Epilepsie > Inklusion

1. Das Wichtigste in Kürze

Inklusion von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Epilepsie in Kita, Schule, Ausbildung, Studium, Freizeit und Berufsleben ermöglicht gleichberechtigte Teilhabe in allen Lebensbereichen. Dafür gibt es verschiedene Hilfen wie z.B. Schulbegleitung, Freizeitassistenz und Nachteilsausgleiche.

2. Epilepsie in Kita und Schule

2.1. Hilfsmöglichkeiten für Schule und Kita

Inklusion in Kita und Schule bedeutet für Kinder und Jugendliche mit Epilepsie gleichberechtige Teilhabe an Betreuung und Bildung.

Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen finanziert bei Bedarf Inklusionsassistenz in der Kita und/oder Schulbegleitung, Näheres unter Assistenzleistungen und Teilhabe an Bildung. Dabei kommt eine Assistenz mit in die Kita oder Schule und kann dort z.B.

  • an Medikamente erinnern,
  • Medikamente geben,
  • sich bei Anfällen um die Sicherheit kümmern,
  • nach Bewusstseinsaussetzern oder sonstigen Unterbrechungen durch Anfälle helfen wieder zurück in den Unterricht oder ins Spiel zu finden,
  • auf etwaige Ängste und Fehlannahmen durch das Personal oder die Gleichaltrigen reagieren und soziale Probleme wie z.B. Mobbing verhindern oder abbauen,
  • bei zusätzlichen Problemen wie z.B. Konzentrationsstörungen oder psychischen Symptomen unterstützen.

Fast immer ist der Träger der Eingliederungshilfe zuständig, weil Epilepsie als Körperbehinderung zählt.

Mit Epilepsie kann ein Anspruch auf einen sog. sonderpädagogische Förderung bestehen. Dann ist der Besuch einer Förderschule, z.B. mit Schwerpunkt körperliche bzw. motorische Entwicklung, oder sonderpädagogische Förderung an einer allgemeinen Schule möglich. Näheres unter Behinderung > Schule.

Außerdem sind schulische Nachteilsausgleiche im Unterricht, bei Leistungsnachweisen und bei Prüfungen möglich, z.B.

  • Schreibzeitverlängerung
  • Zusätzliche Pausen
  • Mündliche statt schriftliche Aufgaben

Näheres unter Behinderung > Schule.

Krankenhausschulen bieten Unterricht während längerer stationärer Aufenthalte wegen der Epilepsie. Ausnahmsweise ist Hausunterricht mit Einzelunterricht bei häufigen Anfällen möglich. Näheres unter Schulpflicht bei kranken Kindern.

2.2. Praxistipp: Durchsetzen von Inklusionsassistenz/Schulbegleitung bei Epilepsie

Manche Träger der Eingliederungshilfe schicken Ihren Antrag auf Inklusionsassistenz und/oder Schulbegleitung an die Krankenkasse oder bei einem Pflegegrad an die Pflegekasse weiter, wenn es um Medikamente, eine ketogene Diät und/oder Hilfe bei Anfällen geht. Dort wird Ihr Antrag dann aber meist abgelehnt, weil die Aufgaben von medizinischen Laien und nicht nur von Pflegekräften erledigt werden können.

Gegen eine solche Ablehnung können Sie kostenlos Widerspruch bei der Krankenkasse oder Pflegekasse und ggf. kostenlos Klage beim Sozialgericht einreichen, obwohl die Krankenkasse oder Pflegekasse wirklich nicht zuständig ist, sondern der Träger der Eingliederungshilfe. Denn die Krankenkasse oder Pflegekasse muss an Stelle des Trägers der Eingliederungshilfe leisten, wenn sie den Antrag nicht wieder an den Träger der Eingliederungshilfe zurückschickt. Sie wird der sog. leistende Rehabilitationsträger, Näheres unter Rehabilitation > Zuständigkeit.

Anwaltliche Hilfe ist sehr sinnvoll, weil die Regeln kompliziert sind. Wenn Sie sich das nicht leisten können hilft ggf. ein Antrag auf Beratungshilfe bzw. Prozesskostenhilfe.

Eine Rechtsschutzversicherung zahlt normalerweise nur

  • bei rechtzeitigem Abschluss vor Ihrem Antrag auf Schulbegleitung (meist gibt es auch eine Wartezeit)
    und
  • wenn das Sozialrecht ausdrücklich von der Versicherung umfasst ist und bei einem Widerspruchsverfahren nur, wenn es ebenfalls ausdrücklich umfasst ist.

2.3. Schulsport trotz Epilepsie

Sport ist auch bei Epilepsie gesund, wichtig für die soziale Stellung in der Klasse und stärkt das Selbstbewusstsein. Nach längerer Anfallsfreiheit ist nach ärztlicher Rücksprache meist jede Sportart möglich.

Ansonsten gilt

  • Schwimmen nur mit Einzelaufsicht
  • Tauchen nur nach mehreren Jahren ohne Anfall
  • Klettern nur mit Sicherung oberhalb des Kindes oder Jugendlichen (sog. Toprope).
  • Geräteturnen und Bouldern nur mit Weichbodenmatte
  • Kopfschutz (z.B. Helm) bei regelmäßigen Anfällen
  • Sportarten mit regelmäßiger Erschütterung des Kopfes, z.B. Kopfballtraining oder Boxen meiden

Näheres zu Sport bei Epilepsie unter Epilepsie > Urlaub und Sport.

2.4. Medikamentengabe in Kitas und Schulen

Das Personal von Kitas oder Schulen

  • muss bei Bedarf von Laien anwendbare Notfallmedikamente zum Unterbrechen eines Status epilepticus geben, sonst ist es unterlassene Hilfeleistung. Eltern sollten die Anwendung genau erklären und eine schriftliche ärztliche Erklärung einreichen, um dem Personal Ängste zu nehmen.
  • hat keine Pflicht, regelmäßig einzunehmende Antiepileptika zu geben, aber manchmal sind sie nach einer schriftlichen Vereinbarung mit den Sorgeberechtigten und mit einem ärztlichen Medikamentenplan dazu bereit.
  • muss nur in manchen Bundesländern an die Medikamente erinnern, weshalb Eltern genau nachfragen sollten, bevor sie sich darauf verlassen.

2.5. Aufklärung über die Epilepsie

Es hat viele Vorteile, wenn das Kita-Personal und die Lehrkräfte aber auch die anderen Kinder und Jugendlichen von der Epilepsie wissen und gut über die Anfälle, einen guten Umgang damit und über die Behandlung aufgeklärt sind.

Beispiele:

  • Wissen vermeidet Panik, unnötige Notrufe und ermöglicht bestmögliche Hilfe bei Anfällen.
  • Auch eher unscheinbare Anfälle werden als epileptische Anfälle erkannt und sinnlose belastende pädagogische Maßnahmen unterbleiben. Ohne Aufklärung wirken weniger dramatische Anfälle je nach Anfallsart oft wie Unaufmerksamkeit, Verträumtheit, Herumkaspern oder bewusste Störung des Unterrichts. Auch Kinder und Jugendliche akzeptieren oft eine ihnen gut erklärte Krankheit besser als vermeintlich seltsames, für sie unverständliches, Verhalten.
  • Das Kita-Personal und die Lehrkräfte können z.B. an die Medikamenteneinnahme erinnern, Wirkung und Nebenwirkungen der Antiepileptika beobachten und so bei einer guten medikamentösen Einstellung helfen.
  • Nachteilsausgleiche und Hilfen wie z.B. Schulbegleitung werden möglich.
  • Epilepsie wird durch Offenheit der Betroffenen normaler und die gesellschaftliche Stigmatisierung sinkt, das heißt Vorurteile und Diskriminierung werden weniger.

Häufige Anfälle können fast nie geheim bleiben. Bei Anfallsfreiheit oder seltenen Anfällen reicht aber oft eine Information nur an die Erwachsenen und z.B. enge Freunde.

Bei langer Anfallsfreiheit die Epilepsie zu verschweigen kann zwar möglicherweise Diskriminierung und Hänseleien verhindern. Aber

  • heimliche Medikamenteneinnahme belastet meist psychisch,
  • etwaige Nebenwirkungen der Medikamente erscheinen als Fehlverhalten, das pädagogisch korrigiert werden muss oder werden zum Anlass für Hänseleien
  • und bei Rückfällen ist niemand vorbereitet.

3. Epilepsie in Ausbildung und Studium

Auch ältere Jugendliche und junge Erwachsene benötigen wegen Epilepsie ggf. Hilfe bei ihrer Berufsausbildung oder ihrem Studium. Folgende Links können weiterhelfen:

4. Freizeit und Hobbys mit Epilepsie

Bei Epilepsie sind auch Assistenzleistungen für die Freizeit und für Hobbys über die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen möglich. Zuständig ist der Träger der Eingliederungshilfe, egal in welchem Alter.

Familienunterstützende Dienste helfen bei individuellen Freizeitaktivitäten und Hobbys oder bieten spezielle Freizeitangebote für Menschen mit Behinderungen. Sie heißen oft auch Familienentlastende Dienste. Die Leistungen finanziert der Träger der Eingliederungshilfe oder bei einem Pflegegrad evtl. die Pflegekasse.

5. Epilepsie im Arbeitsleben

Nicht jede Arbeit ist trotz Epilepsie möglich, weil manchmal eine Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung bestehen kann, aber oft können Menschen mit Epilepsie ganz normal arbeiten. Folgende Links können bei Problemen mit der Berufsfindung, dem Berufseinstieg und beim Arbeitsplatzerhalt weiterhelfen:

6. Praxistipps

7. Wer hilft weiter?

  • Beratung für Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen zu allen Teilhabeleistungen und sonstigen Hilfen bietet die unabhängige Teilhabeberatung
  • Anträge auf Teilhabeleistungen nimmt der Träger der Eingliederungshilfe entgegen, auch wenn ein anderer Träger zuständig sein sollte.
  • Zum sonderpädagogischen Förderbedarf und Nachteilsausgleichen beraten die Schulen und Schulbehörden.

8. Verwandte Links

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Letzte Bearbeitung: 26.04.2023

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