Psychiatrische Krankenpflege

1. Das Wichtigste in Kürze

Die psychiatrische Krankenpflege soll Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen helfen, zu Hause ein eigenständiges Leben in der gewohnten Umgebung zu führen und Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. Sie richtet sich z.B. an Demenzkranke oder an Menschen mit psychotischen Störungen. Psychiatrische Krankenpflege ist eine Sonderform der häuslichen Krankenpflege, d.h. ein Patient wird zu Hause von Fachpersonal pflegerisch versorgt.

2. Ziele

Die häusliche psychiatrische Krankenpflege dient

  • der Entwicklung von Fähigkeiten zur Bewältigung von Krisensituationen und zum eigenverantwortlichen Umgang mit der Erkrankung,
  • der Entwicklung ausgleichender Hilfen bei krankheitsbedingten Einschränkungen sowie
  • der Hilfe bei der Kontaktaufnahme zu an der Versorgung beteiligten Einrichtungen und Leistungserbringern.

3. Voraussetzungen

Grundsätzlich sind die Maßnahmen zur Verordnung psychiatrischer Krankenpflege nur verordnungsfähig, wenn erkennbar ist, dass die Beeinträchtigungen positiv beeinflusst werden können und somit ein Verbleib in der Häuslichkeit möglich ist.

Folgende Voraussetzungen müssen für die Verordnung psychiatrischer Krankenpflege gegeben sein:

  • Indikation nach § 4 Absätze 9 und 10 der Häusliche Krankenpflege-Richtlinie. Darunter fallen Patienten mit Demenz, Psychosen und anderen psychischen Erkrankungen.
  • Störungen von Antrieb, Ausdauer oder Belastbarkeit in Verbindung mit Einschränkungen des planenden Denkens oder des Realitätsbezugs sowie der Unfähigkeit den Tag selbstständig zu strukturieren.
  • Einschränkungen der Kontaktfähigkeit, der kognitiven Fähigkeiten (z.B. Konzentration, Merkfähigkeit, Lernleistung und problemlösendes Denken) und Schwierigkeiten beim Erkennen der Krankheit sowie beim Überwinden von Konfliktsituationen und Krisen.
  • Die Aufgaben der psychiatrischen Krankenpflege können nicht von einem im Haushalt lebenden Angehörigen übernommen werden.

4. Verordnung

Die ärztliche Verordnung der psychiatrischen Krankenpflege erfolgt durch

  • einen Vertragsarzt des Fachgebiets Nervenheilkunde, Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie.
  • einen Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
  • Psychologische Psychotherapeuten.
  • Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten.
  • Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie können die psychiatrische Krankenpflege verordnen, in Ausnahmefällen bis zu einem Alter von 21 Jahren. Zudem ist eine Verordnung durch psychiatrische Institutsambulanzen möglich.
  • Hausärzte und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie können die psychiatrische Krankenpflege für bis zu 6 Wochen verordnen, wenn eine vorherige Diagnosesicherung durch einen der oben genannten Fachärzte erfolgt ist. Diese darf nicht länger als 4 Monate zurückliegen.

Zur Verordnung gehören der Verordnungsvordruck zur häuslichen Krankenpflege (Muster 12) und ein vom Arzt erstellter Behandlungsplan. Dieser muss die Indikation, die Fähigkeitsstörungen, die Zielsetzung der Behandlung und die Behandlungsschritte (Behandlungsfrequenzen und -dauer) enthalten.

Maßnahmen der psychiatrischen Krankenpflege und der Soziotherapie können in der Regel nur nacheinander, nicht zeitlich nebeneinander verordnet werden.

Ausnahme: Die Maßnahmen ergänzen sich aufgrund ihrer jeweiligen Zielsetzung. Diese Abgrenzung gegeneinander ist sowohl im Behandlungsplan der psychiatrischen Krankenpflege als auch im soziotherapeutischen Betreuungsplan darzulegen.

5. Dauer

Zunächst ist eine Erstverordnung für bis zu 14 Tage zur Erarbeitung der Pflegeakzeptanz und zum Beziehungsaufbau üblich. Wenn keine Einschätzung zur Behandlungsfähigkeit möglich ist, wird eine Folgeverordnung für weitere 14 Tage ausgestellt. Psychiatrische Krankenpflege kann bis zu 4 Monate lang verordnet werden, eine Verlängerung ist möglich, wenn diese erforderlich, vom Arzt begründet und von der Krankenkasse genehmigt ist. Die Psychiatrische Krankenpflege endet, wenn sie nicht mehr benötigt wird oder keine Aussicht auf Erfolg besteht (z.B. bei fehlender Mitwirkung des Patienten).

Zur Vermeidung eines Krankenhausaufenthaltes (Krankenhausvermeidungspflege) und um einen Verbleib in der häuslichen Umgebung zu ermöglichen (Unterstützungspflege), besteht ein Anspruch auf bis zu 4 Wochen psychiatrische Krankenpflege, in begründeten Ausnahmefällen auch länger.
Nach einem Krankenhausaufenthalt ist die Inanspruchnahme im Rahmen des Entlassmanagements für bis zu 7 Tage möglich.

6. Zuzahlung

Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, zahlen 10 % der Kosten pro Tag für längstens 28 Tage im Kalenderjahr, sowie 10 € pro Verordnung.

7. Sachleistungserbringung

Vorrangig erbringen die Krankenkassen eine Sachleistung, d.h. sie stellen die Pflegekraft.

Wenn die Sachleistungserbringung nicht möglich ist, werden die Kosten der Pflegekräfte der Sozialstationen, Krankenpflegevereine usw. von der Krankenkasse oder in wenigen Einzelfällen vom Unfallversicherungsträger übernommen. Dies muss unbedingt vorher mit dem Leistungsträger abgesprochen und von diesem genehmigt worden sein.

7.1. Ausnahme

Die Krankenkassen erstatten die Kosten für eine selbst beschaffte Kraft in angemessener Höhe (d.h. in Anlehnung an das tarifliche oder übliche Entgelt einer Pflegekraft), falls:

  • die Krankenkasse keine Kraft stellen kann, z.B. wenn die Kapazität der von der Krankenkasse eingestellten Pflegekräfte erschöpft ist.
  • die selbst beschaffte Pflegekraft geringere Kosten verursacht.
  • die zu pflegende Person aus nachvollziehbaren Gründen nur eine bestimmte selbst ausgewählte Pflegeperson akzeptiert. Diese Person muss geeignet sein, pflegerische Dienste zu erbringen, was allerdings nicht notwendigerweise eine abgeschlossene Ausbildung voraussetzt.

7.2. Praxistipp

Herkömmliche ambulante Pflegedienste haben ihren Schwerpunkt in der Regel auf der Pflege älterer Patienten. Psychiatrische Krankenpflege auf Verordnung kann aber nur ein spezialisierter Dienst für psychiatrische Krankenpflege erbringen, der mit der Krankenkasse des Patienten einen Versorgungsvertrag haben muss.

8. Richtlinie

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur häuslichen Krankenpflege eine Richtlinie erstellt. Diese Richtlinie kann unter
www.g-ba.de > Richtlinien > Häusliche Krankenpflege-Richtlinie heruntergeladen werden.

Die "Besonderheiten der Verordnung der psychiatrischen Krankenpflege" stehen in § 4 der Richtlinie.

Eine detaillierte Auflistung der Diagnosen zur Verordnung psychiatrischer Krankenpflege steht in der Anlage der Richtlinie: "Verzeichnis verordnungsfähiger  Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege" unter Nr. 27a.

9. Wer hilft weiter?

Krankenkassen

10. Verwandte Links

Häusliche Krankenpflege

Psychotherapie

Soziotherapie

Häusliche Pflege Pflegeversicherung

 

Gesetzesquellen: § 37 SGB V - § 32 SGB VII

Letzte Bearbeitung: 29.08.2021

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