Alkoholabhängigkeit (Alkoholsucht, Alkoholismus) entwickelt sich oft schleichend. Wer frühzeitig handelt, kann psychische, körperliche und soziale Folgen vermeiden oder abmildern. Zur Behandlung von riskantem, schädlichem oder abhängigem Alkoholgebrauch gibt es verschiedene Hilfsangebote.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen:
Über den Umgang mit Alkohol informiert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. unter www.dhs.de > Süchte > Alkohol > Empfehlungen zum Umgang mit Alkohol.
Laut Leitlinie „Screening, Diagnostik und Behandlung alkoholbezogener Störungen“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und nach Aussage der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es keinen risikofreien Alkoholkonsum. Zur besseren Einschätzung des Risikos definiert die Leitlinie folgende Konsumklassen:
Konsumformen |
Hauptmerkmale |
Risikoarmer Alkoholkonsum |
Grenzwerte nach Vorgaben der WHO sind: bei Männern bis zu 24 g Alkohol (z.B. 0,6 l Bier) pro Tag, bei Frauen bis zu 12 g Alkohol (z.B. 0,3 l Bier) pro Tag und mindestens 2 abstinente Tage pro Woche |
Riskanter Alkoholkonsum |
Konsum übersteigt die genannten Grenzwerte, das Risiko schädlicher Folgen für körperliche und psychische Gesundheit steigt |
Rauschtrinken („binge drinking“) |
Einnahme großer Mengen Alkohol innerhalb kurzer Zeit, bei Männern 5 oder mehr, bei Frauen 4 oder mehr Getränke bei einer Gelegenheit |
Diese Konsumformen (manchmal auch Stufen des Konsums genannt) können zu zahlreichen körperlichen und psychischen Schäden sowie sozialen Einschränkungen bei Betroffenen und Personen in deren Umfeld führen.
In früheren Modellen wurden die folgenden Symptome und Folgen in Phasen eingeteilt, die zur Alkoholabhängigkeit führen.
Alkoholabhängigkeit und Folgeerkrankungen werden nach Diagnosekatalog eingeteilt. Verwendet werden sowohl die Kriterien der WHO (ICD – International Classification of Diseases) als auch die Kriterien der US-amerikanischen psychiatrischen Gesellschaft (DSM – Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders). Derzeit sind die Versionen ICD-10 und DSM-5 aktuell.
Mindestens 3 der Kriterien bestehen zeitgleich über 1 Monat oder wiederholt über die letzten 12 Monate:
Mindestens 2 der Kriterien bestehen innerhalb der letzten 12 Monate:
Die Schweregradeinteilung der Substanzgebrauchsstörung erfolgt nach Anzahl der Symptome:
Die Anzeichen für riskanten, schädlichen und abhängigen Alkoholgebrauch werden in den meisten Fällen zunächst nur vom sozialen Umfeld wahrgenommen, da Betroffene selbst ihren Konsum häufig als unproblematisch wahrnehmen und nicht über die nötige Krankheitseinsicht verfügen.
Das Alkoholentzugssyndrom tritt meist innerhalb von 1–2 Tagen nach Reduktion oder Absetzen des Konsums auf und klingt nach 3–7 Tagen wieder ab. Dabei können körperliche Symptome, z.B. Herzrasen, Schwitzen, Tremor (unwillkürliche, zitternde Bewegung) oder Bluthochdruck, verbunden mit psychischen Symptomen, z.B. innere Unruhe, ängstliche oder depressive Stimmung, Antriebssteigerung, auftreten.
Der Übergang in ein vollständiges Alkoholentzugsdelir als Komplikation ist möglich.
Das Alkoholentzugsdelir ist ein Alkoholentzugssyndrom mit schweren körperlichen und psychischen Symptomen, z.B. Herzrasen, Bluthochdruck, starkes Schwitzen, sowie Orientierungs- und Bewusstseinsstörungen, Halluzinationen und Krampfanfällen. Es handelt sich um eine Komplikation bei Alkoholabhängigkeit, die unbehandelt lebensgefährlich sein kann. In den meisten Fällen ist eine stationäre Aufnahme mit intensivmedizinischer Überwachung notwendig.
Riskantem, schädlichem und abhängigem Alkoholgebrauch können verschiedene Ursachen zugrunde liegen, z.B.:
Die Behandlung eines riskanten, schädlichen Alkoholgebrauchs oder einer Alkoholabhängigkeit erfolgt in verschiedenen Phasen. Es können ambulante und stationäre Therapien in Anspruch genommen werden.
Es können zahlreiche Versuche nötig sein, bis ein Rückfall in die Abhängigkeit langfristig verhindert werden kann. Nach Befragungen von Betroffenen in Fachkliniken für Alkoholabhängigkeit zeigt sich, dass rund 41 % der Betroffenen ein Jahr nach Abschluss der Therapie abstinent bleiben. Das zeigt, wie wirkungsvoll professionelle Unterstützung sein kann. Besonders gute Ergebnisse werden erzielt, wenn die Behandlung 12 bis 16 Wochen dauert.
Das Nahtlosverfahren ist eine Form der Behandlung. Es soll einen direkten und begleiteten Übergang vom Krankenhaus in die Entwöhnungseinrichtung, in der Regel eine Rehaklinik, ermöglichen. Ziel der Behandlung ist die langfristige Abstinenz. Nach dem qualifizierten Entzug im Krankenhaus erfolgt die direkte Verlegung in eine Einrichtung zur Suchtrehabilitation. Die Suchtrehabilitation zählt zur medizinischen Rehabilitation. Die Therapie kann auch ambulant durchgeführt werden, aus medizinischer Sicht ist jedoch meist eine stationäre Therapie sinnvoll.
Wichtiges Merkmal ist die begleitete Verlegung vom Krankenhaus in die Entwöhnungseinrichtung, um so z.B. Therapieabbrüche zu vermeiden. Daneben werden Betroffene:
Die gesamte Behandlung dauert ca. 3–6 Wochen (begründete Verlängerungen sind im Einzelfall möglich) und verläuft im Wesentlichen in 3 Phasen:
Die Kosten für die Behandlung übernimmt die Krankenkasse oder der Rentenversicherungsträger (siehe unten).
Adressen und Informationen zu Kliniken sowie die gemeinsamen Handlungsempfehlungen zum Nahtlosverfahren (qualifizierter Entzug/Suchtrehabilitation) der Deutschen Rentenversicherung, der gesetzlichen Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft finden Sie unter www.vdek.com > Themen > Vorsorge und Rehabilitation > Rehabilitation bei Abhängigkeitserkrankungen.
Als Unterstützung bei der Reduzierung von schädlichem Alkoholkonsum gibt es digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) bzw. sog. Gesundheits-Apps. Alle zertifizierten Gesundheitsanwendungen werden vom BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) in einem DiGA-Verzeichnis veröffentlicht: https://diga.bfarm.de > DiGA-Verzeichnis öffnen. Ärzte können diese zertifizierten DiGA verordnen. Die Kosten für andere Gesundheits-Apps kann die Krankenkasse auf Anfrage übernehmen. Näheres unter Digitale Gesundheitsanwendungen.
Die Krankenkasse und/oder der Rentenversicherungsträger übernimmt alle Kosten, die in Zusammenhang mit Entzug und Therapie entstehen. Weitere Informationen, z.B. auch zu Dauer und Zuzahlung, unter Entwöhnungsbehandlung.
Eine Sucht-Therapie findet im Rahmen einer medizinischen Rehabilitation statt. Die Reha muss beim Kostenträger beantragt werden (Medizinische Rehabilitation > Antrag). Wer einen Entzug anstrebt, sollte sich frühzeitig mit dem Kostenträger in Verbindung setzen, um einen geeigneten Therapieplatz zu finden.
Alles zu den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen unter Medizinische Rehabilitation und Rehabilitation > Zuständigkeiten.
Hier eine Übersicht mit Anlaufstellen bei Alkoholabhängigkeit. Die Portale verfügen über Online-Beratung, telefonische Hilfen oder Möglichkeiten der persönlichen Beratung vor Ort (auch für Angehörige):
Anonyme Alkoholiker Interessensgemeinschaft e.V.
Frankfurter Allee 40, 10247 Berlin
Telefon: 030 2062982-12, Mo–So 9–21 Uhr
E-Mail: erste-hilfekontakt@anonyme-alkoholiker.de
www.anonyme-alkoholiker.de
Onlineportale drugcom.de und kenn-dein-limit.de
Betrieben vom Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit (BIÖG)
Maarweg 149–161, 50825 Köln-Ehrenfeld
Telefon: 0221 8992 0
E-Mail: poststelle@bioeg.de
www.drugcom.de, www.kenn-dein-limit.de
Weitere Notfall- und Beratungsnummern