Sozialmedizinische Nachsorge

1. Das Wichtigste in Kürze

Die sozialmedizinische Nachsorge richtet sich an chronisch und schwerstkranke Kinder unter 14 Jahren und schließt sich in der Regel an eine stationäre Krankenhausbehandlung oder eine stationäre Rehabilitation an. Sie gilt als ergänzende Leistung zur Reha und wird von der Krankenkasse übernommen, wenn bestimmte Diagnosen und eine ärztliche Verordnung vorliegen.

2. Voraussetzungen

Die Krankenkasse muss sozialmedizinische Nachsorgemaßnahmen unter folgenden Voraussetzungen übernehmen:

  • Chronisch oder schwerstkrankes Kind
  • 14. Lebensjahr noch nicht vollendet, in besonders schwerwiegenden Fällen bis zum 18. Lebensjahr
  • Nachsorgemaßnahmen im unmittelbaren Anschluss an eine Krankenhausbehandlung. Dies umfasst vollstationäre, teilstationäre, vor- und nachstationäre Behandlung sowie ambulantes Operieren.
    oder
    im unmittelbaren Anschluss an eine stationäre Rehabilitation
  • Nachsorge aus medizinischen Gründen notwendig, um einen stationären Aufenthalt zu verkürzen
    oder
    um eine anschließende ambulante ärztliche Behandlung zu sichern

2.1. Indikationen

Die Indikation ergibt sich aus einer Kombination von Diagnosen (vgl. Bestimmung des GKV-Spitzenverband) und von schweren Beeinträchtigungen der sog. Funktionsfähigkeiten nach ICF, d.h.:

  • Es müssen Schädigungen der Körperfunktionen und Beeinträchtigungen der altersentsprechenden Aktivitäten/Teilhabe vorliegen, die eine komplexe Behandlung notwendig machen und bei ungünstigen Bedingungen im Umfeld (ungünstige Kontextfaktoren) zu einer Überforderung der Familie führen können
    oder
  • die Erkrankung befindet sich im Finalstadium, weswegen ein erhöhter Bedarf an Koordination komplexer Interventionen sowie an Motivierung und Unterstützung der Angehörigen des sterbenden Kindes besteht.

 

In besonders schwerwiegenden Fällen können auch Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr eine sozialmedizinische Nachsorge erhalten, sofern die oben genannten Voraussetzungen vorliegen und wenn aufgrund einer akuten Erkrankung, eines Unfalls oder einer Behinderung des Jugendlichen

  • dieser nicht mehr in der Lage ist, sich altersentsprechend selbst zu versorgen (z.B. Körperpflege, Toilettengang, An-/Ausziehen, Essen, Trinken)
    oder
  • der Jugendliche mindestens 3 Mal in den vergangenen 12 Monaten wegen den angegebenen Beeinträchtigungen stationär im Krankenhaus behandelt wurde.

 

Im Einzelfall kann sozialmedizinische Nachsorge auch bei Kindern verordnet werden, deren Diagnose nicht in der Liste enthalten ist. Am häufigsten ist sozialmedizinische Nachsorge bei Frühgeborenen, kranken Neugeborenen und Kindern mit Krebs.

2.2. Praxistipp

Immer häufiger werden schwere Erkrankungen ambulant behandelt. Auch dann kann sozialmedizinische Nachsorge für betroffene Familien hilfreich sein. Die Krankenkassen können dann die Kosten übernehmen, vor allem wenn der Einzelfall gut begründet ist und durch die sozialmedizinische Nachsorge ein Krankenhausaufenthalt vermieden werden kann.

3. Verordnung

Nachsorge verordnen kann

  • der behandelnde Arzt im Krankenhaus
  • der behandelnde Arzt in der stationären Reha-Einrichtung
  • der niedergelassene Haus- oder Kinderarzt (Vertragsarzt) bis zu 6 Wochen nach Entlassung

4. Dauer

Die sozialmedizinische Nachsorge ist in der Regel maximal nach 20 Nachsorgeeinheiten abgeschlossen, davon müssen mindestens 3 im häuslichen Umfeld erbracht werden. Eine Nachsorgeeinheit beträgt 60 Minuten. Je nach Bedarf können auch mehrere Einheiten an einem Tag erbracht werden. Beginnen muss sie spätestens 6 Wochen nach Entlassung des Kindes aus dem Krankenhaus/der Reha-Einrichtung, abzuschließen ist sie in einem Zeitraum von 6 bis 12 Wochen. Es müssen mindestens 6 Einheiten verschrieben werden.

Wurde das Nachsorgeziel nicht erreicht, kann die sozialmedizinische Nachsorge im begründeten Ausnahmefall um 10 Stunden verlängert werden.

5. Umfang und Inhalt

Die sozialmedizinischen Nachsorgemaßnahmen umfassen

  • die einzelfallspezifisch erforderliche Koordinierung der verordneten Leistungen zwischen ambulanten und stationären Leistungsanbietern sowie
  • die Anleitung und Motivation zu deren Inanspruchnahme.

 

Das bedeutet im Detail:

  • Analyse des Versorgungsbedarfs
    • Durchführung einer umfassenden Analyse auf Basis der ICF
    • Unterstützung der Eltern während des Klinikaufenthalts bei der Entscheidung für die häusliche Versorgung
    • Planung, Organisation und Durchführung von Fallkonferenzen und der multiprofessionellen Abstimmung aller Beteiligten
    • Erstellung eines Krisenplans
  • Koordinierung der verordneten Leistungen
    • Darstellung der vorhandenen Versorgungsangebote
    • Kontaktvermittlung zum weiterbehandelnden Arzt und zu Leistungserbringern
    • Koordinierung der ambulanten ärztlichen, medizinisch-therapeutischen, medizinisch-technischen und pflegerischen Versorgung
    • Sicherstellung der Kommunikation aller Beteiligten
  • Anleitung und Motivation zur Inanspruchnahme der verordneten Leistung
    • Förderung des Krankheitsverständnisses und der Krankheitsbewältigung
    • Unterstützung der alltags-krankheitsbezogenen Anforderungen
    • Erläuterung der Aufgaben von Vertragspartnern
    • Hilfe beim Abbau von Ängsten und Ermutigung der Eltern und des Kindes zur Selbstversorgung
    • bei Bedarf Begleitung zu Vertragspartnern

6. Rahmenbedingungen und Empfehlungen

Der GKV-Spitzenverband erstellt die Bestimmungen und Empfehlungen dafür. Details und Downloads unter www.gkv-spitzenverband.de > Krankenversicherung > Rehabilitation > Sozialmedizinische Nachsorge. Im Einzelnen stehen auf der GKV-Website Downloads zu den Bestimmungen zu Voraussetzungen, Inhalt und Qualität zur Sozialmedizinischen Nachsorge, ein Verordnungsbogen, Empfehlungen an die Leistungserbringer und ein Dokumentationsbogen.

7. Wer hilft weiter?

  • In Deutschland gibt es an die 120 Nachsorgeeinrichtungen für schwerst und chronisch kranke Kinder. Übersicht unter www.bv-bunter-kreis.de > Über uns & Standort > Standort-Suche.
  • Anlaufstellen vor Ort erfahren Eltern betroffener Kinder auch über den Sozialdienst der jeweiligen Kinder- oder Reha-Klinik.
  • Institutionen, die eine Nachsorgeeinrichtung aufbauen wollen, können sich durch den Bundesverband Bunter Kreis beraten lassen (www.bv-bunter-kreis.de).

8. Verwandte Links

Sozialpädiatrische nichtärztliche Leistungen

Krankenhausbehandlung

Kinderheilbehandlungen

 

Rechtsgrundlagen: §§ 43 Abs. 2, 132 c SGB V

Letzte Bearbeitung: 05.07.2023

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