Das Wichtigste in Kürze
Fatigue ist der medizinische Fachausdruck für krankhafte Müdigkeit, Erschöpfung, Antriebsschwäche und eingeschränkte Belastbarkeit, die über das normale Maß hinausgehen. Akut oder chronisch tritt Fatigue bei vielen verschiedenen Erkrankungen auf (häufig z.B. bei Krebs, Rheuma und Multipler Sklerose).
Neben Fatigue als Symptomatik einer bekannten Erkrankung wird kontrovers über eine chronische Erkrankung diskutiert, für die es mehrere verschiedene Bezeichnungen gibt, wie z.B. Chronisches Erschöpfungssyndrom, Chronisches Fatigue Syndrom (CFS), myalgische Enzephalomyelitis (ME) oder Systemic Exertion Intolerance Disease (SEID).
Fatigue bei Krebs
Während einer Krebserkrankung oder im Laufe der Behandlung können körperliche, seelische und/oder geistige Müdigkeit und Erschöpfung auftreten, ohne im Zusammenhang mit vorangegangener Belastung zu stehen. Betroffene können ihren Alltag nur schwer bewältigen und finden auch durch Ausruhen oder Schlafen keine Erholung.
Fatigue kann auch nach Beendigung einer Tumortherapie auftreten. In vielen Fällen klingt sie nach einigen Wochen wieder ab, die Beschwerden können jedoch auch über Monate bzw. Jahre anhalten oder später erneut auftreten.
Wie es zur Entstehung von Fatigue kommt, ist noch nicht abschließend geklärt. Mögliche Ursachen sind der anhaltende seelische und körperliche Stress bei einer Krebserkrankung, Veränderungen des Hormonhaushalts, Anämie (Blutarmut), Schlafstörungen oder die Krebserkrankung selbst. Auch die Nebenwirkungen der Krebstherapie, wie Chemotherapie oder Strahlentherapie, können eine Rolle spielen.
Betroffene sollten Fatigue ernst nehmen und mit ihrem Arzt darüber sprechen. Je nach Symptomen und Einschränkungen gibt es
- ärztlich-therapeutische Behandlungsmöglichkeiten, z.B. Medikamente, Physiotherapie oder Psychotherapie
und - unterstützende Maßnahmen, z.B. Beratung, körperliches Training oder Entspannungsübungen.
Studien zeigen, dass bei tumorbedingter Fatigue speziell auf die Patienten abgestimmte Bewegungstherapien am besten helfen, insbesondere Kraft- und Ausdauertraining. Dieses sollte idealerweise kombiniert an 2–3 Tagen in der Woche ausgeführt werden. Doch auch Entspannungsverfahren, wie z.B. Yoga oder progressive Muskelentspannung, können eine Verbesserung der Fatigue bewirken. Studien zeigen auch, dass Menschen mit Krebs, die schon während der Chemotherapie trainieren, weniger häufig an Fatigue leiden.
Weitere Informationen über Fatigue bei Krebserkrankungen bietet auch die Deutsche Fatigue Gesellschaft unter www.deutsche-fatigue-gesellschaft.de.
Chronisches Fatigue Syndrom (CFS)
Das Chronische Fatigue Syndrom (CFS) wird unter anderem als myalgische Enzephalomyelitis (ME), als chronisches Müdigkeits- oder Erschöpfungssyndrom oder als Systemic Exertion Intolerance Disease (SEID), auf deutsch Systemische Belastungsintoleranz-Erkrankung, bezeichnet. Oft wird auch die Abkürzung ME/CFS verwendet. Die Müdigkeit dauert dabei länger als 6 Monate, beeinträchtigt die Aktivität in allen Lebensbereichen und ist mit Schlafstörungen und Schmerzen sowie Problemen beim Denken verbunden.
Über die Definition, die Ursachen und die Behandlung dieser Erkrankung gibt es verschiedene Ansichten:
- Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. zum Thema Müdigkeit enthalten ein Kapitel über CFS. Die Ausführungen sind umstritten und die Autoren nennen sie selbst "keine Leitlinien im engeren Sinne". Demnach ist CFS selten und hat wahrscheinlich unterschiedliche (auch psychische) Ursachen, die individuelle Behandlung erfordern. Empfohlen werden dort unter anderem körperliche Aktivität unter Vermeidung von Überlastung, Psychotherapie und symptomatische Behandlung von Schmerzen und Schlafstörungen.
- Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS spricht hingegen von einer weit verbreiteten schweren neuroimmunologischen Erkrankung. Körperliche und geistige Anstrengung verstärke die Symptome und sei daher zu vermeiden. Die rein körperliche Erkrankung führe häufig zu schwerer körperlicher Behinderung mit Pflegebedürftigkeit. Eine ursächliche Behandlung sei derzeit nicht möglich, nur Symptome könnten gelindert werden.
Die Ursachen sind wissenschaftlich noch nicht geklärt, wobei eine Autoimmunerkrankung vermutet wird. Infektionen (z.B. mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV), dem Auslöser des Pfeifferschen Drüsenfiebers) werden als Auslöser angenommen. Die Erkrankung tritt zum Teil auch als Langzeitfolge einer Infektion mit dem Coronavirus SARS Cov-2 im Rahmen von Long Covid / Post Covid auf. Obwohl die Erkrankung durch Long Covid bekannter geworden ist, gibt es noch wenig gesichertes Wissen dazu.
Praxistipps
- Die medizinischen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V. zum Thema Müdigkeit gibt es zum Download unter www.degam.de > Leitlinien > Suchbegriff: Müdigkeit. Ab S. 55 geht es dort um das Chronische Fatigue-Syndrom.
- Zur Kritik an den Leitlinien äußert sich die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS unter www.mecfs.de/degam-veroeffentlicht-revidierte-fassung-der-leitlinie-muedigkeit/.
- Informationen zum CFS bieten:
- die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS unter www.mecfs.de,
- das Charité Fatigue Centrum unter https://cfc.charite.de,
- speziell zu CFS bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die München Klinik Schwabing unter https://www.muenchen-klinik.de > Unsere Kliniken > Schwabing > Kinder, Jugendliche > Kinder- & Jugendmedizin > Medizinische Fachbereiche > Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS).
- Weitere Informationen über ME/CFS sowie Adressen überregionaler Selbsthilfegruppen (teilweise auch mit Online-Treffen) finden Sie beim Bundesverband ME/CFS Fatigatio e.V. unter www.fatigatio.de.
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