Logopädie

1. Das Wichtigste in Kürze

Logopädie, auch als Sprachtherapie bezeichnet, ist ein weitreichendes Feld therapeutischer Maßnahmen. Sie befasst sich mit der Behandlung von Störungen des Spracherwerbs im Kindesalter sowie Stimm-, Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen, die in jedem Alter auftreten können.

2. Ziele und Leistungserbringer

Das Wort Logopädie kommt aus dem griechischen und leitet sich von „Logos" (das Wort) und „paideuein" (erziehen) ab.

Ziel ist, Störungen der Stimme, der Sprache, des Redeflusses, der Artikulation oder des Schluckens zu beheben bzw. zu bessern. Durch die therapeutischen Maßnahmen wird die Lebensqualität des Patienten erheblich gesteigert und die soziale Integration erleichtert.

Logopädie wird von Logopäden und Sprachtherapeuten angeboten, sie arbeiten in Kliniken, Einrichtungen der Behindertenhilfe und niedergelassenen Praxen. Adressen vermitteln die Krankenkassen, der Bundesverband für Logopädie (www.dbl-ev.de > Patienten > Logopädensuche) oder der Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie (www.dbs-ev.de > Service > Therapeut*innenverzeichnis).

Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit mit anderen Fachkräften wie Ärzten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen, Sozialarbeitern, Erziehern und Pädagogen.

3. Verordnung

Obwohl Logopäden die Therapie durchführen, ist der erste Schritt immer der Besuch beim Hausarzt oder einem Facharzt (z.B. Fachrichtung HNO, Neurologie oder Kinderheilkunde). Nur Ärzte können eine Verordnung für Logopädie (Heilmittelverordnung, Muster 13) ausstellen, die für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse notwendig ist.

3.1. Suche nach geeigneten Therapeuten

Viele Logopäden haben sich auf bestimmte Störungsbilder oder Altersgruppen spezialisiert (z.B. Kindertherapie, Schluckstörungen nach Schlaganfall). Es kann sinnvoll sein, nach einem Therapeuten mit entsprechender Fachkenntnis zu suchen. Bei der Suche nach einem Therapieplatz kann es zu längeren Wartezeiten kommen. Es lohnt sich, bei mehreren Praxen anzufragen.

Die Indikationen und die Leistungen der logopädischen Behandlung sind im Heilmittelkatalog (Näheres siehe Heilmittel) festgelegt. Die Anzahl der verordneten Behandlungen richtet sich nach der gestellten Diagnose. Details unter www.g-ba.de > Richtlinien > Heilmittel-Richtlinie, siehe Zweiter Teil, III Maßnahmen der Stimm-, Sprech-, Sprach-, und Schlucktherapie.

3.2. Indikationen

Eine logopädische Behandlung kann z.B. bei folgenden Störungsbildern des Kindes- und Erwachsenenalters verordnet werden:

Störungsbild Beschreibung
Dyslalien Artikulationsstörungen: phonetisch (Laute) oder phonologisch (Lautverwendung)
Dysgrammatismus Störungen beim Erwerb grammatikalischer Strukturen
Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten Angeborene Fehlbildungen mit Auswirkungen auf Sprache und Schlucken
Stottern / Poltern Redeflussstörungen: Wiederholungen, schnelles oder unregelmäßiges Sprechen
Demenzbedingte Störungen Schluck- und Sprechstörungen im Rahmen einer Demenz
Dysarthrie Erworbene Sprechstörung durch neurologische Ursachen
Laryngektomie Entfernung des Kehlkopfs mit Auswirkungen auf Stimme und Sprache

 

Erworbene Sprach-, Sprech- und Schluckstörungen treten häufig aufgrund eines Schlaganfalls, eines Schädel-Hirn-Traumas, eines Hirntumors, von Kehlkopfkrebs oder von Parkinson und Demenz auf.

3.3. Zuzahlung

Gesetzlich Krankenversicherte ab dem 18. Geburtstag zahlen 10 % der Kosten plus 10 € je Verordnung zu. Eine Befreiung von der Zuzahlung ist möglich, Näheres unter Zuzahlungsbefreiung Krankenversicherung.

4. Maßnahmen der Logopädie

Nachfolgend einige therapeutische Maßnahmen der Stimm-, Sprech- und Sprachtherapie wie sie in der Heilmittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses dargestellt sind.

4.1. Stimmtherapie bei Dysphonie

Die Stimmtherapie befasst sich mit den stimmlichen Fähigkeiten einer Person und dem Schluckakt. Dabei wird gezielt an folgenden Bereichen gearbeitet:

  • Atmung: z.B. das Erlernen der Bauchatmung
  • Phonation: Stimmgebung, Erzeugen einer höheren Stimmresonanz
  • Artikulation: präzise Aussprache

Störungen in diesem Bereich können:

  • funktionell bedingt sein, etwa durch hohe stimmliche Belastung (z.B. Lehrberufe) oder
  • organisch verursacht werden, z.B. durch Tumore oder Lymphknotenentfernung. Bei organischen Ursachen werden häufig Stimmprothesen eingesetzt, deren Gebrauch eingeübt werden muss. Wenn Stimmprothesen nicht möglich/gewünscht sind, steht die Anbahnung von Kompensationsmechanismen (z.B. Bildung einer Ersatzstimme, Üben des Gebrauchs elektronischer Sprechhilfen) im Vordergrund.

4.2. Sprechtherapie bei Dysarthrien

Dysarthrien sind Sprechstörungen, die in Zusammenhang mit dem Nervensystem stehen und bei denen die Steuerung und Ausführung von Sprechbewegungen beeinträchtigt ist. Betroffen sind Atmung, Stimmgebung, Artikulation, Betonung, Sprechgeschwindigkeit, Schluckvorgang, Koordinationsfähigkeiten und motorische Fähigkeiten des Sprechapparats. Auswirkungen:

  • sehr leises Sprechen
  • kurze Sätze, weil die Luft nicht reicht
  • monotones Sprechen
  • ständiger, unkontrollierbarer Wechsel zwischen laut und leise
  • unverständliches Sprechen, weil die Zunge zu weit hinten im Mund liegt
  • veränderte Betonung des Stimmklangs, wirkt wie alkoholisiert

Diese Patienten haben oft einen hohen subjektiven Leidensdruck, weil sie infolge unverständlichen Sprechens nicht verstanden werden.

In der Sprechtherapie wird die Verständlichkeit wiederhergestellt oder gesteigert, z.B. indem die Lautstärke gesteigert, die Zungenmotorik und deutliches Artikulieren trainiert oder normale Betonung anhand von Texten erarbeitet werden.

4.3. Sprachtherapie bei Aphasie

Die Aphasie ist eine durch das Nervensystem bedingte Sprachstörung, bei der das Sprachverstehen, das Sprechen, das Lesen und das Schreiben beeinträchtigt sind. Die Ausprägung kann stark variieren:

  • Amnestische Aphasie: leichte Wortfindungsstörungen
  • Globale Aphasie: stark eingeschränktes Sprachverstehen und nur wenige sprachliche Äußerungen (z.B. Floskeln)

Betroffene erleben oft einen hohen subjektiven Leidensdruck. Sie wissen häufig genau, was sie sagen möchten, finden aber die passenden Wörter nicht. Manche verstehen so wenig, dass sie kaum einem Gespräch folgen können.

Ziele der Sprachtherapie sind:

  • Aufbau des Sprachverständnisses
  • Anbahnung sprachlicher Äußerungen
  • Ausbildung und Erhalt der Lautsprache zur sprachlichen Kommunikation
  • Artikulationsverbesserung bzw. Schaffung nonverbaler Kommunikationsmöglichkeiten
  • Normalisierung bzw. Verbesserung der Laut- und Lautverbindungsbildung
  • Verbesserung, Normalisierung der auditiven Wahrnehmungsfähigkeit (Hören)
  • Aufbau von Kommunikationsstrategien
  • Normalisierung des Sprachklangs
  • Beseitigung der Dysfunktionen von Kehlkopf und Zungenmuskulatur
  • Besserung und Erhalt des Schluckvorgangs

4.4. Therapie bei Schluckstörungen (Dysphagie)

Die Aufgabe der Therapie besteht darin, den normalen Schluckablauf wieder herzustellen oder zu verbessern.

Schluckstörungen treten nach Schädigungen des Nervensystems oder organisch bedingten Dysfunktionen auf. Therapieinhalte sind:

  • Übungen für die betroffene Muskulatur
  • Haltungsänderungen und spezielle Lagerungstechniken
  • Nahrungsanpassung und Beratung zur Kost

Ziel ist es, eine sichere Nahrungsaufnahme zu gewährleisten und ein Verschlucken zu vermeiden, weil dies zu einer Aspirationspneumonie (Lungenentzündung infolge von Fremdkörpern in der Lunge) führen kann.

Bei neurologischen Patienten sollte der normale Schluckakt angebahnt werden. Häufig liegt eine Sensibilitätsstörung im Schlucktrakt vor, d.h. der Patient spürt nicht, wenn Nahrungsreste auf den Stimmlippen liegen. Später können diese in die Luftwege gelangen. Zusätzlich fehlt oft die Kraft, die Reste abzuhusten.

5. Logopädie und Sprachentwicklung bei Kindern

Bei den meisten Kindern ist die Sprachentwicklung mit einem Alter von 4 bis 5 Jahren abgeschlossen. Das Kind sollte die Bildung aller Laute beherrschen und in kurzen Sätzen seine Wünsche und Absichten ausdrücken können. Es sollte keine Schwierigkeiten haben, sich mit anderen Kindern und Erwachsenen zu unterhalten. Prinzipiell verläuft die Sprachentwicklung bei Kindern sehr unterschiedlich. Wenn ein Kind bis zum 3. Geburtstag noch nicht oder nur wenige Wörter spricht, sollte dies aufmerksam beobachtet und bei Verdacht einer sprachlichen Auffälligkeit unbedingt fachlich abgeklärt werden.

5.1. Logopädie bei auditiven Wahrnehmungsstörungen (AVWS)

Zur Logopädie bei Kindern zählt auch die Behandlung sog. auditiver Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS). Dabei ist das Gehör selbst nicht beeinträchtigt, das Problem liegt in der Verarbeitung von Geräuschen und Sprache im Gehirn. Vor Beginn solch einer AVWS-Therapie muss eine psychologische Untersuchung des Kindes sowie eine ausgiebige Hördiagnostik durchgeführt werden.

5.2. Praxistipp

Bei den U-Untersuchungen (Kinderfrüherkennungsuntersuchungen) wird die Sprachentwicklung von Kindern systematisch überprüft, insbesondere zwischen der U3 und U9. Eltern, die Auffälligkeiten bei der Sprachentwicklung ihres Kindes bemerken, sollten dies zunächst mit dem Kinderarzt besprechen. Im Verdachtsfall kann der Kinderarzt eine Überweisung zur Logopädie ausstellen. Dort erfolgt:

  • eine ausführliche Beratung der Eltern
  • eine Diagnostik des sprachlichen Entwicklungsstandes des Kindes

Wird eine Sprach- oder Sprechentwicklungsstörung festgestellt, wird ein individueller Therapieplan erstellt. Die logopädische Behandlung erfolgt altersgerecht und spielerisch, um die Motivation des Kindes zu fördern. Die Therapie erfordert oft Geduld und aktive Mitarbeit der Eltern.

6. Wer hilft weiter?

Mehr Informationen zur Logopädie geben

  • dbl – Deutscher Bundesverband für Logopädie e.V.
    Augustinusstr. 11a, 50226 Frechen
    Telefon: 02234 37953-0
    Fax: 02234 37953-13
    info@dbl-ev.de
    www.dbl-ev.de
  • Deutscher Bundesverband für akademische Sprachtherapie und Logopädie e.V.
    Goethestr. 16, 47441 Moers
    Telefon: 02841 998191-0
    Fax: 02841 998191-3
    info@dbs-ev.de
    www.dbs-ev.de

7. Verwandte Links

Heilmittel

Aphasie

Schlaganfall

Parkinson

Schädel-Hirn-Trauma

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

ALS > Hilfsmittel

Geriatrische Rehabilitation

Letzte Bearbeitung: 21.07.2025

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