Epilepsie > Autofahren

1. Das Wichtigste in Kürze

Menschen mit Epilepsie können ein Risiko für plötzliche Anfälle haben, die beim Autofahren gefährlich wären. Wenn sie trotzdem fahren, machen sie sich strafbar. Bei längerer Anfallsfreiheit, Anfällen nur aus dem Schlaf heraus oder bei Anfällen nur mit vollständig klarem Bewusstsein ist Autofahren nach ärztlicher Rücksprache in einigen Fällen wieder möglich. Mit einem medizinischen Gutachten können Menschen mit Epilepsie dann ihren Führerschein machen, zurückbekommen oder einen drohenden Entzug der Fahrerlaubnis verhindern.

2. Führerschein bei Epilepsie

2.1. Epilepsiediagnose bei bestehender Fahrerlaubnis

Trotz Führerschein müssen Menschen mit Epilepsie das Auto in der Regel stehen lassen. Fahren darf nämlich nur, wer das Fahrzeug "sicher führen" kann. Ähnlich wie beim Fahren unter Alkoholeinfluss ist es strafbar, wenn ein Mensch mit Epilepsie fährt, obwohl er weiß, dass

  • gefährliche Anfälle beim Fahren wahrscheinlich sind
    und/oder
  • seine Medikamente beim Fahren gefährliche Nebenwirkungen haben.

Ein Anfall kann z.B. das Bewusstsein, das Sehen, das Hören und/oder die Bewegungsfähigkeit beeinträchtigen und dadurch Autounfälle verursachen. Die Medikamente gegen Epilepsie können z.B. Sehprobleme erzeugen, die Reaktionen verlangsamen oder die Konzentration beeinträchtigen.

Epileptische Anfälle und/oder Medikamente beeinträchtigen oft die sog. Fahrtüchtigkeit, während die Anfallswahrscheinlichkeit bei Epilepsie die sog. Fahrtauglichkeit beeinträchtigt.

  • Fahrtüchtigkeit bedeutet, in einer bestimmten Situation sicher fahren zu können.
  • Fahrtauglichkeit bedeutet, generell sicher fahren zu können.

Trotzdem muss niemand den Führerschein freiwillig abgeben. Es reicht aus, sich nicht ans Steuer zu setzen.

Wer zunächst wegen der Epilepsie fahruntauglich war, aber jetzt wieder fahrtauglich ist und den Führerschein behalten hat, darf sich ans Steuer setzen. Betroffene sollten aber unbedingt vorher ärztlichen Rat einholen, damit sie weder sich selbst noch andere gefährden und keine Strafen riskieren.

Die Fahrerlaubnisbehörde kann den Führerschein entziehen, wenn die Epilepsie amtsbekannt wird, z.B. nach einem Unfall. Fahrtaugliche Menschen mit Epilepsiediagnose können das durch ein ärztliches Gutachten verhindern.

2.2. Führerschein machen trotz Epilepsiediagnose

Fahrtaugliche Menschen mit einer Epilepsiediagnose müssen beim Antrag auf die Fahrerlaubnis

  • die Epilepsiediagnose angeben
    und
  • ihre Fahrtauglichkeit durch ein ärztliches Attest und meistens auch durch ein ausführliches medizinisches Gutachten nachweisen.

Sie riskieren sonst eine Ablehnung des Führerscheinantrags oder den nachträglichen Entzug der Fahrerlaubnis, wenn die Epilepsie bekannt wird.

Ein epileptischer Anfall am Steuer und ein dadurch verursachter Verkehrsunfall kann nie ganz ausgeschlossen werden. Solange der Gesundheitszustand sich nicht ändert, darf sich trotz dieses Restrisikos darauf verlassen und fahren, wer

  • bei der Führerscheinbehörde die Epilepsie angegeben hat
    und
  • dabei nichts verschwiegen hat
    und
  • den Führerschein (zurück) bekommen hat bzw. den Führerschein behalten durfte.

Dann kommt auch keine Strafe wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Betracht, wenn trotzdem ein Anfall am Steuer auftritt.

2.3. Führerschein zurückerlangen nach seinem Entzug

Wer den Führerschein wegen einer Epilepsie verloren hat, kann ihn mit Hilfe eines Gutachtens zurückbekommen, das die Fahrtauglichkeit bescheinigt.

3. Fahrtauglichkeit trotz Epilepsiediagnose

Menschen mit einer Epilepsie dürfen ggf. fahren, wenn

  • sie keine Medikamente nehmen müssen oder trotz der Einnahme von Medikamenten sicheres Fahren möglich ist
    und
  • Anfälle am Steuer unwahrscheinlich sind oder sicheres Fahren auch während der Anfälle möglich ist.

Ob ein Mensch mit Epilepsie fahrtauglich ist, ist eine individuelle Frage. Es gibt zwar Begutachtungsleitlinien mit Richtlinien die bei Gutachten über die Fahrtauglichkeit verwendet werden, aber sie gelten nicht starr. In diesen Leitlinien heißt die Fahrtauglichkeit "Kraftfahreignung", weil es nur um Kraftfahrzeuge geht, nicht z.B. um Fahrräder.

Sie wird abhängig von der Art des Führerscheins unterschiedlich eingeschätzt. Es gibt 2 Fahrerlaubnisgruppen. Gehört der Führerschein zur Fahrerlaubnisgruppe 1, sind die Regeln weniger streng als bei der Fahrerlaubnisgruppe 2.

  • Fahrerlaubnisgruppe 1: Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L und T, z.B. Mopeds, Motorräder, PKWs, Transporter und LKWs bis 3,5 Tonnen und land- und forstwirtschaftliche Zugmaschinen.
  • Fahrerlaubnisgruppe 2: Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E und FzF, z.B. LKWs und Busse sowie die Erlaubnis zur Beförderung von Fahrgästen (= P-Schein oder Personenbeförderungsschein z.B. für Taxis oder Krankentransporte).

3.1. Kraftfahreignung bei Fahrerlaubnisgruppe 1

Bei Fahrerlaubnisgruppe 1 gelten folgende Richtlinien für die Begutachtung der Kraftfahreignung trotz Epilepsie:

  • Nach einem ersten Anfall ohne erhöhtes Anfallsrisiko: Fahrtauglichkeit nach 6 Monaten Anfallsfreiheit
  • Bei bestimmten Anfallsauslösern: Fahrtauglichkeit nach 3 Monaten Anfallsfreiheit
    Beispiele:
    • Anfall durch Schlafmangel
    • Fieberkrampf
    • Anfall in der 1. Woche nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Hirn-OP
  • Bei der Diagnose Epilepsie: Fahrtauglichkeit frühestens nach mindestens
    • 1 Jahr Anfallsfreiheit
      oder
    • 1 Jahr ausschließlich Anfälle, bei denen sicheres Fahren möglich ist
      oder
    • 3 Jahren mit Anfällen ausschließlich im Schlaf.
  • Bei einem Rückfall nach jahrelanger Anfallsfreiheit:
    • Bei einem Anfall mit bestimmtem Auslöser: Fahrtauglichkeit frühestens nach 3 Monaten Anfallsfreiheit
    • Bei erhöhtem Anfallsrisiko: Fahrtauglichkeit frühestens nach 1 Jahr Anfallsfreiheit
    • In sonstigen Fällen: Fahrtauglichkeit frühestens nach 6 Monaten Anfallsfreiheit
  • Beim Absetzen eines Medikaments gegen Epilepsie: Frühestens 3 Monate nach dem Absetzen
  • Bei Einnahme von Medikamenten: Fahrtauglichkeit nur wenn sicheres Fahren unter deren Einfluss möglich ist.

3.2. Kraftfahreignung bei Fahrerlaubnisgruppe 2

Bei Fahrerlaubnisgruppe 2 gelten folgende Richtlinien für die Begutachtung der Kraftfahreignung trotz Epilepsie:

  • Bei Einnahme von Antiepileptika: Keine Fahrtauglichkeit
  • Nach einem ersten Anfall ohne erhöhtes Anfallsrisiko: Frühestens nach 2 Jahren Anfallsfreiheit
  • Bei bestimmten Anfallsauslösern: Frühestens nach 6 Monaten Anfallsfreiheit
    Beispiele:
    • Anfall durch Schlafmangel
    • Fieberkrampf
    • Anfall in der 1. Woche nach einem Schädel-Hirn-Trauma oder einer Hirn-OP
  • In allen anderen Fällen: Frühestens nach 5 Jahren Anfallsfreiheit ohne Behandlung

4. Hilfen bei eingeschränkter Mobilität wegen Epilepsie

4.1. Ermäßigungen und kostenlose Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln

Wer wegen Epilepsie nicht mehr Autofahren darf, muss meist auf öffentliche Verkehrsmittel ausweichen.

Ab einer mittleren Anfallshäufigkeit mit einem Grad der Behinderung (GdB) ab 70 bekommen Menschen mit Epilepsie meist das Merkzeichen G und das Merkzeichen B und bei sehr häufigen Anfällen mit einem GdB von 100 das Merkzeichen H. Näheres unter Epilepsie > Behinderung. Das Merkzeichen G steht für "Gehbehinderung“ und ermöglicht unter anderem starke Ermäßigungen bei öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Merkzeichen B steht für "Begleitperson", die damit kostenfrei in öffentlichen Verkehrsmitteln mitfahren darf. Das Merkzeichen H steht für "Hilflosigkeit" und ermöglicht sogar kostenlose Fahrten im öffentlichen Nahverkehr. Näheres unter Behinderung > Öffentliche Verkehrsmittel.

4.2. Beförderungskostenzuschuss

Ein Beförderungskostenzuschuss im Rahmen der Kraftfahrzeughilfe kann die Mehrkosten im Vergleich zu den normalen Fahrtkosten ausgleichen, wenn ein Beförderungsdienst den Menschen mit Epilepsie zur Arbeit bringen und dort wieder abholen muss.

Er ist unter folgenden Voraussetzungen möglich:

  • Der Mensch mit Epilepsie darf nicht mehr selbst fahren.
  • Der Zuschuss ist unumgänglich für die Aufnahme oder Fortsetzung einer beruflichen Tätigkeit.
  • Der Mensch mit Epilepsie hat keine andere Person, die ihn fahren kann, z.B. aus der Familie oder dem Bekanntenkreis.

Der Zuschuss ist eine sog. Ermessensleistung. Das bedeutet: Wenn die Voraussetzungen vorliegen, entscheidet der Kostenträger nach den Umständen des Einzelfalls über den Zuschuss. Näheres unter Rechtsanspruch und Ermessen.

Die unabhängige Teilhabeberatung, die Rehabilitationsträger wie z.B. die Agentur für Arbeit oder der Rentenversicherungsträger (Näheres unter Rehabilitation > Zuständigkeit) und das Integrationsamt bzw. Inklusionsamt beraten zu der Leistung.

4.3. Sonstige Hilfen

Manchmal kann eine Person aus der Familie oder dem Bekanntenkreis Fahrten übernehmen. Dann kommen folgende Hilfen in Betracht:

5. Praxistipp

Die "Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahreignung" der Bundesanstalt für Straßenwesen können Sie kostenlos downloaden unter www.bast.de > Verhalten und Sicherheit > Fachthemen > Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung > unten "zum Download ...".

6. Wer hilft weiter

  • Bei Fragen helfen der behandelnde Arzt, die Führerscheinstelle, TÜV oder DEKRA sowie Stellen, die medizinisch-psychologische Untersuchungen (MPU) durchführen.
  • Eine persönliche Beratung bieten auch Verkehrspsychologen. Adressen und Informationen bietet der Bundesverband Niedergelassener Verkehrspsychologen unter www.bnv.de

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Letzte Bearbeitung: 14.03.2024

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