung z.B. kann dazu führen, dass ein Betroffener plötzlich ein vollkommen verändertes Verhalten zeigt, das von völliger Handlungsunfähigkeit bis zu überzogener Aktivität reicht. Dies kann phasenweise stattfinden und auch eine zeitweise Unterbringung in entsprechenden Spezialkliniken notwendig machen. Wer soll sich in dieser Zeit um die persönlichen Angelegenheiten (z.B. Wohnung, Rechnungen) des Patienten kümmern?
    Näheres unter Psychosen > Allgemeines.

6. Zentrales Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer

Verschiedene Daten einer Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung (z.B. Daten des Vorsorgenden und der Vertrauensperson, Aufbewahrungsort) können beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Es werden keine Inhalte hinterlegt. Die Betreuungsgerichte können vor Anordnung einer Betreuung beim Zentralen Vorsorgeregister abfragen, welche Vorsorgedokumente vorhanden sind. Seit dem 1.1.2023 ist eine Abfrage auch für behandelnde Ärzte möglich, wenn Patienten nicht ansprechbar sind und eine Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung notwendig ist. Sie können dann die eingetragene Vertrauensperson kontaktieren und sich das entsprechende Vorsorgedokument zeigen lassen.

Informationen zum Zentralen Vorsorgeregister unter www.vorsorgeregister.de. Anschrift und Kontakt: Bundesnotarkammer, Zentrales Vorsorgeregister, Postfach 080151, 10001 Berlin, Telefon: 0800 3550500 Mo–Do 8–16 Uhr und Fr 8–13 Uhr, E-Mail: info@vorsorgeregister.de.

Die Daten der Vorsorgedokumente können online oder per Post übermittelt werden. Je nach Art der Übermittlung und Zahlungsweise kostet die Registrierung 20,50 € bis 26 €. Je zusätzlicher Vertrauensperson kommen noch Kosten in Höhe von 3,50 € (bei Online-Registrierung) bzw. 4 € (bei Registrierung per Post) dazu.

7. Wer hilft weiter?

Informationen geben Amts- und Betreuungsgerichte, Rechtsanwälte und Notare sowie das Patientenschutztelefon der Deutschen Stiftung Patientenschutz unter Telefon 0231 7380730 oder 030 28444840 oder 089 2020810.

8. Praxistipp Ratgeber

Einen Ratgeber mit ausführlichen Informationen und Vordrucken zu Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht können Sie hier als PDF kostenlos herunterladen: Ratgeber Patientenvorsorge.

9. Verwandte Links

Patientenverfügung

Vorsorgevollmacht

Betreuungsverfügung

Notvertretungsrecht

Testament

Digitaler Nachlass und digitale Vorsorge

Palliativversorgung

Palliativphase

Letzte Bearbeitung: 13.11.2023

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