Depressionen sind ernst zu nehmende Erkrankungen. Depressive Menschen können ihre Niedergedrücktheit, den Interessensverlust und die Unfähigkeit, aktiv zu sein, nicht willentlich beeinflussen. Menschen, bei denen eine depressive Erkrankung vorliegen könnte, sollten unbedingt einen Arzt aufsuchen. Die meisten Depressionen können durch eine Behandlung mit Medikamenten und einer Psychotherapie geheilt werden. Bei schweren Depressionen kann auch ein stationärer oder teilstationärer Aufenthalt erforderlich sein.
Die nachfolgenden Informationen geben nur einen kurzen Einblick, der das Verständnis für die Erkrankung und Behandlung erhöhen soll. Sie können keinesfalls die ärztliche Beratung und Therapie ersetzen.
Verschiedenen Schätzungen zufolge wird nur etwa die Hälfte der Depressionen richtig diagnostiziert und angemessen behandelt. Eine Ursache dafür ist, dass psychische Erkrankungen in weiten Teilen der Gesellschaft noch immer stigmatisiert sind und nicht als "richtige" Erkrankungen anerkannt werden. Das kann unter anderem dazu führen, dass Patienten bevorzugt körperliche Symptome wie z.B. Magen-Darm-Probleme, Schwindel oder Atemnot schildern, aber die psychischen Beschwerden außer Acht lassen.
Wird die Erkrankung nicht erkannt und behandelt, sondern bagatellisiert ("Das wird schon wieder"), fühlen sich Betroffene (zu Recht) unverstanden, was die fatale Folge haben kann, dass sie noch tiefer in die Depression sinken.
Ein weiteres Problem ist, dass die Verfügbarkeit von Fachärzten und Psychotherapeuten regional sehr unterschiedlich ist und dadurch lange Wartezeiten für eine Therapie in Kauf genommen werden müssen.
Die Krankheit wird mit verschiedenen Therapieansätzen behandelt. Grundsätzlich gilt, dass Depressionen zu den am besten behandelbaren psychischen Erkrankungen zählen.
Die medikamentöse Behandlung wird in der Regel bei mittelgradigen und schweren Depressionen empfohlen. Medikamente, die gegen Depressionen wirken, werden Antidepressiva genannt. Allen Antidepressiva ist gemeinsam, dass sie chemisch in den Hirnstoffwechsel eingreifen und vor allem die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin, die in engem Zusammenhang mit der Depression stehen, beeinflussen. Zudem können sie auch die körperlichen Begleitsymptome einer Depression reduzieren. Man unterscheidet zwischen den beiden Wirkungsweisen, antriebssteigernd und dämpfend.
Eine vertrauensvolle und offene Zusammenarbeit zwischen Betroffenem und behandelndem Arzt ermöglicht die Auswahl des richtigen Medikaments und aller weiteren Therapieschritte. Besonders am Anfang der Therapie wird der Arzt mehrmals nachfragen, wie das Medikament anschlägt, welche Nebenwirkungen auftreten und was sich in Bezug auf Schlaf, Antrieb etc. verändert.
Folgende Substanzklassen werden bei depressiven Erkrankungen eingesetzt:
Allgemeine Hinweise zur Einnahme von Antidepressiva:
Erwachsene Patienten müssen für viele Medikamente Zuzahlungen in Höhe von 10 % des Abgabepreises bezahlen, mindestens 5 € und höchstens 10 € - umgangssprachlich oft als "Rezeptgebühr" bezeichnet. Manche Arzneimittel sind von der Zuzahlung befreit. Näheres unter Arznei- und Verbandmittel > Zuzahlung und Befreiung.
Die Psychotherapie orientiert sich an der jeweiligen Erkrankungsphase sowie den individuellen Möglichkeiten des Patienten und seiner Lebenssituation. Dabei legen Patient und Therapeut gemeinsam das Ziel fest. Die therapeutische Beziehung kann helfen, sich zu öffnen, Gedanken und Handlungen zu reflektieren und sich über seine Gefühle Klarheit zu verschaffen. Langfristig unterstützt sie dabei den Ursachen und aufrechterhaltenden Faktoren der Erkrankung auf die Spur zu kommen und die damit zusammenhängenden Konflikte zu bewältigen.
Bei psychischen Störungen mit Krankheitswert übernimmt die Krankenkasse die Kosten bestimmter psychotherapeutischer Behandlungen im Sinne einer Krankenbehandlung. Für eine Psychotherapie ist eine Überweisung durch einen Arzt nicht erforderlich.
Details zu Therapeutensuche, Kostenübernahme, Antrag und Dauer unter Psychotherapie.
Die EKT, auch elektrokonvulsive Therapie genannt, ist ein Verfahren, bei dem durch kurze Stromimpulse auf das Gehirn ein epileptischer Anfall ausgelöst wird. Der Strom wird über Elektroden, die außen am Kopf angebracht werden, übertragen. Der Eingriff wird unter Kurznarkose durchgeführt. Zusätzlich werden muskelentspannende Medikamente gegeben. Während der Akutbehandlung wird der Eingriff etwa 2-3 Mal pro Woche vorgenommen (ca. 10 Einzelbehandlungen). In der Regel tritt nach 2-4 Wochen eine Besserung ein. Da die Rückfallrate hoch ist, sollte sich an die Behandlung eine Erhaltungstherapie anschließen. Die Behandlungen erfolgen dann viel seltener, ca. einmal pro Woche oder Monat.
EKT ist als wirksame Behandlung therapieresistenter und schwerer depressiver Störungen anerkannt, wird aber nur dann eingesetzt, wenn alle anderen Therapieverfahren keinen Erfolg bringen. EKT ist ein sicheres Verfahren. Neben den üblichen Risiken einer Narkose können vorübergehende Gedächtnisstörungen oder Verwirrtheitszustände auftreten. Auch Kopfschmerzen (z.B. Muskelkater) und Schwindel sind möglich. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass EKT bleibende Schäden am Gehirn verursacht.
Bei der TMS werden durch starke Magnetfelder einzelne Bereiche der vorderen Gehirnhälften angeregt. Das Magnetfeld wird am Schädel mit Hilfe einer stromführenden Spule erzeugt. Die Behandlung ist für den Patienten nicht spürbar und erfolgt ohne Narkose. TMS wird nur eingesetzt, wenn eine medikamentöse Behandlung keine Wirkung zeigt. Ausgeschlossen von der Behandlung sind Schwangere, Menschen mit Herzschrittmachern oder bestimmten Implantaten. In Deutschland wird diese Therapie noch wenig angeboten, da noch nicht genug Studienergebnisse über deren Wirksamkeit vorliegen.
Da Lichtmangel als Ursache der Winterdepression (SAD) vermutet wird, kann zur Unterstützung der medikamentösen und psychotherapeutischen Therapie eine Behandlung mit künstlichem Licht eingesetzt werden. Bei der Lichttherapie sitzt der Patient ca. 80 cm entfernt vor einer hellen, weißen Lichtquelle eines speziellen Lichttherapiegeräts, bei dem alle UV-Strahlen herausgefiltert werden. Die Lichttherapie erfolgt möglichst sofort nach dem Aufstehen für 30-40 Minuten. Dies bewirkt über die Reizung der Netzhaut und des Sehnervs eine vermehrte Ausschüttung von Serotonin. Die Behandlung dauert mehrere Tage bis Wochen, erste Effekte sind in der Regel nach 4 Tagen spürbar. Wenn der Patient die Lichttherapie gut verträgt, kann sie auch den ganzen Winter über durchgeführt werden. In seltenen Fällen kann es zu Nebenwirkungen wie z.B. Kopfschmerzen oder trockene Schleimhäuten kommen. Auch Wechselwirkungen mit bestimmten Medikamenten (Psychopharmaka oder Antibiotika) oder mit Erkrankungen sind möglich. Daher sollte die Lichttherapie mit einem Arzt abgesprochen werden. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht.
Bei der Wachtherapie darf der Patient eine ganze Nacht (vollständiger Schlafentzug) bzw. nur die zweite Nachthälfte (teilweiser Schlafentzug) sowie den darauf folgenden Tag nicht schlafen. Der Schlafmangel kann dazu führen, dass die Müdigkeit am Folgeabend so groß ist, dass die Patienten eine ganze Nacht durchschlafen. Das kann den Effekt haben, dass sie morgens ausgeruht und frisch erwachen und die Depression durchbrochen wird. Der Schlafmangel bewirkt eine schnelle, jedoch nur kurzfristige Besserung (ca. 1-2 Tage) der depressiven Symptome. Bei einer langen depressiven Phase kann dies jedoch einen Lichtblick bedeuten.
Wachtherapie sollte nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt und nur ergänzend zur medikamentösen und/oder Psychotherapie eingesetzt werden. In der Regel wird die Wachtherapie stationär durchgeführt.
Näheres Verhaltensweisen, die einen gesunden Schlaf fördern können, unter Schlafhygiene.
Ergotherapie kann Patienten mit schweren Depressionen bei alltäglichen Erledigungen unterstützen. Ergotherapie wird immer begleitend zu anderen Therapien eingesetzt, oft während einer stationären Behandlung.
Ergotherapie gilt als Heilmittel und muss verordnet werden. Erwachsene Patienten zahlen 10 % der Kosten plus 10 € je Verordnung zu, eine Zuzahlungsbefreiung ist möglich.
Bei einer Soziotherapie handelt es sich um eine ambulante Betreuungsleistung für schwer psychisch kranke Menschen. Durch besondere Trainingsmaßnahmen und begleitende Unterstützung lernen schwer depressive Menschen wieder mehr Selbstständigkeit, wie z.B. die therapiegerechte Einnahme von Medikamenten, die eigenständige Inanspruchnahme medizinischer Leistungen sowie soziale Kompetenz. Adressen von Soziotherapeuten können bei den Krankenkassen erfragt werden.
Versicherte müssen eine Zuzahlung von 10 % der kalendertäglichen Kosten der Soziotherapie leisten, jedoch mindestens 5 €, maximal 10 € pro Tag.
Die häusliche psychiatrische Krankenpflege soll Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen dabei unterstützen, zu Hause ein eigenständiges Leben in der gewohnten Umgebung zu führen, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden und Behandlungsabbrüchen vorzubeugen. Durch die Pflege von Fachkräften vor Ort soll das Umfeld in die Behandlung miteinbezogen werden.
Patienten mit Depressionen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage im Kalenderjahr, sowie 10 € pro Verordnung. Näheres unter Zuzahlungen Krankenversicherung.
Depressive Patienten ziehen sich oft aus ihrem sozialen Umfeld zurück. Selbsthilfegruppen können dabei helfen wieder aktiv am Leben teilzunehmen. Selbsthilfegruppen werden auch für Angehörige angeboten. Essentiell bei Selbsthilfegruppen ist der Austausch mit anderen Betroffenen, die sich gegenseitig Halt, Mut, Motivation, Unterstützung und Informationen über die Krankheit geben. Die Gruppen sind in der Regel anonym und offen, sodass auch neue und ängstliche Mitglieder einen leichten Zugang finden. Ein Verzeichnis für die Suche nach Selbsthilfegruppen in Wohnortnähe bietet die Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS) unter www.nakos.de > Informationen > Basiswissen > Selbsthilfegruppe finden und gründen.
Neben der gemeinschaftlichen Selbsthilfe können auch Selbsthilfebücher bei leichten Depressionen hilfreich sein. Sie enthalten meist Ansätze aus der Verhaltenstherapie, die selbstständig von den Betroffenen umgesetzt werden können.
DMPs sind strukturierte Behandlungsprogramme, bei denen in der Regel der Hausarzt eine Lotsenfunktion übernimmt und alle an der Behandlung beteiligten Leistungserbringer koordiniert. Das DMP soll dazu beitragen, dass die einzelnen Maßnahmen aufeinander abgestimmt werden, die verschiedenen Leistungserbringer eng miteinander kooperieren und durch regelmäßige Verlaufskontrollen eine gute Behandlungsqualität sichergestellt wird.
Das DMP für Depressionen wurde 2019 beschlossen und richtet sich an Patienten mit chronischen Depressionen oder wiederholt auftretenden depressiven Episoden mittel- bis schwergradiger Ausprägung. Das gleichzeitige Vorliegen von psychischen oder körperlichen Erkrankungen stellt kein Ausschlusskriterium für eine Teilnahme am DMP dar. Tritt die Depression hingegen als Folge einer körperlichen Grunderkrankung auf, ist ein Einschreiben in das DMP nicht möglich, da hier die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund steht.
Die Einschreibung in ein DMP ist freiwillig und kann mit einer Frist von 2 Wochen ohne Angabe von Gründen bei der Krankenkasse widerrufen werden. Voraussetzung für die Teilnahme ist eine gesicherte Diagnosestellung durch einen Hausarzt oder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.
Das DMP bei Depressionen hat folgende Ziele:
Die Koordination der Behandlung und Langzeitbetreuung findet in der Regel durch den Hausarzt statt. In Ausnahmefällen können auch spezialisierte Leistungserbringer wie beispielsweise Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie diese Funktion übernehmen. Psychotherapeuten hingegen dürfen kein DMP anbieten.
Näheres unter Disease-Management-Programm.
Im Krisenfall, insbesondere bei akuter Suizidgefährdung oder wenn bei schweren Depressionen lange Zeit keine Besserung eintritt, kann eine Behandlung in psychiatrischen Kliniken bzw. psychiatrischen Abteilungen von Kliniken notwendig werden. Bei fehlender Behandlungsbereitschaft und akuter Suizidalität muss die Krankenhauseinweisung mit Zustimmung des Betreuungsgerichts auch gegen den Willen des Patienten erwogen werden. Die stationäre Behandlung soll den Patienten schützen und ihn stabilisieren.
In der Regel ist an eine psychiatrische Klinik eine PIA (Psychiatrische Institutsambulanz) angebunden, in der Patienten ambulant behandelt werden. Die Übergänge in der PIA sind fließend: sowohl zum ambulanten Bereich (z.B. Betreuung in einer Arzt- oder Psychotherapiepraxis) als auch zum stationären Bereich (Wiederaufnahme in die Klinik).
Die Krankenhausbehandlung wird von der Krankenkasse und in manchen Fällen auch vom Sozialhilfeträger getragen. Erwachsene Patienten müssen für die vollstationäre Krankenhausbehandlung 10 € pro Tag zuzahlen.
Unter bestimmten Umständen kann eine Haushaltshilfe beantragt werden.
Die "Rehabilitation psychisch kranker Menschen", kurz RPK, ist ein spezieller Reha-Bereich, bei dem medizinische, berufliche und psychosoziale Hilfen aus der Hand eines multiprofessionellen Reha-Teams angeboten und Elemente der stationären und ambulanten Reha kombiniert werden.
RPK ist besonders für Menschen geeignet, die an einer schweren Depression leiden und hierdurch in ihrem sozialen und beruflichen Leben beeinträchtigt sind. Für den Reha-Teilnehmer wird, orientiert an seinem persönlichen Bedarf, ein Hilfeplan erstellt. Durch die enge Verzahnung aller dieser Leistungen kann auf die besonderen Bedürfnisse und die schwankende Leistungsfähigkeit sehr individuell eingegangen werden.
Angebote und Einrichtungen der RPK sind regional unterschiedlich. Weitere Informationen bietet die Internetseite der Bundesarbeitsgemeinschaft RPK. Eine wohnortnahe Reha-Einrichtung kann dort unter www.bagrpk.de > Standorte gesucht werden.
Weitere Reha-Leistungen, die für Patienten mit Depressionen relevant sein können, finden Sie unter folgenden Stichpunkten: