Psychische Belastungen

1. Das Wichtigste in Kürze

Psychische Belastungen sind normal, z.B. bei Stress, Ängsten, Veränderungen oder Krankheiten. Wenn negative Nachrichten, Ängste und Sorgen überhandnehmen, ist es umso wichtiger, den Blick bewusst auf positive Aspekte zu richten. Gerade in schweren Lebenslagen wie einer Krebserkrankung erscheint es oft unmöglich, den Fokus auf das Positive zu richten. Doch diese Fähigkeit lässt sich trainieren, auch wenn es Anstrengung erfordert, da das menschliche Gehirn von Natur aus darauf programmiert ist, Gefahren und negative Eindrücke besonders wahrzunehmen.

Ein wissenschaftlicher Ansatz, um besser mit Belastungen umzugehen, ist die positive Psychologie. Positive Psychologie bedeutet nicht, Negatives zu ignorieren und unangenehme Gefühle zu verdrängen. Sie kann dabei unterstützen, sich mehr auf das Gute im Leben zu konzentrieren, wie schöne Erlebnisse, persönliche Stärken und Dinge, die Sinn geben.

Die „Macht der Gedanken“ spielt auch bei psychischen Erkrankungen oder Störungen, z.B. Depressionen oder Burnout, eine Rolle und kann helfen, negative Denkmuster, sog. Schemata, zu verändern.

2. Warum schauen wir auf die Gefahr statt auf die Chancen

Menschen neigen dazu, negative Informationen stärker wahrzunehmen: Der Unfall auf der Autobahn, die Katastrophen in den Nachrichten oder eine bevorstehende Operation. Angeblich sind 90 Prozent unserer Gedanken negativ. Das ist normal und es gibt verschiedene Gründe dafür:

  • Genetisch programmiert
    Unsere Vorfahren überlebten nur, wenn sie Gefahren früh erkannten. Diese Vorsicht ist genetisch verankert.
  • Hilflosigkeit in der frühen Kindheit
    Als Kinder waren wir auf andere angewiesen. Dieses Gefühl der Ohnmacht vermeiden wir später, indem wir potenzielle Risiken besonders aufmerksam wahrnehmen.
  • In der Schule gelernt
    In der Schule wurden Fehler rot markiert, das Negative fiel auf, das Positive wurde weniger hervorgehoben.

Auch wenn diese Fokussierung normal ist, lässt sich lernen, den Blick bewusst auf das Positive zu lenken und ihm Raum zu geben.

3. Positive Haltung können Sie üben: Fokussierung

Fokussierung ist die Fähigkeit, seine Gedanken bewusst zu lenken. Diese Fähigkeit nutzen wir täglich, oft unbewusst. Doch worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, beeinflusst, wie wir die Situation erleben und bewerten – hier einige Beispiele für negative Fokussierung:

  • Wird eine schwere Krankheit diagnostiziert, ist es verständlich, sich informieren zu wollen, z.B. im Internet. Doch eine Flut an Informationen, auch negativer, kann die Stimmung drücken und das Immunsystem schwächen.
  • Online-Bewertungen von Praxen und Kliniken fallen oft negativer aus als die tatsächlichen Erfahrungen – denn wer zufrieden ist, nimmt sich selten die Zeit, dies öffentlich zu teilen.

Die Aufmerksamkeit bewusst auf hilfreiche, stärkende Aspekte zu richten, kann geübt und erlernt werden. Hier einige Tipps:

Positiver Umgang mit Krebs und chronischen Erkrankungen:

3.1. Praxistipps

Achten Sie auf Ihre Worte und Gedanken: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit nicht ständig auf das, was nicht funktioniert. Überlegen Sie stattdessen: Was kann ich tun? Und sprechen Sie mit anderen darüber, das öffnet neue Perspektiven.

Finden Sie das Gute im Schlechten: Statt sich auf Krise, Krankheit, Bedrohung zu konzentrieren, fragen Sie sich: Was kann ich daraus für mich lernen? Herausforderungen sind manchmal eine Chance sich weiter zu entwickeln.

Genießen Sie das Alltägliche bewusst: Wir nehmen vieles als selbstverständlich hin, jedoch gerade in Krisenzeiten lohnt es sich, das Schöne im Gewohnten wiederzuentdecken: das warme Wasser beim Duschen, der Duft Ihrer Lieblingscreme, die Tasse Kaffee am Morgen, ein Spaziergang in der Natur. Was auch immer Ihnen Freude bereitet, nehmen Sie es bewusst wahr.

Achten Sie auf sich selbst: Das ist immer wichtig und in schwierigen Zeiten ganz besonders. Tun Sie regelmäßig Dinge, die Ihnen gut tun, in denen Sie „aufgehen“. Das macht zufrieden – und stärkt ganz nebenher das Immunsystem.

Machen Sie langsamer – bewusster: Ein Aspekt nach einer einschneidenden Diagnose oder einem Unfall ist die Entschleunigung. Nutzen Sie diese Zeit, um innezuhalten und sich zu fragen: Was ist mir wirklich wichtig im Leben?

Machen Sie sich Positives bewusst. Eine bewährte Methode aus der Psychotherapie: Schreiben Sie sich täglich drei schöne, tolle, positive Dinge auf. Wenn Sie das regelmäßig, schärfen Sie Ihren Blick für das Gute und stärken Ihre innere Widerstandskraft.

3.2. Three good Things – Drei gute Dinge täglich

Die Übung „Three good things“ stammt vom Martin Seligman, dem Begründer der positiven Psychologie. Probieren Sie eine Woche lang Folgendes:

  1. Setzen Sie sich jeden Abend vor dem Schlafengehen an einen Ort, an dem Sie sich wohlfühlen.
  2. Erinnern Sie sich an den Tag und suchen Sie nach drei Dingen, Momenten, Situationen, die gut waren. Die gut liefen. Bei denen Sie Glück hatten und sich gut fühlten.
  3. Schreiben Sie diese drei guten Dinge auf. Überlegen und beschreiben Sie, wie es zu diesen Momenten kam und welchen Beitrag Sie selbst geleistet haben. Dabei kommt es nicht auf große Ereignisse an. Es können auch kleine Momente sein, die ein Wohlgefühl, ein Lächeln, Stolz oder Zufriedenheit bei Ihnen ausgelöst haben.

Das schriftliche Festhalten vertieft die Reflexion. Es macht die Übung zu einem Ritual mit Struktur und fördert die Bildung positiver Denkmuster.

Ein Interview mit Martin Seligman zu den Hintergründen und Entwicklungen der Positiven Psychologie finden Sie unter www.karger.com > Suchgebgriff Seligman > Marty Seligman: "Das pathologische Krankheitsmodell hat uns bei ganz normalen Menschen nicht weitergeholfen".

4. Unterstützung bei starken psychischen Belastungen

Wenn Sie schwere Ängste oder Panikattacken haben oder an Suizid denken – zögern Sie nicht, sich professionelle Hilfe zu holen.

Wenden Sie sich an Krisendienst, Notfallseelsorge, Telefonseelsorge, Notrufnummern, den sozialpsychiatrischen Dienst, den ärztlichen Bereitschaftsdienst, Beratungsstellen oder psychiatrische Notfalldienste. Telefonnummern unter Notfall- und Beratungsnummern.

Bei akuten Problemen kann eine psychotherapeutische Praxis helfen. Sie müssen dort nicht gleich in eine Therapie einsteigen. Seit einigen Jahren gibt es die sog. psychotherapeutischen Sprechstunden, wo Sie bis zu 6 Mal eine knappe halbe Stunde Therapiegespräch bekommen, Näheres unter Psychotherapie.

Zwar nicht akut helfend, aber langfristig unterstützend, kann auch eine App sein, einige davon gibt es kostenfrei auf Rezept. Weitere Infos unter DiGA - Digitale Gesundheitsanwendungen.

5. Verwandte Links

Psychotherapie

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Chronische Schmerzen > Psyche - Depression

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Letzte Bearbeitung: 12.08.2025

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