Das Wichtigste in Kürze
Schwere depressive Störungen können eine selbstständige Lebensführung zeitweise unmöglich machen. Für Alleinlebende empfehlen sich dann oft betreute Wohnformen. Der Umfang der Betreuung ist je nach Angebot sehr unterschiedlich und reicht von ambulant betreutem Einzelwohnen bis hin zu betreuten Wohngruppen. Die Betreuung kann z.B. über die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen oder über die Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen vom Jugendamt finanziert werden. Alternativ können Menschen mit Depressionen auch Assistenzleistungen beim Wohnen in Anspruch nehmen, die mehr Selbstbestimmung ermöglichen.
Betreutes Wohnen für Menschen mit Depressionen
Bei betreuten Wohnformen stehen dem Menschen mit Depressionen z.B. Sozialarbeiter, Ärzte, Therapeuten und / oder Krankenpfleger zur Seite. Die fachliche Ausrichtung ist je nach Konzept unterschiedlich. Im Idealfall kommen die Betreuungspersonen aus verschiedenen Berufsgruppen und arbeiten eng zusammen. Die Betreuung richtet sich immer nach dem individuellen Bedarf und unterscheidet sich deshalb ebenfalls sehr stark, sowohl was die Themen und Ziele angeht als auch in ihrem Umfang. Wichtig ist, dass es verbindliche Absprachen gibt, gemeinsam festgelegte Betreuungsziele und ein Hilfsnetz im Hintergrund, mit dem jederzeit auf Veränderungen und Krisen reagiert werden kann.
Betreuungsangebote im betreuten Wohnen
Die Betreuungsangebote umfassen z.B.
- Tagesstrukturierende Hilfen
- Hilfen und Anleitung im Haushalt: Putzen, Waschen, Kochen
- Freizeitangebote: Sport, Ausflüge, kreatives Gestalten, kulturelle Aktivitäten, Reisen
- Sozialrechtliche und finanzielle Beratung
- Hilfe im Umgang mit Geld
- Hilfe bei der Beantragung und Aufrechterhaltung von Reha-Maßnahmen
- Hilfen zur Erlangung von Arbeitsmöglichkeiten
- Sicherung der medizinischen Versorgung
- Einzel- und Gruppengespräche
- Krisenintervention
Dauer des betreuten Wohnens
Der Aufenthalt in den meisten betreuten Wohnformen ist befristet. Die Dauer reicht dann von wenigen Monaten bis einigen Jahren.
Wohnformen im betreuten Wohnen
Betreutes Wohnen gibt es stationär in einem Wohnheim oder ambulant, z.B. in einer eigenen Wohnung, in einem Appartement in einem Haus mit Gemeinschaftsräumen, in einer Wohngemeinschaft, oder in einer Gastfamilie. Näheres unter Behinderung > Wohnen.
Assistenz statt Betreuung für Menschen mit Depressionen
Statt betreutem Wohnen können Menschen mit Depressionen aber auch Assistenzleistungen in Anspruch nehmen. Im Unterschied zur Betreuung ist Assistenz von einer anderen Haltung geprägt, welche die Selbstbestimmung in den Vordergrund stellt. Aber in der Praxis sind Betreuung und Assistenz oft nicht klar zu unterscheiden, weil viele Anbieter von Betreuung in Wirklichkeit Assistenz anbieten und manche Assistenzangebote doch Betreuung bieten und die Selbstbestimmung weniger ernst nehmen, als es die Bezeichnung vermuten lässt. Näheres unter Behinderung > Wohnen.
Leistungsträger und Kostenträger
Die Betreuungspersonen sind meist bei einem sog. Leistungsträger beschäftigt und werden von diesem bezahlt. Viele Wohnprojekte haben mehrere Träger oder einen Träger, der mit verschiedenen Partnern kooperiert. Infrage kommen z.B. der Sozialpsychiatrische Dienst, der Allgemeine Sozialdienst oder Wohlfahrtsverbände. Auch an psychiatrische Akutkliniken, Wohnheime, Werkstätten für behinderte Menschen oder Inklusionsbetriebe sind teilweise Wohnmöglichkeiten angebunden.
Die Leistungsträger bekommen in der Regel für ihre Leistungen Geld von einem sog. Kostenträger. Depressive Menschen können beim Kostenträger das betreute Wohnen beantragen.
- Bei Erwachsenen mit Depressionen ist Kostenträger meist der Träger der Eingliederungshilfe. Das betreute Wohnen wird im Rahmen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen erbracht. Abhängig von ihrem Einkommen und Vermögen müssen Menschen mit Behinderungen oberhalb bestimmter Freibeträge ggf. einen eigenen Beitrag zu diesen Leistungen zahlen. Näheres unter Eingliederungshilfe > Einkommen und Vermögen.
- Für Jugendliche und junge Erwachsene mit Depressionen kann das betreute Wohnen beim Jugendamt beantragt werden. Der Träger der Jugendhilfe kann betreutes Wohnen im Rahmen der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen finanzieren. Bei Volljährigen müssen dafür auch die Voraussetzungen für die Hilfe für junge Volljährige vorliegen, sonst ist der Träger der Eingliederungshilfe zuständig.
Wer außerdem nicht genug Geld hat, um seine Wohnkosten und den Lebensunterhalt zu finanzieren, kann dafür eine der folgenden Leistungen beantragen:
- Bürgergeld vom Jobcenter: bei Erwerbsfähigkeit (liegt auch bei teilweiser Erwerbsminderung vor) oder bei vorübergehender voller Erwerbsminderung beim Zusammenleben mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft
- Sozialhilfe vom Sozialamt:
- Hilfe zum Lebensunterhalt: bei vorübergehender voller Erwerbsminderung außerhalb einer Bedarfsgemeinschaft
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bei dauerhafter voller Erwerbsminderung
- Wohngeld: mit einem Mindesteinkommen, das zusammen mit dem Wohngeld zum Leben ausreicht
- Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz: für bestimmte Flüchtlinge, z.B. mit einer Aufenthaltsgestattung, einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen oder einer Duldung
Teils beteiligen sich die Träger der Eingliederungshilfe an den Wohnungskosten. Näheres unter Eingliederungshilfe > Abgrenzung zu Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Praxistipp
Betreutes Wohnen oder Assistenzleistungen können Sie auch über ein sog. persönliches Budget finanzieren. Dabei bekommen Sie vom Kostenträger Geld, mit dem Sie einen selbstgewählten Leistungsträger bezahlen können. In diesem Rahmen können Sie oder Ihre Angehörigen die Betreuungspersonen oder Assistenzkräfte auch selbst suchen und als Ihre Angestellten bei sich beschäftigen. Näheres unter Assistenzleistungen.
Wer hilft weiter?
- Auf der Suche nach betreutem Wohnen helfen der Sozialdienst in der Klinik, der ambulante Sozialpsychiatrische Dienst sowie alle Träger mit entsprechenden Angeboten – das sind meist Wohlfahrtsverbände, aber z.B. auch Gemeinden und Vereine.
- Anträge nehmen die Träger der Eingliederungshilfe bzw. die Jugendämter entgegen.
- Unabhängige Beratung bietet die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung (EUTB).
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Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen
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