Die Behandlungsmöglichkeiten von Multipler Sklerose (MS) haben sich in den letzten Jahren stark verbessert. Die Therapie basiert heute auf den Säulen Schubtherapie, Immunprophylaxe und symptombezogene Therapie. Derzeit erforscht wird eine Stammzellentherapie in Verbindung mit einer Chemotherapie.
Allerdings gibt es derzeit keine Behandlung, die MS oder die Ursachen von MS bekämpft. Deshalb ist MS nicht heilbar. Behandelt werden die Symptome bei einem Schub oder es wird versucht, Schübe zu verhindern oder hinauszuzögern.
Ein Schub ist das Auftreten eines oder mehrerer Symptome, die immer stärker werden und sich dann wieder teilweise oder ganz zurückbilden. Ein Schub kann Tage oder Wochen dauern. Die Symptome können ganz leicht sein, z.B. Kribbeln, oder sehr schwer, z.B. Lähmungen. Entsprechend wird die Intensität der Therapie gewählt.
Bei einem Schub wird in der Regel 3–5 Tage Kortison intravenös gegeben, um die Entzündung zu bekämpfen und damit die Stärke und die Dauer der Beschwerden zu reduzieren. Der Standardwirkstoff zur Schubtherapie ist Methylprednisolon (MP), ein sog. Glukokortikosteroid. Methylprednisolon kann statt einer Infusion auch als Tablette eingenommen werden.
Während der Kortisonstoßtherapie treten bei mehr als 10 % der Behandelten Nebenwirkungen auf. Am häufigsten sind: Schlaflosigkeit, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen, Stimmungsschwankungen, Hitzewallungen, Wassereinlagerungen, Muskel- und Gelenkbeschwerden und Gesichtsrötungen.
Manchmal werden die Schübe auch mit einer Blutwäsche (sog. Apherese) behandelt, z.B. wenn die Therapie mit Glukokortikosteroiden nicht gut funktioniert hat oder es dafür Gegenanzeigen gibt. Empfohlen wird die Blutwäsche auch als Ersttherapie, wenn sich bei einem früheren Schub gezeigt hat, dass sie gut hilft.
Bei einer Blutwäsche werden Betroffene an eine Maschine angeschlossen, die das Blut reinigt, bevor es wieder zurück in den Körper geleitet wird. Entweder wird dabei das Blutplasma durch gespendetes Plasma ausgetauscht (= Plasmapherese) oder es werden gezielt krankmachende Antikörper aus dem Blut entfernt (= Immunadsorption).
Die Blutwäsche wird in der Regel im Krankenhaus, möglichst in einem spezialisierten MS-Zentrum, 5 Mal hintereinander durchgeführt, an jeweils anderen Tagen.
Meist wird nach der Diagnose einer MS eine Immuntherapie empfohlen.
Immuntherapien gibt es in verschiedenen Formen, alle wirken auf das Immunsystem ein. Sie sollen die Anzahl und Schwere der Schübe reduzieren, es geht also darum, dem Auftreten neuer Schübe so weit wie möglich vorzubeugen. Sie werden deshalb auch verlaufsmodifizierende oder verlaufsverändernde Therapie genannt.
Es gibt viele verschiedene Wirkstoffe, die entweder die Immunaktivität verringern (= immunsupressiv) oder das Immunsystem verändern (= immunmodulierend).
Gut verständliche Erklärungen zu den verschiedenen Wirkstoffarten finden Sie
Symptombezogene Therapie ist medikamentöse und vor allem nicht medikamentöse Therapie, die nicht an den Ursachen, sondern an den Symptomen ansetzt. Die symptombezogene Therapie umfasst z.B.:
Insgesamt ist die Therapie sehr individuell, weil bei MS die Krankheitsverläufe sehr unterschiedlich sind. Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Erkrankten und Neurologe.
Beispiele:
Symptombezogene Behandlung gibt es auch bei Aufmerksamkeitsstörungen, Gedächtnisproblemen, Störungen der Sexualität, Störungen der Darm- und Blasenfunktion, Augenbewegungsstörungen, Schmerzen, Depressionen, Gefühlsstörungen, Sehstörungen und epileptischen Anfällen, die bei MS auftreten können.
Zur Kostenübernahme von Therapien und Hilfsmitteln Näheres unter Heilmittel und Hilfsmittel.
Ein neuer Ansatz zur Behandlung der MS ist die sog. autologe Stammzelltransplantation (aHSCT).
Hierbei werden zunächst Stammzellen entnommen. Dann wird das Immunsystem durch Chemotherapie zerstört. Schließlich werden die Stammzellen wieder eingesetzt und so das Immunsystem wieder aufgebaut.
In den aktuellen medizinischen Leitlinien zur Behandlung der MS heißt es dazu, die autologe Stammzelltransplantation habe das Potential, sich zu einer Therapieoption bei schubförmiger MS zu entwickeln, solle momentan aber nur im Rahmen von Studien durchgeführt werden. Denn im Augenblick sei ihre Überlegenheit im Vergleich zu besser erforschten Methoden nicht klar belegt.
Eine Empfehlung mehrerer Fachgesellschaften vom November 2022 weist darauf hin, dass Patienten am ehesten von einer aHSCT profitieren, wenn sie eine hohe Krankheitsaktivität haben, jünger sind und gehfähig. Die Empfehlung kann heruntergeladen werden beim Kompetenznetz Multiple Sklerose unter www.kompetenznetz-multiplesklerose.de > Empfehlungen zum AHSCT-Einsatz bei MS.
Da MS bisher nicht geheilt werden kann und Nebenwirkungen bei der "schulmedizinischen" Therapie auftreten können, ist das Interesse an alternativen Behandlungsmöglichkeiten groß. Das Spektrum alternativer Ansätze reicht von Homöopathie über Nahrungsergänzungsmittel bis hin zu Diäten. Die Wirksamkeit ist dabei jeweils nicht wissenschaftlich belegt.
Es werden auch unangenehme, sehr teure oder gefährliche alternative Behandlungen, z.B. mit Schlangentoxin, angeboten. Von solch riskanten Verfahren sollten Betroffene unbedingt Abstand nehmen. Durch einen Verzicht auf wirksame Therapiemethoden zu Gunsten alternativmedizinischer Behandlungsmethoden riskieren Betroffene Schübe und eine damit verbundene Verschlechterung ihrer Lebensqualität.
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