Behinderung > Wohnen

1. Das Wichtigste in Kürze

Vollständig barrierefreies Wohnen ist oft schwer zu realisieren, doch Leistungen zur sozialen Teilhabe und / oder Zuschüsse der Pflegekasse können zumindest ein barrierearmes Wohnumfeld für Menschen mit Behinderungen ermöglichen. Betreutes Wohnen bietet dabei Unterstützung im Alltag – entweder stationär, z.B. in einem Wohnheim, oder ambulant, z.B. in der eigenen Wohnung. Persönliche Assistenz ermöglicht ein selbstbestimmtes Leben in der eigenen Wohnung oder Wohngemeinschaft. Im Gegensatz zur Betreuung richtet sich die Assistenz konsequent nach den Wünschen der unterstützten Person und soll ihr ein Leben nach eigenen Vorstellungen ermöglichen.

2. Barrierefreies Wohnen – barrierearmes Wohnen

Barrierefreies Wohnen für Menschen mit Behinderungen ist oft nicht erreichbar, aber zumindest barrierearmes Wohnen ist möglich. Die Barrieren beim Wohnen sind so vielfältig wie die Behinderungen und betreffen nicht nur Menschen mit körperlichen Behinderungen, sondern auch Menschen mit Sinnesbehinderungen wie z.B. Gehörlosigkeit und Blindheit, mit Intelligenzminderungen oder mit psychischen Behinderungen.

2.1. Beispiele für Barrieren beim Wohnen

  • Mit einem Rollstuhl unüberwindbare Stufen
  • Dusche mit hohem Einstieg, die bei Mobilitätseinschränkungen nicht benutzt werden kann
  • Geräusche, die bei Menschen mit einer Reizfilterschwäche (z.B. bei ADHS oder Psychosen) zu Überlastung führen
  • Haushaltsgeräte mit Touchpad, das nur durch Sehende bedient werden kann
  • Türklingel mit rein akustischem Signal, das nur von Hörenden wahrgenommen werden kann
  • mangelnder Hitzeschutz im Sommer, der zu hohen Gesundheitsrisiken für Menschen mit bestimmten chronischen Krankheiten führt
  • unberechenbares Verhalten der Hausverwaltung, mit dem Menschen mit psychischen Behinderungen nicht umgehen können

2.2. Leistungen zum Abbau von Barrieren beim Wohnen

Im Rahmen der Leistungen zur sozialen Teilhabe können Menschen mit Behinderungen sog. Leistungen für Wohnraum bekommen.

Beispiele:

  • Hilfe bei der Beschaffung von Wohnraum: z.B. Beratung und Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum, Übernahme der Umzugskosten
  • Umbau oder behindertengerechte Ausstattung zum Erhalt der bisherigen Wohnung: z.B. Einbau eines Fahrstuhls oder Treppenlifts, Einbau einer ebenerdigen Dusche

Wer die Kosten übernimmt ist unterschiedlich, in Frage kommt z.B. der Unfallversicherungsträger oder der Träger der Eingliederungshilfe, Näheres unter Leistungen zur Sozialen Teilhabe.

Für Menschen mit einem Pflegegrad kann außerdem die Pflegekasse Umbauten und Ergänzungen in der Wohnung bezuschussen, Näheres unter Wohnumfeldverbesserung.

3. Betreutes Wohnen für Menschen mit Behinderungen

Wenn Menschen mit Behinderungen die Hilfe anderer Menschen benötigen, kann betreutes Wohnen für sie die richtige Wohnform sein. Dabei wird zwischen stationär betreutem Wohnen und ambulant betreutem Wohnen unterschieden.

3.1. Stationär betreutes Wohnen

Wohnheime sind stationäre Einrichtungen der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen oder der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen. Die Menschen mit Behinderungen haben dort in der Regel ein eigenes Zimmer und nutzen ansonsten Gemeinschafträume. Dabei befinden sich in der Einrichtung zeitweise oder auch rund um die Uhr Fachkräfte in der Einrichtung. Diese übernehmen die Eingliederungshilfe zur Sozialen Teilhabe und die Pflege für die Menschen mit Behinderung in der Einrichtung.

Wohngruppen sind WGs innerhalb eines Heims für Menschen mit Behinderungen. Dabei kann es sich um abgetrennte Bereiche innerhalb eines Gebäudes handeln, aber z.B. auch um außerhalb angemietete Wohnungen, die Teil der Einrichtung sind.

Appartementwohnen ist eine Zwischenform zwischen ambulant betreutem Wohnen und einer Wohngruppe. Der Mensch mit Behinderung hat dabei ein eigenes Appartement mit Bad und einer kleine Küche innerhalb einer Einrichtung für Menschen mit Behinderungen. In der Einrichtung gibt es außerdem Gemeinschaftsräume und Räume für das Betreuungspersonal.

3.2. Ambulant betreutes Wohnen

Ambulant betreutes Wohnen ist das Wohnen außerhalb von Einrichtungen. Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten.

Beispiele:

  • Ambulant betreutes Einzelwohnen: Der Mensch mit Behinderung wohnt in einer eigenen Wohnung. Einmal oder mehrmals in der Woche kommt eine Fachkraft für die Eingliederungshilfe zu vorher vereinbarten Terminen dorthin. Bei Bedarf unterstützt außerdem ein ambulanter Pflegedienst. Darüber hinaus gibt es meist keine Unterstützung.
  • Ambulant betreute Wohngemeinschaft (WG): Mehrere Menschen mit Behinderungen wohnen zusammen. Sie haben in der Regel jeweils ein eigenes Zimmer, teilen sich aber Bad, Küche, Wohn- und Esszimmer. Die Betreuung übernehmen Fachkräfte für Eingliederungshilfe und ambulante Pflegedienste, die in die Wohngemeinschaft kommen. Zum Teil gibt es ein Zimmer oder Büro in der WG für die Fachkräfte.
  • Wohnen in Gastfamilien für Menschen mit Behinderungen: Gastfamilien können Familien mit Kindern, Paare oder Einzelpersonen sein. Sie nehmen den Menschen mit Behinderung bei sich auf und unterstützen im Alltag. Die Unterbringung ist unterschiedlich und hängt von den Verhältnissen in der jeweiligen Gastfamilie ab: Manche Gastfamilien vermieten eine Einliegerwohnung oder Hausetage, andere stellen nur ein Zimmer zur Verfügung. Die Gastfamilie wird dabei von einem Fachdienst unterstützt und bekommt z.B. sozialpädagogische Beratung. Sie bekommt dafür Miete und eine Pauschale für die Betreuung.
  • Inklusive Wohngemeinschaften: Das sind WGs, in denen Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenleben. Die Menschen ohne Behinderung zahlen weniger Miete und übernehmen dafür einen Teil der Unterstützung für die Menschen mit Behinderung.

4. Persönliche Assistenz beim Wohnen

Persönliche Assistenz beim Wohnen ähnelt dem ambulant betreuten Wohnen, denn auch hier wohnt der Mensch mit Behinderung in einer eigenen Wohnung oder in einer Wohngemeinschaft, die nicht zu einer stationären Einrichtung gehört. Er wird aber nicht von Fachkräften betreut, sondern bekommt stattdessen Assistenz.

Der Unterschied zwischen Betreuung und Assistenz ist, dass Assistenz so stattfindet, wie es sich der Mensch mit Behinderung wünscht, damit dieser trotz Behinderung ein selbstbestimmtes Leben führen und gleichberechtigt mit Menschen ohne Behinderungen leben kann. Menschen ohne Behinderung dürfen in einer eigenen Wohnung leben und frei entscheiden, wann sie z.B. schlafen, essen, sich waschen oder ihre Wohnung verlassen wollen, also haben auch Menschen mit Behinderung ein Recht darauf. Statt Bevormundung hinnehmen zu müssen, sollen die Menschen mit Behinderungen durch Assistenz so leben können, wie sie es für sich selbst entscheiden. Was eine Assistenzkraft macht, darf deshalb nicht die Assistenzkraft entscheiden, sondern im Wesentlichen der Mensch mit Behinderung, Näheres unter Assistenzleistungen.

Die Unterschiede von betreutem Wohnen und Assistenz beim Wohnen verschwimmen allerdings in der Praxis:

  • Viele Anbieter von betreutem Wohnen bieten Assistenz statt Betreuung an.
  • Manche Anbieter von Assistenzleistungen achten die Selbstbestimmung nicht in vollem Umfang, so dass es sich tatsächlich eher um Betreuung handelt.

Wer die Kosten für persönliche Assistenz übernimmt, ist unterschiedlich. In Frage kommt z.B. der Unfallversicherungsträger oder der Träger der Eingliederungshilfe, Näheres unter Leistungen zur Sozialen Teilhabe.

5. Praxistipps

5.1. Persönliches Budget

Sie können beantragen, dass Sie Ihre Leistungen zur Teilhabe nicht direkt als Sach- oder Dienstleistung erhalten, sondern stattdessen das nötige Geld ausgezahlt bekommen. Ihre Leistung können Sie dann selbst einkaufen. Sie können auch selbst Assistenzpersonen einstellen und dabei als Arbeitgeber auftreten. Näheres unter Persönliches Budget.

5.2. Hausnotruf

Ein Hausnotrufgerät ist ein Gerät, mit dem Sie jederzeit per Knopfdruck Hilfe holen können. Manche Geräte rufen z.B. auch bei einem Sturz automatisch Hilfe. Sie erreichen über das Gerät eine Hausnotrufzentrale. Diese schickt Ihnen entweder den Rettungsdienst oder informiert Personen, deren Daten Sie hinterlegt haben. Oft können Sie auch hinzubuchen, dass stattdessen ein ehrenamtlicher Hintergrunddienst vorbeikommt, wenn kein Rettungsdienst notwendig ist. Wenn Sie einen Pflegegrad haben, bezahlen die Pflegekassen unter bestimmten Voraussetzungen den monatlichen Basispreis für ein Hausnotrufsystem. Näheres unter Hausnotrufsysteme.

Die Anbieter von Hausnotrufsystemen richten sich in der Regel an alte pflegebedürftige Menschen, aber auch als junger Mensch mit Behinderung und auch ohne Pflegegrad können Sie diese nutzen. Wenn der Hausnotruf notwendig dafür ist, dass Sie selbstbestimmt wohnen können, dann können Sie ein Hausnotrufsystem mit Hintergrunddienst als Leistung zur Sozialen Teilhabe bekommen. Die Assistenzleistungen zur sozialen Teilhabe umfassen nämlich bei Bedarf auch eine Rufbereitschaft.

5.3. Auszug aus dem Elternhaus mit Behinderung

Viele Erwachsene mit Behinderungen bleiben zunächst bei ihren Eltern wohnen oder ziehen nur vorübergehend während ihrer Ausbildung in ein Internat eines Berufsbildungswerks (Näheres unter Behinderung > Ausbildung und Studium) und kehren dann ins Elternhaus zurück. Wenn Sie aus Ihrem Elternhaus ausziehen wollen, dann haben Sie aber ein Recht darauf. Das ergibt sich aus der Behindertenrechtskonvention. Damit Sie auch ausziehen können, haben Sie ein Recht auf Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen oder Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen zur Unterstützung bei der Wohnungssuche, beim Umzug und beim späteren Wohnen außerhalb Ihres Elternhauses.

Allerdings müssen alle jungen Menschen in der Regel vor ihrem 25. Geburtstag bei den Eltern wohnen bleiben, wenn sie auf Bürgergeld angewiesen sind, egal ob sie eine Behinderung haben oder nicht, Näheres unter Bürgergeld > Kosten der Unterkunft.

5.4. Widerspruch, Klage und Eilverfahren

In der Praxis ist es meist schwierig, die Ansprüche auf Leistungen zur sozialen Teilhabe zum selbstbestimmten Wohnen außerhalb einer Einrichtung durchzusetzen. Wenn Ihr Antrag auf eine Leistung abgelehnt wird, können Sie sich dagegen mit einem Widerspruch und ggf. einer Klage wehren. Beides ist für Sie kostenlos, aber wenn Sie dafür anwaltliche Hilfe brauchen, müssen Sie diese erst einmal bezahlen. Wenn Sie das Verfahren gewinnen, werden Ihnen die Kosten aber hinterher erstattet. Wenn Sie sich die Anwaltskosten nicht leisten können, können Sie für das Widerspruchsverfahren Beratungshilfe und für das gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe beantragen.

5.5. Freibetrag beim Wohngeld

Wenn Sie einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 haben gilt für Sie ein besonderer Freibetrag beim Wohngeld. Das Gleiche gilt, wenn Sie eine anerkannte Schwerbehinderung (GdB mindestens 50) haben, pflegebedürftig sind und häusliche, teilstationäre oder Kurzzeitpflege bekommen. Näheres unter Wohngeld.

5.6. Höhere Wohnkosten wegen Behinderung beim Bürgergeld und bei der Sozialhilfe

Barrierefreies oder barrierearmes Wohnen ist meistens teurer als eine normale Wohnung. Das müssen die Jobcenter und Sozialämter bei ihrer Entscheidung berücksichtigen, welche Kosten der Unterkunft sie bei Ihnen als Bedarf im Rahmen des Bürgergelds oder der Sozialhilfe anerkennen. Wenn Sie wegen Ihrer Behinderung umziehen müssen, dann muss das Jobcenter oder Sozialamt notwendige Umzugskosten übernehmen. Näheres unter Kosten der Unterkunft und Kosten der Unterkunft > Angemessenheit.

6. Wer hilft weiter?

Die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB).

7. Verwandte Links

Assistenzleistungen

Leistungen zur Sozialen Teilhabe

Wohnumfeldverbesserung

Betreutes Wohnen für Senioren

Wohnen im Alter

Depressionen > Betreutes Wohnen

CED > Wohnen

Transplantation > Wohnen

Schlaganfall > Wohnen

Psychosen > Wohnen

Schädel-Hirn-Trauma > Familie und Wohnen

ADHS > Wohnen

Osteoporose > Hilfsmittel - Wohnen

Parkinson > Hilfsmittel und Wohnen

Demenz > Wohnen

KHK > Familie und Wohnen

Letzte Bearbeitung: 16.07.2025

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