Das Wichtigste in Kürze
Bei chronischen Rückenschmerzen kann vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Damit Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt am Leben teilhaben können, gibt es für sie sog. Nachteilsausgleiche.
GdB, Schwerbehinderung und Merkzeichen
Versorgungsmedizinische Grundsätze
Das Versorgungsamt (je nach Bundesland kann es auch anders heißen, z. B. Amt für Soziale Angelegenheiten oder Amt für Soziales und Versorgung) stellt auf Antrag den Grad der Behinderung (GdB) und ggf. die Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis fest. Dabei richtet es sich nach der Versorgungsmedizinverordnung, vor allem nach der dort enthaltenen Anlage zu § 2 mit den "Versorgungsmedizinischen Grundsätzen". Diese enthalten sog. Anhaltswerte über die Höhe des GdB bei verschiedenen Gesundheitsstörungen als Orientierungsrahmen. Sie gelten nicht starr, sondern letztlich zählt immer der Einzelfall.
Die Versorgungsmedizinverordnung mit den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen gilt auch für den sog. Grad der Schädigungsfolgen (GdS) bei der sozialen Entschädigung, z.B. für Gewaltopfer. Im Unterschied zum GdB geht es beim GdS nur um die Folgen eines bestimmten Ereignisses, z.B. einer Gewalttat. Näheres unter Grad der Behinderung.
Grundsätze der GdB-Feststellung
Beim GdB werden immer alle gesundheitlichen Probleme betrachtet, die ein Mensch hat. Es wird nicht der GdB verschiedener Erkrankungen zusammengezählt, sondern das Gesamtbild bewertet. Näheres unter Grad der Behinderung.
Verschlechtert sich nach der Feststellung des GdB der Gesundheitszustand oder kommt eine weitere dauerhafte Einschränkung dazu, kann beim Versorgungsamt die Erhöhung des GdB beantragt werden.
Schwerbehinderung
Menschen mit Behinderungen mit einem GdB von mindestens 50 gelten als schwerbehindert und können einen Schwerbehindertenausweis beantragen, in dem der GdB sowie ggf. Merkzeichen eingetragen sind.
Praxistipp
Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage zu § 2 (Versorgungsmedizinische Grundsätze) finden Sie in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/index.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".
Grad der Behinderung bei Rückenschmerzen
Rückenschmerzen sind in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht extra aufgeführt, weil Rückenschmerzen nur ein Symptom sind, das von verschiedenen Erkrankungen verursacht werden kann. Der GdB bei Rückenschmerzen hängt ab von
- der Krankheit, welche die Rückenschmerzen verursacht,
und - der Funktionseinschränkung, zu der die Krankheit führt. Mit Funktionseinschränkung ist gemeint, dass Betroffene nicht mehr alles machen können.
In den Tabellen der Versorgungsmedizin-Verordnung sind für bestimmte Krankheiten je nach Stärke der Funktionseinschränkung GdB-Werte angegeben. Dabei sind in der Regel auch schon die Schmerzen mitberücksichtigt.
Nur wenn nachgewiesen ist, dass die Schmerzen über das übliche Maß hinausgehen, können höhere Werte angesetzt werden.
Beispiel: Rückenschmerzen mit psychischer Ursache
Bei Rückenschmerzen wird oft eine psychische Ursache angenommen. Die Diagnose dafür lautet somatoforme Störung (körperliche Beschwerden ohne feststellbare organische Ursache). Dabei wird in der Regel ein GdB von 30–40 festgestellt.
Beispiel: Rückenschmerzen aufgrund von Wirbelsäulenschäden
Rückenschmerzen infolge von Wirbelsäulenschäden sind in Teil B 18.9 der Versorgungsmedizin-Verordnung aufgeführt und heißen dort „Wirbelsäulensyndrome“:
|
Wirbelsäulenschäden |
GdB/GdS |
|
ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität* |
0 |
|
mit geringen funktionellen Auswirkungen:
|
10 |
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mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in 1 Wirbelsäulenabschnitt:
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20 |
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mit schweren funktionellen Auswirkungen in 1 Wirbelsäulenabschnitt:
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30 |
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mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in 2 Wirbelsäulenabschnitten |
30–40 |
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mit besonders schweren Auswirkungen, z.B.:
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50–70 |
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bei schwerster Belastungsunfähigkeit bis zur Geh- und Stehunfähigkeit |
80–100 |
*Instabilität: Abnorme Beweglichkeit zweier Wirbel gegeneinander unter körperlicher Belastung und daraus resultierende Weichteilveränderungen und Schmerzen.
Bei außergewöhnlichen Schmerzen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (= Lähmungen) ein GdB über 30 in Betracht kommen.
Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen
Wer vom Versorgungsamt einen GdB erhalten hat, kann unter bestimmten Voraussetzungen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen:
- Ab GdB 20: Pauschbetrag bei Behinderung (= Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer)
- Weitere Steuervorteile bei Behinderung, Näheres unter Behinderung > Steuervorteile
- Ab GdB 30: Hilfen und Nachteilsausgleiche im Beruf, z.B. besserer Kündigungsschutz, Näheres unter Behinderung > Berufsleben
- Ab GdB 50: Zusatzurlaub für Arbeitnehmende, Näheres unter Behinderung > Berufsleben
- Ab GdB 50: 2 Jahre früher ohne Abschläge in Altersrente mit nur 35 statt 45 Versicherungsjahren
oder bis zu 5 Jahre früher mit Abschlägen. Näheres unter Altersrente für schwerbehinderte Menschen - Ab GdB 50 mit Schwerbehindertenausweis: Vergünstigte Eintritte z.B. in Museen und Theatern oder bei Konzerten, vergünstigte Mitgliedsbeiträge z.B. bei Automobilclubs
- Wohngeld: Erhöhter Freibetrag für schwerbehinderte Menschen mit GdB 100 und/oder Pflegegrad und häuslicher Pflege
Nachteilsausgleiche in Abhängigkeit vom GdB
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle GdB-abhängigen Nachteilsausgleiche: Tabelle GdB-abhängige Nachteilsausgleiche.
Wenn eine Gehbehinderung vorliegt und deswegen das Merkzeichen G oder aG festgestellt wurde, sind folgende Nachteilsausgleiche möglich:
- Wertmarke zum extrem vergünstigten Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel)
- Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung
- Mit dem Merkzeichen aG: blauer Parkausweis, Näheres unter Parkerleichterungen
- Fahrdienste
Download Tabelle Nachteilsausgleiche nach Merkzeichen
Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Nachteilsausgleiche bei Merkzeichen: Tabelle merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche
Leistungen zu Rehabilitation und Teilhabe
Menschen mit Behinderungen haben außerdem Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde.
Beispiele:
- medizinische Rehabilitation (z.B. eine "Kur" oder stufenweise Wiedereingliederung)
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha), z.B. eine Umschulung
- Kraftfahrzeughilfe
- Reha-Sport und Funktionstraining
Verwandte Links
Leistungen für Menschen mit Behinderungen
Rückenschmerzen > Ursachen und Behandlung
Rückenschmerzen > Finanzielle Hilfen