Das Wichtigste in Kürze
Arthrose (Gelenkverschleiß) ist eine chronische Erkrankung, die alle Gelenke betreffen kann und hauptsächlich mit Schmerzen und Bewegungseinschränkungen einhergeht. Arthrose kann zu so starken Einschränkungen im Leben von Betroffenen führen, dass vom Versorgungsamt ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden kann. Der GdB sagt aus, wie stark die Behinderung ist.
Je nach Stärke der Einschränkungen sind verschiedene entlastende Ausgleiche oder Leistungen möglich, z.B. Steuerersparnisse, verbesserter Kündigungsschutz oder ein Schwerbehindertenausweis. Mit einer Schwerbehinderung besteht z.B. ein Anspruch auf eine Woche Zusatzurlaub, günstigere Tarife für viele Theater, Konzerte und Museen und die Möglichkeit, 2 Jahre früher ohne Abzüge in die Regelaltersrente zu gehen.
Kurzinfo: Arthrose
Arthrose ist die weltweit häufigste degenerative Gelenkerkrankung. Degenerativ bedeutet Veränderung des Gewebes durch Verschleiß, Abnutzung, Alterung oder lang einwirkende Schädigung. Der Gelenkknorpel wird allmählich zerstört bis hin zur Freilegung der Knochenoberfläche. Oft werden auch die angrenzenden Knochen, Muskeln und Bänder geschädigt. Arthrose kann alle Gelenke betreffen, am häufigsten jedoch die Knie-, Hüft- und Fingergelenke. Die Symptome von Arthrose sind Schmerzen, Steifheit, Bewegungseinschränkung und manchmal Schwellungen. Bislang ist Arthrose nicht heilbar. Die Behandlung umfasst z.B. gezieltes Training und Bewegung, entzündungshemmende Medikamente und Schmerzmittel, Gewichtsabnahme bei Übergewicht. In fortgeschrittenen Stadien kann ein künstliches Gelenk eingesetzt werden.
Schwerbehindertenausweis bei Arthrose
Ab einem Grad der Behinderung von 50 kann ein Schwerbehindertenausweis beim Versorgungsamt beantragt und ausgestellt werden.
Antragsformulare sind beim Versorgungsamt (je nach Bundesland heißt es auch anders, z. B. Amt für Soziale Angelegenheiten) erhältlich. Der Antrag kann auch online im Bundesportal unter https://verwaltung.bund.de > Suchbegriff: „Schwerbehindertenausweis“ gestellt werden.
Versorgungsmedizinische Grundsätze
Das Versorgungsamt richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätzen der Versorgungsmedizin-Verordnung. Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB).
Die nachstehend genannten GdB Sätze sind nur Anhaltswerte. Das Versorgungsamt muss zur Feststellung des GdB immer alle Funktionsbeeinträchtigungen und Einschränkungen der Teilhabe im Einzelfall berücksichtigen.
Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage zu § 2 finden Sie in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de > Titelsuche: „VersMedV" oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: „K710".
GdB bei Arthrose
Zur Bewertung bei Arthrose werden die Bereiche Entzündlich-rheumatische Krankheiten sowie nach künstlichem Gelenkersatz (Endoprothese) die Tabelle zu Endoprothesen aus den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen herangezogen. Daneben können aber auch Einschränkungen anderer Erkrankungen, z.B. Chronische Schmerzen, Diabetes, Nierenerkrankungen, Rheuma, KHK, Asthma, COPD mit berücksichtigt werden.
Entzündlich-rheumatische Krankheiten der Gelenke
| GdB | |
| ohne wesentliche Funktionseinschränkung mit leichten Beschwerden |
10 |
| mit geringen Auswirkungen (leichtgradige Funktionseinbußen und Beschwerden, je nach Art und Umfang des Gelenkbefalls, geringe Krankheitsaktivität) |
20–40 |
| mit mittelgradigen Auswirkungen (dauernde erhebliche Funktionseinbußen und Beschwerden, therapeutisch schwer beeinflussbare Krankheitsaktivität) |
70–80 |
| mit schweren Auswirkungen (dauerhafte Funktionseinbußen die nicht rückgängig gemacht werden können, hochgradige Einschränkungen die schnell und stetig zunehmen) |
80–100 |
Auswirkungen über sechs Monate anhaltender aggressiver Therapien (ausgedehnte Therapie mit ggf. starken Nebenwirkungen) sind ggf. zusätzlich zu berücksichtigen.
Endoprothesen (künstlicher Gelenkersatz)
| GdB | |
| Hüftgelenk | |
| einseitig mindestens | 10 |
| beidseitig mindestens | 20 |
| Kniegelenk | |
| einseitige Totalendoprothese mindestens | 20 |
| beidseitige Totalendoprothese mindestens | 30 |
| einseitige Teilendoprothese mindestens | 10 |
| beidseitige Teilendoprothese mindestens | 20 |
| Oberes Sprunggelenk | |
| einseitig mindestens | 10 |
| beidseitig mindestens | 20 |
| Schultergelenk | |
| einseitig mindestens | 20 |
| beidseitig mindestens | 40 |
| Ellenbogengelenk | |
| einseitige Totalendoprothese mindestens | 30 |
| beidseitige Totalendoprothese mindestens | 50 |
| Kleine Gelenke | keine Teilhabebeeinträchtigung |
| Aseptische Nekrosen (Absterben eines Knochenabschnittes, nicht durch Infektion sondern z.B. durch Minderdurchblutung) | |
| Hüftkopfnekrosen (z.B. Perthes-Krankheit) während der notwendigen Entlastung |
70 |
| Lunatum-Malazie (Knochennekrose des Handwurzelknochens) während der notwendigen Immobilisierung |
30 |
Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde.
Beispiele:
- Medizinische Rehabilitation (z.B. eine „Kur" oder stufenweise Wiedereingliederung)
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (berufliche Reha), z.B. eine Umschulung
- Reha-Sport und Funktionstraining
Mit einem festgestellten GdB kommen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Betracht:
- Ab GdB 20: Pauschbetrag bei Behinderung (= Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer)
- Weitere Steuervorteile bei Behinderung, Näheres unter Behinderung > Steuervorteile
- Ab GdB 30: Hilfen und Nachteilsausgleiche im Beruf, z.B. besserer Kündigungsschutz, Näheres unter Behinderung > Berufsleben
- Ab GdB 50: Zusatzurlaub für Arbeitnehmende, Näheres unter Behinderung > Berufsleben
- Ab GdB 50: 2 Jahre früher ohne Abschläge in Altersrente (mit 35 Jahren Wartezeit) oder mit Abschlägen im Alter von 61 oder 62 Jahren, Näheres unter Altersrente für schwerbehinderte Menschen
- Ab GdB 50 mit Schwerbehindertenausweis: Vergünstigte Eintritte z.B. in Museen und Theater oder bei Konzerten, vergünstigte Mitgliedsbeiträge z.B. bei Automobilclubs
- Parkerleichterungen unter bestimmten Voraussetzungen
- Wohngeld: Erhöhter Freibetrag für schwerbehinderte Menschen mit GdB 100 und/oder Pflegegrad und häuslicher Pflege
Folgende Tabellen geben eine Übersicht über
- alle GdB-abhängigen Nachteilsausgleiche: GdB-abhängige Nachteilsausgleiche
- alle Nachteilsausgleiche bei Merkzeichen: Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche
Mobilitätshilfen für Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Arthrose können mit Fortschreiten ihrer Erkrankung in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sein. Nachfolgend allgemeine Hilfen und Informationen, die bei Arthrose relevant werden können:
- Kraftfahrzeughilfe
- Kraftfahrzeugsteuer-Ermäßigung bei Schwerbehinderung
- Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln (Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel)
- Veranstalter und Anbieter von Reisen für Menschen mit Behinderungen: Behinderung > Urlaub und Freizeit
Praxistipps
- Können Sie aufgrund der Erkrankung nicht mehr arbeiten, kann eine Erwerbsminderungsrente Ihren Lebensunterhalt sichern.
- Sind Sie dauerhaft voll erwerbsgemindert und bekommen keine Rente, bzw. reicht diese nicht aus, um Ihren Lebensunterhalt zu sichern, können Sie Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bekommen.
- Wird ein GdB zu niedrig eingestuft und dass Ausmaß der Erkrankung nicht angemessen berücksichtigt, kann sich ein Widerspruch lohnen. Anwaltliche Hilfe dafür erhalten finanziell Bedürftige über die Beratungshilfe.
- Wenn Sie einen GdB wegen Arthrose beantragen, denken Sie unbedingt daran, auch alle anderen Krankheiten, psychischen Beschwerden und Behinderungen anzugeben, auch wenn diese Ihnen nicht besonders schwerwiegend erscheinen. Ansonsten kann es dazu kommen, dass ein zu niedriger GdB bewilligt wird.
- Wenn sich die Einschränkungen durch die Arthrose oder durch weitere Erkrankungen verstärken, kann mit einem Neufeststellungsantrag ein höherer GdB und ggf. Merkzeichen beantragt werden.
Wer hilft weiter?
Die ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB) berät Menschen mit (drohenden) Behinderungen und deren Angehörige zu allen Fragen der Rehabilitation und Teilhabe. Beratungsangebote in Ihrer Nähe finden Sie unter www.teilhabeberatung.de > Beratungsangebote.