CED > Schwerbehinderung

1. Das Wichtigste in Kürze

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) können zu starken Einschränkungen führen. Vom Versorgungsamt kann auf Antrag ein Grad der Behinderung (GdB) festgestellt werden. Zu Colitis ulcerosa, Morbus Crohn und Künstlichem Darmausgang (Stoma) gibt es Anhaltswerte, nach denen sich das Versorgungsamt bei der Feststellung des GdB richtet. Menschen mit Behinderungen können verschiedene Hilfen und Nachteilsausgleiche in Anspruch nehmen.

2. Versorgungsmedizinische Grundsätze

Das Versorgungsamt (je nach Bundesland kann es auch anders heißen, z.B. „Amt für soziale Angelegenheiten”) richtet sich bei der Feststellung der Behinderung nach den sog. Versorgungsmedizinischen Grundsätzen der Versorgungsmedizin-Verordnung. Diese enthalten Anhaltswerte über die Höhe des Grads der Behinderung (GdB).

Die Versorgungsmedizin-Verordnung mit der besonders wichtigen Anlage zu § 2 gibt es in ständig aktualisierter Form unter www.gesetze-im-internet.de/versmedv/anlage.html oder als übersichtliche Broschüre mit einer erläuternden Einleitung zum PDF-Download beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter www.bmas.de > Suchbegriff: "K710".

Die nachstehend genannten GdB-Werte sind nur Anhaltswerte. Das Versorgungsamt muss zur Feststellung des GdB immer alle Funktionsbeeinträchtigungen und Einschränkungen der Teilhabe im Einzelfall berücksichtigen. Mehrere Einzel-GdBs, z.B. wenn neben Morbus Crohn eine schwere Depression vorliegt, werden nicht zusammengezählt, sondern es zählt zunächst nur der Bereich mit dem höchsten GdB. Danach erhöht das Amt den Gesamt-GdB nur, wenn durch die weiteren Symptome die Beeinträchtigung insgesamt höher ist, als nur durch das Symptom mit den größten Auswirkungen. Der Gesamt-GdB gibt an, wie sehr ein Mensch insgesamt durch alle Krankheiten und Normabweichungen in seiner gesellschaftlichen Teilhabe eingeschränkt ist.

2.1. GdB bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn

Colitis ulcerosa und Morbus Crohn mit ...

GdB

... geringer Auswirkung (geringe Beschwerden, keine oder geringe Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands, selten Durchfälle)

10–20

... mittelschwerer Auswirkung (häufig wiederkehrende oder länger anhaltende Beschwerden, geringe bis mittelschwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands, häufiger Durchfälle)

30–40

... schwerer Auswirkung (anhaltende oder häufig wiederkehrende erhebliche Beschwerden, erhebliche Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands, häufige, tägliche, auch nächtliche Durchfälle)

50–60

... schwerster Auswirkung (häufig wiederkehrende oder anhaltende schwere Beschwerden, schwere Beeinträchtigung des Kräfte- und Ernährungszustands, ausgeprägte Anämie*)

70–80

*Eine Anämie liegt vor, wenn die Anzahl der roten Blutkörperchen oder der Gehalt an rotem Blutfarbstoff im Blut unter dem Normalwert liegt.

 

Zusätzlich zu bewerten sind:

  • Fisteln (entzündlich veränderte, röhrenförmige Verbindungen im Enddarmbereich)
  • Stenosen (Verengung des Analkanals)
  • Postoperative Folgezustände (z.B. Kurzdarmsyndrom, Stoma-Komplikationen)
  • Extraintestinale Manifestationen (Hautveränderungen oder Gelenkbeschwerden, z.B. Arthritis)
  • Bei Kindern auch Wachstums- und Entwicklungsstörungen

2.2. GdB bei Kurzdarmsyndrom im Kindesalter

Kurzdarmsyndrom mit ...

GdB

... mittelschwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung

50–60

... schwerer Gedeih- und Entwicklungsstörung (z.B. Notwendigkeit künstlicher Ernährung)

70–100

2.3. GdB bei Afterfisteln

Fistel in der Umgebung des Afters ...

GdB

... geringe, nicht ständige Sekretion (= Austritt von Flüssigkeit, z.B. Eiter, Blut)

10

... sonst

20–30

2.4. GdB bei Afterschließmuskelschwäche und künstlichem Darmausgang

 

GdB

Afterschließmuskelschwäche ...

... mit seltenem, nur unter besonderen Belastungen auftretendem unwillkürlichen Stuhlabgang

10

... sonst

20–40

Funktionsverlust des Afterschließmuskels

wenigstens 50

Künstlicher Darmausgang (Stoma)

 

Stoma mit guter Versorgungsmöglichkeit

50

Stoma (z.B. bei Bauchwandhernie [Ausbeulung in der Bauchgegend], Stenose [Verengung des Analkanals], Retraktion [Rückzug des Stomas unter Hautniveau], Prolaps [Darm schiebt sich durch das Stoma], Narben, ungünstiger Position)

60–80

Bei ausgedehntem Mastdarmvorfall, künstlichem Darmausgang oder stark Sekret absondernden Kotfisteln, die zu starker Verschmutzung führen, muss das Versorgungsamt ggf. außergewöhnliche seelische Begleiterscheinungen zusätzlich berücksichtigen.

3. Antrag auf Grad der Behinderung und Schwerbehindertenausweis

Der GdB wird nur auf Antrag festgestellt, Näheres unter Grad der Behinderung.

Ab einem GdB von 50 besteht ein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis.

4. Hilfen und Nachteilsausgleiche für Menschen mit Behinderungen

Mit einem festgestellten GdB kommen folgende Hilfen und Nachteilsausgleiche in Betracht:

  • Ab GdB 20: Pauschbetrag bei Behinderung (= Steuerfreibetrag bei der Einkommensteuer)
  • Weitere Steuervorteile bei Behinderung, Näheres unter Behinderung > Steuervorteile
  • Ab GdB 30: Hilfen und Nachteilsausgleiche im Beruf, z.B. besserer Kündigungsschutz und Zusatzurlaub, Näheres unter Behinderung > Berufsleben
  • Ab GdB 50: 2 Jahre früher ohne Abschläge in Altersrente mit nur 35 statt 45 Versicherungsjahren
    oder bis zu 5 Jahre früher mit Abschlägen. Näheres unter Altersrente für schwerbehinderte Menschen
  • Ab GdB 50 mit Schwerbehindertenausweis: Vergünstigte Eintritte, z.B. in Museen und Theater oder bei Konzerten, vergünstigte Mitgliedsbeiträge, z.B. bei Automobilclubs
  • Parkerleichterungen: Oranger Parkausweis bei einem Einzel-GdB von mindestens 60 für Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
  • Wohngeld: Erhöhter Freibetrag für schwerbehinderte Menschen mit GdB 100 und/oder Pflegegrad und häuslicher Pflege

4.1. Tabellen Nachteilsausgleiche als PDF zum kostenlosen Download

Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle GdB-abhängigen Nachteilsausgleiche: GdB-abhängige Nachteilsausgleiche

Bei manchen Behinderungen werden Merkzeichen in den Schwerbehindertenausweis eingetragen, z.B. bei einer Gehbehinderung. Folgende Tabelle gibt eine Übersicht über alle Merkzeichen-abhängigen Nachteilsausgleiche: Merkzeichenabhängige Nachteilsausgleiche

Bei CED kann unter folgenden Umständen das Merkzeichen RF eingetragen werden, mit dem der Rundfunkbeitrag ermäßigt wird:

  • GdB von mindestens 80
  • dauernde Geruchsbelästigung durch ein nicht richtig verschließbares Stoma, so dass der Mensch mit CED nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen kann

4.2. Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe

Menschen mit Behinderungen haben unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe, auch wenn bei ihnen (noch) kein GdB festgestellt wurde, z.B.:

4.3. Praxistipps

  • Wird ein zu niedriger GdB bewilligt, ist ein kostenfreier Widerspruch ratsam. Wenn Sie hierfür anwaltliche Hilfe brauchen, sich diese aber nicht leisten können, können Sie dafür Beratungshilfe beantragen.
  • Verschlechtert sich Ihr Gesundheitszustand oder kommt eine weitere dauerhafte Einschränkung durch eine neue Erkrankung dazu, sollten Sie beim Versorgungsamt einen Antrag auf Erhöhung des GdB stellen.
  • Wenn Sie die Voraussetzungen für eine vorgezogene Altersrente erfüllen, kann unter Umständen eine Teilrente den Übergang ins Rentenalter stufenweise gestalten. Näheres unter Teilrente.

5. Verwandte Links

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

Chronisch-entzündliche Darmerkrankung CED

CED > Finanzielle Hilfen

CED > Beruf

CED > Ernährung

CED > Allgemeines

Stoma > Schwerbehinderung

Letzte Bearbeitung: 29.07.2025

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