Der Grad der Behinderung (GdB) beziffert bei Menschen mit Behinderungen die Schwere der Behinderung. Er wird durch das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten (teils auch "Amt für Soziales und Versorgung" genannt) festgestellt. Für die Feststellung gilt die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Sie enthält als Anlage 2 die sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Eine Gesamtsicht darauf, inwieweit ein Mensch insgesamt bei der Teilhabe beeinträchtigt ist, bestimmt den GdB. Mehrere GdB-Werte aus der VersMedV werden folglich nicht einfach zusammengezählt. Ein GdB kann beim Versorgungsamt oder Amt für Soziale Angelegenheiten beantragt werden.
Die Bezeichnung GdB wird im Sozialgesetzbuch IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen) verwendet.
Die Bezeichnung GdS wird im Sozialen Entschädigungsrecht verwendet, dessen Rechtsgrundlage das Bundesversorgungsgesetz (BVG) ist. Dessen Kernstücke bilden insbesondere die Kriegsopferversorgung und die Opferentschädigung.
Beide werden danach bemessen, welche körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen eine sog. Funktionsbeeinträchtigung auf Grund eines sog. Gesundheitsschadens auf das Leben eines Menschen hat. Es geht dabei um die Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, nicht nur auf das Erwerbsleben. Einen hohen GdB können deshalb auch Menschen haben, die in Vollzeit arbeiten können.
Der Unterschied ist, dass beim GdS nur die sog. Schädigungsfolgen berücksichtigt werden, beim GdB hingegen jede Behinderung, unabhängig von der Ursache.
Beispiel:
Eine junge Frau wurde von ihrem Partner heftig geschlagen und hat seitdem eine Behinderung. Später bekommt sie Krebs, worauf sich ihre Behinderung verstärkt. Beim GdS zählen nur die Folgen des rechtswidrigen Angriffs (Zusammenschlagen), beim GdB zählen auch die Auswirkungen der Krebserkrankung dazu.
Bei der Bemessung des GdS bzw. GdB geht es nicht allein darum, welche medizinischen Diagnosen einem Menschen gestellt wurden. Es kommt vielmehr auch darauf an, welche sog. Funktionsbeeinträchtigungen und/oder Teilhabebeeinträchtigungen sie verursachen.
Bei mehreren Beeinträchtigungen werden für jede Beeinträchtigung einzelne Werte angegeben. Für die Bemessung des Gesamt-GdS bzw. GdB werden diese Werte aber nicht addiert oder sonst irgendwie miteinander verrechnet. Stattdessen kommt es dafür immer auf alle Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit an. Es muss berücksichtigt werden, wie sie sich gegenseitig beeinflussen.
GdB und GdS werden nach den gleichen Maßstäben in 10er-Graden von 20 bis maximal 100 angegeben. Es ist also möglich, z.B. einen GdB von 20, 50 oder 100 zu haben. Der GdB wird nicht in Prozent angegeben, auch wenn das in der Umgangssprache üblich ist.
Einen GdB bzw. GdS gibt es bei sog. pathologischen Gesundheitsschäden und nicht bei sog. physiologischen Alterserscheinungen. Pathologisch bedeutet krankhaft, physiologisch bedeutet normal. Typische "Alterskrankheiten" gelten nicht als physiologisch, wenn
Physiologische Alterserscheinungen sind z.B.
Der GdB wird nur auf Antrag festgestellt. Die Vordrucke dafür sind bei den zuständigen Versorgungsämtern bzw. Ämtern für Soziale Angelegenheiten erhältlich. Ab einem GdB von 50 besteht ein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis und die damit verbundenen Nachteilsausgleiche.
Näheres zum Antrag auf Feststellung eines GdB und auf einen Schwerbehindertenausweis unter Schwerbehindertenausweis.
Das Versorgungsamt oder das Amt für Soziale Angelegenheiten richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV). Diese enthält allgemeine Beurteilungsregeln und Einzelangaben über die Höhe des GdB bzw. GdS. Es handelt sich allerdings nur um einen Orientierungsrahmen, die Berechnung des GdB/GdS ist vom individuellen Einzelfall abhängig.
Besonders wichtig für die Feststellung sind die sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätze in Anlage 2 der VersMedV. Im Teil B sind dort verschiedene Gesundheitsstörungen bzw. Krankheiten aufgelistet und GdS-Werte zugeordnet. Diese Werte gelten nicht nur als Anhaltspunkte für den GdS, sondern auch für den GdB.
Wenn das Amt den GdB oder GdS bei dort nicht aufgelisteten Gesundheitsstörungen ermitteln muss, sucht es nach vergleichbaren dort aufgelisteten Gesundheitsstörungen und vergibt den GdB oder GdS entsprechend der Werte für diese vergleichbare Gesundheitsstörung.
Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage 2 finden Sie in ständig aktuell unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/index.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".
Der Begriff "Heilungsbewährung" kommt öfter in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen vor, nämlich nach der Transplantation innerer Organe und nach der Behandlung bestimmter Krankheiten, z.B. bei vielen Krebserkrankungen. Betroffene bekommen für die Zeit der Heilungsbewährung einen höheren GdB bzw. GdS, als er für die eigentliche Behinderung vergeben würde.
Denn bei manchen Krankheiten sind Rückfälle (sog. Rezidive) für einige Zeit nach der Behandlung besonders wahrscheinlich. Dieses Rückfallrisiko belastet psychisch und es sind Untersuchungen notwendig, z.B. wiederholte Mammographien nach einer abgeschlossenen Brustkrebsbehandlung, damit bei Rückfällen sofort reagiert werden kann. Das beeinträchtigt die Betroffenen und muss deshalb bei der Festlegung des GdB bzw. GdS berücksichtigt werden.
Meistens dauert die Zeit der Heilungsbewährung 5 Jahre, aber bei manchen Krankheiten sind in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen auch kürzere Zeiträume angegeben. Nach Ablauf dieser Zeit überprüft das Amt den GdS bzw. GdB. Wenn keine Rückfälle aufgetreten sind, senkt es den GdS bzw. GdB in der Regel ab oder stellt fest, dass keine Behinderung mehr vorliegt.
Ihr Rückfallrisiko kann länger hoch sein als die Heilungsbewährung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen dauert, weil diese nur Richtwerte enthalten. Wenn das Amt Ihren GdB bzw. GdS wegen Ablauf der Heilungsbewährung absenken will, können Sie das in dem Fall verhindern. Schicken Sie dem Amt ein medizinisches Gutachten oder eine medizinische Stellungnahme, dass bei Ihnen ausnahmsweise eine längere Zeit der Heilungsbewährung angemessen ist.
Abhängig vom GdB sind die Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen. Details in der Tabelle Nachteilsausgleiche GdB. Daneben sind dafür die sog. Merkzeichen relevant, die zusätzlich zum GdB vergeben werden können. Näheres unter Merkzeichen.
Brustkrebs > Schwerbehinderung
Chronische Schmerzen > Schwerbehinderung
Down-Syndrom > Schwerbehinderung
Grad der Behinderung bei Hirnschäden
Grad der Behinderung bei Hirnschäden im Kindes- und Jugendalter
Grad der Behinderung bei Krankheiten des Blutes, der blutbildenden Organe und des Immunsystems
Hepatitis C > Schwerbehinderung
Multiple Sklerose > Schwerbehinderung
Nierenerkrankungen > Schwerbehinderung
Post Covid - Long Covid > Schwerbehinderung
Prostatakrebs > Schwerbehinderung
Schädel-Hirn-Trauma > Schwerbehinderung
Schlaganfall > Schwerbehinderung
Grad der Behinderung > Tumorerkrankungen
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen