Bei psychischen Störungen mit Krankheitswert übernimmt die Krankenversicherung die Kosten bestimmter psychotherapeutischer Behandlungen (im Sinne einer Krankenbehandlung). Der Patient kann sich seinen Therapeuten selbst aussuchen und bis zu 4 Probesitzungen machen.
Psychotherapie wird nur dann von der Krankenkasse übernommen, wenn sie dazu dient, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Für andere Therapien übernehmen die Kassen die Kosten nur im Einzelfall.
Nicht übernommen werden Maßnahmen, die ausschließlich der beruflichen Anpassung oder Berufsförderung dienen, Erziehungsberatung, Sexualberatung, körperbezogene Therapieverfahren, darstellende Gestaltungstherapie sowie heilpädagogische oder ähnliche Maßnahmen.
Den ersten Zugang zum Psychotherapeuten bietet die sog. psychotherapeutische Sprechstunde. In der Regel erhalten Patienten diesen Termin innerhalb von 4 Wochen. In der psychotherapeutischen Sprechstunde wird abgeklärt, ob eine psychische Erkrankung vorliegt und welche Hilfen notwendig sind.
Erwachsene können die Sprechstunde je Krankheitsfall höchstens 6 Mal mit mindestens je 25 Minuten (insgesamt maximal 150 Minuten) beanspruchen; Kinder, Jugendliche und Menschen mit einer geistigen Behinderung (Intelligenzminderung) höchstens 10 Mal (insgesamt maximal 250 Minuten). Für eine anschließende Psychotherapie ist eine psychotherapeutische Sprechstunde von mindestens 50 Minuten Dauer verpflichtend.
Ist eine Psychotherapie zeitnah notwendig, verfügt der Psychotherapeut aktuell jedoch über keinen freien Therapieplatz, so ist eine psychotherapeutische Akutbehandlung möglich. Ziele sind, einer Chronifizierung der Erkrankung vorzubeugen und Patienten mit akuten Symptomen zu entlasten. Eine umfassende Bearbeitung der zugrunde liegenden Probleme erfolgt erst in der anschließenden Psychotherapie.
Eine Akutbehandlung wird je Krankheitsfall als Einzeltherapie in Einheiten von mindestens 25 Minuten bis zu 24 Mal (insgesamt maximal 600 Minuten) durchgeführt. Dabei können wichtige Bezugspersonen ggf. einbezogen werden. Bei Anwendung eines solchen Mehrpersonensettings beträgt die Mindestdauer 50 Minuten mit entsprechender Verminderung der Gesamtsitzungszahl. Wenn nach einer Akutbehandlung eine Psychotherapie nötig ist, müssen 2 probatorische Sitzungen (siehe unten) durchgeführt werden. Die Stunden der Akutbehandlung werden dann auf das Stundenkontingent der nachfolgenden Psychotherapie angerechnet.
Seit Inkrafttreten des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) darf die Wartezeit für eine psychotherapeutische Akutbehandlung maximal 2 Wochen betragen.
Derzeit anerkannt sind:
Für andere Therapieverfahren übernimmt die Krankenkasse nur im Einzelfall die Kosten.
Seit 1.4.2022 können 30 % der Sprechstunden als Videosprechstunden abgehalten werden und 30 % der Betroffenen können ausschließlich per Video behandelt werden.
Seit dem 1.10.2021 bezahlen die Krankenkassen die sog. gruppentherapeutische Grundversorgung. Hier können Betroffene die Psychotherapie in einer Gruppe kennenlernen, um für sich zu sehen, ob sie diese als hilfreich erleben. Es geht dabei zum einen um Informationen darüber, wie Gruppentherapie abläuft, funktioniert und welche Vorteile sie bietet. Zum anderen soll dabei auch schon damit angefangen werden, die Symptome zu lindern.
Es ist dafür kein Anzeige- oder Antragsverfahren gegenüber den Krankenkassen notwendig, damit der Zugang einfach und unkompliziert ist.
Es gibt zunehmend Apps und Online-Angebote (digitale Gesundheitsanwendungen – DiGA), die kostenlos sind oder von der Krankenkasse übernommen werden. Offiziell anerkannte Online-Anwendungen zu psychischen Erkrankungen finden Sie im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unter https://diga.bfarm.de/de/verzeichnis > Kategorie Psyche. Auf Anfrage können Krankenkassen auch die Kosten für andere Gesundheits-Apps bzw. digitale Gesundheitsanwendungen übernehmen, Näheres unter Digitale Gesundheitsanwendungen.
Die Beziehung zwischen Patient und Therapeut spielt bei einer Psychotherapie eine zentrale Rolle, deshalb ist die Auswahl des passenden Therapeuten wichtig. Für eine Psychotherapie ist keine Überweisung durch einen Arzt erforderlich. Der gewählte Psychotherapeut muss allerdings eine Kassenzulassung haben, damit die Krankenkasse die Kosten übernimmt.
Therapeuten können entweder Psychologen ("psychologischer Psychotherapeut") oder Mediziner ("ärztlicher Psychotherapeut") sein - beide dürfen Kinder, Jugendliche und Erwachsene behandeln - oder (Sozial)Pädagogen, die für die Therapie von Kindern und Jugendlichen ausgebildet sind ("Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut"). Alle drei Arten von Psychotherapeuten haben zusätzlich zu ihrem "Grundberuf" eine psychotherapeutische Zusatzausbildung abgeschlossen.
Für einen Laien ist die Vielfalt der ärztlichen Begrifflichkeiten verwirrend. Hier eine Kurzübersicht – wobei immer bedacht werden muss, dass die individuelle Erfahrung und Schwerpunktlegung der Ärzte und Therapeuten sehr wichtig ist:
Es ist möglich, 2-4 Probestunden (Kinder und Jugendliche bis zu 6 Stunden) bei einem Therapeuten zu machen, bis man entscheidet, ob man dort die Therapie durchführen will.
Nach diesen probatorischen Sitzungen und auf jeden Fall bevor die eigentliche Therapie beginnt, muss ein Arzt, z.B. Hausarzt, Internist oder Neurologe, aufgesucht werden, um abzuklären, ob eventuell eine körperliche Erkrankung vorliegt, die zusätzlich medizinisch behandelt werden muss (Konsiliarbericht). Dieser Arztbesuch ist jedoch nur nötig, wenn es sich bei dem behandelnden Therapeuten um einen psychologischen Psychotherapeuten handelt. Handelt es sich um einen ärztlichen Psychotherapeuten, erübrigt sich dieser Arztbesuch.
Seit dem 1.10.2021 gibt es auch probatorische Sitzungen in Gruppen.
Der Patient muss zusammen mit seinem Therapeuten einen Antrag auf Feststellung der Leistungspflicht für Psychotherapie stellen. Der Antrag wird zusammen mit einem anonymisierten Bericht (dieser befindet sich in einem Umschlag mit einer Codenummer) an die Krankenkasse des Patienten geschickt. Der Bericht enthält Angaben zur Diagnose, eine Begründung der Indikation und eine Beschreibung der Art und Dauer der geplanten Therapie. Die Krankenkasse leitet diesen Bericht ungeöffnet an einen Gutachter weiter (sofern der Antrag gutachterpflichtig ist), der eine Empfehlung zur Bewilligung oder Ablehnung der Psychotherapie abgibt. Dadurch erhält die Krankenkasse keine persönlichen Informationen über den Patienten.
Im Falle einer Ablehnung kann der Patient Widerspruch einlegen. Die Krankenkasse muss über diesen innerhalb von 3 Monaten entscheiden. Näheres unter Widerspruch im Sozialrecht.
Nach Klärung der Diagnose und Indikationsstellung werden vor Beginn der Behandlung der Behandlungsumfang und die -frequenz festgelegt. Die Dauer einer Psychotherapie ist abhängig von der Art der Behandlung: Die Probesitzungen zählen nicht zur Therapie. Eine Sitzung dauert meist 50 Minuten. Eine Gruppentherapiesitzung zählt wie 2 Einzelsitzungen und dauert 100 Minuten. Nachfolgend einige Richtwerte:
Einzel- und Gruppentherapie können auch kombiniert werden. Insbesondere bei der systemischen Therapie kann die Behandlung auch zusammen mit relevanten Bezugspersonen aus der Familie oder dem sozialen Umfeld erfolgen.
Eine Verlängerung kann beantragt werden, wenn mit Ende der Therapiezeit das Behandlungsziel nicht erreicht werden kann, aber bei Fortführung der Therapie begründete Aussicht darauf besteht.
Bei Menschen mit einer geistigen Behinderung (Intelligenzminderung) stehen weitere Therapieeinheiten für die Einbeziehung wichtiger Bezugspersonen (z.B. Eltern, Betreuer) zur Verfügung, um eine bessere Diagnostik und Behandlung zu ermöglichen.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Durchführung der Psychotherapie eine Psychotherapie-Richtlinie erstellt, Download unter www.g-ba.de > Richtlinien > Psychotherapie-Richtlinie.
Psychosomatische Grundversorgung
Rechtsgrundlagen: Psychotherapie-Richtlinie auf der Basis von § 92 Abs. 6a SGB V