Das Wichtigste in Kürze
Die Depression ist eine häufige psychische Erkrankung, deren Hauptsymptome eine gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Freudlosigkeit, verminderter Antrieb, erhöhte Ermüdbarkeit und Einschränkung von Aktivitäten sind. Wie schwer sie verläuft, ist sehr unterschiedlich. Sie hat viele zusammenwirkende Ursachen, wie z.B. Vererbung, Krankheiten und seelische Belastungen. Die Diagnose ist schwierig, da sich Depressionen häufig in körperlichen Symptomen zeigen und oft gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auftreten.
Ursachen und Risikofaktoren
Depressionen können viele Ursachen haben, meistens sind es mehrere zugleich. Welche Rolle dabei Botenstoffe im Gehirn spielen, ist ungeklärt.
Risikofaktoren sind z.B.
- genetische Vorbelastung: psychische Erkrankungen (z.B. Depressionen und/oder Suizidversuche) von Familienmitgliedern
- körperliche Erkrankungen: z.B. Stoffwechselstörungen, Adipositas, Infektionen, chronische Erkrankungen
- ungesunder Lebensstil: z.B. Rauchen und Bewegungsmangel
- Armut
- frühere Depressionen
- Alkohol-, Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit
- belastende Ereignisse: z.B. Tod von Angehörigen, Scheidung, Arbeitslosigkeit
- traumatische Erlebnisse: z.B. Missbrauch, Krieg, Gewalt
- Einsamkeit und wenig Unterstützung von anderen Menschen
Symptome
Eine Depression kann sich in einer Vielzahl von Symptomen äußern. Gemäß der 10. Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) müssen für die Diagnose „Depression“ mindestens 2 Hauptsymptome und mindestens 2 Zusatzsymptome über 2 Wochen auftreten. Nicht zu verwechseln ist eine krankhafte Depression mit vorübergehenden Phasen gesunder Trauer, da diese eine normale körperliche Reaktion auf einen Schicksalsschlag darstellt und nicht alle Kriterien einer Depression erfüllt.
Hauptsymptome nach der ICD-10
Wenn mindestens 2 der folgenden 3 Hauptsymptome länger als 2 Wochen anhalten, besteht ein begründeter Verdacht auf eine Depression:
- Depressive, gedrückte Stimmung
Eine depressive, gedrückte Stimmung kann sich in Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit oder Verzweiflung äußern. Auch ein „Gefühl der Gefühllosigkeit“ ist möglich. Betroffene können sich weder über positive Ereignisse freuen, noch Trauer empfinden. Das Gefühl, durch jede Anforderung, z.B. in sozialen Kontakten, überfordert zu sein, ist nicht selten. Zudem tritt häufig ein ausgeprägtes Morgentief auf. - Interessenverlust und Freudlosigkeit
Betroffene sind weniger aktiv als früher. Der Interessenverlust kann alle Alltagsbereiche betreffen, z.B. Haushalt, Körperpflege, Berufstätigkeit, aber auch bisher als erfreulich und anregend empfundene Hobbys und Freizeitaktivitäten. - Verminderung des Antriebs mit erhöhter Müdigkeit und Aktivitätseinschränkung
Die Betroffenen fühlen sich energielos und kaum mehr belastbar. Sie sind bereits durch Alltagsaktivitäten, z.B. putzen, kochen, essen und sich waschen, erschöpft.
Zusatzsymptome nach der ICD-10
Eine Depression liegt vor, wenn zudem noch mindestens 2 der folgenden Zusatzsymptome auftreten:
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
- Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
- Suizidgedanken oder Versuche der Selbsttötung, Selbstverletzungen
- Schlafstörungen (Tipps gegen Schlafstörungen unter Schlafhygiene)
- Verminderter Appetit
Diagnose einer Depression nach der ICD-11
Es gibt bereits eine neue Version der Internationalen Klassifikation der Krankheiten, die ICD-11. Diese soll langfristig die ICD-10 ersetzen. Der Umstieg ist jedoch ein langer Prozess, der einige Jahre dauern wird. In der ICD-11 sind die Symptome etwas anders zusammengefasst und die Zuordnung zu den Haupt- und Zusatzsymptomen unterscheidet sich ein wenig. Zudem müssen mindestens 5 Symptome vorliegen, davon mindestens ein Hauptsymptom (depressive, gedrückte Stimmung bzw. Interessenverlust, Freudlosigkeit).
Körperliche Anzeichen
Viele Menschen mit Depressionen bemerken zuerst körperliche Beschwerden, die sich bei einer medizinischen Untersuchung als Symptome einer depressiven Störung erweisen. Dazu zählen:
- Allgemeine körperliche Abgeschlagenheit, Mattigkeit
- Kraftlosigkeit
- Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen)
- Appetitlosigkeit, Magendruck, Gewichtsverlust, Verdauungsprobleme wie Durchfall oder Verstopfung
- Schmerzen, z.B. diffuse Kopf- oder Rückenschmerzen
- Druckgefühl in Hals und Brust, Beengtheit im Hals (sog. Globusgefühl)
- Störungen von Herz und Kreislauf, Atemnot
- Magen-Darm-Probleme
- Schwindelgefühle, Flimmern vor den Augen, Sehstörungen
- Muskelverspannungen, diffuse Nervenschmerzen
- Verlust des sexuellen Interesses, Ausbleiben der Monatsblutung, sexuelle Funktionsstörungen wie z.B. erektile Dysfunktion („Impotenz“)
- Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
Depressionen bei Männern
Bei Männern können sich Depressionen unter Umständen anders äußern. Neben den oben genannten Symptomen können bei ihnen z.B. aggressives Verhalten, Ärger über sich selbst oder andere, Suchtverhalten und körperliche Symptome wie Kopfschmerzen oder Potenzstörungen auf Depressionen hinweisen. Zudem suchen Männer i.d.R. seltener Hilfe als Frauen und schildern häufig nur körperliche Symptome.
Bei psychischen Krisen oder Suizidgedanken informiert der Forschungsverbund „Men-Access – Suizidprävention für Männer“ über Warnsignale, Ursachen und Hilfsangebote unter www.maenner-staerken.de.
Schweregrad, Formen und Komorbiditäten
Es gibt kein einheitliches Erscheinungsbild einer Depression. Oft geht eine Depression mit anderen psychischen Erkrankungen einher. Die Bandbreite reicht von leichten depressiven Verstimmungen bis hin zu schweren Verlaufsformen, die mit Wahnvorstellungen und Suizidgedanken verbunden sein können. Depressive Störungen werden nach Schweregrad, Verlauf und Dauer klassifiziert.
Schweregrad
Depressive Episoden werden anhand der Anzahl der vorliegenden Haupt- und Zusatzsymptome nach der ICD-10 in verschiedene Schweregrade eingeteilt:
- Leichte Depression
2–3 Hauptsymptome, 1–2 Zusatzsymptome, insgesamt 4–5 Symptome - Mittelgradige Depression
2–3 Hauptsymptome, 3–4 Zusatzsymptome, insgesamt 6–7 Symptome - Schwere Depression
3 Hauptsymptome, mindestens 5 Zusatzsymptome, insgesamt mindestens 8 Symptome
Die ICD-11 berücksichtigt für die Bestimmung des Schweregrads nicht nur die Anzahl der Symptome, sondern auch deren Stärke und wie sehr diese den Menschen in seinem Leben einschränken.
Verlauf
Depressionen können
- als einzelne Phase auftreten,
- chronisch wiederkehren oder
- abwechselnd mit manischen Phasen (im Rahmen einer sog. bipolaren Störung) auftreten.
Formen
Depressionen gehören zusammen mit den Manien und bipolaren Störungen zu den sog. affektiven Störungen, also zu den psychischen Erkrankungen, die durch eine Veränderung der Stimmung und des Antriebs gekennzeichnet sind.
Gemäß der ICD-10 werden Depressionen in folgende Kategorien eingeteilt:
- Depressive Episode
Als depressive Episode bezeichnet man eine einzelne depressive Phase, die mindestens 2 Wochen andauert. Hält eine Episode länger als 2 Jahre an, spricht man von einer chronischen Depression. - Rezidivierende depressive Störung
Treten die depressiven Episoden wiederholt auf, spricht man von einer rezidivierenden depressiven Störung. Bei mehr als der Hälfte der Ersterkrankungen kommt es im Laufe der Zeit zu einer erneuten Erkrankung (Rezidiv). Zwischen 2 depressiven Episoden können Jahre vergehen, sie können aber auch innerhalb eines kurzen Zeitraums gehäuft auftreten.
Sonderformen sind- die rezidivierende kurze depressive Störung, die i.d.R. nur wenige Tage andauert, aber monatlich wiederkehrt.
- die saisonale depressive Störung (umgangssprachlich Winterdepression), bei der sich die depressiven Symptome wiederholt nur zu einer bestimmten Jahreszeit, i.d.R. Herbst und Winter, zeigen.
- Dysthymie
Die Dysthymie zählt zu den anhaltenden depressiven Störungen, welche durch eine mindestens 2 Jahre andauernde leichte depressive Verstimmung charakterisiert ist. Betroffene fühlen sich oft müde, depressiv, schlafen schlecht und können nichts genießen. Dysthymien beginnen meist im frühen Erwachsenenalter. In manchen Fällen kommt es zum zusätzlichen Auftreten einer depressiven Episode (Doppeldepression).
Komorbiditäten
Weitere Erkrankungen, die gleichzeitig mit einer Depression auftreten, werden Komorbiditäten der Depression genannt.
Häufige psychische Komorbiditäten bei Depressionen:
- Angst- und Panikstörungen
- Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten
- Persönlichkeitsstörungen
- Essstörungen
- Psychosomatische Störungen (unklare körperliche Beschwerden)
- Zwangsstörungen
Auch körperliche Komorbiditäten sind nicht selten. Eine Wechselwirkung zwischen Depressionen und körperlichen Krankheiten (z.B. Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Kopf- und Rückenschmerzen) ist häufig.
Diagnose von Depressionen
Es ist nicht immer einfach, eine Depression zu erkennen, da die Symptomatik vielfältig ist und die Betroffenen ihre Beschwerden nicht immer mit einer psychischen Erkrankung in Verbindung bringen. Zudem können depressive Symptome auch bei vielen anderen psychischen Krankheiten auftreten. Eine ausführliche Diagnose umfasst i.d.R. unterschiedliche Messverfahren, z.B. standardisierte Interviews, Frage- und Beurteilungsbögen.
Da die Behandlung je nach Schweregrad verschieden ist, ist es notwendig, dass alle Krankheitsanzeichen so genau wie möglich erfasst werden.
Befragung zum Gesundheitszustand (Anamnese)
Ein ausführliches Gespräch mit einem Arzt oder Psychotherapeuten ist wichtig, um herauszufinden, ob eine Depression mit Krankheitswert vorliegt. Dabei wird insbesondere Folgendes erfragt:
- die Krankheitsgeschichte
- mögliche Suizidalität (Selbsttötungsneigung)
- Einnahme von Medikamenten
Außerdem werden andere Krankheiten ausgeschlossen, wie z.B. Demenz.
Mithilfe von systematischen Fragebögen kann geklärt werden, ob und in welchem Ausmaß Symptome einer Depression vorhanden sind. Beispiele für solche Fragebögen:
- Der „Zwei-Fragen-Test“ soll eine schnelle Erfassung einer depressiven Störung ermöglichen. Werden die zwei Fragen mit „Ja“ beantwortet, muss nach weiteren Haupt- und Zusatzsymptomen gefragt werden. Die beiden Fragen lauten:
- Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?
- Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?
- Die Allgemeine Depressionsskala (ADS) ist ein Fragebogen zur Selbstbeurteilung depressiver Symptome in der letzten Woche.
- Der WHO-5-Fragebogen besteht aus 5 Fragen und erfasst das allgemeine Wohlbefinden bzw. die allgemeine Lebensqualität.
Körperliche Untersuchung
Da depressive Symptome auch bei körperlichen Erkrankungen auftreten können, z.B. nach einem Herzinfarkt, Hormonstörungen oder Krebserkrankungen, muss zusätzlich eine internistische und neurologische Abklärung erfolgen. Ebenso können Hirnerkrankungen (Tumore), Allergien, Diabetes mellitus, Chronische Schmerzen und Infektionen mit depressiven Symptomen in Verbindung stehen.
Wer hilft weiter?
Die folgenden Stiftungen und Vereine bieten weiterführende Informationen, Unterstützungsmöglichkeiten und Beratungsangebote für Betroffene und Angehörige.
Deutsche DepressionsLiga e.V.
Telefon: 0228 24065772
E-Mail: kontakt@depressionsliga.de
www.depressionsliga.de
Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Telefon: 0341 223874-0
Info-Telefon Depression: 0800 3344533 (Mo, Di, Do 13–17 Uhr; Mi, Fr 8:30–12:30 Uhr)
E-Mail: info@deutsche-depressionshilfe.de
www.deutsche-depressionshilfe.de
Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. (DGBS)
Beratungstelefon: 0800 5533 3355 (Für Betroffene, Angehörige und professionelle Behandler) (Mo und Fr 10–13 Uhr, Di 14–17 Uhr, Mi 15–18 Uhr, Do 17–20 Uhr)
E-Mail: info@dgbs.de
Mailberatung: mailberatung@dgbs.de
www.dgbs.de
Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS)
Informationen über deutschlandweite Hilfsangebote für Menschen in einer suizidalen Krise:
www.suizidprophylaxe.de > Hilfsangebote > Hilfsangebote für Betroffene
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