Epilepsie > Urlaub und Sport

1. Das Wichtigste in Kürze

Menschen mit Epilepsie können Anfallsauslöser und Probleme mit Medikamenten im Urlaub durch gute Planung vermeiden. Sie sollten außerdem den internationalen Epilepsie Notfallausweis (IENA) bei Reisen mitnehmen. Sport ist auch bei Epilepsie zu empfehlen. Auch Sportarten mit hohem Unfallrisiko bei Anfällen sind mit besonderen Sicherheitsmaßnahmen und Aufsicht oder bei langer Anfallsfreiheit ggf. möglich, z.B. Fahrradfahren, Klettern und Wassersport, aber nur wenn Fremdgefährdung ausgeschlossen ist.

2. Urlaub mit Epilepsie

2.1. Anfallsauslöser bei Reisen

Gute Planung eines Urlaubs bzw. einer Reise und eine gezielte Auswahl des Urlaubsorts und der Aktivitäten im Urlaub können bekannte Anfallsauslöser vermeiden. Menschen mit Epilepsie müssen abwägen, welches Risiko sie für einen Urlaub oder eine Reise eingehen wollen.

Beispiele für mögliche Anfallsauslöser:

  • Stress
  • ungewohnte Belastungen
  • veränderter Luftdruck im Flugzeug
  • Schlafmangel (z.B. durch nächtliche Autofahrten), Langstreckenflüge oder Zeitverschiebung
  • unregelmäßige Medikamenteneinnahme durch Zeitverschiebungen
  • Durchfallerkrankungen oder Reisedurchfall: Sie können Anfälle begünstigen und dazu führen, dass nicht ausreichend Wirkstoff aus den Medikamenten aufgenommen werden kann.
  • Schutzimpfungen und Malariaprophylaxe: Sie können das Anfallsrisiko erhöhen oder die Wirkung der Antiepileptika vermindern.

2.2. Neurologie-Termin vor einer Reise

Menschen mit Epilepsie sollten rechtzeitig vor dem Urlaub bzw. der Reise einen Neurologie-Termin vereinbaren und dort z.B. klären:

  • Sind die nötigen Schutzimpfungen und ggf. nötige Malariaprophylaxe problematisch?
  • Bekomme ich ausreichend Medikamente für den gesamten Urlaub?
  • Bekomme ich eine Bestätigung der Notwendigkeit der Antiepileptika für Zollkontrollen?
  • Ist eine höhere Dosierung der Medikamente möglich und sinnvoll um Anfälle während einer längeren Flugreise zu vermeiden?
  • Wie kann ich die Medikamenteneinnahme bestmöglich an eine etwaige Zeitverschiebung anpassen?
  • Wie kann ich meinen Schlafrythmus bei einer Zeitverschiebung anpassen um Anfälle durch Jetlag zu vermeiden?
  • Bekomme ich eine ärztliche Flugtauglichkeitsbescheinigung oder ein Attest für den Reiseanbieter bzw. die Fluggesellschaft?
    Hintergrund: Fluggesellschaften dürfen sich weigern Fluggästen mit Gesundheitsproblemen mitzunehmen, um Zwischenlandungen bei Notfällen vorzubeugen. Nach einer Zwischenlandung wegen eines Status epilepticus kann eine vorher ausgestellte Flugtauglichkeitsbescheinigung ggf. eine Haftung für die Kosten verhindern, wenn trotz Epilepsie mit dem Notfall nicht zu rechnen war.
  • Sollte ich Medikamente gegen Reisedurchfall mitnehmen?

2.3. Reisehinweise bei Epilepsie

Hinweise zu Medikamenten:

  • Bei Flügen und Ausflügen ist es ratsam reichlich Medikamente im Handgepäck mitzuführen, und die restlichen Medikamente auf mehrere Gepäckstücke zu verteilen, falls das Gepäck verloren geht oder zu spät ankommt.
  • Medikamente immer in der Originalverpackung mitnehmen, wegen Zollkontrollen und um ggf. einen Nachkauf zu erleichtern.
  • Ärztliche Bescheinigung der Notwendigkeit der Antiepileptika für den Zoll mitnehmen.

Hinweise zur medizinischen Versorgung am Urlaubsort:

  • Krankenversicherungsschutz im Ausland ist immer wichtig, bei Epilepsie aber besonders. Auskunft gibt die Krankenkasse bzw. private Krankenversicherung. Je nach Anfallsart und -häufigkeit kann eine Reiserücktrittsversicherung sinnvoll sein. Näheres unter Auslandsschutz.
  • Menschen mit erhöhter Anfallswahrscheinlichkeit sollten klären, ob nötige medizinische Versorgung am Urlaubsort gewährleistet ist und ggf. Adressen von Praxen oder Kliniken heraussuchen.

Weitere Hinweise:

  • Besonders Alleinreisende mit Epilepsie können das Hotelpersonal und/oder andere Gäste über ihre Erkrankung informieren, um unnötige Notrufe zu vermeiden.
  • Durchfall vermeiden, z.B. in bestimmten Gegenden rohes und halbgares Gemüse oder Fleisch, Eis, Milchprodukte und Zähneputzen mit Leitungswasser vermeiden, rohes Obst vorher schälen und nur Trinkwasser aus Flaschen verwenden.

2.4. Internationaler Epilepsie Notfallausweis (IENA)

Bei Epilepsie ist es gut, den Internationalen Epilepsie Notfallausweis (IENA) mitzunehmen. Die Interessenvereinigung für Anfallskranke in Köln (IfA Köln), der Verein zur Hilfe Epilepsiekranker e.V. und zwei Epilepsieexperten haben ihn entwickelt, es ist kein amtlicher Ausweis. Bei einem Anfall, einem Unfall oder einer plötzlichen schweren Erkrankung können die Informationen darin lebenswichtig sein.

In dem Ausweis stehen:

  • Persönliche Daten
  • Krankheitsbild, Behandlungsmaßnahmen im Notfall (am besten vom Arzt eintragen lassen)
  • Medikamente, Dosierung, Einnahmezeiten
  • Andere Medikamente, die eingenommen werden
  • Medikamentenunverträglichkeiten

2.5. Praxistipps

3. Sport bei Epilepsie

Die Folgen eines Sportverzichts wie z.B. Übergewicht und Herz-Kreislauf-Probleme wiegen unter Umständen schwerer als das Risiko  von Anfällen während des Sports, zumindest beim Sport mit Vorsichtsmaßnahmen.

3.1. Auswirkungen von Sport auf das Anfallsrisiko

Das Anfallsrisiko ist beim Sport und bei sportlich aktiven Menschen normalerweise nicht höher als sonst. Sport könnte sogar das Anfallsrisiko senken, aber das wird nur vermutet und bisher fehlen Beweise.

Nur ausnahmsweise kann Sport Anfälle auslösen, z.B.

  • bei Menschen mit Anfällen durch Lichtreize z.B. beim Wassersport, wobei dabei ggf. eine Sonnenbrille bzw. abgedunkelte Schwimmbrille oder Anpassung der Medikamente hilft,
  • bei starkem Stress,
  • bei Überforderung, z.B. beim Versuch von Hochleistungen ohne ausreichendes Training,
  • bei Unterzuckerung, z.B durch lange Läufe ohne Nahrung oder kohlenhydrathaltige Getränke.

Menschen mit Epilepsie können durch vorherige Aufklärung über die Krankheit bei Anfällen während des Sports Gefahren für andere vermeiden und angemessene Hilfe bekommen.

3.2. Risiko beim Sport mit Epilepsie

Epileptische Anfälle können in vielen Situationen Unfälle verursachen, z.B. bei der Arbeit, im Haushalt, im Straßenverkehr und auch beim Sport. Die Höhe des Risikos für Unfälle mit Verletzungen oder Todesfolge beim Sport hängt von folgenden Umständen ab:

  • Anfallrisiko während des Sports: Bei mehrjähriger Anfallsfreiheit ohne erhöhtes Anfallsrisiko oder Anfällen nur im Schlaf ist es gering. Je öfter Anfälle am Tag auftreten, desto höher ist auch das Risiko, dass es während des Sports passiert.
  • Anfallsart: Manche einfach-fokalen Anfälle sind so ungefährlich, dass damit sogar Autofahren sicher möglich ist, Näheres unter Epilepsie > Autofahren. Sie können zwar die Leistungsfähigkeit beim Sport verringern oder zu einer Pause zwingen, sind aber bei den meisten Sportarten ungefährlich. Wer nur Anfälle mit Aura am Anfallsanfang hat kann oft den Sport rechtzeitig vor einem Unfall beenden. Am gefährlichsten sind Grand-Mal-Anfälle (Anfälle mit Sturz, Krämpfen, Zuckungen und Bewusstseinsverlust), die plötzlich und ohne Vorahnung oder Ankündigung kommen. Näheres zu Anfallarten unter Epilepsie > Ursachen - Diagnose - Formen.
  • Sportart: Besonders riskant sind
    • Tauchen, Schwimmen und andere Wassersportarten
    • Sportarten in großer Höhe mit Absturzgefahr, z.B. Fallschirmspringen, Drachenfliegen, Klettern oder Sportfliegen
    • Sportarten mit hohen Geschwindigkeiten, z.B. Fahrradrennen oder Autorennen
  • Mögliche Sicherheitsmaßnahmen:
    • spezielle Rettungswesten oder Schwimmkragen, die den Kopf während Anfällen im Wasser oben halten
    • Aufsicht durch im Rettungsschwimmen ausgebildete Personen, die bei den ersten Anfallsanzeichen eingreifen, möglichst eine Einzelaufsicht ganz in der Nähe
    • Klettern mit Sicherung oberhalb (Toprope) und Aufsicht
    • Helme und andere Protektoren (z.B. beim Fahrradfahren, Ski-Fahren oder Skaten)

Menschen mit Epilepsie müssen abwägen, welche Risiken sie beim Sport eingehen wollen. Ärztlicher Rat und Rücksprache mit Angehörigen sind empfehlenswert, denn Unfälle mit schlimmen Folgen betreffen auch nahestehende Menschen.

3.3. Wassersport mit Epilepsie

Beim Wassersport ist Vieles zu beachten:

  • Die überwiegende Anzahl von Schwimmhilfen wie z.B. Schwimmkragen und Schwimmwesten schützen nicht vor dem Ertrinken bei einem Anfall, sondern erleichtern nur die Rettung.
  • Ohnmachtssichere Rettungswesten schränken die Bewegungsfähigkeit für Schwimmen meist zu stark ein, sind aber z.B. beim Rudern oder Paddeln gut geeignet.
  • Rettung bei Krampfanfällen in offenen Gewässern ist meist unmöglich, trotz Begleitung durch eine im Rettungsschwimmen geschulte Person: Zu Anfallsbeginn stoßen Betroffene stoßartig die Luft aus den Lungen aus. Diese füllen sich sofort mit Wasser und der Körper geht sehr schnell unter.
  • Schwimmen ohne Lebensgefahr bei drohenden Krampfanfällen ist in Schwimmbädern mit geeigneter Aufsicht und mit rettungserleichternden Schwimmhilfen möglich.
  • Bei anderen Anfällen ist Schwimmen ohne Lebensgefahr unter Umständen auch in offenen Gewässern mit Begleitung durch eine zur Rettung geschulte Person möglich.
  • Beim Tauchen sind auch einfach-fokale Anfälle ohne Bewusstseinsverlust lebensgefährlich, weil z.B. leicht das Mundstück des Atemreglers verrutschen kann.
  • Tauchen ist ggf. bei langjähriger Anfallsfreiheit vertretbar, wenn Nebenwirkungen der Medikamente dem nicht entgegenstehen und die Tauchbegleitung (Buddy) Bescheid weiß sowie bereit ist, das Restrisiko mitzutragen.

3.4. Fremdgefährdung beim Sport mit Epilepsie

Erwachsene mit Epilepsie können Risiken für sich selbst beim Sport eingehen, wenn Ihnen die eigene Lebensqualität wichtiger ist als ihre Sicherheit. Allerdings müssen Sie Fremdgefährdung durch Anfälle während des Sports vermeiden. Diese ist nicht nur moralisch verwerflich, sondern es drohen auch Schadenersatzforderungen und Strafen. Anders als bei Strafen ist eine Schadenersatzpflicht vererblich.

Beispiele:

  • Ein Anfall bei einem Autorennen gefährdet die Gesundheit und das Leben aller Teilnehmenden und des Publikums.
  • Durch einen Sturz bei einem Fahrradrennen können auch andere Teilnehmende stürzen, sich schwer verletzen oder sogar sterben.
  • Sportfliegen trotz Anfallsgefahr gefährdet alle an Bord und ggf. auch Menschen, Tiere und Sachen auf dem Boden.
  • Es ist mindestens grob fahrlässig trotz hohen Anfallsrisikos andere beim Klettern zu sichern.
  • Tauchen trotz Anfallsrisiko gefährdet auch das Leben der Tauchbegleitung (des Buddys).
  • Bei Anfällen während des Schießsports können umstehende verletzt oder getötet werden.

3.5. Praxistipps

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Letzte Bearbeitung: 25.07.2023

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