Medizinisches Cannabis

1. Das Wichtigste in Kürze

Medizinisches Cannabis kann z.B. durch Inhalation, Sprays, Tropfen, Kapseln oder Teezubereitungen aufgenommen werden. Medizinisch genutzt werden die Wirkstoffe THC und CBD der Cannabispflanze sowie ein künstlich hergestelltes (synthetisches) THC namens Nabilon. Eine ärztliche Verordnung ("Cannabis auf Rezept") ist unter bestimmten Voraussetzungen bei schwerwiegenden Krankheitssymptomen möglich.

Cannabinoide wirken stimmungsaufhellend, schlaffördernd und angstlösend. Zudem können sie die Übertragung von Schmerzreizen hemmen und bestimmte Schmerzmittel in ihrer Wirkung verstärken. Bei bestimmungsgerechter Einnahme von medizinischem Cannabis ist Autofahren in der Regel möglich.

2. Voraussetzungen

Bei Erfüllung der folgenden Voraussetzungen haben gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse:

  • Eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung steht nicht zur Verfügung oder kann wegen der zu erwartenden Nebenwirkungen unter Berücksichtigung des Krankheitszustands nicht angewendet werden.
  • Es besteht die Aussicht auf spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome.

Bei welchen Erkrankungen Cannabis verordnet werden kann, ist gesetzlich nicht näher festgelegt. Es müssen jedoch schwerwiegende Symptome vorliegen und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht darauf bestehen, dass sie durch Cannabis gelindert werden. Als schwerwiegend gilt eine Krankheit, wenn sie lebensbedrohlich ist oder die Lebensqualität auf Dauer beeinträchtigt.

3. Wirkung

Cannabinoide können die Wirkung bestimmter Schmerzmittel (z.B. von Opioiden) verstärken, die Übertragung von Schmerzreizen hemmen und haben gleichzeitig eine stimmungsaufhellende, schlaffördernde und angstlösende Wirkung. Die aktuelle Studienlage nach klinischen Standards ist bisher allerdings noch unzureichend. Am ehesten wissenschaftlich belegt ist die Wirkung bei chronischen und neuropathischen Schmerzen (Nervenschmerzen), Übelkeit und Erbrechen durch Zytostatika (Chemotherapie bei Krebs), für die begleitende Behandlung von Spastiken und bei Multipler Sklerose.

Bei der Verordnung von Cannabis muss der Patient umfassend über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufgeklärt werden.

4. Verordnung und Kostenübernahme

Damit die Kosten übernommen werden, muss das Cannabis ärztlich verordnet werden. Cannabis kann von Ärzten jeder Fachrichtung verordnet werden.

Die erste Verordnung von medizinischem Cannabis muss die Krankenkasse vorher genehmigen, außer das Cannabis wird im Rahmen der SAPV (Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung) verordnet. Die Krankenkasse darf aber nur in Einzelfällen ablehnen und muss dies begründen. Eine erneute Genehmigung ist nur notwendig, wenn sich die Therapie grundlegend ändert, z.B. beim Umstieg von Cannabisblüten auf ein Fertigarzneimittel.

Erfolgt die Verordnung im Rahmen der Allgemeinen Ambulanten Palliativversorgung (AAPV), muss die Krankenkasse innerhalb von 3 Tagen über den Antrag entscheiden. Die Frist von 3 Tagen gilt auch, wenn eine Therapie mit Cannabis bereits stationär begonnen wurde und bei Entlassung ambulant fortgeführt werden soll. In allen anderen Fällen gilt ein Entscheidungszeitraum von 2 Wochen, bei gutachterlicher Stellungnahme durch den MD verlängert sich der Zeitraum auf 4 Wochen.

Wenn die Krankenkasse ihre Genehmigung zur Kostenübernahme nicht erteilt, kann Cannabis dennoch in begründeten Fällen (siehe Voraussetzungen oben) von einem Arzt verordnet werden. Die (oft hohen) Kosten müssen dann vom Patienten selbst übernommen werden.

5. Cannabis auf Rezept

Liegt die Genehmigung der Krankenkasse vor, kann das Cannabis unter Vorlage des Betäubungsmittelrezepts in einer Apotheke abgeholt werden. Folgende Informationen müssen auf dem Rezept vermerkt sein:

  • Patientendaten
  • Datum der Ausstellung: Das Rezept muss innerhalb von 7 Tagen nach Ausstellung in der Apotheke vorgelegt werden
  • Angaben der Blütensorte bzw. Name des Arzneimittels
  • Angaben zur Dosierung und entsprechende Gebrauchsanweisung für den Patienten
  • Arztstempel

6. Welche Formen von medizinischem Cannabis gibt es?

Die Cannabispflanze enthält 2 Stoffe, die medizinisch genutzt werden: THC (Tetrahydrocannabinol = Dronabinol) und CBD (Cannabidiol). Die Pflanze und ihre Wirkstoffe stehen in verschiedenen Formen zur Verfügung:

  • Cannabisblüten
    Empfohlen wird die Methode des Verdampfens. Ein Vaporisator (Verdampfer) erhitzt gemahlene Cannabisblüten und der daraus entstehende Dampf wird inhaliert (eingeatmet).
    Beim Rauchen besteht die Gefahr, dass die Wirkstoffe durch zu hohe Temperaturen verbrennen und nur kurz oder gar nicht wirken. Zudem kann Rauchen die Lunge schädigen und das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arterienverkalkungen erhöhen.
    Cannabistee ist umstritten, da dieser schwer zuzubereiten und zu dosieren ist.
  • Cannabisextrakte
    Auszüge aus der Pflanze, die THC und CBD enthalten. Meist in Tropfenform.
  • Dronabinol (THC)
    Dronabinol ist ein Wirkstoff aus der Cannabis-Pflanze. Er wird in der Apotheke individuell als Rezepturarzneimittel angemischt (meist als Öl).
  • Fertigarzneimittel Sativex (Markenname)
    Das Arzneimittelspray (Mundhöhle) enthält THC und CBD.
  • Fertigarzneimittel Canemes (Markenname)
    Die Arzneimittelkapseln enthalten Nabilon, ein künstlich hergestelltes (synthetisches) THC.

Es gibt also verschiedene Arten, medizinisches Cannabis aufzunehmen, z.B. Inhalation, Spray, Tropfen, Kapseln oder Tee.

Seit 8.4.2023 sind die sog. "Höchstmengen" bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln entfallen.

7. Verkehrstüchtigkeit: Medizinisches Cannabis und Autofahren

Für den Großteil der Patienten, die medizinisches Cannabis einnehmen, kommt Autofahren, z.B. wegen eines sehr schlechten körperlichen Allgemeinzustands, von vornherein nicht in Frage. Nach Angaben des Deutschen Bundestags (www.bundestag.de > Suchbegriff: 18/11701) ist das Autofahren jedoch grundsätzlich möglich, denn bei bestimmungsgerechter Einnahme fahren die Patienten nicht im Rauschzustand. Im Gegenteil: Erst der Einsatz des medizinischen Cannabis befähigt sie zur Teilnahme am Straßenverkehr. Während der Einstellungsphase kann die Fahrtüchtigkeit wegen der beginnenden Medikation jedoch beeinträchtigt sein.

Von dieser Regelung kann es je nach Bundesland Abweichungen geben.

Näheres unter Autofahren bei Medikamenteneinnahme.

8. Verwandte Links

Chronische Schmerzen

Krebs

Palliativphase

Multiple Sklerose > Behandlung

Epilepsie > Therapie - OPs - Reha

 

Rechtsgrundlage: § 31 Abs. 6 SGB V

Letzte Bearbeitung: 12.02.2024

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