Im Rahmen einer Vorsorgevollmacht regelt der Verfasser, welche Personen stellvertretend für ihn Entscheidungen treffen sollen, wenn er selbst nicht dazu in der Lage ist. So kann verhindert werden, dass eine sog. rechtliche Betreuung notwendig wird. Eine besondere Rolle spielen Entscheidungen über medizinische Behandlungen, der Umgang mit Vermögen und die Vertretung bei Behörden. Unter den Praxistipps finden Sie einen entsprechenden Vordruck.
Hinweis: Zum 1.1.2023 sind umfangreiche Änderungen im Betreuungsrecht in Kraft getreten, z.B. gilt jetzt, um Versorgungslücken zu schließen, unter bestimmten Voraussetzungen das sog. Notvertretungsrecht: Befindet sich eine Person in einer gesundheitlichen Notsituation und ist nicht in der Lage Entscheidungen über die Gesundheitssorge zu treffen, so kann diese vom nicht getrenntlebenden Ehepartner für eine Dauer von 6 Monaten vertreten werden. Weitere Informationen unter Notvertretungsrecht.
Mit einer Vorsorgevollmacht kann man für den Fall, dass man nicht mehr in der Lage ist seinen Willen zu äußern, eine oder mehrere Personen bevollmächtigen, Entscheidungen mit bindender Wirkung für sich zu treffen. Die Vorsorgevollmacht kann allgemein sein (Generalvollmacht) oder sich auf einzelne Aufgabenbereiche beschränken. Die wichtigsten Aufgabenbereiche, die bei der Erstellung einer Vorsorgevollmacht berücksichtigt werden sollten, sind unter Aufgabenbereiche Vorsorgevollmacht nachzulesen.
Es können auch Bestimmungen darüber getroffen werden, wie z.B. mit Sozialen Netzwerken, Zugangsdaten und E-Mail-Konten verfahren werden soll, Näheres unter Digitale Vorsorge.
Der Bevollmächtigte untersteht – im Gegensatz zum Betreuer (Betreuung) – keiner Kontrolle durch das Betreuungsgericht.
In folgenden Fällen reicht eine Vollmacht nicht aus und es ist eine zusätzliche Genehmigung des Betreuungsgerichts (§§ 1829, 1831, 1832) notwendig. Das gilt für die Einwilligung, den Widerruf der Einwilligung oder die Nichteinwilligung der bevollmächtigten Person in
Wenn es gefährlich wäre, die Entscheidung des Gerichts abzuwarten und schnell gehandelt werden muss,
In eine Zwangsbehandlung darf ohne Zustimmung des Betreuungsgerichts weder eine bevollmächtigte Person, noch ein rechtlicher Betreuer einwilligen. Eine ärztliche Zwangsbehandlung kann in Eilfällen, wenn die Gerichtsentscheidung nicht abgewartet werden kann, nur ohne Einwilligung stattfinden, z.B. nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz (PsychKG) des jeweiligen Bundeslandes oder nach dem Notstandsrecht (§ 34 StGB).
Wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt, kann das Gericht nur rechtliche Betreuung anordnen,
Eine allgemeine Vollmacht (= Generalvollmacht) ist oft zu wenig um rechtliche Betreuung zu vermeiden. Denn manche Entscheidungen müssen ausdrücklich in der Vollmacht stehen, damit diese dafür gilt:
Das sind die Maßnahmen, denen auch in den meisten Fällen das Betreuungsgericht zustimmen muss. Näheres oben unter "Entscheidungen nur mit Genehmigung des Betreuungsgerichts". Für diese Bereiche gilt nur eine Vollmacht in der gesetzlichen Schriftform. Näheres unten unter "Gültigkeit".
Das Betreuungsgericht kann bestimmen, dass die bevollmächtigte Person die schriftliche Vollmacht dem von ihm bestellten Betreuer geben muss und die Vollmacht nicht mehr nutzen darf, solange mindestens eine der folgenden Voraussetzungen vorliegt:
Liegt keine dieser Voraussetzungen mehr vor, bekommt die bevollmächtigte Person die Vollmacht zurück.
Betrifft die Vollmacht die Personensorge oder wesentliche Bereiche der Vermögenssorge gilt, dass der vom Gericht bestellte Betreuer die Vollmacht nur unter folgenden Voraussetzungen widerrufen darf:
Für den Fall, dass das Gericht einen Betreuer einsetzt, kann in der Vorsorgevollmacht (im Vordruck unter dem Punkt "Betreuung trotz Vorsorgevollmacht") festgelegt werden, wer im Bedarfsfall als Betreuer eingesetzt werden soll. Weitestgehend verhindert werden kann die Einsetzung eines Betreuers, wenn die Vorsorgevollmacht möglichst komplett alle Aufgabenbereiche definiert und Doppelvollmachten oder Ersatzvollmachten (s.u. unter Sonderformen) erstellt werden.
Macht ein Bevollmächtigter absprachewidrig und/oder vorzeitig von der Vorsorgevollmacht Gebrauch, kann der Verfasser die Vollmacht sofort widerrufen und ggf. Schadensersatz verlangen. In einem solchen Fall sollte die Vorsorgevollmacht sofort vom Bevollmächtigten zurückverlangt werden. Wenn der Bevollmächtigte die Vorsorgevollmacht nicht herausgibt, kann der Verfasser die Vollmacht gerichtlich für kraftlos erklären lassen.
Eine Vorsorgevollmacht sollte immer schriftlich mit Datum und eigenhändiger Unterschrift erstellt werden ( = Vollmachtsurkunde). Denn mündliche Absprachen zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigten sind zwar rechtlich gesehen meistens zwischen diesen Beiden wirksam, aber Dritten gegenüber kann die Vollmacht dann nicht nachgewiesen werden und kann ihren Zweck somit nicht erfüllen.
Außerdem gilt eine Vorsorgevollmacht für manche Entscheidungen nur in der sog. Schriftform, Näheres oben unter "Betreuung trotz Vorsorgevollmacht". Es gibt 3 Wege, die Schriftform zu erfüllen:
Nur wer geschäftsfähig ist, kann eine gültige Vorsorgevollmacht ausstellen, Näheres unter Geschäftsfähigkeit. Deshalb ist eine schriftliche ärztliche Bestätigung über die Geschäftsfähigkeit mit Datum und Unterschrift auf der Vorsorgevollmacht sinnvoll. Das beugt späteren rechtlichen Streitigkeiten um diese Frage vor.
Für manche Aufgaben ist eine Beglaubigung nötig, damit die Vollmacht für sie gilt. Näheres siehe unten unter "Beglaubigung oder Beurkundung".
Normalerweise gilt die Vorsorgevollmacht vom Zeitpunkt der Erstellung bis zum Tod des Vollmachtgebers.
Es gibt zusätzlich die Möglichkeit in einem gesonderten Formular das Innenverhältnis von Vollmachtgeber und -nehmer zu regeln, z.B. wann genau die Vorsorgevollmacht wirksam wird.
Soll die Vorsorgevollmacht über den Tod hinaus gelten, wird der Zusatz der transmortalen Vorsorgevollmacht benötigt. Näheres unter Vorsorgevollmacht > Sonderformen.
Eine Beglaubigung oder Beurkundung der Vorsorgevollmacht ist für die meisten Angelegenheiten nicht erforderlich, aber für spezielle Rechtsgeschäfte notwendig:
Der Notar ist – anders als z.B. ein sachverständiger Arzt – nicht dazu in der Lage, fachkundig den Gesundheitszustand eines Menschen und damit dessen Geschäftsfähigkeit zu beurteilen. Sollte es später Streit darum geben, ob die Vollmacht in geschäftsfähigem Zustand erteilt wurde, ist der Notar nur Zeuge dafür, dass diesem nichts aufgefallen ist, das Zweifel an der Geschäftsfähigkeit erweckt hat. Genauso hilfreich wie eine Beurkundung durch den Notar kann es also sein, wenn andere Personen (z.B. aus dem Freundeskreis) als Zeugen bestätigen, dass der Vollmachtgeber geschäftsfähig wirkte. Die Beurkundung hat in diesem Zusammenhang allenfalls den Vorteil, dass ein Notar ein unbeteiligter Zeuge ist, dem vielleicht eher geglaubt wird. Die Bestätigung einer sachverständigen Person, dass die Geschäftsfähigkeit vorlag, zählt allerdings im Zweifel deutlich mehr.
Die Betreuungsbehörde erhebt für die Beglaubigung eine Gebühr von 10 €. Mittellosen kann die Gebühr erlassen werden. Betreuungsbehörden sind oft im Jugend-, Gesundheits- oder Sozialamt angesiedelt. Die notarielle Beglaubigung der Unterschrift kostet Gebühren in Höhe von mindestens 20 € bis maximal 70 € (Anlage 1 Nr. 25100 GNotKG).
Die Beurkundung ist teurer und richtet sich nach dem Geschäftswert, der individuell festgelegt werden muss und vom Umfang der Vollmacht sowie vom Vermögen bei Abfassung der Vorsorgevollmacht abhängt (§ 98 Abs. 3 GNotKG). Die Mindestgebühr beträgt 60 €, die Höchstgebühr 1.735 €. Bei einem Vermögen von 50.000 €, wird höchstens ein Geschäftswert von 25.000 € zugrunde gelegt und die Kosten einer Beurkundung betragen in diesem Fall 115 €, dazu kommen noch Mehrwertsteuer und evtl. noch Post- und Schreibauslagen.
Die Kenndaten einer Vorsorgevollmacht (z.B. Name und Adresse des Vollmachtgebers und des Bevollmächtigten) können beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden. Inhalte können nicht hinterlegt werden. Das Zentrale Vorsorgeregister hilft den Gerichten beim Auffinden von Vorsorgevollmachten. Die Betreuungsgerichte können vor Anordnung einer Betreuung klären, ob es eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung gibt. Seit dem 1.1.2023 können auch behandelnde Ärzte das Zentrale Vorsorgeregister abfragen, wenn Patienten nicht ansprechbar sind und eine Entscheidung über eine dringende medizinische Behandlung notwendig ist.
Der Hinweis auf das Bestehen einer Patientenverfügung kann beim Vorsorgeregister nur ergänzend zu einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung registriert werden.
Informationen zum Zentralen Vorsorgeregister unter www.vorsorgeregister.de.
Anschrift und Kontakt: Bundesnotarkammer, Zentrales Vorsorgeregister, Postfach 080151, 10001 Berlin, Telefon 0800 3550500, E-Mail info@vorsorgeregister.de.
Die Daten der Vorsorgevollmacht können online oder per Post übermittelt werden. Je nach Art der Übermittlung und Zahlungsweise kostet die Registrierung 20,50 € bis 26 €. Je zusätzlicher Vertrauensperson kommen noch Kosten in Höhe von 3,50 € (bei Online-Registrierung) bzw. 4 € (bei Registrierung per Post) dazu.
Es können auch 2 oder mehr Bevollmächtige eingesetzt werden. Dafür gibt es 3 Möglichkeiten:
Details unter Vorsorgevollmacht > Sonderformen. Dort werden auch die Themen "Untervollmacht" und "transmortale Vorsorgevollmacht" behandelt.
Informationen geben Amts- und Betreuungsgerichte, Rechtsanwälte und Notare sowie das Patientenschutztelefon der Deutschen Stiftung Patientenschutz unter Telefon 0231 738073-0 oder 030 2844484-0 oder 089 202081-0.
Vorsorgevollmacht > Sonderformen
Fallbeispiel: Auskunftsrecht und Entscheidungsfähigkeit von Ehepartnern im Krankheitsfall
Rechtsgrundlagen: § 1820 BGB